Orientierungssatz

Zur Frage, ob die Teilnahme an einem Kegelabend als "Betriebssport" oder als "betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung" unter Unfallversicherungsschutz steht.

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. Januar 1964 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Kläger sind die Witwe und die Kinder des am 28. Februar 1959 tödlich verunglückten Kaufmanns H N (N.). Sie beanspruchen Hinterbliebenenentschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Über die dem Unfall vorangehenden Ereignisse enthält der Tatbestand des Urteils des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 21. Januar 1964 folgende Angaben:

"N war Geschäftsführer der C Tank-Kraft Mineralöl-GmbH in H. Ihm unterstanden ca. 300 Mitarbeiter. Am 27.2.1959 versah er seinen Dienst von 8.00 bis 17.00 Uhr, nahm dann an einem Tennisturnier in B teil und fuhr anschließend mit dem firmeneigenen Personenkraftwagen zu einem Kegelabend, den regelmäßig Freitags ein aus 10-12 Angehörigen des Betriebs bestehender Kegelklub im Hotel "R" in H, am St., veranstalte. An diesem Abend waren 6 Mitglieder des Klubs und 4 Gäste anwesend. N erschien gegen 20.30 Uhr, kegelte mit und nahm während dieser Zeit in nicht näher bekanntem Umfang alkoholische Getränke zu sich. Als der Kegelabend gegen Mitternacht beendet war, fuhr er mit dem Kraftwagen zwei Damen nach Hause und suchte gegen 1.30 Uhr das Nachtlokal "P" in H auf, in dem sich verabredungsgemäß noch einige Teilnehmer des Abends trafen. Etwa um 2.00 Uhr trat N mit dem Kraftwagen die Heimfahrt nach G, seinem Wohnsitz, an. Kurz vor G streifte er gegen 2.30 Uhr in einer leichten Linkskurve einen Mast und einen Chausseebaum und fuhr dann frontal auf den nächsten Baum auf. Dabei zog er sich einen Genickbruch zu, der sofort zum Tode führte. Die der Leiche entnommene Blutprobe wies einen Alkoholgehalt von 0,94 0 / 00 auf."

In den Entscheidungsgründen des Urteils ist hierzu ergänzend u.a. folgendes ausgeführt:

"Die Beweisaufnahme hat kein einheitliches Bild von den Vorgängen am Nachmittag und Abend des 28.2.1959 (richtig: 27.2.1959) ergeben. Die Aussage des Zeugen J vom 21.1.1964 läßt sich nicht in allen Punkten mit seinen früheren Bekundungen vereinbaren. Nach der ersten Aussage des Zeugen hat es den Anschein, als ob sich seine Unterhaltung mit N im Hotel "R" darin erschöpft habe, daß N bat, der Zeuge und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende möchten darauf achten, daß die Betriebsatmosphäre nach dem plötzlichen Ausscheiden mehrerer Geschäftsführer gut bleibe. Das sei eine Betriebstätigkeit. Im Lokal "P" will der Zeuge nach der Aussage vom 7.2.1962 etwa eine Viertelstunde mit N über betriebliche Angelegenheiten gesprochen haben, während er bei seiner Vernehmung vor dem Senat bekundet hat, er habe nur auf dem gemeinsamen Weg zur Toilette mit ihm sprechen können. Es bestehen auch Widersprüche zwischen der Darstellung des Zeugen J und den Aussagen der Zeugen T und P vor dem Sozialgericht. Nach den Bekundungen dieser Zeugen soll es während des Kegelabends zu einem dienstlichen Gespräch nicht gekommen sein. Aber selbst wenn die letzte Aussage des Zeugen J der Beurteilung zugrunde gelegt wird, kann die Teilnahme des N am Kegelabend der versicherten betrieblichen Sphäre nicht zugerechnet werden.

