Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslagenerstattung für ein Sachverständigengutachten

 

Beteiligte

Rechtsanwälte E. und Koll.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Zwischenurteil vom 24.07.2000; Aktenzeichen 8 Qs 138/2000)

AG Saarbrücken (Zwischenurteil vom 11.04.2000; Aktenzeichen 35-800/98)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gegen den Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 3.000 DM (in Worten: dreitausend Deutsche Mark) verhängt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung der Auslagenerstattung für ein Rechtsgutachten, das von einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, der der gewählte Strafverteidiger des Beschwerdeführers angehörte, bei einer Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung in Auftrag gegeben worden war.

1. Das Amtsgericht lehnte im Kostenfestsetzungsbeschluss die Erstattung der für das Gutachten geltend gemachten Auslagen in Höhe von 12.470 DM ab. Es war der Ansicht, die Verteidigung hätte mit Anträgen gegenüber dem Strafgericht denselben Erfolg erzielen können. Dazu sei der Wahlverteidiger in der Lage gewesen, weil er der Rechtsanwaltsgesellschaft angehörte, zu der u.a. auch Fachanwälte für Steuerrecht zählten. Zudem sei die Entstehung der Auslagen im Blick auf den Abrechnungsmodus mit einer nach Einstellung des Strafverfahrens nachgereichten ergänzenden Kostennote ungeklärt. Schließlich verbleibe dem Beschwerdeführer ein Regressanspruch gegen seinen Steuerberater, auf dessen Versäumnisse er sich zu seiner Verteidigung berufen hatte.

2. Das Landgericht verwarf die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde als unbegründet. Für die Einstellung des Steuerstrafverfahrens seien nicht die gutachterlichen Rechtsausführungen, sondern verspätet abgegebene Erklärungen zum Besteuerungsverfahren maßgebend gewesen. Der Sache nach handele es sich auch nicht um ein Sachverständigengutachten, sondern um eine Verteidigungsschrift, die nur als solche zu dem Ergebnis habe gelangen dürfen, der Beschwerdeführer sei freizusprechen. Die Ausführungen beträfen weder komplizierte technische Fragen noch ein abgelegenes Rechtsgebiet.

II.

Der Beschwerdeführer sieht sich in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip verletzt, denn sein Recht auf effektive Strafverteidigung sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt worden. Zudem habe das Landgericht gegen das Willkürverbot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die Ursächlichkeit des Gutachtens für die Einstellung des Steuerstrafverfahrens bestritten habe, obwohl der Verfahrensablauf die Ursächlichkeit belege.

 

Entscheidungsgründe

III.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫).

Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, denn sie ist unzulässig. Sie genügt trotz anwaltlicher Beratung des Beschwerdeführers nicht den Begründungsanforderungen gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Zu diesen Anforderungen gehört bei der gegen gerichtliche Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde auch eine angemessene Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen. Daran fehlt es. Auslagen für ein – im Strengbeweisverfahren der strafrechtlichen Hauptverhandlung nicht als Beweismittel verwertbares – Rechtsgutachten zugunsten eines anwaltlich beratenen Mandanten sind nach Ansicht des Landgerichts im Einklang mit der sonstigen Rechtsprechung grundsätzlich nicht als notwendige Auslagen im Sinne von § 464a Abs. 2 StPO anzusehen (vgl. auch OLG Celle, JurBüro 1994, S. 296 f.; OLG Hamm, DAR 1973, S. 160; LG Mainz, wistra 1995, S. 320 f.). Warum der von einer als Auftraggeberin des Gutachtens genannten Rechtsanwaltsgesellschaft vertretene Beschwerdeführer eine teilweise personenidentische Steuerberatungsgesellschaft mit der Erstattung eines Rechtsgutachtens beauftragen musste, ohne dass der gewählte Verteidiger die auf elf Seiten erörterten Rechtsfragen seinerseits klären konnte, ist in der Verfassungsbeschwerde-Begründung nicht substantiiert vorgetragen worden. Gleiches gilt für die Behauptung, der Verteidiger, der nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts fast keine für die Gebührenbemessung bedeutsamen Aktivitäten entwickelt hatte, sei auf diese Rechtsberatung angewiesen gewesen, ohne sich gegebenenfalls erforderliche Auskünfte in der Rechtsanwaltsgesellschaft erteilen lassen zu können. Bei dem Willkürvorwurf gegenüber der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts bleibt schließlich unberücksichtigt, dass der Beschwerdeführer steuerliche Erklärungen abzugeben hatte und sich dazu eines von ihm beauftragten Steuerberaters bedienen konnte. Wenn das Landgericht bei dieser Sachlage annahm, nicht die Rechtsausführungen der drei Sachverständigen, sondern die nachträglichen Erklärungen des Beschwerdeführers zum Besteuerungsverfahren seien für die Einstellung des Strafverfahrens bestimmend gewesen, so ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar zu entnehmen, weshalb dies willkürlich sein soll.

IV.

Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist missbräuchlich eingelegt. Ein Missbrauch liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (stRspr, vgl. z.B. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 1995 – 2 BvR 1806/95 –, NJW 1996, S. 1273 ≪1274≫ m.w.N.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2000 – 2 BvR 1466/00 –, zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften und in Juris vorgesehen). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschwerdeführer benutzt das Bundesverfassungsgericht lediglich als (weitere) Rechtsmittelinstanz, ohne sich mit Fragen von verfassungsrechtlicher Relevanz zu befassen (vgl. auch Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 1999 – 1 BvR 1559/99 –, veröffentlicht in Juris). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und – wo nötig – die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird. Sollte der Missbrauch auf einer fehlerhaften anwaltlichen Beratung beruhen, so bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, einen Rückgriffsanspruch geltend zu machen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Limbach, Hassemer, Broß

 

Fundstellen

Haufe-Index 565411

EuGRZ 2000, 494

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