Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des § 186c Abs 2 S 2 AFG

 

Orientierungssatz

1. Zu der Frage, ob § 186c Abs 2 S 2 AFG idF des Gesetzes über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl I 1974, 1481) mit Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG vereinbar ist.

2. Zu der Frage, ob § 26 Abs 1 S 4 des Hessischen Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes vom 4. Juli 1966 (GVBl HE 1 1966, 151) mit Art 4 des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz, betreffend Änderungen der Konkursordnung, vom 17. Mai 1898 (RGBl 1898, 248) iVm § 15 Nr 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 (RGBl 1877, 244) idF des Gesetzes vom 17. Mai 1898 (RGBl 1898, 332) und des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl I 1953, 952) vereinbar ist.

3. Die Arbeitgeber werden zur Finanzierung der geld-Versicherung nicht deshalb herangezogen, weil sie finanzkräftig sind, sondern weil sie einen Vorteil von dieser Versicherung haben (vgl BVerfG 1978-09-18 1 BvR 638/78 = SozR 4100 § 186b Nr 2).

4. Der Vorteil besteht nicht in den Leistungen dieser Versicherung, die nur den Arbeitnehmern zugute kommen und die die Arbeitgeber auch nicht - wie in der Unfall- und in der Lohnfortzahlungsversicherung - entlasten, sondern in der Stärkung des Vertrauens, daß die Arbeitnehmerforderungen auf jeden Fall erfüllt werden (vgl BSG 1980-06-27 8b/12 RAr 8/79 = BSGE 50, 174).

5. Der Kreis der von der Umlage freigestellten Arbeitgeber kann daher sachgerecht nicht nach dem Kreis der von der Leistung ausgeschlossenen Arbeitnehmer bestimmt werden.

6. Die in § 186c Abs 2 S 2 AFG durchgeführte Freistellung lediglich der Arbeitgeber, deren Arbeitnehmer nach § 141b Abs 1 und 3 AFG von dem Konkursausfallgeld ausgeschlossen sind, weil der Konkurs rechtlich ausgeschlossen ist, verstößt gegen das sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebende Gebot der Sachgerechtigkeit.

 

Normenkette

AFG § 141b Abs 1, § 141b Abs 3, § 186c Abs 2 S 2 Fassung: 1974-07-17; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 3 Fassung: 1949-05-23; VwVG HE § 26 Abs 1 S 4 Fassung: 1966-07-04; KOÄndGEG Art 4 Fassung: 1898-05-17; ZPOEG § 15 Nr 3 Fassung: 1877-05-17; ZwVollstrG Fassung: 1953-08-20

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.05.1980; Aktenzeichen S 8 U 4/80)

 

Tatbestand

Die beklagte Berufsgenossenschaft zog die Klägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, anteilig zur Umlage für das Konkursausfallgeld (Kaug) für die zweite Jahreshälfte 1974 und das Jahr 1975 heran (Bescheide vom 22. und 29. April 1976). Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 5. April 1977; Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main -SG- vom 27. Mai 1980). Das SG hat ua ausgeführt:

Die Klägerin sei verpflichtet, die Umlage zum Kaug an die Beklagte zu zahlen, da die gesetzlichen Befreiungstatbestände des § 186c Abs 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) fehlten. Danach blieben bei der Aufbringung der Mittel für das Kaug lediglich unberücksichtigt die Lohnsummen des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig sei, und solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichere (§ 186c Abs 2 Satz 2 AFG). Auszugehen sei von der generellen Konkursfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts. In Hessen sei zwar aufgrund Art IV des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz, betreffend Änderungen der Konkursordnung (KO), vom 17. Mai 1898 (RGBl S 248, -EGKONov-) iVm § 15 Nr 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung (ZPO) vom 30. Januar 1877 (RBGl S 244 idF des Gesetzes vom 17. Mai 1898 - RGBl S 332, -EGZPO aF-) in Art 6,2 des Gesetzes, die Ausführung der Deutschen Zivilprozeßordnung und Konkursordnung betreffend vom 22. September 1899 (Gesetz-Sammlung für das Großherzogtum Hessen Bd 3, 1899 - 1904, S 180 ff, hrsg v Reh, Heyer, Gross -AGZPOKO-), bestimmt, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer hessischen Anstalt, Stiftung oder Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sei. Durch die Neufassung des § 15 Nr 3 EGZPO durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl I S 952, -EGZPO nF-) sei jedoch ein solcher Ausschluß nicht mehr möglich, so daß Art 6, 2 AGZPOKO insoweit außer Kraft getreten sei. Dies gelte auch für § 26 Abs 1 Satz 4 des Hessischen Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes vom 4. Juli 1966 (GVBl I S 151, -HessVwVG-), wonach ein Konkursverfahren über die unter Landesaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht stattfinde. Eine Befreiung von der Umlagepflicht folge nicht aus einer Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Klägerin durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes. Hierfür sei ein - jedoch nicht vorhandenes - Gesetz im formellen und materiellen Sinne erforderlich. Die im Hessischen Heilberufsgesetz vom 27. Juli 1977 (GVBl I S 335) vorgesehene Pflichtmitgliedschaft der Ärzte, ihre Beitragspflicht sowie die staatlichen Überwachungsbefugnisse erschwerten zwar faktisch den Eintritt des Konkurses, schlössen ihn jedoch nicht aus.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 186c Abs 2 Satz 2 AFG und Art IV EGKONov iVm § 15 Nr 3 EGZPO sowie einen Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main

vom 27. Mai 1980 sowie die Bescheide der Beklagten

vom 22. April 1976 und 29. April 1976 und ihren

Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1978 aufzuheben,

hilfsweise,

Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht,

und zwar wegen eines Verstoßes gegen Art 3 Abs 1,

20 GG.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß Art 100 Abs 1 des GG ist das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen. Der Senat hält die Regelung der Umlagepflicht zum Kaug in § 186c Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 AFG für verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG verstößt, und § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG für mit Bundesrecht nicht vereinbar.

1. Bei der Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auf die Gültigkeit dieser Vorschriften an. Wären § 186c Abs 2 Satz 2 AFG und § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG wirksam, wären die Umlagebescheide der Beklagten und das Urteil des SG aufzuheben, denn durch die letztgenannte Vorschrift wäre die Konkursfähigkeit der Klägerin rechtlich ausgeschlossen.