N war zur Zeit des Unfalls mit Arbeit überbelastet. Wegen der beabsichtigten Entlassungen suchte der Betriebsratsvorsitzende J fast täglich um Besprechungen nach. Auch am 28.2.1959 (richtig: 27.2.1959) hatte sich J für eine Unterredung vormerken lassen, auf die N am späten Nachmittag offensichtlich zurückgekommen war. Das Gespräch konnte nicht stattfinden, weil J ausspannen und am Kegelabend teilnehmen wollte. Es wurde auf einen späteren, noch nicht bestimmten Zeitpunkt verschoben. Ob N zu dem Kegelabend erscheinen und dabei zu einer Unterredung zur Verfügung stehen würde, war um diese Zeit noch ungewiß, weil er an einem Tennisturnier teilzunehmen hatte. Da er hier vorzeitig ausgeschieden war, konnte er sich doch noch zu dem Kegelabend einfinden. J nutzte diese Gelegenheit, um mit N zu sprechen. Sobald J und N nicht dran waren zu kegeln, begaben sich beide in den Vorraum zur Kegelbahn, bestellten sich Bier und J sprach N wegen der beabsichtigten Entlassung mehrerer Mitarbeiter, darunter auch der Angestellten K und N, an. Diese Unterhaltung mußte jeweils unterbrochen werden, wenn J oder N zum Kegeln in die eigentliche Kegelbahn gingen. Sie setzten sie aber bei sich bietenden Gelegenheiten wiederum im Vorraum fort. Insgesamt dauerte diese Unterredung nach den letzten Bekundungen des Zeugen J etwa eine halbe Stunde Ergebnis des Gesprächs war, daß N dem Zeugen J zusagte, seine Wünsche wegen der Entlassung einiger namentlich bezeichneter Angehöriger des Betriebs mit dem Personalleiter zu besprechen. In dem Lokal "P" fand sich dagegen keine Gelegenheit zu weiteren Besprechungen über die Entlassungsangelegenheit, lediglich auf einem Gang zur Toilette unterhielten sich N und J noch einmal über dieses Thema."

Die Beklagte lehnte die Entschädigungsansprüche der Hinterbliebenen durch Bescheid vom 23. April 1959 ab, der der Witwe zugleich in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin für die damals beide minderjährigen Kinder erteilt worden ist.

Zur Begründung ist in diesem Bescheid u.a. ausgeführt, zwischen dem Ende des Dienstes um 17.00 Uhr und dem Unfall, der sich in Wohnungsnähe ereignet habe, lägen auch unter Berücksichtigung der halbstündigen Heimfahrt neun Stunden. In dieser Zeit habe sich N zunächst zu einem Tennisturnier nach außerhalb begeben und dann an einem Kegelabend teilgenommen, zu dem ein aus Mitarbeitern des Betriebs gebildeter Klub ihn eingeladen habe. Anschließend habe er sich noch mit den Berufskameraden in einem Lokal bis gegen 2.00 Uhr aufgehalten. Eine Leistungspflicht könnte nur in Frage kommen, wenn die Teilnahme an dem Kegelabend und dem anschließenden Gasthausaufenthalt als Diensttätigkeit zu werten wäre. Es handele sich hier nicht um eine Gemeinschaftsveranstaltung. Der Kegelklub sei ein freier Zusammenschluß gewesen und die Autorität des Direktors habe bei den Kegelabenden keine entscheidende Rolle gespielt. Die Teilnahme an dem Kegelabend und der anschließende Lokalaufenthalt seien ein reines kameradschaftliches Zusammensein gewesen ohne rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Betrieb. Der Unfall habe sich also auf einem Heimweg von einem außergewöhnlich ausgedehnten Abend ereignet, der zum Teil dem Sport, zum Teil der gesellschaftlichen Unterhaltung gewidmet gewesen sei. Der Heimweg habe deshalb nicht unter Versicherungsschutz gestanden.

