Leitsatz (amtlich)

1. Ändert sich nach Erlaß eines Verwaltungsaktes, der die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer kassenärztlichen Zulassung zum Gegenstand hat, das für das Rechtsverhältnis maßgebende Recht, so haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ihrer Entscheidung über die Feststellungsklage und die mit ihr verbundene das neue Recht vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an zu Grunde zu legen.

Dies gilt auch, wenn die Rechtsänderung erst im Revisionsverfahren eintritt.

2. Abs 1 der Übergangsbestimmungen der ZO-Ärzte, BZ vom 1948-04-21 findet auch auf Beteiligungen an der kassenärztlichen Versorgung nach dem RAM-Erl 1939-09-04 Anwendung, sofern sie nicht vor dem Inkrafttreten der Zulassungsordnung (1948-07-01) wirksam widerrufen worden sind.

Der Wirksamkeit des Widerrufs stehen nicht die AbändErgV ArbR vom 1939-09-01§§ 1 und 2 (RGBL 1 1683) entgegen, denn auch die nach dem RAM-Erl 1939-09-04 an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Ärzte stehen als solche in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.

3. Eine Beteiligung an der Kassenpraxis vor der Kriegsgefangenschaft oder Internierung im Sinne des HKG § 7b in der Fassung vom 1953-08-17 (BGBL 1 931) liegt auch dann vor, wenn der Heimkehrer nur bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst nach dem RAM-Erl 1939-09-04 an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt war und die Beteiligung mit Rücksicht auf die Einberufung widerrufen wurde.

4. Der Heimkehrer, der sich vor dem 1953-08-19 (Inkrafttreten des Zweiten Änderungsgesetzes zum Heimkehrergesetz vom 1953-08-17) zur Wiederaufnahme der Kassenpraxis gemeldet hat und die sonstigen Voraussetzungen des HKG § 7b Abs 1 S 1 und 2 erfüllt, gilt mit Wirkung vom 1953-08-19 als zur Kassenpraxis zugelassen.

5. Die Kostenfreiheit nach SGG § 183 betrifft nicht die Gerichtskosten, die durch ein nach SGG § 215 auf die Sozialgerichte übergangenes verwaltungsgerichtliches Verfahren entstanden sind. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit können darüber entscheiden, wer diese Kosten zu tragen hat.

 

Normenkette

SGG § 54 Fassung: 1953-09-03, § 55 Fassung: 1953-09-03, § 170 Fassung: 1953-09-03, § 183 Fassung: 1953-09-03, § 215 Fassung: 1953-09-03; HkG § 7b Fassung: 1953-08-17; ÄZO BrZ Fassung: 1948-04-21; RAMErl Fassung:1939-09-04; ArbRÄndV § 1 Fassung: 1939-09-01, § 2 Fassung: 1939-09-01

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. August 1953 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Kläger erst vom 19. August 1953 an als zur Kassenpraxis zugelassen gilt.

In Abänderung des angefochtenen Urteils werden die durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszugs dem Kläger, im übrigen zu einem Drittel dem Kläger, zu zwei Drittel dem Beklagten auferlegt. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der Kläger, der im Jahre 1934 seine Approbation als Arzt erhalten hat, ließ sich im Jahre 1938 in M. als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten nieder. Nach Ausbruch des Krieges wurde er am 5. Oktober 1939 vom Leiter der Ärztekammer W und der Landesstelle Westfalen der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD.) auf Grund der Erlasse des Reichsministers des Innern vom 2. September 1939 ( Reichsgesundheitsbl . 1939 S. 856) und des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 betreffend vorübergehende Zulassung von Ärzten zur Kassenpraxis (AN. 1939 S. IV 461), widerruflich "zur Teilnahme an der RVO-Kassenpraxis" in M verpflichtet. Diese Verpflichtung ist mit Wirkung vom 11. März 1940 wieder aufgehoben worden. Am 18. Juni 1941 wurde der Kläger auf Grund der gleichen Erlasse von derselben Stelle erneut mit Wirkung vom 21. Juni 1941 zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung in M widerruflich verpflichtet. Nachdem er am 28. April 1942 zur Wehrmacht einberufen worden war, wurde diese Verpflichtung durch Schreiben des Leiters der Ärztekammer W vom 12. Juni 1942 mit Wirkung vom 28. April 1942 wieder aufgehoben. Im Oktober 1943 wurden die Praxisräume des Klägers in M durch einen Luftangriff zerstört. Nachdem der Kläger im Herbst 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, hielt er sich zunächst auf dem Gut seines Bruders auf, um seine Gesundheit wiederherzustellen.

Am 6. Juli 1948 gab der Präsident des Zentralamts für Arbeit in der damaligen britischen Besatzungszone die am 21. April 1948 beschlossene Zulassungsordnung (ZulO) für Ärzte bekannt (ArbBl. f. d. brit. Zone 1948 S. 250), die folgende Übergangsbestimmung Nr. 1 enthält:

"Sämtliche seit 4. September 1939 erfolgten vorübergehenden und anderen Zulassungen zur kassenärztlichen Tätigkeit gelten ab 1. Oktober 1948 als ordentliche Zulassungen, soweit nicht bis zum 30. September 1948 von Kassenverbänden oder der Kassenärztlichen Vereinigung beim zuständigen Zulassungsausschuß Widerspruch gegen die Zulassung einzelner Ärzte erhoben ist.