2. § 186c Abs 2 Satz 2 AFG kann nicht verfassungskonform mit der Folge ausgelegt werden, daß die Klägerin von der Umlagepflicht befreit wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung ist nämlich nur möglich, wenn die gesetzliche Vorschrift entsprechend auslegungsfähig ist. Bei der Auslegung dürfen nicht die Grenzen überschritten werden, die sich aus Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergeben; hierbei ist der Zweck der gesetzlichen Regelung zu beachten. Der Grundsatz der Gewaltenteilung verbietet es, daß eine verfassungskonforme Auslegung das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht (BVerfGE 8, 28, 34; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl, S 329). Eine andere als die vom Senat nachstehend dargelegte Auslegung des § 186c Abs 2 Satz 2 AFG würde gegen dieses Verbot verstoßen.

3. Die angefochtenen Umlagebescheide entsprechen dem Gesetz. Nach § 186c Abs 1 Satz 1 AFG bringen die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft die Mittel für das Kaug auf, soweit diese nicht von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§ 186d AFG) aufgebracht werden. Der Anteil jeder Berufsgenossenschaft an den aufzubringenden Mitteln entspricht dem Verhältnis ihrer Lohnsumme zu der Gesamtlohnsumme der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft (§ 186c Abs 2 Satz 1 AFG). Unberücksichtigt bleiben jedoch die Lohnsummen des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen ein Konkurs nicht zulässig ist, und solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert (§ 186c Abs 2 Satz 2 AFG). Nach diesen und weiteren in § 186c Abs 3 AFG näher umschriebenen Grundsätzen legen die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft den von ihnen aufzubringenden Anteil auf ihre Mitglieder um. Hiernach ist die Klägerin zur Zahlung der Umlage verpflichtet, denn sie ist nicht ausdrücklich in der Ausnahmeregelung genannt, und sie gehört nicht zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, oder bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.

a) Der Konkurs ist bei der Klägerin nicht rechtlich unzulässig. Allein hierauf kommt es bei dieser Alternative der Befreiungsvorschrift an; nicht maßgeblich ist, ob der Konkurs praktisch nicht vorkommt. Schon der Wortlaut des Gesetzes ("zulässig") deutet auf ein rechtliches Merkmal hin. Aus den Gesetzesmaterialien geht dies ebenfalls hervor. Denn dort heißt es ausdrücklich, es erscheine angemessen, daß die Kosten für die Konkursausfallversicherung von der Gesamtheit der Arbeitgeber zu zahlen seien, sie müßten gesamtwirtschaftlich umgelegt werden, um ungleiche Belastungen der einzelnen Wirtschaftszweige zu vermeiden, und für eine gleichmäßige Umlage der Mittel sei es notwendig, alle Arbeitgeber ausnahmslos zur Umlage heranzuziehen, bei denen der Konkurs nicht rechtlich ausgeschlossen sei (BT-Drucks 7/1750 S 11; BT-Drucks 7/2260 S 3). Die "konkursunfähigen" Betriebe sollen also deshalb unberücksichtigt bleiben und nicht umlagepflichtig sein, weil sie nicht zahlungsunfähig werden können und ihre Arbeitnehmer durch die Konkursausfallversicherung nicht geschützt zu werden brauchen (BT-Drucks 7/1750 S 15; - BT-Drucks 7/2843 S 13 - zu § 17 Abs 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung -BetrAVG- = § 7 Abs 1a des Entwurfs, der dem § 186c Abs 2 Satz 2 AFG nachgebildet ist). Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sowie der systematische Zusammenhang der Regelungen der Konkursausfallversicherung gebieten die Auslegung, daß es entscheidend auf die rechtliche Zulässigkeit eines Konkurses ankommt. Die Versicherungsfälle des § 141b AFG setzen nämlich voraus, daß ein Konkurs rechtlich zulässig ist (Eröffnung des Konkursverfahrens, Nichteröffnung eines Konkursverfahrens wegen Abweisung des Konkursantrags mangels Masse oder wegen offensichtlicher Masselosigkeit bei vollständiger Einstellung der Betriebstätigkeit). Der 12. Senat des Bundessozialgerichts -BSG- (SozR 4100 § 186c Nr 3) hat ebenfalls entscheidend auf die rechtliche Zulässigkeit eines Konkurses und nicht darauf abgehoben, ob dieser praktisch vorstellbar ist.

Bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist der Konkurs grundsätzlich zulässig, soweit er nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl Jaeger/Weber, KO, 8. Aufl 1973, 2. Band, 2. Halbband, RdNr 2 zu § 213; Böhle-Stamschräder-Kilger, KO, 13. Aufl 1981, Anm 1 zu § 213). Dies folgt aus § 213 KO, der von dem Konkursverfahren über das Vermögen einer juristischen Person spricht, ohne zu unterscheiden, ob es sich um eine solche des Privatrechts oder öffentlichen Rechts handelt. Von diesem Grundsatz ist der Gesetzgeber des § 186c Abs 2 Satz 2 AFG ausgegangen. - Auch dann, wenn wegen der Pfändungsbeschränkung des § 882a Abs 2, 3 ZPO (die auch für kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt, vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 39. Aufl 1981, Anm 2 zu § 882a) iVm § 1 Abs 1 KO bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine Konkursmasse in nennenswertem Umfang nicht vorhanden ist, ist der Konkurs nicht rechtlich unzulässig, sondern er kann mangels Masse nicht stattfinden. Ein Versicherungsfall der Konkursausfallversicherung wäre dann aber gegeben. §§ 1 Abs 1 KO, 882a Abs 2, Abs 3 ZPO umreißen lediglich den Umfang der Konkursmasse und regeln nicht, ob juristische Personen des öffentlichen Rechts konkursfähig sind (so Everhardt/Gaul, BB 1976, 467 f; aA Säuberlich, BB 1979, 168 f).