Gegen diesen Bescheid hat die Witwe zugleich als Vertreterin der Kinder Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf BSG 1, 179; 7, 249 die Auffassung vertreten, daß es sich bei dem Kegelabend um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe. Außerdem wird in der Klagbegründung vorgetragen: Für den Ehemann der Klägerin habe eine besondere Veranlassung bestanden, den Kegelabend aufzusuchen, da infolge der Veränderungen innerhalb der Geschäftsführung der C-GmbH und einer bevorstehenden Reorganisation des Geschäftsbetriebes in der Angestelltenschaft Beunruhigungen bestanden. Der Ehemann habe durch seine Teilnahme an der Veranstaltung aufklärend und beruhigend wirken wollen. Er habe auch dem Betriebsratsvorsitzenden J nach dem Aufbruch von der Kegelbahn ausdrücklich gesagt, daß er auf jeden Fall noch nach dem Kegeln mit ihm zusammen sein wolle, um geschäftliche, vor allem wohl personelle Dinge zu besprechen. Der Aufenthalt in dem Lokal bis zum Aufbruch sei von der Absicht getragen gewesen, geschäftliche Dinge zu erledigen.

Das SG hat im Termin vom 12. Januar 1962 die kaufmännischen Angestellten A T (Personalsachbearbeiter) und G P (stellvertr. Betriebsratsvorsitzender) und im Termin vom 7. Februar 1962 den Betriebsratsvorsitzenden H J vernommen.

Durch Urteil vom 7. Februar 1962 hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung beim LSG Niedersachsen eingelegt. Sie vertreten die Auffassung, daß es sich beim Kegeln um einen Betriebssport gehandelt habe und weisen darauf hin, daß eine Teilnahme von mehr als 15 Personen am Kegeln nicht mehr sinnvoll sei (BSG 16, 1). Außerdem ist ihrer Auffassung nach das Kegeln eine Gemeinschaftsveranstaltung gewesen (BSG 7, 249). Weiterhin tragen sie unter Bezugnahme auf BSG 1, 258 vor, daß die Tätigkeit des Verunglückten am Abend des 27. Februar 1959 in engem Zusammenhang mit seiner Stellung als Geschäftsführer gestanden habe und nicht dem privaten Bereich zuzurechnen sei. Wegen der zu erwartenden organisatorischen Veränderungen im Unternehmen habe auch ein ganz besonderer und dringender Anlaß bestanden, mit dem Betriebsratsvorsitzenden J über personelle und mit dem technischen Kaufmann W über organisatorische Angelegenheiten zu sprechen, und N sei mit dem ausgesprochenen Zweck zum Kegelabend gefahren, diese Besprechungen durchzuführen. Es sei unbeachtlich, ob dieser Zweck auch verwirklicht worden sei.

Die Beklagte hat u.a. ausgeführt, daß Kegeln zwar grundsätzlich auch ein Ausgleichssport sein könne, aber dann nicht in der Form betrieben werde, daß bis Mitternacht in rauchiger Atmosphäre Alkohol konsumiert werde.

Das LSG hat im Termin vom 21. Januar 1964 nochmals ausführlich den Zeugen J vernommen. Durch Urteil vom 21. Januar 1964 hat es die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Zur Begründung hat das LSG u.a. ausgeführt: Die betriebliche Tätigkeit sei gegen 17.00 Uhr beendet gewesen, als N sich zum Tennisturnier begeben habe. Im weiteren Verlauf des Abends sei der erforderliche Zusammenhang mit der Betätigung im Betrieb nicht wiederhergestellt worden. Er könne bei der Fahrt in das Hotel "R" nicht von der Vorstellung geleitet gewesen sein, eine betriebliche Tätigkeit aufzunehmen. Er habe schon öfters, wenn auch nicht regelmäßig, Kegelabende besucht und sich als "begeisterter" Kegler betätigt. Gründe für einen besonderen Anlaß seien nicht ersichtlich. Zwar sei das Gespräch mit dem Zeugen J vorausgegangen, eine Unterredung sei aber zunächst nicht vereinbart und auch nicht in Aussicht gestellt gewesen. Es sei auch nicht N gewesen, der die Unterredung mit J gesucht habe. Daß sich Gelegenheit zu Gesprächen fand, habe sich erst im Laufe des Kegelabends ergeben.