Bei Widerspruch entscheiden die Zulassungsinstanzen nach den Vorschriften der Zulassungsordnung".

Mit Schreiben vom 31. Januar 1949 teilte der Vorsitzende des Zulassungsausschusses für den Arztregisterbezirk M dem Kläger auf dessen Anfrage mit, daß er nicht unter diese Übergangsbestimmung falle und "als endgültiger Kassenarzt" vom Zulassungsausschuß nicht bestätigt werden könne. Unter Hinweis darauf, daß der damalige Leiter des Zulassungsausschusses ihm im Jahre 1946 die Auskunft erteilt habe, er sei weiterhin zur Kassenpraxis zugelassen, beantragte der Kläger die Überprüfung der Angelegenheit. Er machte hierbei geltend, daß er erst nach der Währungsreform in der Lage gewesen sei, sich wieder Praxisräume zu beschaffen. Mit Schreiben vom 23. Februar 1949 eröffnete der Vorsitzende des Zulassungsausschusses dem Kläger, der Zulassungsausschuß habe den Antrag des Klägers "auf Zulassung zur Kassenpraxis" beraten, ihm aber nicht stattgeben können; der Kläger falle nicht unter die Übergangesbestimmung der ZulO, weil die Dienstverpflichtung bei seiner Einberufung zur Wehrmacht aufgehoben worden sei; er könne daher nur auf Grund der allgemeinen Bestimmungen der ZulO nach Bewerbung um eine ausgeschriebene Stelle zugelassen werden. Nachdem der beklagte Berufungsausschuß die vom Kläger gegen diesen Bescheid gemäß § 31 ZulO eingelegte Berufung durch Beschluß vom 24. Mai 1949 zurückgewiesen hatte, erhob der Kläger Klage im Verwaltungsstreitverfahren mit dem Erfolg, daß der Beschluß des Berufungsausschusses vom 24. Mai 1949 und der ihm zugrunde liegende Bescheid des Vorsitzenden des Zulassungsausschusses vom 23. Februar 1949 durch rechtskräftiges Urteil des Landesverwaltungsgerichts Münster vom 30. Oktober 1951 wegen wesentlicher Verfahrensmängel aufgehoben wurden.

Nach erneuter Verhandlung lehnte der Zulassungsausschuß für den Arztregisterbezirk Münster durch Beschluß vom 16. April 1952 den Antrag des Klägers auf "Feststellung, daß er auf Grund seiner Notdienstverpflichtung entsprechend den Übergangsbestimmungen der ZulO ab 1. Oktober 1948 zur Kassenpraxis zuzulassen sei", ab und stellte gleichzeitig fest, daß der Kläger "am 30. September 1948 keine vorübergehende oder andere Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit gehabt hat, die am 1. Oktober 1948 in eine ordentliche Zulassung umzuwandeln gewesen wäre". Die Berufung, die der Kläger gegen diesen Beschluß einlegte, wies der beklagte Berufungsausschuß am 11. Juli 1952 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Anfechtungsklage mit dem Antrag festzustellen, daß er ab 1942, spätestens ab 1949 als Kassenarzt zu gelten habe. Das Landesverwaltungsgericht Münster hat die Klage durch Urteil vom 13. Februar 1953 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster durch Urteil vom 5. August 1953 - den Beteiligten zugestellt am 19. August 1953 - den Beschluß des beklagten Berufungsausschusses sowie den ihm zugrunde liegenden Bescheid des Zulassungsausschusses vom 16. April 1952 aufgehoben und festgestellt, daß der Kläger seit dem 1. Oktober 1948 als ordentlich zugelassener Krankenkassenarzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Münster gelte. Die Kosten des Verfahrens wurden dem beklagten Berufungsausschuß auferlegt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, weil ein Revisionsgrund nach § 53 Abs. 2 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVerwGG) vom 23. September 1952 gegeben sei. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die auf Grund der Erlasse des Reichsministers des Innern vom 2. September 1939 und des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 ausgesprochene Verpflichtung des Klägers ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Verordnung des Ministerrats für die Reichsverteidigung vom 1. September 1939 (RGBl. I S. 1683) und der hierzu ergangenen Durchführungsbestimmungen begründet habe; dieses hätte nach § 1 der genannten Verordnung wegen der Einberufung des Klägers zum Wehrdienst nicht gelöst werden können. Die Widerrufsverfügung der Ärztekammer vom 12. Juni 1942 sei deshalb nichtig. Da die vorübergehende Zulassung des Klägers hiernach bei Inkrafttreten der ZulO noch bestanden habe, sei sie nach den Übergangsbestimmungen der ZulO in eine ordentliche Zulassung umgewandelt worden.

Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat der beklagte Berufungsausschuß am 15. September 1953 beim Oberverwaltungsgericht Münster Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Kläger mit der Klage abzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sache nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) (1. Januar 1954) an das Bundessozialgericht abgegeben.

