Leitsatz (amtlich)

Spanische Beitragstage sind für die Anwendung der Art 27 und 22 des Abk Spanien SozSich idF vom 1959-10-29 (Zusammenrechnung mit deutschen Versicherungszeiten) in der Weise umzurechnen, daß 30 Beitragstage einen Beitragsmonat ergeben.

 

Normenkette

SozSichAbk ESP Art. 27 Fassung: 1959-10-29, Art. 22 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1959-10-29, Art. 41 Abs. 2 Fassung: 1959-10-29; RVO § 1250 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, Abs. 3 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 1972 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger, spanischer Staatsangehöriger, war in den Jahren von 1965 bis 1968 18 Monate lang in der Bundesrepublik beschäftigt und versichert.

Seinen Antrag auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte nach Beiziehung von Auskünften mehrerer Provinzialstellen der spanischen Nationalen Vorsorgeanstalt mit der Begründung ab, daß der erwerbsunfähige Kläger in Spanien nur 33 Beitragsmonate zurückgelegt und daher nach Zusammenrechnung mit den deutschen Beitragsmonaten die Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt habe.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und ausgeführt, seine spanischen Versicherungszeiten müßten mit 45 Kalendermonaten angerechnet werden. Nach Tagen bemessene spanische Versicherungszeiten seien nach den deutschen Vorschriften als volle Monate anzusehen.

Dem Begehren des Klägers haben Sozialgericht (SG) und Landessozialgericht (LSG) nicht entsprochen. Im angefochtenen Urteil des LSG vom 27. Januar 1972 heißt es, schon die zwischen Spanien und Deutschland vereinbarten Meldevordrucke S 4, die keine Angaben über Versicherungszeiten nach Kalendertagen, sondern allein nach Monaten vorsähen, schlössen eine Anrechnung der spanischen Zeiten nach den Wünschen des Klägers aus. Nach Art. 41 Abs. 2 des deutsch-spanischen Sozialversicherungsabkommens (SVA) seien im übrigen 30 spanische Versicherungstage in einen Versicherungsmonat umzurechnen.

Mit der zugelassenen Revision tritt der Kläger diesem Urteil entgegen. Er trägt vor: Schon aus der Verwendung des Wortes "Beitragszeiten" in Art. 22 Abs. 2 des deutsch-spanischen SVA ergebe sich, daß sich für den deutschen Versicherungsträger die in Spanien zurückgelegten Versicherungszeiten nicht als eine aufgrund einer Zusammenrechnung entstandene Gesamtbeitragszeit darstelle, sondern es sich ebenso wie in der Bundesrepublik um getrennte Beitragszeiten handele. Art. 41 SVA sei eine Hilfsvorschrift für den Fall, daß eine einzelne Beitragszeit wegen einer in dem Land verwandten Zeiteinheit ohne diese Hilfsvorschrift in dem anderen Land wegen der dort angewandten anderen Zeiteinheit ohne die Umrechnung nicht berücksichtigt werden könnte. Wenn aaO von einer "Zusammenrechnung" gesprochen werde, so beziehe sich diese Zusammenrechnung nur auf die Pflicht des Trägers, die Beitragszeiten des anderen Staates mit den im eigenen Land zurückgelegten Beitragszeiten zusammenzurechnen (Art. 22 Abs. 2 SVA), sie beziehe sich nicht auf die Zusammenrechnung von Beitragszeiten, die in einem Land zurückgelegt worden seien. Diese Ansicht werde durch die Formulierung "soweit notwendig" (Art. 22 Abs. 2 SVA) und "notwendigenfalls" (Art. 41 Abs. 2 SVA) untermauert. Wolle man den Vordruck S 4 zur Begründung heranziehen, so könne er nur zur Begründung seiner - des Klägers - Rechtsansicht dienen. Die spanische Sozialversicherung kenne keine in Monaten berechneten Beitragszeiten. Die Tatsache, daß neben der Rubrik für Monate eine Rubrik für die Angabe von Tagen fehle, beweise zusätzlich, daß der spanische Träger gemäß § 1250 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) teilweise anzurechnende Monate unter Anwendung von § 1250 Abs. 3 RVO als volle Monate anzugeben habe. Daß er - Kläger - die erforderliche Wartezeit erfülle, wenn die Formulare S 4 richtig ausgefüllt worden wären, ergebe sich aus den beigefügten Fotokopien von Mitteilungen spanischer Versicherungsstellen. Die angefochtene Entscheidung lasse die erforderliche Unterscheidung zwischen Umrechnung und Zusammenrechnung vermissen. Unverständlich bleibe die Argumentation der Vorinstanz, aus Art. 41 Abs. 2 Satz 5 SVA folge, daß die Aufrundungsvorschrift des § 1250 RVO keine Anwendung finden könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung der Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 1972 sowie des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29. April 1971 und unter Aufhebung des Bescheides vom 10. April 1969 zu verurteilen, an ihn Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, Art. 41 Abs. 2 SVA könne nur bedeuten, daß die Versicherungszeiten zunächst zu addieren und dann erst in der vertraglich festgelegten Weise umzurechnen seien. Selbst wenn man Art. 41 nicht als eine erschöpfende Regelung ansehen wolle, könne für die Umrechnung fremdländischer Versicherungszeiten auf keinen Fall auf die innerdeutsche Vorschrift des § 1250 RVO zurückgegriffen werden. Im übrigen treffe das angefochtene Urteil zu.

II.

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

Nach § 1247 Abs. 1 RVO erhält aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit der Versicherte, der erwerbsunfähig ist, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Der in Deutschland pflichtversichert gewesene, laut dem streitigen Bescheid seit August 1968 erwerbsunfähige Kläger hat demnach Anspruch auf die von ihm beantragte Versichertenrente, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat (§ 1247 Abs. 3 aaO).