Der Konkurs ist bei der Klägerin nicht wirksam ausgeschlossen. Der in § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG enthaltene Ausschluß eines Konkursverfahrens ist unwirksam, denn er verstößt gegen Bundesrecht (Art 31 GG). Auch zu dieser Frage ist eine Entscheidung des BVerfG einzuholen und deshalb das Verfahren auszusetzen (Art 100 Abs 1 Satz 2 GG). Hierauf wird am Schluß unter Nr 5 eingegangen werden.

Der Konkurs ist zwar auch nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, er sei bereits deshalb rechtlich unzulässig (so LSG Hamburg, Urteil vom 4. September 1979, Aktenzeichen 1 UBf 33/78 - Handelskammer Hamburg ./. Verwaltungsberufsgenossenschaft - Revisionsverfahren 10/8b/12 RAr 17/79). Es ist zwar der Grundsatz zu beachten, daß aufgrund eines Gesetzes errichtete juristische Personen des öffentlichen Rechts nur durch einen der Errichtung entsprechenden Akt, also ebenfalls durch Gesetz oder einen anderen Hoheitsakt, der sich auf eine gesetzliche Ermächtigung stützt, wieder aufgelöst werden dürfen (Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band 1, Allgemeiner Teil, 10. Aufl 1973, S 493, 506; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl 1976, S 379). Die Eröffnung, Abwicklung und Beendigung des Konkurses haben jedoch nicht ohne weiteres die Auflösung der juristischen Person zur Folge. Aus § 89 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geht hervor, daß die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht ihre Rechtsfähigkeit verliert, denn auf die für eingetragene Vereine geltende Vorschrift des § 42 Abs 1 BGB wird nicht verwiesen. Die KO enthält über die Auflösung keine Regelungen, vielmehr finden sich die entsprechenden Vorschriften in den die juristischen Personen betreffenden Gesetzen (vgl § 262 Abs 1 Nr 3 des Aktiengesetzes -AktG-; § 60 Abs 1 Nr 4 des GmbH-Gesetzes -GmbHG-; § 101 des Genossenschaftsgesetzes -GenG-; für die öffentlich-rechtlichen Innungen des Handwerks § 77 der Handwerksordnung -HandwO-). Die juristischen Personen des Privatrechts bestehen jedoch auch nach beendetem Konkurs fort, wenn noch verteilbares Vermögen vorhanden ist oder wenn der Zusammenschluß noch ernstlich Rechte für sich in Anspruch nimmt (RGZ 134, 91, 94; BGHZ 28, 355, 356; Böhle-Stamschräder-Kilger, aaO, Anm 6 zu § 207; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, 9. Aufl 1979, RdNr 4 zu § 25). Außerdem kann die juristische Person beschließen, daß sie fortbesteht (vgl § 274 Abs 2 AktG; KG JW 35, 3636 für den Verein). Für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts gilt nichts anderes. Da sie nur durch Gesetz oder einen anderen staatlichen Hoheitsakt, für den eine gesetzliche Ermächtigung besteht, wieder aufgelöst werden können, ändern die Abwicklung und Beendigung des Konkurses an der Existenz der juristischen Person nichts, sondern sie besteht weiter, falls gesetzlich eine Auflösung durch den Konkurs nicht vorgesehen ist. Bei öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern, die das Recht haben, Beiträge oder Gebühren zu erheben, ist nach beendigtem Konkurs in der Regel auch noch Vermögen vorhanden, denn Beiträge und Gebühren, die nach der Konkurseröffnung für Zeiten danach entrichtet worden sind, fallen nach § 1 Abs 1 KO nicht in die Konkursmasse. Hiernach kann die juristische Person ihre öffentlichen Aufgaben weiter betreiben, zumal nach § 1 Abs 1 KO, § 882a Abs 2,3 ZPO die Konkursmasse nicht die Sachen umfaßt, die für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht.

Wegen dieser Rechtslage ist auch bei Rundfunkanstalten und den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts trotz ihrer verfassungsrechtlichen Besonderheiten der Konkurs rechtlich zulässig. Die durch Art 5 Abs 1 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Berichterstattung des Rundfunks wird durch einen Konkurs als solchen nicht berührt. Die vom BVerfG gestellten Anforderungen an die Veranstaltung von Rundfunksendungen - die Grundlinien der Rundfunkordnung und der Programmgestaltung sind gesetzlich geregelt; ausgeschlossen ist es, daß der Staat unmittelbar oder mittelbar eine Rundfunkanstalt beherrscht (BVerfGE 12, S 205, 262 ff; BVerfGE 31, S 314, 329; BVerfG NJW 81, S 1774) - werden durch ein Konkursverfahren nicht beeinträchtigt.

Auch die den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften eingeräumten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art 140 GG iVm Art 136 bis 139, 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) werden durch einen Konkurs nicht verletzt. Er ändert an dem Fortbestand der kirchlichen Körperschaften nichts. Sie kann weiterhin ihre kirchlichen Aufgaben wahrnehmen: Die Sachen, die für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht, fallen nicht in die Konkursmasse. Ebenso gehören hierzu nicht Steuern, die nach der Konkurseröffnung für Zeiten danach entrichtet worden sind. Hierdurch wird erreicht, daß der kirchliche Bereich unangetastet bleibt. Die KO stellt somit ein "für alle geltendes Gesetz" dar, dem auch die Kirchen unterliegen. (Art 137 Abs 3 WRV iVm Art 140 GG). Die KO trifft die Kirche wie jedermann und in ihrer Besonderheit nicht härter. Sie schränkt insbesondere ihren geistig-religiösen Auftrag nicht ein (vgl BVerfGE 42, 312, 334). Wenn auch im einzelnen Streitfall durch die Gerichte entschieden werden muß, ob eine Sache unpfändbar ist und daher nicht zur Konkursmasse gehört, kann hiermit nicht ein Eingriff in den unantastbaren Kernbereich der Kirche begründet werden. Es obliegt gerade den Gerichten, den Bereich der verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kirchen von den aufgrund des "allgemeinen Gesetzes" zulässigen Eingriffen abzugrenzen.

b) Die Zahlungsfähigkeit der Klägerin ist nicht kraft Gesetzes durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde gesichert (§ 186c Abs 2 Satz 2 aE AFG).