 

Entscheidungsgründe

I.

Der beim Inkrafttreten des SGG beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Rechtsstreit ist gemäß § 215 Abs. 9 in Verbindung mit §§ 51 Abs. 1 und 2, 224 SGG auf das Bundessozialgericht übergegangen. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Zulässigkeit der Revision nunmehr nach dem SGG. Demgemäß ist die Revision - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels - statthaft, wenn sie das Landessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). In dem vorliegenden Übergangsfall kam jedoch eine solche Zulassung durch das Landessozialgericht nicht in Betracht, da die Sache in der Vorinstanz bei einem Oberverwaltungsgericht schwebte. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen gleichwohl keine Bedenken, weil die vom Oberverwaltungsgericht ausgesprochene Zulassung der Revision (§ 53 Abs. 2 BVerwGG) auch nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen begründet ist (vgl. BSG. Bd. 1 S. 11 (13) u. S. 17 (21)).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Abgabebeschluß in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen den beklagten Berufungsausschuß als parteifähig angesehen. Dies entspricht der in dem Beschluß vom 4. November 1953 (MDR. 1954 S. 525) näher begründeten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. In der Sozialgerichtsbarkeit sind außer natürlichen und juristischen Personen sowie nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen Behörden nur dann fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, wenn das Landesrecht dies bestimmt (§ 70 Nr. 3 SGG). Wie der erkennende Senat bereits in seiner zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 17. Februar 1956 - 6 RKa 14/55 - (Soz. R., § 70 SGG Bl. Da 1 Nr. 3) bei Prüfung der Rechtsstellung des in Berlin gebildeten Zulassungsausschusses ausgesprochen hat, sind die Zulassungsinstanzen, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, denen aber als Verwaltungsaufgabe die Zulassung von Kassenärzten mit unmittelbarer Wirkung für die beteiligten Selbstverwaltungskreise übertragen ist, als Behörden im Sinne des § 70 Nr. 3 SGG anzusehen. Da nach dem in Nordrhein-Westfalen geltenden Landesrecht (vgl. Zweites Gesetz zur Ausführung des SGG vom 29. November 1955, GVBl. NRW. Ausgabe A S. 230) Behörden fähig sind, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein, bestehen gegen die Parteifähigkeit des beklagten Berufungsausschusses keine Bedenken. Es bedarf daher im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob der beklagte Berufungsausschuß nicht auch auf Grund der neuen Vorschrift des § 70 Nr. 4 SGG (i. d. F. des Gesetzes über Kassenarztrecht vom 17. August 1955, BGBl. I S. 513) als parteifähig anzusehen ist.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er vom 1. Oktober 1948 ab als ordentlich zugelassener Kassenarzt gelte. Da die Zulassungsinstanzen das Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses verneinen, hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Diesem Rechtsschutzinteresse steht nicht entgegen, daß die Feststellungsklage mit der Anfechtung eines Verwaltungsaktes (§ 54 Abs. 1, 2 SGG) verbunden ist; denn die Aufhebung dieses Verwaltungsaktes, nämlich des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 16. April 1952, den der beklagte Berufungsausschuß bestätigt hat, würde die vom Kläger begehrte positive Feststellung über seine Stellung als Kassenarzt nicht ersetzen. Die mit der Anfechtungsklage verbundene Feststellungsklage ist daher zulässig.

II.

A) In der Sache selbst hat der Senat zunächst geprüft, ob die vom Kläger begehrte Feststellung nach der oben angeführten Übergangsbestimmung der ZulO für Ärzte vom 21. April 1948 gerechtfertigt ist. Diese ZulO ist von einem Ausschuß für Ärzte und Krankenkassen beschlossen worden, dem durch die - auf Anordnung der brit. Militärregierung erlassene - Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 15 vom 30. Juli 1947 (ArbBl. f. d. brit. Zone 1947 S. 241) die Beschlussfassung über die ZulO für Kassenärzte ausdrücklich übertragen worden war. Sie wurde mit Zustimmung der brit. Militärregierung vom Präsidenten des Zentralamts für Arbeit in der brit. Zone genehmigt und ordnungsgemäß durch Bekanntmachung vom 6. Juli 1948 (ArbBl. f. d. brit. Zone 1948 S. 250) veröffentlicht. Gegen ihre Rechtswirksamkeit bestehen in formeller Hinsicht keine Bedenken (vgl. auch Erlaß des Arbeitsministers des Landes Nordrhein-Westfalen - IIa 2 - 3021 - vom 22. Juli 1949, abgedruckt bei Heinemann-Koch, Kassenarztrecht, Stand Juni 1955 S. 23; Sievers, Das Zulassungsrecht 3. Aufl. S. 12).

Gegen die Gültigkeit der hier in Betracht kommenden Bestimmungen der ZulO sind auch inhaltlich keine Einwendungen zu erheben, insbesondere verstößt die Bestimmung, nach der die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung von einer Zulassung abhängt (vgl. § 2), nicht gegen das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG); denn die Tätigkeit eines Kassenarztes als solche stellt nicht die Ausübung eines "Berufs" im Sinne des Art. 12 GG dar, sondern ist als Erfüllung einer besonderen öffentlich-rechtlichen Aufgabe im Rahmen des ärztlichen Berufs anzusehen (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 17. Februar 1956 - 6 RKa 14/54).