Nach Art. 27 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 2 Satz 1 des - ratifizierten - Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Sozialversicherung vom 29. Oktober 1959 (deutsch-spanisches SVA) idF des 2. Änderungsabkommens vom 30. März 1968 (BGBl II 1969, 783) rechnet der Träger jedes Vertragsstaates für den Erwerb eines Rentenanspruches zu den Beitragszeiten und gleichgestellten Zeiten, die nach den von ihm anzuwendenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen sind, soweit notwendig nach Maßgabe des Art. 41 die Beitragszeiten und gleichgestellten Zeiten hinzu, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Staates zurückgelegt und nach diesen Vorschriften für den Erwerb des Rentenanspruches zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, daß die Beklagte für die Erfüllung der Wartezeit den vom Kläger in Deutschland zurückgelegten, gemäß §§ 1249, 1250 RVO anrechnungsfähigen Versicherungs- und Ersatzzeiten die in Spanien zurückgelegten Versicherungs- und Ersatzzeiten hinzuzurechnen hat. Die Schwierigkeit dieser Hinzurechnung besteht nun darin, daß sich die Wartezeit nach deutschem Recht nach Kalendermonaten bemißt, während nach den vom Kläger dem SG vorgelegten Unterlagen - Art. 19 der spanischen Verordnung vom 15. April 1969 über die Leistungen im allgemeinen System der Sozialen Sicherung, spanischer Rentenbescheid vom 14. Juli 1971 - die zum spanischen allgemeinen Rentensystem entrichteten Beiträge sowie die für die Leistungen erforderliche Wartezeit nach Tagen bemessen werden. Soweit in den an den deutschen Versicherungsträger gerichteten Versicherungszeitmitteilungen der einzelnen Provinzialstellen der spanischen Nationalen Vorsorgeanstalt von Versicherungsmonaten die Rede ist, handelt es sich mithin um bereits vollzogene Umrechnungen, die im spanischen Recht keine Stütze finden.

Vor der Notwendigkeit, die spanischen Beitragstage in deutsche Beitragsmonate umzuwandeln, steht indessen der deutsche Rentenversicherungsträger. Wie hierbei zu verfahren ist, regelt Art. 41 Abs. 2 des deutsch-spanischen SVA. Nach dieser Bestimmung werden dann, wenn nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates für Versicherungszeiten und gleichgestellte Zeiten andere Zeiteinheiten maßgebend sind als nach den Rechtsvorschriften des anderen Staates, diese Zeiten für die Zusammenrechnung mit den Zeiten des anderen Vertragsstaates nötigenfalls umgerechnet in der Weise, daß u.a. 30 Tage als ein Monat gelten. Entsprechend ist das LSG verfahren. Unter Zugrundelegung des von ihm unangegriffen festgestellten Umfangs der spanischen Beitragszeiten ist es dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger unter Zusammenrechnung der deutschen und spanischen Versicherungszeiten die Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt.

Selbst dann aber, wenn die Rechtsauffassung des Klägers zuträfe, daß im Hinblick auf die in § 1250 Abs. 2 und 3 der RVO getroffene Regelung die Umrechnungsvorschrift des Art. 41 Abs. 2 des deutsch-spanischen SVA nicht anzuwenden sei, bliebe das Ergebnis gleich. Für den vorliegenden Fall entspricht das nach der genannten Vertragsbestimmung anzuwendende Umrechnungsverfahren der Systematik auch des deutschen Rentenversicherungsrechts, wie sie in § 1250 RVO zum Ausdruck gelangt. Zwar ist richtig, daß nach § 1250 Abs. 3 RVO nur teilweise mit Pflichtversicherungszeiten belegte Kalendermonate voll angerechnet werden. Indessen beschränkt die Vorschrift diese Art des Aufrundens auf volle Kalendermonate auf den Fall des Einzugs von Pflichtversicherungsbeiträgen an eine Einzugsstelle (§ 1399 RVO). Dagegen ordnet § 1250 Abs. 2 RVO die Umrechnung von - nach dem vor dem 1. Januar 1957 geltenden Recht im Markenklebeverfahren für volle Wochen entrichteten - Wochenbeiträgen in Kalendermonate in der Weise an, daß 13 Wochenbeiträge 3 Kalendermonate ergeben. Es handelt sich also hierbei um eine Umrechnung, die eine Aufrundung vermeidet. Diese Art der Umrechnung erscheint symptomatisch für die Absicht des Gesetzgebers, Beiträge zur Rentenversicherung, die für kürzere Zeitabschnitte als einen Kalendermonat in der Weise entrichtet sind, daß der einzelne Beitrag diesen Zeitabschnitt voll belegt, d.h. keinen der Aufrundung zugänglichen "Zeitrest" offenläßt, nicht nach dem Modell des § 1250 Abs. 3 RVO, sondern durch Aufaddieren umzurechnen. Bei den spanischen, nach Tagen bemessenen Beiträgen handelt es sich aber nicht anders wie bei den Wochenbeiträgen nach § 1250 Abs. 2 RVO um Beiträge für kurze Zeitabschnitte, die diese voll belegen. Mithin müßte diese Vorschrift - und nicht § 1250 Abs. 3 RVO - auf den vorliegenden Fall entsprechend angewendet werden, wenn die Umrechnungsvorschrift des Art. 41 Abs. 2 des deutsch-spanischen SVA nicht anzuwenden wäre.

Nach alledem trifft das angefochtene Urteil zu. Die Revision des Klägers hiergegen war als unbegründet zurückzuweisen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648196

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