Leitsatz (redaktionell)

Ruhegehalt nach SVG: 1. Der Bezug von Ruhegehalt nach SVG §§ 14 ff wegen Versetzung in den Ruhestand gemäß SVG § 44 Abs 2 nach Überschreiten der maßgeblichen Altersgrenze führt zum Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß AFG § 118 Nr 4.

 

Normenkette

SVG §§ 14, 15 Abs. 1, § 44 Abs. 2; AFG § 118 Nr. 4 Fassung: 1969-06-25; SGG § 160 Abs. 3 Fassung: 1974-07-30, § 161 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1974-08-30, Abs. 2 S. 2 Fassung: 1974-07-30; GG Art. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 14 Fassung: 1949-05-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14. August 1975 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg).

Der 1919 geborene Kläger war Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt Hauptfeldwebel. Er wurde nach Vollendung des 52. Lebensjahres wegen Überschreitens der für ihn maßgeblichen Altersgrenze mit Ablauf des Monats März 1971 unter Gewährung von Ruhegehalt in den Ruhestand versetzt. Vom 15. April 1971 bis 30. Juni 1973 war er als kaufmännischer Angestellter tätig. Während der Beschäftigungszeit wurden für den Kläger Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt. Bis zum 13. Februar 1974 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Am 14. Februar 1974 stellte der Kläger beim Arbeitsamt einen Antrag auf Alg. Die Beklagte lehnte den Antrag im Bescheid vom 13. März 1974 mit der Begründung ab, der Leistungsanspruch ruhe wegen der Gewährung von Ruhegehalt gemäß § 118 Nr. 4 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 1974).

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 14. August 1975 die Klage abgewiesen und ausgeführt: Der Anspruch des Klägers ruhe nach § 118 Nr. 4 AFG. Bei dem Ruhegehalt des Klägers handele es sich um Bezüge öffentlich-rechtlicher Art. Sie seien dem vorgezogenen Altersruhegeld aus der Rentenversicherung ähnlich. Dabei sei vom Sinn und Zweck des vorgezogenen Altersruhegeldes und der Bedeutung des § 118 Nr. 4 AFG auszugehen. Das vorgezogene Altersruhegeld sei eine Leistung eines öffentlich-rechtlichen Trägers, das bei Erreichung einer bestimmten Altersgrenze zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes gewährt werde. Die Zahlung von vorgezogenem Altersruhegeld rechtfertige sich aus der Überlegung, daß aus Altersgründen in Verbindung mit einer einjährigen Arbeitslosigkeit eine Erwerbsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. So gesehen stelle sich das Altersruhegeld als Rente wegen Vermutung der Erwerbsunfähigkeit aus Altersgründen dar. Die Ruhensvorschrift des § 118 Nr. 4 AFG habe den Zweck, öffentlich-rechtliche Doppelleistungen zu vermeiden. Das dem Kläger zuerkannte Ruhegehalt sei unter Berücksichtigung dieser Gedanken als "ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" i. S. des § 118 Nr. 4 AFG anzusehen. Einerseits handele es sich um öffentlich-rechtliche Bezüge, andererseits werde das Ruhegehalt wie das vorgezogene Altersruhegeld bei Erreichung einer bestimmten Altersgrenze gewährt. Hierzu werden vom SG weitere Ausführungen gemacht.

§ 118 Nr. 4 AFG - so führt das SG dann weiter aus - verstoße nicht gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Es stelle keinen Eingriff in die Eigentumsgarantie dar, wenn der Gesetzgeber eine nicht erwünschte Häufung von Versicherungsansprüchen durch das Ruhen eines Anspruchs verhindere, selbst dann nicht, wenn Beiträge zum Erwerb dieses Anspruchs entrichtet worden seien. Ebenso werde Art. 3 GG durch die Regelung des § 118 Nr. 4 AFG nicht verletzt.

Die Vorsitzende der Kammer des SG hat ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter auf Antrag des Klägers und nach Zustimmung der Beklagten mit Beschluß vom 30. September 1975 die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 118 Nr. 4 AFG und der Art. 14 und 3 GG durch das SG.

Er bringt insbesondere vor:

Es fehle bereits an dem Merkmal "ähnliche Bezüge" i. S. des § 118 Nr. 4 AFG. Der Beamte und der Soldat erhielten ihr Gehalt und auch ihre Versorgung aufgrund des Alimentationsprinzips. Das bedeute, daß sie für ihre Versorgung keine Beiträge zahlten, sondern die Pflicht übernommen hätten, dem Staat zu dienen, während der Staat die Verpflichtung übernommen habe, seine Staatsdiener zu alimentieren. Dagegen habe das Altersruhegeld seine Grundlage in Leistungen des Arbeitnehmers während seiner aktiven Arbeitszeit. Er zahle Versicherungsbeiträge und habe danach gegen die Bundesanstalt für Arbeit einen Anspruch auf Alg und gegen den Rentenversicherungsträger einen Anspruch auf sein Altersruhegeld. Diese Unterscheidung habe Rechtsfolgen, die auf der Unterschiedlichkeit beider Bezüge beruhten. So könne auch der Versorgungsanspruch des Beamten und des Soldaten nur durch ein Gesetz geändert werden, während das Altersruhegeld praktisch sehr häufig durch Tarifverträge geändert werde. Würden durch Tarifverträge nämlich die Löhne angehoben, so würden aufgrund der Dynamisierung der Renten auch die Renten in gewissem Rahmen angeglichen. Ein wesentlicher Unterschied bestehe ferner darin, daß der Soldat in der Regel mit 52 Jahren pensioniert werde, auch wenn er noch voll erwerbsfähig sei (§ 45 des Soldatengesetzes - SoldatenG -). Auf seine Erwerbsfähigkeit komme es gar nicht an. Es sei nicht richtig, daß die Festsetzung des Alters auf 52 Jahre vornehmlich wegen altersbedingter Verminderung der Leistungsfähigkeit erfolge. Das entscheidende Motiv für die vorzeitige Pensionierung von Soldaten liege allein darin, daß - wie das auch international üblich sei - möglichst viele junge Leute aufrücken sollten. Derartige Gesichtspunkte seien für das Altersruhegeld unerheblich.

Die Regelung in § 118 Nr. 4 AFG stelle einen Verstoß gegen Art. 14 GG dar. Die Bestimmung enthalte einen enteignungsgleichen Eingriff. Er - der Kläger - habe Versicherungsbeiträge geleistet und damit einen Versicherungsanspruch erworben. Dieser Anspruch werde ihm durch § 118 Nr. 4 AFG entschädigungslos entzogen.

Ebenso verletze § 118 Nr. 4 AFG den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Der Arbeitnehmer und der Soldat, der nach seiner Pensionierung in einem privaten Dienstverhältnis tätig sei, zahlten Beiträge zur Versicherung und beide leisteten gleiche Beiträge. Beide müßten deshalb auch Anspruch auf die gleichen Leistungen haben. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn ein Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf die Leistung habe, einem anderen Arbeitnehmer jedoch diese Leistung unter Hinweis auf sonstige Einkünfte nicht gewährt werde. Da Einkünfte aus anderen Bezugsquellen nicht angerechnet würden, sei es ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Bezüge aus der Versorgung des Staates angerechnet würden.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Bescheides vom 13. März 1974 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 1974 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf seinen Antrag vom 14. Februar 1974 hin Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist statthaft. Der Beschluß über die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision (§ 161 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zwar allein von der Vorsitzenden der Kammer des SG erlassen worden. Der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 1975 (SozR 1500 § 161 Nr. 4) bereits dargelegt, daß an derartigen Beschlüssen die ehrenamtlichen Richter mitwirken müssen. Dem sind der 10. Senat (Urteil vom 10. März 1976 - 10 RV 193/75 -), der 8. Senat (Urteil vom 30. April 1976 - 8 RU 74/75 -) und der 11. Senat (Urteil vom 15. Juni 1976 - 11 RA 90/75 -) gefolgt. Auch der erkennende Senat hält diese Auffassung für zutreffend und schließt sich ihr an. Mit den genannten Senaten kommt er ferner zu dem Ergebnis, daß gleichwohl die ausgesprochene Zulassung wirksam ist. Dabei hält der erkennende Senat zwar nicht für entscheidend, ob heute noch angesichts der Vorschriften in § 160 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 Satz 2 SGG eine Bindung an eine offensichtlich gesetzwidrige Zulassung verneint werden könnte (vgl. dazu Urteil des 9. Senats vom 19. Mai 1976 - 9 RV 216/75, das die Zulassung der Revision als "unbedingt bindend" bezeichnet). Hier geht es nämlich nicht darum, ob die Zulassungsentscheidung unrichtig (offensichtlich unrichtig) war, sondern ob sie fehlerhaft zustandegekommen ist (vgl. hierzu und für das Folgende: Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., 1974, § 61 Anm. I bis IV; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 32. Aufl., 1974, Übersicht vor § 300 ZPO Anm. 3); der Mangel liegt in der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Deswegen kann zwar keine sog. "Nichtentscheidung" angenommen werden; es stellt sich aber die Frage, ob der Zulassungsbeschluß wegen dieses ihm anhaftenden Mangels wirkungslos ist. Die Fälle der Wirkungslosigkeit von Entscheidungen sind in der Rechtsprechung bisher nicht zureichend geklärt, nach Rosenberg-Schwab aaO. S. 312 herrscht hierüber "noch viel Unklarheit und Streit". Eine Feststellung der Wirkungslosigkeit hält der Senat hier jedoch aus mehreren Gründen nicht für gerechtfertigt. Schon der 2. Senat hat darauf hingewiesen, daß eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt und daß sich die richtige Besetzung bei nachträglichen Zulassungsbeschlüssen erst aus verschiedenen Auslegungskriterien ergibt. Zumindest bis zur Klärung durch Entscheidungen des BSG bestand somit für die erstinstanzlichen Gerichte erhebliche Unklarheit, wie sie verfahren sollten. Hinzu kommt, daß die nachträglichen Zulassungsbeschlüsse nicht einseitig von einem Beteiligten herbeigeführt werden, vielmehr auch die Zustimmung des Gegners voraussetzen, somit dem Willen aller Beteiligten entsprechen, und schließlich, daß es für die Beteiligten höchst ungewiß wäre, ob und wie sie jetzt noch zur Zulassungsentscheidung einer ordnungsgemäß besetzten ersten Instanz gelangen könnten. Bei Abwägen aller dieser Gesichtspunkte bejaht der Senat - jedenfalls zur Zeit noch (so auch der 8. und 11. Senat) - die Wirksamkeit der nur vom Vorsitzenden erlassenen Beschlüsse nach § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der vom Kläger in den Vorinstanzen geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Alg vom 14. Februar 1974 an.