Der Kläger kann sich jedoch auf die Übergangsbestimmung der ZulO nicht berufen. Er war vor Ausbruch des Kriegs unstreitig nicht als Kassenarzt nach der bis zum Zusammenbruch geltenden ZulO vom 17. Mai 1934 in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1937 (RGBl. I S. 977) zugelassen. Auf Grund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 12. September 1939 (AN. S. IV 454) durften die Zulassungsinstanzen - abgesehen von gewissen bereits beim Reichszulassungsausschuß anhängigen Verfahren - bis auf weiteres Zulassungen nicht mehr aussprechen. Um die kassenärztliche Versorgung jedoch durch diese Zulassungssperre nicht zu gefährden, war durch den Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 (AN. 1939 IV 461) die KVD. angewiesen worden, im Falle des Bedürfnisses Ärzten, die nicht auf Grund der ZulO zugelassen waren, die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung an von ihnen zu bezeichnenden Stellen vorübergehend zu gestatten. Die Reichsärztekammer war durch den Erlaß des Reichsministers des Innern vom 2. September 1939 ( Reichsgesundheitsbl . 1939 S. 856) beauftragt worden, für die ihr angehörenden frei praktizierenden Ärzte verpflichtend anzuordnen, daß sie auf jedem ärztlichen Gebiet Aufgaben zu übernehmen hätten, und zwar mit dem Hinweis, daß sich diese Verpflichtung insbesondere auf die Übernahme von Aufgaben im Rahmen der Reichsversicherung, der öffentlichen Fürsorge usw. beziehe. Der in dem Beschluß des beklagten Berufungsausschusses zum Ausdruck kommende Zweifel, ob der dem Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 1941 auf Grund dieser Erlasse erteilte "Auftrag zur Teilnahme an der RVO-Praxis" überhaupt als vorübergehende Zulassung im Sinne der Übergangsbestimmung Nr. 1 der Zulassungsordnung vom 21. April 1948 angesehen werden könne, ist unbegründet. Wenn die Übergangsbestimmung von "sämtlichen seit 4. September 1939 erfolgten vorübergehenden und anderen Zulassungen zur kassenärztlichen Tätigkeit" spricht, so sind damit jedenfalls auch die auf Grund der angeführten Erlasse vom 2. und 4. September 1939 im Wege der Verpflichtung durch die örtlich zuständige Dienststelle der KVD. ausgesprochenen Heranziehungen zur kassenärztlichen Tätigkeit gemeint. Die nach diesen Erlassen vorübergehend zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung herangezogenen Ärzte hatten während der Dauer der Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit alle Rechte und Pflichten eines Kassenarztes (letzter Satz des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939). Es besteht kein zwingender Grund, die Übergangsbestimmung Nr. 1 der ZulO vom 21. April 1948 nur auf die nach dem Zusammenbruch ausgesprochenen Zulassungen, etwa auf die von der Militärregierung nach der Verordnung Nr. 57 der Control Commission for Germany erteilten kassenärztlichen Aufträge zu beziehen; denn die Übergangsbestimmung nennt neben den "vorübergehenden Zulassungen" ausdrücklich "andere Zulassungen", mit denen wohl hauptsächlich die nach dem Zusammenbruch erteilten kassenärztlichen Beauftragungen gemeint sind. Die Mehrzahl der vorübergehenden Zulassungen beruhte aber auf dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939; auf sie bezieht sich die Übergangsbestimmung offensichtlich in erster Linie, wenn sie von den "seit 4. September 1939 erfolgten vorübergehenden" Zulassungen spricht. Da der dem Kläger erteilte Auftrag auf unbeschränkte Teilnahme am kassenärztlichen Dienst gerichtet war, bestehen somit keine Bedenken, mit dem angefochtenen Urteil die im Juni 1941 ausgesprochene Verpflichtung des Klägers als vorübergehende Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit im Sinne der Übergangsbestimmung Nr. 1 anzusehen.

Die Übergangsbestimmung Nr. 1 der ZulO vom 21. April 1948 kann aber nur dann angewendet werden, wenn die vorübergehende Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit jedenfalls im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser ZulO - 1. Juli 1948 (ArbBl. f. d. brit. Zone 1948 S. 250) - noch bestanden hat. Wenn nämlich eine nach dem 3. September 1939 ausgesprochene vorübergehende Zulassung mit dem 1. Oktober 1948 als ordentliche Zulassung gelten soll, so bedeutet dies rechtlich, daß sie in eine ordentliche Zulassung umgewandelt wird. Diese Änderung des bisherigen Rechtszustandes kann aber nur dann eintreten, wenn das Rechtsverhältnis als vorübergehend zugelassener Kassenarzt beim Inkrafttreten des neuen Zulassungsrechts noch nicht durch Widerruf oder sonst wirksam beendet worden war. Die unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs ausgesprochene Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung ist jedoch durch das Schreiben des Leiters der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 12. Juni 1942 wegen der Einberufung des Klägers zum Heeresdienst rechtswirksam widerrufen worden. Ob der rückwirkend auf den Tag der Einberufung zum Heeresdienst (28. April 1942) abgestellte Widerruf bereits zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden ist, kann dahingestellt bleiben; denn jedenfalls trat diese Wirkung spätestens mit dem Zugang des Widerrufsschreibens beim Kläger ein.

