Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsanspruch der Ehefrau bei Getrenntleben. Unterhaltsanspruch des ehelichen Kindes. Selbstbehalt. Düsseldorfer Tabelle. Kosten für Wohnbedarf. Aufwendungen für Schulden. Leistungsfähigkeit. Arbeitslosengeld. Kindergeld. unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Unterhaltsbedarf. Ermessenausübung bei Abzweigung

 

Orientierungssatz

1. Die Abzweigung nach § 48 SGB 1 steht im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (vgl BSG 23.10.1985 7 RAr 32/84 = BSGE 59, 30 = SozR 1200 § 48 Nr 10).

2. Für Ermessensentscheidungen sieht § 35 Abs 1 S 3 SGB 10 vor, daß die Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lassen muß, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Bei der Vornahme einer Abzweigung sind somit grundsätzlich die Überlegungen mitzuteilen, die die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens angestellt hat.

3. Der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen kann grundsätzlich in Anlehnung an die Düsseldorfer Tabelle bemessen werden (vgl BSG 20.6.1984 7 RAr 18/83 = BSGE 57, 590 = SozR 1200 § 48 Nr 8).

4. Der Mindestbetrag, der dem nach § 1361 BGB in Anspruch genommenen Ehegatten zur Deckung seines eigenen Unterhalts in jedem Falle zu belassen ist, stimmt grundsätzlich mit dem Mindestselbstbehalt überein, der ihm auch seinen minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber eingeräumt wird, wenn der Unterhaltspflichtige den Ehegatten nicht auf leistungsfähige Verwandte (§§ 1601, 1603 Abs 1, 1608 BGB) verweisen kann (Festhaltung an BSG 23.10.1985 7 RAr 32/84 = BSGE 59, 30 = SozR 1200 § 48 Nr 10).

5. Erfahrungs- und Richtwerte können dann nicht der Bemessung des Selbstbehalts zugrunde gelegt werden, wenn ihre Anwendung dazu führt, daß dem Leistungsberechtigten ein geringerer Selbstbehalt belassen wird, als er ihm unterhaltsrechtlich zusteht (vgl BSG 20.6.1984 7 RAr 18/83 = BSGE 57, 59 = SozR 1200 § 48 Nr 8).

6. Eine abweichende Bemessung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die Wohnkosten bei der Pauschalierung anders veranschlagt sind, als die dem Unterhaltspflichtigen für diesen Zweck tatsächlich entstandenen Aufwendungen (vgl BGH 28.3.1984 IVb ZR 53/82 = SGb 1985, 524).

7. Ein unzureichender Selbstbehalt begründet keine Verletzung der Unterhaltspflicht, die Tatbestandvoraussetzung für eine Vornahme der Abzweigung ist.

 

Normenkette

SGB 1 § 48 Abs 1 S 1 Fassung: 1975-12-11; SGB 10 § 35 Abs 1 S 3 Fassung: 1980-08-18; BGB §§ 1361, 1603 Abs 1, §§ 1601, 1608-1609, 1602

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 08.03.1984; Aktenzeichen L 10 Ar 110/83)

SG Stade (Entscheidung vom 25.04.1983; Aktenzeichen S 6 Ar 203/83)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Auszahlung eines Teiles seines Arbeitslosengeldes (Alg) an die Beigeladene. Seine im April 1980 geschlossene Ehe wurde im Dezember 1983 geschieden. Seit April 1981 lebten die Eheleute getrennt. Das gemeinsame Kind F., das im Januar 1981 geboren wurde, lebt bei dem Kläger, dem auch die elterliche Sorge übertragen worden ist. Der Kläger bezog von November 1981 bis 12. Juni 1982 Alg in Höhe von wöchentlich 275,40 DM. Er erhielt außerdem 50,-- DM Kindergeld monatlich. Seine Ehefrau hatte in dieser Zeit kein Erwerbseinkommen. Sie erhielt Hilfe zum Lebensunterhalt von der Beigeladenen. Zum Unterhalt für das Kind trug sie nichts bei. Am 13. Oktober 1983 schlossen die Eheleute einen gerichtlichen Vergleich, mit dem sie gegenseitig auf Unterhalt für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, auch für den Fall der Not, verzichteten.