Die Merkmale des Betriebssports (BSG 16, 1) könnten auch bei einem sportlich betriebenen Kegeln erfüllt sein. Hier sei während des Kegelns Bier getrunken und es seien auch Biere ausgespielt worden. Schon danach handele es sich nicht um eine Betätigung mit sportlichem Gepräge, sondern um die Pflege der Geselligkeit. Auch als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (SozR Nr. 66 zu § 542 der Reichsversicherungsordnung - RVO - aF) habe der Kegelabend nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Denn die Teilnahme sei auf einen kleinen Kreis beschränkt gewesen und Nichtmitglieder hätten, weil das Kegeln einen übergroßen Teilnehmerkreis nicht gestatte, nur in geringer Zahl als Gäste teilnehmen können. N möge besondere Gründe gehabt haben, die Betriebsverbundenheit und das Betriebsklima zu pflegen, weil sich die Belegschaft beunruhigt gefühlt habe. Daraus ergebe sich jedoch kein versicherungsrechtlich beachtlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die erhoffte Rückwirkung auf das Betriebsklima sei nur die Nebenwirkung privater gesellschaftlicher Kontaktpflege und mache das gesellige Zusammensein nicht zu einer betrieblichen Tätigkeit.

Auch die mit dem Zeugen J geführten Gespräche hätten die Teilnahme am Kegelabend nicht in ihrer Gesamtheit zu einer betrieblichen Betätigung gemacht. Sie hätten zwar nicht nur, wie es in derartigen Fällen üblich sei, Gespräche allgemeiner Art geführt, sondern konkret die beabsichtigten Entlassungen erörtert. Das könnte eine dem betrieblichen Bereich zuzurechnende Tätigkeit sein, obwohl sich hiergegen aus Art der Unterhaltung erhebliche Zweifel ergäben; die hierfür erforderliche Vertraulichkeit sei am Biertresen nicht gewahrt gewesen. Aber selbst wenn man unterstelle, daß N insoweit einer dienstlichen Betätigung nachgegangen sei, habe eine teils eigenwirtschaftliche, teils betriebliche Tätigkeit vorgelegen. Eine eindeutige Trennung sei nicht möglich. Es habe sich um eine gemischte Tätigkeit gehandelt (BSG 3, 240). Erforderlich sei, daß die gemischte Tätigkeit dem versicherten Unternehmen wesentlich gedient habe. Sie brauche ihm nicht überwiegend gedient zu haben. Dieses Merkmal sei hier nicht gegeben. Denn die dienstliche Besprechung mit J habe nur gelegentlich einer unversicherten Betätigung stattgefunden und sei in diesem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen. Zeitlich habe sie auch nur einen Bruchteil des gesamten Aufenthalts in Anspruch genommen. Wenn das Besprechungsthema vordringlich gewesen wäre, hätte J noch am Nachmittag des 28. Februar 1959 (richtig: 27. Februar) Gelegenheit finden müssen. Eine Verhandlung über personelle Angelegenheiten lasse sich auch ohne die Personalpapiere nicht erschöpfend durchführen. Es könne sich bei der Unterhaltung mit J nur um Erörterungen unverbindlicher Natur gehandelt haben. Als Ergebnis habe J auch lediglich die Zusage erhalten, N werde die Angelegenheit mit dem Personalleiter besprechen.

Die Fahrt, um die beiden Damen nach Hause zu bringen, sowie der anschließende Aufenthalt im "P" seien nicht geeignet, den Versicherungsschutz wieder zu begründen. Bei der Fahrt habe es sich um einen Akt der Gefälligkeit und Höflichkeit gehandelt, zu der N sich nur deswegen bereit gefunden habe, weil andere Teilnehmer die Fahrt wegen des Genusses von Alkohol nicht glaubten vornehmen zu können.