Zutreffend hat das SG im Ergebnis entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger die beantragte Leistung zu gewähren, denn der geltend gemachte Anspruch auf Alg ruht wegen des Bezugs von Ruhegeld, das dem Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des SG seit dem 1. April 1971 zuerkannt war.

Nach § 118 Nr. 4 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersruhegeld aus der Rentenversicherung (RentV) der Arbeiter oder der RentV der Angestellten, Knappschaftsruhegeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen aus der knappschaftlichen RentV oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitslosen zuerkannt ist. Die letztgenannte zeitliche Einschränkung beruht darauf, daß nach § 100 Abs. 2 AFG vom Beginn des auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Monats an ohnehin kein Anspruch auf Alg mehr besteht. Während der hier maßgebenden Zeit bezog der Kläger das ihm nach den §§ 14 ff des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) vom 26. Juli 1957 (BGBl I 785) wegen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 44 Abs. 2 SoldatenG nach Überschreiten der für ihn maßgeblichen Altersgrenze von 52 Jahren (§ 45 Abs. 2 Nr. 1 SoldatenG) zuerkannte Ruhegehalt. Dieses Ruhegehalt ist zwar in der Bestimmung des § 118 Nr. 4 AFG nicht ausdrücklich aufgeführt, es handelt sich dabei jedoch um einen den dort ausdrücklich genannten Leistungen "ähnlichen Bezug öffentlich-rechtlicher Art". Entscheidend dafür ist, daß das Ruhegehalt wie diese von einem öffentlichen Träger bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gewährt wird. Nach diesen drei Maßstäben richtet es sich, ob ein ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art i. S. von § 118 Nr. 4 AFG gegeben ist (so auch Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, Anm. 15 zu § 118). Hierbei handelt es sich nämlich um die gemeinsamen und typischen Merkmale der vom Gesetz unmittelbar erfaßten vorgezogenen Altersruhegelder i. S. von § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965), § 25 Abs. 2, 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) idF des RRG, § 48 Abs. 2, 3 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) idF des RRG, der bei Erreichen der flexiblen Altersgrenze auf Antrag zu gewährenden Altersruhegelder (§§ 1248 Abs. 1 RVO, 25 Abs. 1 AVG, 48 Abs. 1 Nr. 1 RKG), des besonderen Knappschaftsruhegeldes (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG) sowie der Knappschaftsausgleichsleistung (§ 98 a RKG).

Das dem Kläger gewährte Ruhegehalt stellt auf das Lebensalter ab; denn es wird aufgrund der Versetzung in den Ruhestand wegen Überschreitens der maßgeblichen besonderen Altersgrenze von 52 Jahren gewährt. Die auf die Verwendung als Soldat bezogenen besonderen Altersgrenzen des § 45 Abs. 2 SoldatenG wurden durch das am 16. Juni 1961 in Kraft getretene Gesetz über die Altersgrenze der Berufssoldaten vom 9. Juni 1961 (BGBl I 723) eingeführt. Seither kennt das SoldatenG zwei Arten von Altersgrenzen, einmal die allgemeine Altersgrenze des vollendeten 60. Lebensjahres, mit deren Erreichen der Soldat ausscheiden muß (§§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 SoldatenG), und ferner die besonderen Altersgrenzen für bestimmte Berufssoldaten, nach deren Überschreiten das Ausscheiden der Soldaten durch besonderen Verwaltungsakt angeordnet werden kann (§§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 SoldatenG). Die Festsetzung der im Vergleich zu den Beamten auf Lebenszeit wesentlich niedrigeren allgemeinen Altersgrenze und der besonderen Altersgrenzen findet nach Auffassung des Gesetzgebers ihre Rechtfertigung in den besonderen militärischen Verhältnissen und den besonderen Anforderungen an die körperliche Spannkraft der Soldaten. So werden in der Begründung zu dem Entwurf des SoldatenG als wesentliche Faktoren für die ursprünglich der Regelung durch Rechtsverordnung vorbehaltene Festsetzung der besonderen Altersgrenzen genannt:

1.

die Verwendungsmöglichkeit für jeden Dienstgrad nach Stellenplan;

2.

die militärischen Forderungen an das Lebensalter bestimmter Dienststellen, die sich aus den Kriegserfahrungen, auch fremder Staaten, ergeben;

3.

die allgemeinen operativen Überlegungen, die zu so kurzen Fristen in der Marschbereitschaft der Truppe führen, daß eine Auswechslung überalterter Einheitsführer und Offiziere und gleichwertigen Dienststellungen im Ernstfall nicht durchführbar ist (vgl. BT-Drucks. 1700, 2. Wahlperiode, zu § 40, S. 30, 31).

Diese Erwägungen des Gesetzgebers zur Einführung der besonderen Altersgrenzen können für den Charakter des Ruhegehalts jedoch nicht maßgeblich sein. Sie ändern nichts daran, daß die Versetzung in den Ruhestand nicht deshalb erfolgt, weil der Betreffende in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann, sondern weil davon ausgegangen wird, daß er - in wessen Interesse auch immer - von einem bestimmten Alter an nicht mehr arbeiten muß. Ein Vergleich zu der von der Ruhensvorschrift des § 118 AFG ausgenommenen Berufsunfähigkeitsrente ist nicht möglich. Er verbietet sich insbesondere deshalb, weil das SoldatenG die Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit besonders geregelt hat (§ 44 Abs. 3 SoldatenG). Selbst eine Gleichstellung von Dienstunfähigkeit und Berufsunfähigkeit wäre nach dem Urteil des Senats vom 15. Juni 1967 (BSGE 27, 7, 10) als bedenklich anzusehen, weil die Dienstunfähigkeit keine Abstufung nach dem jeweiligen Grad des Verlustes der Erwerbsfähigkeit kennt, sondern allein auf das Fehlen der Fähigkeit abstellt, eine bestimmte Aufgabe fachgerecht auszufüllen.

Im übrigen besteht insoweit kein Unterschied zu der in § 118 Nr. 4 AFG namentlich genannten, nach Vollendung des 55. Lebensjahres auf Antrag zu gewährenden Knappschaftsausgleichsleistung gemäß § 98 a RKG und dem nach der Entscheidung des Senats vom 7. August 1974 (SozR 4100 § 118 Nr. 1) in Fortführung von BSGE 28, 233 als echtes Altersruhegeld i. S. von § 118 Nr. 4 AFG anzusehenden besonderen Knappschaftsruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG. Elemente einer vermuteten Berufsunfähigkeit sind auch bei diesen Leistungsarten festzustellen.

So beruht die Einführung des besonderen Knappschaftsruhegeldes, das bei Vollendung des 60. Lebensjahres, Erfüllung einer Wartezeit von 300 Kalendermonaten mit ständigen Arbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellten Arbeiten und Beendigung der Beschäftigung in einem knappschaftlichen Betrieb gewährt wird, auf den vergleichbaren Erwägungen, daß ein Bergmann nach jahrelanger Verrichtung der genannten Arbeiten in der Regel mit Erreichung dieser Altersgrenze berufsunfähig ist (vgl. Miesbach-Busl, Kommentar zum RKG, Stand 1975, Anm. 1 a zu § 48). Die Knappschaftsausgleichsleistung nach § 98 a RKG wird aus ähnlichen Gründen gewährt, wenn sie z. B. an die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit infolge ständiger Arbeiten unter Tage, die Verrichtung von Hauerarbeiten oder diesen gleichgestellten Arbeiten unter Tage oder die Aufgabe der bisherigen Beschäftigung unter Tage infolge Krankheit und Beendigung der Beschäftigung aus Gründen, die nicht in der Person des Versicherten liegen, anknüpft. Auch hier handelt es sich um eine auf die besondere Lage eines Wirtschafts- und Beschäftigungszweiges abgestellte Leistung. Sie wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des RKG vom 25. Mai 1963 (BGBl I 359) eingeführt wegen der durch Strukturveränderungen bedingten besonderen Lage des Bergbaus mit dem Zwang zur Rationalisierung und sollte verhindern, daß die langjährigen Untertage-Bergleute zu Wanderarbeitern im Bergbau würden (vgl. Bundestags-Protokoll, 4. Wahlperiode, 70. Sitzung S. 3241 ff). Nach der bereits genannten Entscheidung des Senats vom 7. August 1974 (aaO) vermögen aber die besonderen Motive des Gesetzgebers den Charakter einer Leistung als Altersruhegeld nicht zu verändern.