Der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, daß der Widerruf der Verpflichtung des Klägers wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sei, vermag der Senat nicht beizutreten. Sie beruht auf der irrigen Ansicht, daß durch die Verpflichtung auf Grund der Erlasse des Reichsministers des Innern vom 2. September 1939 und des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden sei, auf das die Vorschriften der Verordnung des Ministerrats für die Reichsverteidigung zur Abänderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiet des Arbeitsrechts vom 1. September 1939 (RGBl. I S. 1683) anzuwenden seien. Nach § 1 dieser Verordnung wird durch die Einberufung zu einer Dienstleistung im Wehrdienst "ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis (Arbeits-, Lehrverhältnis) nicht gelöst"; vielmehr ruhen die beiderseitigen Rechte und Pflichten für die Dauer der Einberufung; der Unternehmer kann das Beschäftigungsverhältnis nach § 2 der Verordnung nicht kündigen. Wie sich schon aus der Bezeichnung der Verordnung ("... auf dem Gebiete des Arbeitsrechts") und der Fassung des § 1, insbesondere aus der Klammerdefinition ("Arbeits-, Lehrverhältnis"), eindeutig ergibt, beziehen sich die Bestimmungen dieser Verordnung allein auf abhängige Beschäftigungsverhältnisse. Auch aus dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 23. April 1940 (RArbBl. I S. 195) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden, denn dieser Erlaß betrifft nur Dienstverhältnisse, die nach § 2 der Dienstpflicht-Durchführungsverordnung vom 2. März 1939 (RGBl. I S. 403) durch Dienstverpflichtungsbescheid begründet worden sind, also durch einen Verpflichtungsbescheid des Arbeitsamts, der den Abschluß eines Arbeitsvertrages zu einem bestimmten Arbeitgeber auf Grund der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung vom 13. Februar 1939 (RGBl. I S. 206) zum Gegenstand hat; ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Durch die Verpflichtung auf Grund der genannten Erlasse wurde nicht, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu der Kassenärztlichen Vereinigung oder den Krankenkassen geschaffen. Die mit der Zulassung bzw. dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verbundene Pflicht des Arztes zur Behandlung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen ist kein für abhängige Beschäftigungsverhältnisse charakteristisches Merkmal, wie Hess in seiner Anmerkung zu dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 4. Februar 1953 (Ärztliche Mitteilungen 1953 S. 311) mit Recht betont. Der Kassenarzt unterliegt keinem Weisungsrecht ("Direktionsrecht") eines Arbeitgebers; er ist nicht - wie der angestellte oder beamtete Arzt - in einen hierarchisch geordneten Betrieb oder eine Verwaltung eingeordnet, sondern übt auch seine öffentlichen Aufgaben als Kassenarzt im Rahmen seinen freien ärztlichen Berufs aus (vgl. die Entscheidung des erkennenden Senats vom 17. Februar 1956 - 6 RKa 14/54 -). Dies hat zur Folge, daß er für seine Tätigkeit kein Arbeitsentgelt (Gehalt), sondern einen bestimmten Anteil an der von den Krankenkassen an die Kassenärztliche Vereinigung abgeführten Gesamtvergütung erhält. Von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis kann daher weder gegenüber den Krankenkassen noch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung die Rede sein. Dem aus Anlaß der Einberufung des Klägers zum Wehrdienst ausgesprochenen Widerruf seiner Verpflichtung stehen demnach die Schutzvorschriften der Verordnung vom 1. September 1939 nicht entgegen, weil diese ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis voraussetzen. Da die vorläufige Zulassung somit rechtswirksam schon im Jahre 1942 widerrufen worden ist, kann der Kläger nicht auf Grund der Übergangsvorschrift Nr. 1 der ZulO vom 21. April 1948 mit dem 1. Oktober 1948 als ordentlich zugelassener Kassenarzt angesehen werden.

B) Der Kläger ist aber Heimkehrer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Heimkehrergesetzes (HkG) vom 19. Juni 1950 (BGBl. I S. 221), und zwar sowohl nach der ursprünglichen Fassung dieses Gesetzes als auch nach der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsgesetzes vom 30. Oktober 1951 (BGBl. I S. 875, 994) sowie des Zweiten Ergänzungs- und Änderungsgesetzes vom 17. August 1953 (BGBl. I S. 931). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war er während seiner Zugehörigkeit zur Deutschen Wehrmacht in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten und hat unmittelbar nach seiner bis Herbst 1945 dauernden Kriegsgefangenschaft im Bundesgebiet Aufenthalt genommen. Das Berufungsgericht hat eine Feststellung darüber, ob sich der Kläger innerhalb oder außerhalb der Bundesrepublik in Kriegsgefangenschaft befunden hat, nicht getroffen. Es kommt aber auf diese Frage auch nicht an, weil die Vorschrift des § 1 Abs. 1 HkG, wie der 7. Senat des Bundessozialgerichts bereits entschieden hat, nicht voraussetzt, daß der kriegsgefangene Deutsche von einem Ort außerhalb der Bundesrepublik zurückgekehrt ist (BSG. 1 S. 11).