Für den Aufenthalt im "P." gelte das, was zur Teilnahme am eigentlichen Kegelabend erörtert worden sei. Der Weg, auf dem sich der Unfall ereignet habe, habe daher nicht mit einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit in einem inneren ursächlichen Zusammenhang gestanden, sondern sei der privaten unversicherten Lebenssphäre zuzurechnen. Unerheblich sei, daß zur Fahrt ein betriebliches Fahrzeug benutzt worden sei (BSG 1, 258). Es brauche nicht entschieden zu werden, auf welche Ursachen der Unfall zurückzuführen sei und ob Alkoholeinwirkung und Übermüdung die rechtlich allein bedeutsamen Ursachen seien.

Gegen das Urteil des LSG haben die Kläger in der gesetzlichen Frist Revision eingelegt mit dem Antrag,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Bescheid vom 23. April 1959 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern Hinterbliebenenrente zu gewähren,

hilfsweise,

die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Innerhalb der bis zum 27. Juni 1964 verlängerten Revisionsbegründungsfrist (§ 164 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) haben die Kläger die Revision begründet.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und innerhalb der verlängerten Frist begründet worden (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie ist zulässig; jedoch hatte sie keinen Erfolg.

Die Revision ist zwar mit Recht der Auffassung, daß bei dem Geschäftsführer einer GmbH infolge seiner leitenden Stellung im Unternehmen für die Abgrenzung der versicherten Tätigkeit von den Betätigungen im unversicherten persönlichen Lebensbereich die Grundsätze heranzuziehen sind, die von der Rechtsprechung für den Unternehmer entwickelt worden sind (vgl. z.B. BSG 1, 258; 15, 193). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich jedoch ein Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung für die Teilnahme des Ehemannes der Klägerin (N.) an dem Kegelabend im Hotel "R", für das Heimbringen der beiden weiblichen Kegelgäste und für den späteren Aufenthalt im Lokal "P" nicht schon daraus, daß hiervon günstige Auswirkungen auf das "Betriebsklima" zu erwarten waren und N. sich deshalb aufgrund seiner Stellung im Unternehmen zur Teilnahme am Kegelabend und dem Heimbringen der Damen veranlaßt gesehen haben konnte. Insbesondere war auch das Heimbringen der beiden Damen, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ein "Akt der Gefälligkeit und Höflichkeit", dessen Zugehörigkeit zum unversicherten persönlichen Lebensbereich dadurch nicht in Frage gestellt sein würde, wenn sich N. auch aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer zu dieser Fürsorge veranlaßt gesehen haben sollte.

Ebenso wie die Pflege "gesellschaftlicher Beziehungen", auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zu den Betriebsangehörigen grundsätzlich trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen.

Das LSG hat deshalb mit Recht geprüft, ob die Teilnahme am Kegelabend als Betriebssport (vgl. im einzelnen hierzu BSG 16, 1) versichert war. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner näheren Ausführungen, unter welchen Voraussetzungen das Kegeln als eine dem Ausgleich für die Belastung durch die betriebliche Tätigkeit dienende sportliche Betätigung unter Versicherungsschutz steht. Abgesehen davon, daß es fraglich ist, ob Zeit und Dauer des Kegelabends den Anforderungen hinsichtlich eines dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhangs mit der Betriebstätigkeit entsprochen haben, war, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, die Teilnahme am Kegelabend nach der Art seiner Durchführung keine sportliche Betätigung, sondern ein geselliges Beisammensein.

Auch in dieser Form hat der Kegelabend zwar der Entspannung und dem Ausgleich betrieblicher Belastungen gedient; die Teilnahme an einer derartigen geselligen Veranstaltung kann jedoch, wie das LSG rechtlich zutreffend ausgeführt hat, auch wenn an ihr nur Betriebsangehörige teilnehmen, nur unter den besonderen Voraussetzungen als versicherte Tätigkeit anerkannt werden, die nach der Rechtsprechung für den Versicherungsschutz betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen gelten (vgl. z.B. BSG 1, 179; 7, 249; 17, 280). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Kegelabende waren keine von der Leitung des Unternehmens ausgehende und von deren "Autorität getragene" Veranstaltungen und vor allem schon ihrer Art nach nicht auf eine Teilnahme einer größeren Anzahl von Betriebsangehörigen abgestellt.