Dies muß für die Frage der Anwendbarkeit des § 118 Nr. 4 AFG in besonderem Maße gelten, wenn dem Sinn und Zweck der Gesetzesregelung Geltung verschafft werden soll. Grundgedanke dieser Vorschrift ist es, eine Doppelversorgung zu vermeiden. Maßgebend für die Ruhensregelung ist die versicherungsmäßige Versorgung, die der Gesetzgeber bei den Empfängern von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und von Altersruhegeld für den Regelfall als gegeben ansieht (vgl. BT-Drucks. V/2291 S. 57). Hinzu kommt als Beweggrund für diese Regelung, daß die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die vorgezogenen Altersruhegelder nach dem gleichen Vomhundertsatz der Bemessungsgrundlage berechnet werden, wie das nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährte Ruhegeld (vgl. BT-Drucks. V/2291 S. 82 zu § 108). Die Einstellung des Gesetzgebers in dem obigen Sinne ergibt sich schließlich auch aus der Einbeziehung der Knappschaftsausgleichsleistung. Die Gleichartigkeit dieser Leistung mit dem vorgezogenen Altersruhegeld wurde nämlich deshalb als gegeben angesehen, weil sie nach einem höheren Vomhundertsatz als das Altersruhegeld aus der Arbeiter- und Rentenversicherung der Angestellten berechnet wird und in der Regel somit eine ausreichende Versorgung gewährleistet (vgl. BT-Drucks. V/2291 S. 82 zu § 108).

Auch das Ruhegehalt des Klägers dient wie die in § 118 Nr. 4 AFG genannten Leistungen der Sicherstellung des Lebensunterhalts. Es hat diese Funktion ungeachtet dessen, daß der Ruhestand bereits in einem Alter eintritt, in dem der Ruhegehaltsempfänger in der Regel noch erwerbswillig und erwerbsfähig ist. Selbst unter diesen Umständen hat es keineswegs nur die Bedeutung eines Zuschusses zu anderweitigen, für die Sicherstellung des Lebensunterhalts erforderlichen Einkünften.

Schon die Tatsache, daß das Dienstverhältnis der Berufssoldaten als Dienstverhältnis auf Lebenszeit begriffen wird (vgl. § 1 Abs. 3 SoldatenG, ferner Regierungsbegründung zum Entwurf des SoldatenG, BT-Drucks. 1700, 2. Wahlperiode, I Nr. 6, S. 16, 17) weist auf den Zweck des Ruhegehalts als angemessene und zur Lebenssicherung ausreichende Versorgungsleistung hin. Es ergibt sich im übrigen aber auch aus den Voraussetzungen der Gewährung: Der Eintritt in den Ruhestand setzt eine Dienstzeit von zehn Jahren (Wartezeit) voraus (§ 44 Abs. 5 Nr. 1 SoldatenG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 SVG). Es wird entsprechend § 107 Bundesbeamtengesetz (BBG) auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§§ 17 - 19 SVG) und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres (§§ 20 - 25 SVG) berechnet (§ 16 SVG). Dabei werden als ruhegehaltfähige Dienstzeiten insbesondere auch die Wehrdienstzeit, die Dienstzeit als Beamter oder Richter und die Zeiten der Beschäftigung im öffentlichen Dienst als Angestellter oder Arbeiter berücksichtigt.

Das Ruhegehalt beträgt bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit 35 v. H. und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v. H. und von da an um 1 v. H. an. Der Höchstbetrag ist 75 v. H., der Mindestbetrag 35 v. H. Das Ansteigen ist in allen Laufbahngruppen gleich (vgl. § 26 Abs. 1 SVG). Abweichende Steigerungssätze gelten für Berufssoldaten, die vor dem vollendeten 60. Lebensjahr wegen Erreichung der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt werden; bei ihnen steigt der Vomhundertsatz für das 26. bis 28. Dienstjahr ebenfalls um 2 v. H. (§ 26 Abs. 2 SVG).