Durch das Gesetz zur Ergänzung und Änderung des HkG vom 30. Oktober 1951 wurde die Vorschrift des § 7 b eingeführt, nach der Heimkehrer, die vor ihrer Einberufung oder Internierung als Ärzte, Zahnärzte oder Dentisten zur Kassenpraxis nach deutschen Vorschriften zugelassen waren, weiterhin als zur Kassenpraxis zugelassen gelten. Sie haben sich, sofern sie inzwischen noch nicht wieder zur Kassenpraxis zugelassen sind, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Ergänzungs- und Änderungsgesetzes vom 30. Oktober 1951 bei dem für ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt zuständigen Zulassungsausschuß oder der diesem entsprechenden Stelle zur Wiederaufnahme der Praxis zu melden. Nach dem Erlaß des Bundesministers für Arbeit vom 29. Februar 1952 - IV a 7 - 751/52 - (abgedruckt bei Draeger, HkG 2. Aufl. S. 47) sollen als zugelassen im Sinne der Vorschrift des § 7 b in der Fassung vom 30. Oktober 1951 nicht die nach Ausbruch des Krieges an der kassenärztlichen Tätigkeit nur vorübergehend beteiligten Ärzte gelten, auch wenn sie nach dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 die Rechte und Pflichten eines Kassenarztes während der Dauer ihrer Beteiligung übernommen hatten. Die Auffassung, daß § 7 b in der Fassung des Gesetzes vom 30. Oktober 1951 nur anwendbar sei, wenn eine "normale Zulassung" vorlag, die vor dem Kriegsnotrecht erworben war, wird auch vertreten von Koch-Heinemann a. a. O. S. 70 sowie von Köhne, Ärztliche Mitteilungen (Ä. M.) 1953 S. 506. Ferner hat das Bayerische Landessozialgericht diese Ansicht in einem Urteil vom 16. Juni 1955 geteilt (Amtsbl. des Bayer. Staatsm . f. Arb. u. Soz. Fürsorge 1955 Teil B S. 199). Der Senat schließt sich dieser allein mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang stehenden Auffassung an.

Die Rechtslage hat sich aber durch die Zweite Novelle zum HkG vom 17. August 1953 geändert. Hiernach gelten auch solche Heimkehrer als zur Kassenpraxis zugelassen, die vor ihrer Kriegsgefangenschaft oder Internierung "an einer Kassenpraxis beteiligt" waren. Die Änderung ist allerdings erst am 19. August 1953 in Kraft getreten (Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 17. August 1953), also nach Erlaß des Verwaltungsaktes und nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. In Fällen solcher Art, bei denen der Streit ein über den Zeitpunkt der Rechtsänderung andauerndes Rechtsverhältnis betrifft, ist aber bei der Entscheidung über die mit einer Feststellungsklage verbundene Anfechtungsklage grundsätzlich von dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht auszugehen, und zwar auch dann, wenn die Rechtsänderung erst im Revisionsverfahren eingetreten ist. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist bei der gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsakten im Rahmen eines reinen Anfechtungsverfahrens die Anwendung von Rechtsvorschriften, die erst nach Erlaß des Verwaltungsaktes wirksam geworden sind, grundsätzlich als unzulässig anzusehen; denn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen, in der Vergangenheit liegenden Verwaltungsaktes kann grundsätzlich nur nach der Rechtslage zur Zeit seines Erlasses beurteilt werden (vgl. BVerwG. 1 S. 35 = JZ 1954 S. 446; BVerwG. 2 S. 55). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch anerkannt, daß die Verwaltungsgerichte Gesetzesänderungen zu beachten haben, die während der Rechtshängigkeit einer Vornahme klage nach § 24 der Militärregierungsverordnung (MRVO) Nr. 165 ergangen sind; denn die Verwaltungsgerichte können die verklagte Verwaltungsbehörde nur dann zur Vornahme eines Verwaltungsaktes verurteilen, wenn nach dem zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung maßgebenden Recht die Behörde zur Vornahme der Amtshandlung rechtlich verpflichtet ist (BVerwG. 1 S. 291 (295), vgl. auch Bachof, JZ. 1954 S. 416 ff). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn mit der Vornahmeklage eine Anfechtungsklage auf Aufhebung des die Vornahme ablehnenden Verwaltungsaktes verbunden wird, weil dem Aufhebungsantrag neben dem Vornahmeantrag keine selbständige Bedeutung zukommt (BVerwG. 1 S. 291 (296)). Die gleichen Erwägungen, die bei einer verwaltungsgerichtlichen Vornahmeklage und der mit ihr verbundenen unselbständigen Anfechtungsklage zur Anwendung neuen Rechts führen, treffen im sozialgerichtlichen Verfahren auch für Feststellungsklagen zu, die ein Rechtsverhältnis mit Dauerwirkung zum Gegenstand haben, wie es bei der vom Kläger begehrten Feststellung, daß er als zugelassener Kassenarzt gelte, der Fall ist; denn auch die Feststellung des Bestehens eines solchen Rechtsverhältnisses durch Urteilsspruch ist nur gerechtfertigt, wenn das Rechtsverhältnis z. Zt. der gerichtlichen Entscheidung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht besteht; die Anwendung des alten Rechts würde zu einer unrichtigen Feststellung führen, wenn das umstrittene Dauerrechtsverhältnis nach dem Inhalt des neuen Rechts von diesem erfaßt wird (vgl. Urteil des 1. Senats des BSG. vom 9. Februar 1956 - 1 RA 5/55 - SozR., SGG § 170 Bl. Da 1 Nr. 1; BGHZ 9 S. 101 (103); vgl. auch Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 1954, S. 209 (214 ff), der gleiche Verfasser in DVBl. 1953 S. 447). Dieser Gedanke erfordert - ebenso wie bei einer mit einer Anfechtungsklage verbundenen Vornahmeklage - Geltung auch für die mit einer Anfechtungsklage verbundene Feststellungsklage, sofern der die Feststellung ablehnende Verwaltungsakt - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Feststellungsbegehren keine selbständige Bedeutung hat; denn soweit das Feststellungsbegehren begründet ist, bedingt die Feststellung des umstrittenen Rechtsverhältnisses notwendigerweise die Aufhebung des die Feststellung ablehnenden Verwaltungsaktes. Deshalb müssen in Fällen dieser Art - ebenso wie bei verbundenen Leistungs- und Anfechtungsklagen (§ 54 Abs. 4 SGG) - Rechtsänderungen die erst während des Revisionsverfahrens eingetreten sind, bei der Prüfung des umstrittenen Rechtsverhältnisses sowohl hinsichtlich des Feststellungs- als auch des Aufhebungsantrages vom Revisionsgericht beachtet werden.