Ein Gesetz im materiellen und formellen Sinne, das die Zahlungsfähigkeit der Klägerin durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde sichert, ist nicht vorhanden. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts von der Umlagepflicht befreit, wie aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und seinem Zweck klar zu erkennen ist. Es genügt nicht, daß die Zahlungsfähigkeit faktisch durch andere Absicherungen gewährleistet ist, etwa durch die staatliche Rechtsaufsicht im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung, durch das Recht, Beiträge, Gebühren oder Steuern zu erheben, durch eine staatliche Gewährträgerhaftung in einer Satzung oder durch gewohnheitsrechtliche Grundsätze der "Anstaltslast".

Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst vorgesehen, solche juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Umlagepflicht auszunehmen, "bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde die Zahlungsfähigkeit garantiert oder für die Verbindlichkeiten einsteht" (BT-Drucks 7/1750, S 6, 15). Auf Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks 7/2260, S 4) ist die jetzt verwendete Wortfassung gewählt worden. In der Begründung hierzu heißt es: "Die vom Ausschuß beschlossene Neufassung stellt klar, daß - neben den konkursunfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts - nur solche Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Umlage befreit sind, bei denen die Zahlungsfähigkeit durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes gesichert ist. Insbesondere soll eine vertraglich übernommene Bürgschaft nicht genügen". Hieraus geht hervor, daß eine klare, eindeutige und - auch im Interesse der Verwaltungsvereinfachung für die mit der Erhebung der Umlage betrauten Verwaltungen (vgl BT-Drucks 7/1750 S 11 und BSG SozR 4100 § 186c Nr 3) - einfach festzustellende Sicherung der Zahlungsfähigkeit bestehen muß, damit eine Ausnahme von der Umlagepflicht angenommen werden kann. Eine solche Sicherung besteht nur dann, wenn ein Gesetz im formellen und materiellen Sinne die Einstandspflicht des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde ausdrücklich festlegt.

4. Eine abschließende Entscheidung durch das BSG ist jedoch nicht möglich. Der Senat hält nämlich die Freistellungsvorschrift des § 186c Abs 2 Satz 2 AFG entgegen der Ansicht des früher zuständigen 12. Senats des BSG (SozR 4100 § 186c Nr 3) für verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG verstößt.

a) Es ist sachlich nicht gerechtfertigt und daher willkürlich im Sinne des Art 3 GG, nur die in § 186c Abs 2 Satz 2 AFG genannten öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber von der Zahlung der Umlage zum Kaug auszunehmen und alle übrigen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger hieran zu beteiligen. Ein sachgerechter Grund für diese Differenzierung ist nicht zu erkennen. Auch öffentlich-rechtliche Personen haben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips einen gegen die Gesetzgeber gerichteten Anspruch auf sachgerechte Auswahl bei der Bildung von Solidargemeinschaften. Das Grundrecht des Art 3 Abs 1 GG ist - obwohl es nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen (BVerfGE 39, 302, 314, 316) - als Prinzip der rechtsstaatlichen Ordnung (Art 20 Abs 3 GG) auch im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander zu beachten. Das Willkürverbot ist nicht nur grundrechtlich gesichert, sondern stellt ein Element des objektiven Gerechtigkeitsprinzips dar und gilt in allen Bereichen und für alle Rechtspersonen (BVerfGE 21, 362, 372).

b) Willkürlich ist es, den Kreis der umlagefreien Arbeitgeber nach einem nicht sachgerechten Maßstab von dem Kreis der umlagepflichtigen Arbeitgeber abzugrenzen, indem § 186c Abs 2 Satz 2 AFG auf das Konkursrisiko abhebt, während das Insolvenzrisiko hätte maßgebend sein müssen.

Der Gesetzgeber ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß auch bei der Bildung von sogenannten "Solidargemeinschaften der Sozialversicherung" nur solche Personen zur Finanzierung herangezogen werden können, die ein Sonderinteresse an der Sozialversicherungseinrichtung haben. Zwar müssen die Zahlungspflichtigen nicht, wie sonst im Abgabenrecht, die tatsächliche Möglichkeit haben, Vorteile der Sozialversicherungseinrichtung in Anspruch zu nehmen. Zu verlangen ist aber, daß die Zahlungspflichtigen zumindest bei objektiver Betrachtung ein besonderes Interesse an der Sozialversicherungseinrichtung haben können. Das entspricht sowohl der Konstruktion aller Zweige der Sozialversicherung als auch der ständigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG (vgl BVerfGE 11, 105, 116; 14, 312, 318; 44, 70, 90; BSGE 31, 66; 40, 208; SozR 2200 § 173 Nr 1; das BVerfG spricht in diesem Zusammenhang von der Sachnähe einer homogenen Gruppe; vgl insbesondere BVerfG DVBl 1981, 139).

Der Gesetzgeber hätte daher bei der Freistellungsvorschrift des § 186c Abs 2 Satz 2 AFG das Ziel verfolgen müssen, nach den oben genannten Grundsätzen diejenigen Arbeitgeber freizustellen, die kein Sonderinteresse an der Konkursausfallversicherung haben können. Dem Gesetzgeber ist es aber nicht gelungen, diesen Arbeitgeberkreis zu erfassen.

Der Gesetzgeber hat sich - wie in den Zweigen der klassischen Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung - von dem Gedanken leiten lassen, er müsse den Kreis der freizustellenden Personen nach den Vorschriften ausrichten, die den Versicherungsfall beschreiben. Er meinte offenbar, er müsse diejenigen freistellen, bei denen der Versicherungsfall nicht eintreten könne. Er hat - wie oben dargestellt - § 186c Abs 2 Satz 2 AFG als Spiegelbild des § 141b AFG formuliert und deshalb alle Arbeitgeber ausgeschlossen, bei denen § 141b AFG nicht erfüllt werden kann.