Der Gesetzgeber hat somit dafür gesorgt, daß ein Soldat, der einen regelmäßigen dienstlichen Werdegang hinter sich hat, der also z. B. mit 20 Jahren in die Bundeswehr oder den öffentlichen Dienst eingetreten ist, auch bei frühest möglicher Versetzung in den Ruhestand mit 52 Jahren das höchstzulässige Ruhegehalt seines Dienstgrades, nämlich 75 v. H. seines letzten Gehalts erreicht (vgl. auch Rittau, Kommentar zum SoldatenG 1957, Anm. I zu § 1 S. 49, 50; Kaub, Schmidbauer, Die Soziale Sicherung der Berufssoldaten und der Soldaten auf Zeit, München 1967, S. 96). Das Besoldungsrecht selbst hat durch die Gestaltung des Besoldungsdienstalters für Soldaten sichergestellt, daß der Soldat schon einige Jahre zuvor Besoldung aus der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe erhält (vgl. Scherer, Abhandlung zum Gesetz über die Altersgrenzen der Berufssoldaten, Neue Zeitschrift für Wehrrecht 1961/62, S. 140, 148 f.). Nach § 38 SVG erhält der Soldat, der wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt wird, darüber hinaus neben seinem Ruhegehalt einen einmaligen Ausgleich in Höhe des Siebeneinhalbfachen der Dienstbezüge des letzten Monats bis zu einer Höchstgrenze von 8.000,- DM. Sofern die Dienstbezüge der aktiven Berufssoldaten durch Gesetz allgemein oder für eine Laufbahngruppe erhöht werden, findet von demselben Zeitpunkt an auch eine Anpassung der Versorgungsbezüge statt.

Der Umstand, daß das Ruhegehalt bis zum 55. Lebensjahr zum Teil in der Form der Kapitalabfindung gezahlt werden kann (§ 28 SVG), ändert nichts an dem Charakter einer grundsätzlich dauerhaften und ausreichenden Versorgungsleistung; denn einmal darf der zu kapitalisierende Betrag die Hälfte des Ruhegehalts und jährlich 2.400,- DM nicht übersteigen (§ 30 Abs. 1 SVG), zum anderen ergibt die Zweckbindung der Kapitalabfindung - Schaffung oder Verbesserung einer Existenzgrundlage, Erwerb oder wirtschaftliche Steigerung eigenen Grundbesitzes, Erwerb grundstücksgleicher Rechte, Beschaffung einer Wohnstätte (§ 28 Abs. 1 Nrn. 1 - 4 SVG) -, daß der Lebensunterhalt gemeinsam mit dem zahlbar bleibenden Teil des Ruhegehalts gesichert bleiben muß.

Demgegenüber kommt dem Umstand keine Bedeutung zu, daß der im Ruhestand befindliche Berufssoldat außerhalb des öffentlichen Dienstes ohne Schmälerung der Versorgungsbezüge Einkommen erwerben kann (vgl. § 53 Abs. 1 SVG); denn das ihm gewährte Ruhegehalt soll und kann im Regelfall eine ausreichende Lebensgrundlage auch für den Fall bieten, daß er überhaupt keiner Beschäftigung mehr nachgeht. Zwar besteht insoweit ein Unterschied zu den Altersruhegeldern nach § 1248 RVO, § 25 AVG und § 48 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 RKG, da die Ansprüche auf diese Leistungen wegfallen, wenn bestimmte Verdienst- und Beschäftigungsgrenzen überschritten werden (vgl. § 1248 Abs. 4 RVO, § 25 Abs. 4 AVG, § 48 Abs. 4 RKG). Ähnlich ist es übrigens beim Bezug von Sozialversicherungsrenten neben dem Ruhegehalt in den Fällen des § 55 a SVG. Dadurch entfällt aber für das Ruhegehalt weder das Merkmal des "Lohnersatzes", noch fehlt es deswegen an einer für die anderen Leistungen typischen und damit für die Vergleichbarkeit wesentlichen Voraussetzung, dem "Ausscheiden aus dem Erwerbsleben". Zwar wurde die Regelung des § 118 Nr. 4 AFG auch mit der Erwägung begründet, daß der davon betroffene Personenkreis als regelmäßig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden betrachtet werden könne (vgl. BT-Drucks. V/2291 S. 57, 82 zu § 108). Gleichwohl können die in § 118 Nr. 4 AFG einbezogenen Leistungen nicht als Leistungen wegen vermuteter Erwerbsunfähigkeit betrachtet werden. Jener Erwägung liegt nämlich ersichtlich nicht der Gedanke zugrunde, daß eine Erwerbstätigkeit in diesen Fällen nicht mehr möglich ist, sondern daß sie aufgrund der gewährten Versorgung in der Regel nicht mehr nötig oder den Umständen nach im allgemeinen nicht mehr erstrebt wird. So gestatten auch die Gewährung des Knappschaftsruhegeldes und der Knappschaftsausgleichsleistung, wie sich im Wege des Umkehrschlusses aus § 98 a und § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG ergibt, eine Beschäftigung außerhalb des knappschaftlichen Betriebes. Mit der Beendigung der Beschäftigung im knappschaftlichen Betrieb hat nur diese spezielle Berufstätigkeit sowie das knappschaftliche Versicherungsverhältnis, das sich bei diesen Sonderleistungen nur aus knappschaftlichen Versicherungszeiten ergibt (§ 100 Abs. 1 Satz 2 RKG), einen endgültigen Abschluß gefunden. Im übrigen besteht aber auch hier die Möglichkeit, durch Weiterarbeit, wenn zwar keine Steigerung der bereits zuerkannten Rente, so doch einen Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung zu erreichen (vgl. BSGE 28, 233, 235). Wie der Senat in seinem Urteil vom 7. August 1974 (aaO) bereits entschieden hat, sind die Gründe hierfür jedoch völlig andere als diejenigen, welche das Ruhen des Alg nach § 118 Nr. 4 AFG in der jeweiligen Sachlage rechtfertigen.