Das LSG hat deshalb mit Recht geprüft, ob besondere Umstände es rechtfertigen, die der Heimfahrt am 28. Februar 1959 vorangehende Betätigung des Ehemanns der Klägerin der versicherten Tätigkeit im Unternehmen zuzurechnen. Hierbei kommt es, wie das LSG nicht verkannt hat, rechtlich darauf an, ob die der versicherten Tätigkeit im Unternehmen zuzurechnenden Tätigkeiten für die rechtliche Wertung der Teilnahme am Kegelabend und der anschließenden Betätigungen so wesentlich sind, daß die Fahrt am 28. Februar 1959 als Heimfahrt von einer dem Unternehmen rechtlich wesentlich dienenden Tätigkeit zu werten ist (vgl. hierzu BSG 3, 240; auch 20, 215).

Das LSG ist bei der Wertung der verschiedenen Betätigungen des Ehemannes der Klägerin in der Nacht zum 28. Februar 1959 davon ausgegangen, daß N. ein "begeisterter" Kegler gewesen sei. Die gegen diese Feststellung gerichtete Rüge der Revision (vgl. § 163 SGG) ist nicht begründet. Die Revision hat keine tatsächlichen Behauptungen vorgetragen, aus denen sich ergibt, daß das LSG Veranlassung gehabt hätte, an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen J im Termin vor dem SG am 7. Februar 1962 zu zweifeln, N. sei ein "begeisterter Sportkegler" gewesen. Dagegen wendet sich die Revision an sich mit Recht gegen die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, es seien keine Gründe ersichtlich, die es verständlich machen könnten, daß N. am 28. (richtig: 27.) Februar 1959 einen besonderen Anlaß gehabt hätte, am Kegelabend teilzunehmen. Dieser Satz ist insofern mißverständlich, als das LSG die - auch nach der Auffassung des LSG "dienstlichen" - Gespräche mit dem Zeugen J und den besonderen Anlaß für sie nicht übersehen, sondern sich mit diesen Umständen auseinandergesetzt hat. Der Satz ist deshalb dahin zu verstehen, daß das LSG diesen Anlaß nicht als "besonders" und somit nicht als dringlich angesehen hat. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision sind nicht geeignet, schlüssig darzutun, daß das LSG insoweit hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen seiner rechtlichen Wertung die gesetzlichen Grenzen des Rechts der freien richterlichen Überzeugungsbildung (§ 128 SGG) überschritten hätte. Insbesondere hat das LSG mit Recht berücksichtigt, daß N. weder seine Teilnahme am Tennisturnier zugunsten des von J - nicht von N. selbst - gewünschten Gesprächs zurückgestellt, noch während des Aufenthalts im Hotel "R" und im "P" darauf gedrungen hat, daß Gelegenheit zu einem ungestörten "vertraulichen" Gespräch geschaffen wurde. Das LSG hat auch zutreffend berücksichtigt, daß die Besprechungen zeitlich nur einen verhältnismäßig sehr geringen Teil der Gesamtzeit in Anspruch genommen haben. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das LSG auch davon ausgehen, daß im Zeitpunkt der Vereinbarung des Gesprächs mit dem Zeugen J noch nicht völlig sicher war, ob N. rechtzeitig von der Teilnahme am Tennisturnier frei werden würde. Ebenso hat das LSG aus der Aussage des Zeugen J, N. habe ihm nur zugesagt, die Wünsche des Zeugen mit dem Personalleiter zu besprechen, ohne Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften den Schluß gezogen, daß die Erörterungen zwischen N. und J "unverbindlicher Natur" gewesen seien.