Damit hat er aber nicht diejenigen erfaßt, bei denen kein Sonderinteresse an der Konkursausfallversicherung bestehen kann. Er hat dabei nicht bedacht, daß die Konkursausfallversicherung dem Arbeitgeber weder Leistungen gewähren noch ihn von einer ihn treffenden Verpflichtung entlasten kann. Durch Kaug wird ein solches Risiko des Arbeitgebers nicht abgedeckt. Die Zahlung von Kaug an die Arbeitnehmer hat nicht etwa zur Folge, daß der Arbeitgeber dadurch von seiner Lohnzahlungspflicht freigestellt wird. Der Lohnzahlungsanspruch des Arbeitnehmers geht vielmehr auf den Träger der Konkursausfallversicherung - die Bundesanstalt für Arbeit - über (§ 141m AFG).

Der Vorteil für die Arbeitgeber besteht darin, daß die Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers nicht genötigt sind, umgehend eine neue Arbeitsstelle zu suchen und den vielleicht nur vorübergehend zahlungsunfähigen Arbeitgeber im Stich zu lassen (BSGE 50, 174, 177). Der Arbeitnehmer kann sich nach Einführung der Konkursausfallversicherung darauf verlassen, seinen Lohn - allerdings nur für drei Monate (§ 141b Abs 1 AFG) - zu bekommen. Es schadet ihm nicht, bei dem zahlungsunfähig gewordenen Arbeitgeber auszuharren und mitzuhelfen, die Zahlungsunfähigkeit zu überwinden. Diese vertrauensbildende Wirkung der Konkursausfallversicherung begründet das Sonderinteresse der Arbeitgeber, das ihre Umlagepflicht rechtfertigt.

Dieses Sonderinteresse fehlt aber bei denjenigen Arbeitgebern, bei denen keine Gefahr der Zahlungsunfähigkeit besteht. Ohne die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gibt es kein Sonderinteresse. Ist die Gefahr des Konkurses gesetzlich ausgeschlossen, so mag das zwar auch darauf schließen lassen, daß die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gering ist. Die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit kann hingegen nicht gesetzlich geregelt werden.

Um die umlagefreien Arbeitgeber von den umlagepflichtigen Arbeitgebern abzugrenzen, kommt deshalb nur die tatsächliche Gefahr der Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die rechtlich konkretisierte Zahlungsunfähigkeit des Konkurses in Betracht. Das wird noch im folgenden näher dargelegt:

c) Der Zweck der Konkursausfallversicherung besteht - wie es in § 141a AFG formuliert ist - darin, Arbeitnehmern einen Anspruch auf Ausgleich ihres ausgefallenen Arbeitsentgelts nach Maßgabe der nachstehenden Vorschriften bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers zu geben. Grund für die Einführung dieser Versicherung im Jahre 1974 war der unzureichende Schutz der Arbeitnehmer vor dem Risiko des Lohnausfalls im Falle der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks 7/1750, S 10) wird hierzu auf Zusammenbrüche einiger "Firmen" (= Unternehmen) in der damaligen Zeit ausdrücklich hingewiesen.

Nicht bei jeder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sollen jedoch die Lohnansprüche der Arbeitnehmer gesichert werden, sondern nur dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit zum Konkurs führt oder ein Konkursverfahren mangels Masse nicht stattfindet, denn im Gegensatz zu dem in § 141a AFG festgelegten Zweck des Kaug sind die Leistungsvoraussetzungen in § 141b AFG wesentlich enger gefaßt. Der Begriff der "Zahlungsunfähigkeit", der nach rein tatsächlichen Merkmalen zu bestimmen ist, ist somit dadurch konkretisiert worden, daß an den juristischen Begriff des Konkurses angeknüpft wird. Dies ist deshalb geschehen, weil die Gewährung von Leistungen in anderen Fällen, zB bei einem Vergleichsverfahren nach der Vergleichsordnung, nach Ansicht des Gesetzgebers über den Rahmen einer Sozialversicherung weit hinausgegangen wäre (BT-Drucks, aaO). Anknüpfend an das Konkursverfahren hat das Gesetz den Normalfall regeln wollen, daß bei Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmers das Konkursverfahren über sein Vermögen nach den Vorschriften der KO eröffnet wird, wie dies bei privat-wirtschaftlichen Unternehmen der Fall ist. Deutlich wird dieses Anliegen des Gesetzgebers durch den Hinweis auf die damaligen Zusammenbrüche von "Firmen" (= Unternehmen). Ausgenommen von der Konkursausfallversicherung sind hiernach schon aufgrund der Leistungsvoraussetzungen Arbeitnehmer von Arbeitgebern, bei denen ein Konkurs aus rechtlichen Gründen nicht eintreten kann, zB beim Staat. Solche Rechtsträger können zwar - in Ausnahmesituationen - zahlungsunfähig werden, jedoch wird in einem solchen Fall - etwa beim Staatsbankrott (BVerfGE 15, 126, 141) - die Schuldenlast nach anderen Grundsätzen behandelt, wobei für Lohnansprüche andere Sicherungsformen zu suchen und zu verwirklichen sind. Die Rechtsordnung geht auch sonst davon aus, daß die Ansprüche von Bediensteten, die bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern beschäftigt sind, sicher sind, denn sie sind in der Sozialversicherung nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften (zB §§ 169 Abs 1, 172 Abs 1 Nr 1, 174 Nr 1, 1229 Abs 1 Nr 2, 3, 1231 Abs 1 Reichsversicherungsordnung -RVO- für die Versicherungsfreiheit von Beamten und sonstigen Beschäftigten, denen Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist) versicherungsfrei. Bei der Bildung der Solidargemeinschaft der in der Konkursausfallversicherung Versicherten hat der Gesetzgeber somit eine im Sinne des Urteils des BVerfG vom 10. Dezember 1980 (DVBl 1981, S 139), das zwar nicht die Sozialversicherung betrifft, sie aber behandelt, "homogene" Gruppe zusammengefaßt. Sie ist durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage und durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar. Gemeinsames Merkmal der Angehörigen der in §§ 141a, b AFG gebildeten Gruppe ist, daß bei ihnen die Gefahr besteht, aus tatsächlichen Gründen (Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers), die zu einem rechtlichen Ereignis führen (Konkursverfahren oder Nichteröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers wegen Abweisung des Konkursantrages mangels Masse oder wegen offensichtlicher Masselosigkeit bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit) keinen Lohn zu erhalten.