Ob durch die Leistung nach § 118 Nr. 4 AFG der Lebensunterhalt im Einzelfall tatsächlich sichergestellt ist, muß nach Sinn und Zweck des Gesetzes, aber auch nach seinem Wortlaut außer Betracht bleiben. Wie schon ausgeführt, soll durch die Regelung des § 118 Nr. 4 AFG verhindert werden, daß Alg neben einer anderen Leistung aus einer öffentlichen Kasse gewährt wird, die ebenfalls dazu bestimmt ist, die Kosten des Lebensunterhalts zu sichern. Das Gesetz selbst spricht die Rechtsfolge des Ruhens allein aufgrund des äußeren Tatbestandes der Zuerkennung einer anderweitigen Versorgungsleistung aus. Dies gilt für alle übrigen Leistungsbezieher im Sinne des § 118 AFG Nrn. 1 - 3 gleichermaßen. Die Leistung muß nur ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sein, daß sie den Unterhalt des Berechtigten in der Regel sicherstellt.

Unter diesem Blickwinkel vermag der rechtliche Unterschied zwischen Lohn und Beamtengehalt, Rente und Ruhegehalt die Ähnlichkeit der Bezüge nicht aufzuheben. Insbesondere auch im Hinblick darauf, daß die Beamtenbezüge von vornherein um den Versorgungsbetrag gekürzt sind, weil die Alterssicherung der Beamten gewissermaßen als Eigenversicherung des Dienstherrn durchgeführt wird, kann der Umstand, daß der Ruhegehaltsempfänger keine Versicherungsleistung, sondern eine in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn begründete Versorgung erhält, keinen Unterschied machen. Die Tatsache, daß der Ruhegehaltsempfänger auch gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt werden kann, läßt gleichfalls eine andere Beurteilung nicht zu. Entscheidend bleibt, daß beide Leistungen wirtschaftlich auf ein und dasselbe Ziel gerichtet sind, nämlich die Sicherstellung des Lebensunterhalts.

Ob Entsprechendes auch bei den Strahlflugzeugführern gelten könnte, die bei einer vorzeitigen Pensionierung im Alter von 40 Jahren (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 SoldatenG idF vom 22. April 1969 - BGBl I 313) in der Regel nur ein Ruhegehalt von 55 v. H. erdient haben können (vgl. Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses zum Entwurf eines 7. Gesetzes zur Änderung des SoldatenG - BT-Drucks. V/3731 Anm. 3), braucht hier nicht entschieden zu werden.

Ist danach das Ruhegehalt des Klägers als eine "ähnliche öffentlich-rechtliche Leistung" im Sinne des § 118 Nr. 4 AFG anzusehen, so kann in der Rechtsfolge des § 118 Nr. 4 AFG nach der Zweckrichtung der Vorschrift eine Ungleichbehandlung in Form einer Verletzung von Art. 3 GG nicht erblickt werden. Im Gegenteil würde gerade die Nichtanwendung dieser Vorschrift in Fällen der vorliegenden Art und die damit eintretende Doppelversorgung eine ungleiche Bevorzugung der Ruhegehaltsempfänger gegenüber den sonst von § 118 Nr. 4 AFG erfaßten Personengruppen darstellen. Die Frage der Beitragspflicht und Beitragsentrichtung zur BA kann nur außerhalb der Bestimmung des § 118 Nr. 4 AFG relevant werden. So einmal bei der Prüfung, ob die für die Begründung eines Anspruchs auf Alg vorausgesetzte Anwartschaftszeit erfüllt ist (§ 100 AFG in Verbindung mit §§ 104, 107 AFG), also im Zusammenhang mit der Frage, ob überhaupt ein Anspruch auf Alg, dessen Ruhen nach § 118 Nr. 4 AFG eintreten kann, entstanden ist. Zum anderen unter dem Gesichtspunkt, ob Beiträge für einen sozusagen "nutzlosen", weil nicht durchsetzbaren Anspruch wegen Ausbleibens der Gegenleistung bzw. wegen Fehlens eines Rechtsgrundes von Anfang an, zurückzuerstatten sind. Im Rahmen des § 118 AFG ist dagegen allein zu entscheiden, ob eine anderweitige - ausdrücklich genannte oder ähnliche - Versorgungsleistung für den gleichen Zeitraum wie der einmal dem Grunde nach entstandene Anspruch auf Alg zuerkannt ist und demgemäß ein Leistungsanspruch zu verwirklichen ist oder nicht.

Auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG liegt nicht vor. Ein solcher wäre im Rahmen des § 118 Nr. 4 AFG nur insoweit denkbar, als ein dem Grunde nach erworbener Anspruch auf Alg nicht verwirklicht werden kann. Zwar gehört ein Anspruch auf Sozialversicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalles und die als Anwartschaft bezeichnete Position bis zu diesem Zeitpunkt dann zu den öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen, für die der Schutz des Art. 14 GG in Anspruch genommen werden kann, wenn sie - wie der Anspruch auf Alg - nicht ausschließlich auf staatlicher Gewährung, sondern auf eigener Leistung beruht (BVerfGE 11, 221, 226; 14, 288, 293). Eine Verletzung des Art. 14 GG durch § 118 Nr. 4 AFG kann aber nicht bejaht werden, weil das Ruhen des Anspruchs auf Alg im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Gewährung von Ruhegeld gesehen werden muß. Eine doppelte Sicherung des Lebensunterhalts durch öffentlich-rechtliche Träger muß aber nicht nur als unzweckmäßig, sondern innerhalb eines Gesamtsystems der sozialen Sicherheit sogar als systemwidrig empfunden werden. Die dem § 118 Nr. 4 AFG zugrunde liegende Absicht der Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Kassen ist keine Besonderheit dieser Bestimmung, sondern liegt auch anderen Ruhensvorschriften zugrunde. Demgemäß wird z. B. nach § 1278 Abs. 1 Satz 1 RVO bei einem Zusammentreffen von Leistungen aus der Unfallversicherung und aus der Rentenversicherung ein Betrag abgeschöpft, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mehr als den Lohnausfall erbringen würde (BSGE 22, 233, 234). Ähnliche Regelungen enthalten auch die §§ 1279 Abs. 1, 1280, 1283 RVO, §§ 56, 57, 60 AVG. So hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluß vom 15. Juni 1971 (BVerfGE 31, 185) die Bestimmung des § 60 Satz 1 AVG, wonach das Altersruhegeld beim Zusammentreffen mit dem Alg für den Zeitraum ruht, für den beide Leistungen zu gewähren sind, als mit der Verfassung, insbesondere mit Art. 14 GG, vereinbar erklärt. In seiner Begründung legt das BVerfG sogar ausdrücklich dar, daß bei einer Kumulation von Alg und Altersruhegeld einem - jetzt durch das AFG verwirklichten - Eingriff in den Anspruch auf Alg unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Vorzug zu geben wäre.

Vom Ruhen des Anspruchs nach § 118 Nr. 4 AFG sind schließlich nicht solche Fälle ausgenommen, in denen der Anspruch auf Alg erst aufgrund einer nach Eintritt des Versorgungsfalles aufgenommenen weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung entstanden ist. Zwar könnte den §§ 1283 RVO und 60 AVG der Gedanke entnommen werden, daß bei Erwerb einer neuen Anwartschaftszeit nach Beginn des Ruhegehalts beide Leistungen unverkürzt nebeneinander zustehen. Hierbei handelt es sich aber um kein allgemeines Prinzip, sondern um eine Sonderregelung mit dem Charakter des Ausnahmefalles für die in der Regel geringere Berufsunfähigkeitsrente, die zudem in die Ruhenswirkung des § 118 AFG gerade nicht einbezogen worden ist. Im übrigen wäre eine derartige Betrachtungsweise nach dem Wortlaut des § 118 Nr. 4 AFG nicht möglich. Wenn es dort heißt, daß der Anspruch auf Alg "während der Zeit" ruht, für die dem Arbeitslosen die im einzelnen näher aufgeführten Leistungen zuerkannt sind, so schließt dies eine Verwirklichung des Anspruchs für die Gesamtdauer des Ruhegeldbezuges aus.

Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alg ist daher wegen Ruhens dieser Leistung nach § 118 Nr. 4 AFG nicht begründet (so auch Schönefelder-Kranz-Wanka, Komm. z. AFG, Anm. 16 zu § 118; Hennig-Kühl-Heuer, Komm. z. AFG, Anm. 7 zu § 118; Krebs, Komm. z. AFG, Anm. 18 zu § 118).

Eine andere Frage ist es, ob es unter diesen Umständen gerechtfertigt ist, daß Empfänger von Ruhegehalt bei Aufnahme einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung kraft Gesetzes beitragspflichtig zur BA werden (vgl. hierzu die Entscheidungen des 3. Senats des BSG vom 12. November 1975 - 3/12 RK 10/74 und 34/74 -).

Der Senat hatte in diesem Rechtsstreit hierüber jedoch nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650482

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