Die Zweite Novelle zum HkG dehnt die Vorschrift des § 7 b Abs. 1 HkG auf solche Heimkehrer aus, die vor ihrer Kriegsgefangenschaft oder Internierung an einer Kassenpraxis nur "beteiligt" waren. Diese Änderung wurde erst während der Beratungen des 26. Ausschusses des Bundestages vorgenommen (Bundestagsdrucksache Nr. 4316, 4632, 1. Wahlperiode; stenografische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode Bd. 17. S. 14049). Die Verpflichtung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung auf Grund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 muß als "Beteiligung an einer Kassenpraxis" im Sinne des § 7 b Abs. 1 HkG neuer Fassung angesehen werden. Der Begriff der "Beteiligung" oder "Gestattung der Teilnahme" ist erst nach dem Zusammenbruch in der ZulO für die brit. Zone vom 21. April 1948 (§§ 17 Abs. 3 und 20) geprägt worden. Da sich § 7 b Abs. 1 HkG aber auch auf Ärzte bezieht, die vor Erlaß dieser ZulO in Kriegsgefangenschaft oder Internierung geraten und erst nach Inkrafttreten dieser ZulO zurückgekehrt sind, kann der Begriff "Beteiligung" nicht in dem heute maßgeblichen Sinn gemeint sein. Man wird vielmehr unter Berücksichtigung des früheren Wortlauts und des Zwecks der Vorschrift annehmen müssen, daß unter "Beteiligung an einer Kassenpraxis" im Sinne des § 7 b Abs. 1 HkG neuer Fassung jede Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung zu verstehen ist, insbesondere auch die Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit auf Grund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 4. September 1939 (ebenso Koch-Heinemann a. a. O. S. 70 r; Hess, Ärztliche Mitteilungen (Ä. M.) 1953 S. 504; Köhne, ebenda S. 506; Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 16. Juni 1955 a. a. O.).