d) Bei der Bestimmung der Gruppe der Umlagepflichtigen hat sich der Gesetzgeber aber nicht mehr an die Grundsätze gehalten, nach denen er den Kreis der Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung des Zwecks der Konkursausfallversicherung abgegrenzt hat. Hierdurch hat er es unterlassen, auch für die Beitragspflicht eine homogene Gruppe zu bilden, die eine besondere Beziehung ("Sachnähe"), vgl BVerfG DVBl 1981, S 139) zu dem mit der Sozialversicherungseinrichtung verfolgten Zweck aufweist. Darin liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichheit aller vor den öffentlichen Lasten (BVerfG, aaO, S 142; Klein, DStR 1981, S 275, 278).

e) Verfassungsrechtlich unbedenklich ist, daß alle privaten Arbeitgeber verpflichtet sind, die Umlage zu zahlen. Ihre Sachnähe zu dem Zweck der Konkursausfallversicherung besteht - wie ausgeführt - darin, daß ihre Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht genötigt sind, umgehend eine neue Arbeitsstelle zu suchen und den vielleicht nur vorübergehend zahlungsunfähigen Arbeitgeber im Stich zu lassen (BSGE 50, 174, 177). Dadurch, daß sie für drei Monate Lohn bekommen, hat die Konkursausfallversicherung eine vertrauensbildende Wirkung. Dies ist die vom BVerfG geforderte Sachnähe oder der mittelbare Vorteil, der erforderlich ist, damit jemand zu Beiträgen für eine Sozialversicherung herangezogen werden kann (BSG SozR 4100 § 186a Nr 9; im Gegensatz zu einem tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil, der für die Begründung einer Beitragspflicht nicht erforderlich ist, vgl BVerfGE 11, 105, 117; BVerfGE 14, 312, 318; BSG, aaO). Da zum Konkurs führende Zahlungsschwierigkeiten vielfach aus nicht vorhersehbaren wirtschaftlichen Veränderungen auftreten, ist es gerechtfertigt, auch diejenigen privaten Arbeitgeber heranzuziehen, die finanzstark sind und umsichtig wirtschaften (BVerfG SozR 4100 § 186b Nr 2). Auch bei den Arbeitnehmern dieser Arbeitgeber besteht die Möglichkeit, daß sie die Anspruchsvoraussetzungen für das Kaug erfüllen.

f) Verfassungsrechtlich nicht zulässig ist es jedoch, die Umlagepflicht der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber so zu regeln, wie es in § 186c Abs 2 Satz 2 AFG geschehen ist. Der Gesetzgeber hat zwar dem Umstand Rechnung tragen wollen, daß es Arbeitnehmer gibt, die wegen der Beschäftigung bei bestimmten Arbeitgebern die Leistungsvoraussetzungen für das Kaug nicht erfüllen können. Er hat deshalb die in § 186c Abs 2 Satz 2 AFG bezeichneten öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber von der Umlagepflicht ausgenommen. Bei ihnen fehlt es - was der Gesetzgeber zutreffend erkannt hat - an einer Sachnähe zu der Konkursausfallversicherung; sie haben nicht mindestens einen mittelbaren Vorteil hieraus. Die Befreiungsvorschrift ist jedoch zu eng gefaßt. Die Gründe, die es verfassungsrechtlich gebieten, die in § 186c Abs 2 Satz 2 AFG genannten öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nicht zur Umlage heranzuziehen, treffen nämlich auch bei den übrigen öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern zu.

g) Das Gesetz bezeichnet die von der Umlage befreiten öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausschließlich nach formalen Kriterien. Es sind solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs bereits rechtlich nicht zulässig ist. Hierzu gehören auch der Bund und die Länder. Bei ihnen ist nur der Staatsbankrott möglich. Bei den Gemeinden ist der Konkurs generell in den Gemeindeordnungen ausgeschlossen. Ferner sind es solche öffentlich-rechtlichen Rechtsträger, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft eines formellen Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert. Auch hier hat der Gesetzgeber eine rein formale rechtliche Abgrenzung gewählt. Er hätte jedoch auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellen müssen, daß nämlich bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern ein Konkursverfahren generell nicht eintritt und auch nicht vorstellbar ist. Dies wird in tatsächlicher Hinsicht bestätigt durch die vom Senat eingeholte Auskunft des Statistischen Bundesamtes vom 22. Juli 1981, nach der jedenfalls innerhalb der letzten fünf bis zehn Jahre keine Fälle festgestellt worden sind, bei denen ein Konkursverfahren gegen eine Anstalt, Körperschaft oder Stiftung des öffentlichen Rechts abhängig gemacht worden ist. Diesem Umstand hätte der Gesetzgeber Rechnung tragen müssen, indem er keinen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zur Umlage heranzog. Auf öffentlich-rechtliche Arbeitgeber trifft die vertrauensbildende Wirkung der Konkursausfallversicherung nicht zu. Ihre Arbeitnehmer laufen nicht Gefahr, durch eine Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers mit ihren Lohnansprüchen auszufallen; auch bezieht sich der Hinweis des Gesetzgebers auf die "Zusammenbrüche einiger Firmen in letzter Zeit" (BT-Drucks 7/1750, S 10) nicht auf den öffentlich-rechtlichen Bereich. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber finanzieren durch die getroffene Regelung ein Risiko der privaten Wirtschaft. Sie werden nur deshalb herangezogen, damit der Kreis der Beitragspflichtigen möglichst weit gefaßt ist und die Belastung der einzelnen Unternehmer nicht zu groß ist (vgl BT-Drucks 7/1750, S 11). Dies ist jedoch kein zulässiges Abgrenzungskriterium. Maßgeblich ist allein die Sachnähe einer homogenen Gruppe zu dem mit der Einrichtung erstrebten Zweck.

