2.4.1 Wahlrecht des Vermieters

Der Vermieter kann wegen seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis grundsätzlich entweder den Mieter oder den Bürgen in Anspruch nehmen. Der Vermieter ist weder verpflichtet, den Bürgen über die Höhe der Rückstände des Mieters zu informieren noch ist er im Fall eines Mietrückstands gehalten, das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs zu kündigen. Er muss aber natürlich dem Bürgen darlegen und dies ggf. auch beweisen können, wegen welchen konkret bezifferten Forderungen er in Anspruch genommen wird.[1]

Der Bürge muss sich selbst über die Vermögenslage des Mieters informieren. Liegen die Voraussetzungen einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor, so ist der Vermieter gegenüber dem Bürgen verpflichtet, diejenigen Schritte zu ergreifen, die er ohne Bürgschaftsvertrag zur Wahrung seiner eigenen Interessen unternommen hätte.[2] Gleichwohl kann der Vermieter mit der Kündigung zuwarten, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die Verhältnisse bessern. Außerdem darf der Vermieter seine eigenen Interessen an einer zeitnahen Anschlussvermietung wahren. Ist die Weitervermietung aufgrund der Marktlage mit einem Risiko behaftet, so kann der Vermieter von der Kündigung Abstand nehmen. Er ist nicht in jedem Fall verpflichtet, den Bürgen zu schonen.[3]

Ist bei Beendigung des Mietverhältnisses streitig, ob dem Vermieter gegen den Mieter Forderungen zustehen, kann der Bürge die Bürgschaftssumme bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts hinterlegen.[4] Der Vermieter muss dann den Mieter auf Einwilligung zur Auszahlung in Anspruch nehmen.

Im Verhältnis des Vermieters zum Bürgen gilt nicht der besondere Gerichtsstand des § 29a ZPO, sondern der allgemeine Gerichtsstand, also grundsätzlich der Wohnort des Bürgen.[5]

[2] BGH, NJW 1995 S. 1886.
[3] KG Berlin, GE 2001 S. 1196.
[4] Vgl. § 13 HinterlegungsO; Ausnahme: Bürgschaft auf erstes Anfordern; s. Abschn. 3.
[5] BayObLG, NZM 1999 S. 1141.

2.4.2 Leistungswilliger Bürge

Bei der Inanspruchnahme des Bürgen sind 2 Fälle zu unterscheiden:

  • Die Bürgschaftssumme reicht zur Befriedigung aller Ansprüche des Vermieters aus:

    Hier kann der Vermieter den Bürgen ohne Rechtsnachteile in Höhe der Bürgschaftssumme in Anspruch nehmen.[1]

  • Die Ansprüche des Vermieters übersteigen die Bürgschaftssumme:

    Dieser Fall wird häufig bei der Wohnungsmiete auftreten, weil dort die Bürgschaft auf 3 Monatsmieten begrenzt ist. In diesem Fall gilt Folgendes:

    1. Nimmt der Vermieter den Bürgen wegen aller Mietforderungen in Anspruch, so kann der Bürge nach § 366 Abs. 1 BGB bestimmen, welche Forderungen des Vermieters durch die Zahlung erlöschen sollen.[2]
    2. Nimmt der Vermieter den Bürgen dagegen wegen bestimmter, genau bezeichneter Forderungen in Anspruch, so erlöschen diese Forderungen.
 
Wichtig

Entscheiden Sie über das Schicksal Ihrer Forderungen

Überlassen Sie die Entscheidung, für welche Forderungen Sie den Bürgen in Anspruch nehmen, nicht diesem. Eine fehlende Mietzahlung ist einfach zu beweisen. Es kann Sinn machen, sich die Auswahl gut zu überlegen, z. B. bei drohender Verjährung oder aus Beweislastgründen.

[1] OLG Düsseldorf, ZMR 2000 S. 602.
[2] OLG Düsseldorf, DWW 1992 S. 213 f..

2.4.3 Leistungsunwilliger Bürge

a) Einrede der Vorausklage

Bei der gewöhnlichen Bürgschaft kann der Bürge die Befriedigung des Vermieters verweigern, solange dieser nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Mieter ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage).[1]

Bei einer befristeten Bürgschaft muss die Vorschrift des § 777 BGB beachtet werden. Danach muss der Vermieter den Mieter unverzüglich auf Bezahlung der Forderung in Anspruch nehmen und die Vollstreckung versuchen. Im Fall des Scheiterns des Vollstreckungsversuchs muss der Vermieter dem Bürgen unverzüglich anzeigen, dass er ihn in Anspruch nehme.[2]

b) Sonstige Einwendungen/Einrede der Verjährung

Der Bürge kann alle Einwendungen geltend machen, die dem Mieter zustehen. Erhebt der Vermieter Anspruch auf rückständige Miete, so kann der Bürge einwenden, dass die Mietsache mangelhaft sei oder dass der Mieter bezahlt habe. Geht es um Schadensersatz wegen einer Beschädigung der Mietsache, so kann der Bürge den Schaden oder die Verantwortlichkeit des Mieters hierfür bestreiten.

Ist die Hauptverbindlichkeit verjährt, so kann auch der Bürge die Einrede der Verjährung erheben. Es gelten folgende Grundsätze[3]:

  • Eine Klage gegen den Bürgen hemmt nicht die Verjährung des Anspruchs gegen den Hauptschuldner. Der Bürge kann die Einrede der Verjährung auch dann erheben, wenn der Anspruch gegen den Hauptschuldner zu einem Zeitpunkt verjährt, zu dem die Klage gegen den Bürgen bereits anhängig war. Verklagen Sie deshalb bei drohender Verjährung ggf. immer beide, also den Mieter und den Bürgen.
  • Verjährt der Anspruch nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, so kann der Bürge Vollstreckungsgegenklage erheben.[4]
  • Verjährt der Anspruch nach Rechtskraft der Verurteilung des Bürgen, so kann der Bürge Vollstreckungsgegenklage erheben.[5]
  • Der Vermieter hat 4 Mög...

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