Entscheidungsstichwort (Thema)
Stattgebender Kammerbeschluß: Verletzung der Eigentumsgarantie durch Abweisung einer auf Eigenbedarf gestützten Räumungsklage wegen Verfügbarkeit einer Alternativwohnung - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
Orientierungssatz
1. Wenngleich die im Rahmen einer Mißbrauchskontrolle zu prüfenden Grenzen des Erlangungswunsches überschritten sein können, wenn der Wohnbedarf des Wohnungseigentümers in einer anderen in seinem Eigentum stehenden (frei gewordenen) Wohnung ohne wesentliche Abstriche verwirklicht werden kann, so haben die Fachgerichte auch in diesem Fall den Nutzungswunsch des Vermieters und dessen eigenverantwortlich bestimmten Wohnbedarf grundsätzlich zu achten (vgl BVerfG, 1989-02-14, 1 BvR 308/88, BVerfGE 79, 292 ≪304f≫).
Diese Achtung vor dem Selbstnutzungswunsch des Eigentümers berücksichtigen die Fachgerichte nicht, wenn sie die Geltendmachung von Eigenbedarf unter Verweisung auf eine für die angegebenen Zwecke (Einzug des Sohnes der Vermieterin wegen beabsichtigter Familiengründung) ausreichend große und geräumige Alternativwohnung als rechtsmißbräuchlich ansehen und damit ihre eigenen Vorstellungen von angemessenem Wohnen an die Stelle des Vermieters und seiner Angehörigen setzen.
2. Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vgl BVerfG, 1985-01-30, 1 BvR 876/84, BVerfGE 69, 145 ≪148≫.
Hier: Entscheidung zu Lasten des Vermieters ohne Ausschöpfung der von diesem zu entscheidungserheblichen Tatsachen (Bestehen eines die streitgegenständliche Alternativwohnung betreffenden Mietverhältnisses) angebotenen Beweismittel - Übergehen eines Beweisangebots zur Größe der verfahrensgegenständlichen Alternativwohnung.
Normenkette
GG Art. 14 Abs. 1 Sätze 1-2, Art. 103 Abs. 1; BGB § 564b Abs. 2 Nr. 2; BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Fundstellen
Haufe-Index 543617 |
NJW 1994, 995 |
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