h) Der Grund dafür, daß nicht nur bei den vom Gesetz befreiten, sondern auch bei den übrigen öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern ein Konkurs nicht vorstellbar ist, liegt letztlich an ihrer Organisationsform, unabhängig davon, ob die vom Gesetzgeber für entscheidend angesehenen formalen Merkmale vorliegen. Sie sind im Staatswesen begründet. Entweder handelt es sich um den Staat selbst, oder es besteht eine staatliche Aufsicht, die auch eine Kontrolle des Finanzgebarens und der Wirtschaftsführung in irgendeiner Weise umfaßt (vgl Forsthoff/Simons, Die Zwangsvollstreckung gegen Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, 1931, S 28/29; Rudolf in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl 1978, S 574, 496, 497). Diese allgemein geltenden Grundsätze der staatlichen Rechtsaufsicht über die Träger mittelbarer Staatsverwaltung sind in den einzelnen Gesetzen, nach denen die öffentlich-rechtlichen Rechtsträger errichtet sind, konkretisiert, zB in: § 1 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes über das Studentenwerk Schleswig-Holstein vom 22. April 1971 (Schlesw-Holst GVOBl S 186), § 50 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein idF der Bekanntmachung vom 19. März 1979 (GVOBl S 181) für das Studentenwerk Schleswig-Holstein (Revisionsverfahren 10/8b/12 RAr 13/79); § 11 Abs 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl I S 920), § 15 Abs 1 des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Rechtsverhältnisse der Handelskammer Hamburg vom 27. Februar 1956 (GVBl S 21) für die Handelskammer Hamburg (Revisionsverfahren 10/8b/12 RAr 17/79; § 29 Abs 1 des Hamburgischen Zahnärztekammergesetzes vom 28. Juli 1949 (HGVBl S 136) für die Zahnärztekammer Hamburg (Revisionsverfahren 10/8b RAr 18/80); § 16 Hessisches Heilberufsgesetz vom 27. Juli 1977 (GVBl I S 335) für die Landesärztekammer Hessen (Revisionsverfahren 10/8b RAr 19/80); § 20 der Satzungen der Bremer Landesbank und der Staatlichen Kreditanstalt Oldenburg-Bremen (Revisionsverfahren 10/RAr 19/81 und 10 RAr 20/81).

Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird durch den Bundesrechnungshof oder die Landesrechnungshöfe (vgl § 111 Bundeshaushaltsordnung -BHO- und die gleichlautenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen -LHO-; Übersicht bei Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Stand Januar 1981, Band 2 Anm 1 ff zu § 105, Anhang 105) kontrolliert. Die Beaufsichtigung der Selbstverwaltungskörper durch staatliche Behörden soll sicherstellen, daß die Verwaltung gemäß den Vorschriften der Gesetze geführt wird, sie stets im geordneten Gange bleibt und die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichten gewährleistet ist (vgl Wolff/Bachof, aaO, S 103).

Soweit die staatliche Aufsicht nicht ausreicht, um Finanzierungslücken zu verhindern, was insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten vorkommen kann, greifen die Grundsätze der Gewährträgerhaftung oder der Anstaltslast ein, wonach der Staat verpflichtet ist, für die Verbindlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers einzutreten (Gewährträgerhaftung) oder für seine Zahlungsfähigkeit durch finanzielle Zuschüsse (Anstaltslast) zu sorgen. Dazu hat sich auch die Bundesregierung bekannt (vgl BT-Drucks 5/3500, S 50). Dabei ist es gleichgültig, ob die Gewährträgerhaftung in einem formellen Gesetz oder in einer Satzung normiert ist; faktisch bieten beide Gestaltungsformen die gleiche Sicherheit. Letztlich muß der Staat die Zahlungsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts sichern. Wenn er Verwaltungsträger schafft, die staatliche Aufgaben wahrnehmen, muß er auch dafür sorgen, daß diese Träger leistungsfähig sind und bleiben. Ist ihre Aufrechterhaltung wirtschaftlich oder aus sonstigen Gründen nicht sinnvoll, sind sie aufzulösen und abzuwickeln.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Mit der Organisationsform öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber als Träger mittelbarer Staatsgewalt ist es grundsätzlich unvereinbar, daß ihre Arbeitnehmer mit ihren Lohn- und Gehaltsforderungen stärker gefährdet sind, als die Bediensteten des Staates selbst.

i) Auch dort, wo die staatliche Aufsicht aus verfassungsrechtlichen Gründen eingeschränkt oder fast gar nicht vorhanden ist, wie bei den Rundfunkanstalten und den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts, besteht in irgendeiner Form eine staatliche Kontrolle ihres Finanzgebarens. Rundfunkanstalten unterliegen nur insoweit einer Staatsaufsicht, als sie der Aufgabe zu dienen hat, die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen sicherzustellen (BVerfG, NJW 1981, S 1774, 1777). Zu diesem Zweck sind aber auch die Wirtschaftsführung und das Finanzgebaren zu überwachen, damit der Rundfunk unabhängig von Zuwendungen Dritter bleibt, die in unzulässiger Weise Einfluß auf die Programmgestaltung nehmen könnten. Die Einzelheiten der Finanzkontrolle sind in den Rundfunkgesetzen geregelt. Zum Teil besteht eine staatliche Aufsicht (vgl §§ 24, 25 des Staatsvertrages über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts "Zweites Deutsches Fernsehen" vom 6. Juni 1961, abgedruckt bei Herrmann, Rundfunkgesetze, Fernsehen und Hörfunk, 2. Aufl 1977, S 245 ff); zumindest überwacht der Rundfunkrat, der aus Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen besteht, die Haushalts- und Wirtschaftsführung (vgl §§ 5, 11 der Satzung für den "Süddeutschen Rundfunk" in Stuttgart vom 21. November 1950, abgedruckt bei Herrmann, aaO, S 168 ff). Falls trotzdem die Finanzierung nicht gesichert ist, bleibt die Möglichkeit der Erhöhung der Rundfunkgebühr durch Änderung des bestehenden Staatsvertrages der Länder über die Höhe der Rundfunkgebühr.