Das LSG hat "unterstellt", daß die Gespräche mit dem Zeugen J "dienstliche Verrichtungen" gewesen sind, d.h. mit der versicherten Tätigkeit im Unternehmen in einem auch rechtlich noch wesentlichen Zusammenhang gestanden haben. Es ist aber auch nach der Auffassung des erkennenden Senats bei der rechtlichen Wertung der Bedeutung dieser Gespräche für die gesamten Betätigungen des N. während des Abends des 27. Februar 1959 und der Nacht zum 28. Februar 1959 ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß diese jeweils kurzfristigen Einschiebungen von dem Unternehmen dienenden Verrichtungen nicht ausreichen, um einen rechtlich-wesentlichen Zusammenhang zwischen der Gesamtheit der Betätigungen und der versicherten Tätigkeit im Unternehmen herzustellen.

Die rechtlich wertende Beurteilung des Gesamtablaufs der Geschehnisse durch das LSG, die dienstlichen Besprechungen mit dem Zeugen J hätten nur gelegentlich einer unversicherten Betätigung stattgefunden, wird auch durch die Rügen nicht in Frage gestellt, mit denen sich die Revision gegen die Auffassung des LSG wendet, die Besprechungen seien an diesem Zeitpunkt nicht "notwendig" gewesen. Die Revision hat nicht schlüssig dargetan, daß das LSG diese Schlußfolgerungen aus den ihm bekannten äußeren Umständen, unter denen diese Besprechungen stattfanden, und insbesondere auch aus dem "unverbindlichen" Ergebnis der Besprechung nicht ziehen durfte. Der ergänzende Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz kann insoweit nicht berücksichtigt werden.

Außerdem haben die Kläger in der Revisionsinstanz ergänzend vorgetragen: Auch der technische Kaufmann W, ein Mitglied des Kegelklubs, habe um eine Besprechung über Organisationsfragen nachgesucht gehabt und, nachdem N. ihn gefragt habe, ob er am Abend hierfür Zeit habe, diesen gebeten, zum Kegelabend zu kommen. Da sich auf dem Kegelabend für die Besprechung keine gute Gelegenheit geboten habe, sei N. noch ins "P" gekommen, habe sich dort mit W beiseite gesetzt und sich mit ihm lange und sehr eingehend über Organisationsfragen unterhalten.

Die Rüge der Revision, das LSG hätte durch eine Vernehmung W den Sachverhalt weiter aufklären müssen (§ 103 SGG), ist insofern nicht schlüssig, als sich aus der Aussage des Zeugen P im Termin vor dem SG am 12. Januar 1962 zwar ein Hinweis darauf ergibt, daß auch ein Gespräch mit W beabsichtigt gewesen sei, die Revision aber nicht dargetan hat, inwiefern sich das LSG aufgrund des Sachvortrags der Kläger oder des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der Vermutung hätte gedrängt fühlen müssen, daß im "P." außer den kurzen Gesprächen mit dem Zeugen J auch noch eine eingehende Besprechung mit W stattgefunden haben könnte.

Doch kann das dahingestellt bleiben. Auch wenn dieser ergänzende Tatsachenvortrag als festgestellt unterstellt wird, ändert sich dadurch der tatsächliche Ablauf der Geschehnisse nicht so wesentlich, daß die Betätigungen des Ehemannes der Klägerin während des Aufenthalts im Hotel "R" und im "P" als rechtlich-wesentlich betrieblichen Zwecken dienend gewertet werden können.

Das LSG ist ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß die Heimfahrt, auf der sich der tödliche Unfall ereignet hat, die Heimfahrt von einer Betätigung war, die mit der versicherten Tätigkeit im Betrieb in keinem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stand, sondern vielmehr dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen war. Das LSG hat das Bestehen eines Versicherungsschutzes mit Recht mangels eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs der Heimfahrt mit der versicherten Betriebstätigkeit verneint. Die Revision ist hiernach unbegründet und war zurückzuweisen (§ 170 SGG).

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens ergeht aufgrund von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2365128

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