Der Umstand, daß § 7 b Abs. 1 HkG neuer Fassung in Abweichung von dem früheren Wortlaut ("vor ihrer Einberufung") die Zulassung zur Kassenpraxis nunmehr denjenigen Heimkehrern zuerkennt, die "vor ihrer Kriegsgefangenschaft oder Internierung" zur Kassenpraxis zugelassen oder an einer Kassenpraxis beteiligt waren, bedeutet nicht, daß an der Vergünstigung, welche die Zweite Novelle den Heimkehrern bringen wollte, diejenigen Heimkehrer nicht teilnehmen sollen, deren Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung infolge der Einberufung zum Wehrdienst ein Ende gefunden hatte. Die Zulassung auf Grund des Erlasses vom 4. September 1939 endete regelmäßig mit der Einberufung. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber gerade diejenigen Kriegsgefangenen, deren Verpflichtung infolge ihrer Einberufung zum Wehrdienst aufgehoben wurde, von der Vergünstigung der Zweiten Novelle ausnehmen wollte. Eine solche Auslegung, welche die Vorteile der Novelle im wesentlichen auf die internierten Ärzte beschränken, die große Zahl der aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrenden, vorübergehend zugelassen gewesenen Ärzte dagegen von der Vergünstigung ausschließen würde, wäre mit dem Sinn und Zweck der Zweiten Novelle nicht vereinbar. Deshalb kann § 7 b Abs. 1 HkG neuer Fassung nur dahin verstanden werden, daß die Beteiligung der kriegsgefangenen Heimkehrer an der kassenärztlichen Versorgung bis zu ihrer Einberufung zum Wehrdienst bestanden haben muß. Daneben wird man allerdings verlangen müssen, daß der Heimkehrer sich während seiner Dienstzeit oder danach nicht von dem Beruf des frei praktizierenden Arztes (Zahnarztes, Dentisten) gelöst hat, etwa durch Übertritt zum aktiven Heeres-Sanitätsdienst (vgl. Bescheid des BMA vom 26. Januar 1953, wiedergegeben bei Sievers a. a. O. S. 243 Nr. 8 d und Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 16. Juni 1955 a. a. O.). Eine solche Loslösung vom Beruf des frei praktizierenden Arztes ist aber nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beim Kläger nicht anzunehmen. Der Kläger ist auch seiner Meldepflicht nach § 7 b Abs. 1 Satz 2 HkG nachgekommen, denn er hat sich nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schon im Jahre 1946 um seine Zulassung als Kassenarzt bemüht und - nachdem er sich wieder Praxisräume geschaffen hatte - unter Hinweis auf seine Kriegsgefangenschaft seit dem Jahre 1949 die Anerkennung als zugelassener Kassenarzt betrieben.

Da die Vorschrift des § 7 b HkG in der Fassung der Zweiten Novelle vom 17. August 1953 erst am 19. August 1953 in Kraft getreten ist, kann der Kläger allerdings erst von diesem Zeitpunkt an als zur Kassenpraxis zugelassen gelten.

Die Revision des Beklagten war daher mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Kläger erst vom 19. August 1953 an als zur Kassenpraxis zugelassen gilt (§ 170 Abs. 2 SGG).

Der für den Kläger günstige Ausgang des Rechtsstreits ist allein auf die erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils eingetretene Rechtsänderung zurückzuführen. Dies muß sich auf die Entscheidung über die Kosten auswirken, die sich auch auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten zu erstrecken hat. Das Reichsgericht hat in einem ähnlichen Falle, in dem der Kläger erst auf Grund einer in der Revisionsinstanz eingetretenen Rechtsänderung obgesiegt hatte, die ihn belastende Kostenentscheidung der Vorinstanzen nicht geändert (RGZ. Bd. 101 S. 165). Gegen dieses Urteil sind zwar im Schrifttum im Hinblick auf die starre Kostenvorschrift des § 91 der Zivilprozeßordnung (ZPO), nach der die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, Bedenken erhoben worden (vgl. Baumbach-Lauterbach 22. Aufl., Anm. 1 B zu § 91 ZPO). Ob diese Bedenken begründet sind, kann hier auf sich beruhen, denn im sozialgerichtlichen Verfahren gestattet die Vorschrift des § 193 SGG eine Verteilung der Kosten unter dem Gesichtspunkte der Billigkeit, der im übrigen auch in der genannten Entscheidung des Reichsgerichts zum Ausdruck kommt. Hinsichtlich der Gerichtskosten ist dabei von § 183 SGG auszugehen, wonach das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich kostenfrei ist. Da der Rechtsstreit erst mit dem Inkrafttreten des SGG (1. Januar 1954) auf das Bundessozialgericht übergegangen ist und vorher bei Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit anhängig war, kann er jedoch hinsichtlich der Gerichtskosten erst vom 1. Januar 1954 an nach den besonderen Vorschriften des SGG über die Freiheit von Gerichtskosten behandelt werden. Es bedarf daher einer Entscheidung über die Gerichtskosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Kläger, wie dargelegt, in den ersten beiden Rechtszügen nach der damaligen materiellen Rechtslage bei richtiger Rechtsanwendung - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - keinen Erfolg gehabt hätte und daß er auch im dritten Rechtszuge erst infolge der vom 19. August 1953 an eingetretenen Rechtsänderung ein obsiegendes Urteil erstritten hat. Es erscheint daher angemessen, dem Kläger die Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszuges im vollen Umfange aufzuerlegen und soweit in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Kosten entstanden sind, den Kläger mit einem Drittel, den beklagten Berufungsausschuß mit zwei Drittel dieser Kosten zu belasten.

Eine Erstattung der dem Berufungsausschuß entstandenen Aufwendungen findet nach § 193 Abs. 4 SGG nicht statt; dies gilt auch für die Gebühren und Auslagen des für den Berufungsausschuß tätig gewordenen Rechtsanwalts (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Mai 1956 - 6 RKa 13/54 - SozR. SGG § 193 Bl. Da 1 Nr. 2). In Anbetracht der Änderung der materiellen Rechtslage erscheint es ferner gerechtfertigt (§ 193 Abs. 1 SGG), von einer Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten abzusehen, die dem Kläger im Laufe des hinsichtlich der Kostenverteilung einheitlich zu beurteilenden gesamten Verfahrens entstanden sind.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI926612

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