Am weitesten staatsfrei sind aus verfassungsrechtlichen Gründen die Kirchen. Ein vom Staat ausgehender Zwang zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung besteht jedoch mittelbar dadurch, daß zu der Anhebung der Steuersätze die Zustimmung des Staates erforderlich ist (vgl §§ 9, 10 des Baden-Württembergischen Kirchensteuergesetzes idF vom 15. Juni 1978, GVBl S 370; Art 22 Abs 2 des Vertrages des Landes Rheinland-Pfalz mit den Evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962, ratifiziert durch das Landesgesetz vom 3. November 1962 (GVBl S 173), und § 3 des Rheinland-Pfälzischen Kirchensteuergesetzes vom 24. Februar 1971, GVBl S 59, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 1976, GVBl S 301; § 2 Abs 9 des Niedersächsischen Kirchensteuerrahmengesetzes vom 10. Februar 1972, GVBl S 109. Kann trotzdem die kirchliche Finanzlast nicht gedeckt werden, können kraft des verfassungsrechtlich gewährleisteten Steuererhebungsrechts (Art 140 iVm Art 137 Abs 6 WRV) die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts die Steuersätze mit staatlicher Genehmigung erhöhen, wobei sich aus den jeweiligen Landes- und Kirchengesetzen ergibt, welchen öffentlich-rechtlichen kirchlichen Körperschaften das Besteuerungsrecht zusteht und nach welchen Maßstäben das Steueraufkommen innerkirchlich aufgeteilt wird.

Sollte das BVerfG die erste Vorlagefrage bejahen, ist noch folgendes zu berücksichtigen:

5. Der in § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG geregelte Ausschluß eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin ist nach Ansicht des Senats unwirksam, denn diese Vorschrift verstößt gegen Bundesrecht (Art 31 GG). Hierüber ist eine Entscheidung des BVerfG nach § 100 Abs 1 Satz 2 GG einzuholen.

Nach § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG findet ein Konkursverfahren über die unter Landesaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht statt. Die Klägerin fällt hierunter, da sie nach § 16 Hess Heilberufsgesetz der Staatsaufsicht untersteht. Die frühere hessische Regelung in Art 6, 2 AGZPOKO, wonach die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer hessischen Anstalt, Stiftung oder Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen war, ist spätestens durch Art 23 Nr 3 des Hessischen Ausführungsgesetzes zur ZPO und zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 20. Dezember 1960 (GVBl S 238) ausdrücklich außer Kraft gesetzt worden.

Durch landesgesetzliche Vorschriften kann nach Art IV EGKONov die Zulässigkeit des Konkursverfahrens über das Vermögen der in § 15 Nr 3 EGZPO bezeichneten juristischen Personen beschränkt oder ausgeschlossen werden. § 15 Nr 3 EGZPO hatte in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898 (RGBl S 332 - EGZPO aF -) folgenden Wortlaut: "Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehende Körperschaft oder Stiftung, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden". Hiernach konnte das Konkursverfahren (außer über den Fiskus, bei dem es ohnehin nicht möglich ist) über eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts ausgeschlossen werden. Durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl I S 952) ist im Zusammenhang mit der Regelung der Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 882a ZPO) § 15 Nr 3 EGZPO dahingehend geändert worden, daß unberührt bleiben nur noch die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen einen Gemeindeverband oder eine Gemeinde, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden; der landesrechtliche Vorbehalt gilt nicht mehr für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts.

Art IV EGKONov verweist nicht ausschließlich auf § 15 Nr 3 EGZPO aF, sondern auf § 15 Nr 3 EGZPO in seiner jeweiligen Fassung. Er stellt eine "dynamische" und keine "statische" Verweisung dar. In Art 6 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 heißt es ausdrücklich: "Soweit in anderen Vorschriften auf Bestimmungen verwiesen wird, die durch dieses Gesetz geändert oder ersetzt werden, treten an ihre Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes". Hiernach tritt in Art IV EGKONov an die Stelle des § 15 Nr 3 EGZPO aF die Fassung des Gesetzes vom 20. August 1953. Angesichts dieser klaren gesetzlichen Bestimmung ist es unerheblich, daß es das Anliegen des genannten Gesetzes war, durch § 882a ZPO und Änderung des § 15 Nr 3 EGZPO die Zwangsvollstreckung gegen den Bund und juristische Personen des öffentlichen Rechts zu regeln, da bisher durch die landesrechtlichen Vorschriften, die aufgrund des § 15 Nr 3 EGZPO aF erlassen waren, eine Rechtszersplitterung eingetreten war und Grundsätze eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens fehlten (BT-Drucks 1/3284 S 23). Dafür, daß Art IV EGKONov eine dynamische Verweisung ist, spricht zudem, daß er von vornherein so angelegt war, daß sich der landesrechtliche Vorbehalt einheitlich auf den Ausschluß des Konkursverfahrens und die Beschränkung der Zwangsvollstreckung erstrecken sollte und daher auf § 15 Nr 3 EGZPO in der jeweiligen Fassung verweist. Zur Begründung des Art IV EGKONov ist nämlich angegeben (Verhandlungen des Deutschen Reichstages 1897/98, 2. Anlage-Band, S 1030), der Vorbehalt für den Landesgesetzgeber sei auf das Bedürfnis zurückzuführen, die Verwaltung öffentlicher Aufgaben vor Störungen zu bewahren; der gleiche Vorbehalt sei in der Vorschrift des § 15 Nr 3 EGZPO mit Rücksicht auf die Zwangsvollstreckung gemacht. Der Schutz der öffentlichen Verwaltung vor Störungen erfolgt bei der Zwangsvollstreckung jetzt durch § 882a ZPO und im Konkurs durch § 1 KO iVm § 882a ZPO; landesrechtliche Vorschriften nach § 15 Nr 3 EGZPO sind nur noch für Gemeinden und Gemeindeverbände zulässig.

Der Bund konnte den früheren Vorbehalt zugunsten der Landesgesetzgebung beschränken, denn das Konkursrecht ist eine Angelegenheit der konkurrierenden Gesetzgebung (Art 74 Nr 1 GG). Anderweitige landesrechtliche Regelungen verstoßen gegen Bundesrecht (Art 72 Abs 1, 31 GG). Da das HessVwVG erst nach der Änderung des § 15 Nr 3 EGZPO erlassen ist, kann der Senat die Unvereinbarkeit des § 26 Abs 1 Satz 4 HessVwVG mit Bundesrecht nicht selbst bindend feststellen, sondern er muß eine Entscheidung des BVerfG hierüber nach Art 100 Abs 1 Satz 2 einholen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657273

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