Auf Grund des Bescheides vom 1. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1982 zahlte die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen vom 3. März 1982 an diese gemäß § 48 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) ab 22. März 1982 von dem Alg des Klägers einen Betrag von wöchentlich 51,12 DM bzw 8,62 DM täglich aus. Sie legte hierbei die Tabelle zu § 850c Zivilprozeßordnung (ZPO) zugrunde, wonach sich bei einem wöchentlichen Nettolohn von 275,40 DM ein pfändbarer Betrag von wöchentlich 102,20 DM ergab. Sie führte zur Begründung ua aus, da gemäß § 850d ZPO mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander gleichrangig seien, sei die Ehefrau des Klägers nur mit der Hälfte des pfändbaren Betrages, nämlich 51,12 DM wöchentlich, berücksichtigt worden. Soweit der Kläger geltend mache, daß er monatlich 339,-- DM für ein Darlehen aufzuwenden habe, für das er zusammen mit seiner Ehefrau aufkommen müsse, könne dies bei der Abzweigung nicht berücksichtigt werden. Diese Kosten könnten nur Gegenstand der im Zuge der Trennung erfolgenden Auseinandersetzung sein. Nach Abzug der vom Kläger genannten Mietkosten in Höhe von 450,- DM monatlich und unter Berücksichtigung der Darlehensbelastung verbliebe ihm danach ein Betrag von 182,88 DM monatlich.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht (SG) beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Das SG hat diesem Antrag mit Urteil vom 25. April 1983 entsprochen und die Beklagte darüber hinaus verurteilt, dem Kläger das nach § 48 SGB 1 vom 22. März bis 12. Juni 1982 an die Beigeladene ausgezahlte Alg zu erstatten. Es hat die Berufung zugelassen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es in seinem Urteil vom 8. März 1984 ausgeführt, Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abzweigung sei, daß der Kläger gegenüber seiner Ehefrau unterhaltspflichtig sei. Das richte sich für die Zeit des Getrenntlebens nach § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dabei bleibe offen, ob eine Anwendung dieser Vorschrift nicht bereits deshalb auszuschließen sei, weil die Eheleute durch den gerichtlichen Vergleich vom Oktober 1983 gegenseitig auch auf Unterhalt für die Vergangenheit verzichtet hätten. Es könne auch dahinstehen, ob es einem Unterhaltsanspruch der damaligen Ehefrau des Klägers entgegenstehe, daß sie nach dessen Vortrag die Ehe aufgegeben habe, um zu einem neuen Lebensgefährten zu ziehen, mit dem sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebe. Es brauche auch nicht geprüft zu werden, ob sie dem Kläger gegenüber in der hier in Betracht kommenden Zeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen sei. Sie könne auf jeden Fall deshalb keinen Unterhalt beanspruchen, weil es an der hierfür gemäß § 1361 BGB erforderlichen Leistungsfähigkeit des Klägers fehle. Diese Leistungsfähigkeit richte sich nicht, wie die Beklagte meine, nach den Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO. Vielmehr seien, was das LSG des Näheren begründet, die Sätze maßgebend, die von den zuständigen Familiengerichten zu § 1361 BGB entwickelt worden seien. Das SG habe daher zu Recht die Düsseldorfer Tabelle zugrunde gelegt. Nach dieser Tabelle sei der Kläger nicht leistungsfähig. Er habe in der Zeit vom 22. März bis 12. Juni 1982 ein monatliches Einkommen von 1.193,40 DM gehabt. Dieser Betrag sei vorab um den Kindesunterhalt zu vermindern, den er trotz der Betreuung seines Kindes deshalb habe aufbringen müssen, weil seine Ehefrau keine Zahlungen erbracht habe. Der Kindesunterhalt habe nach Nr A der Düsseldorfer Tabelle 207,-- DM betragen. Nach den hier geltenden Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts (OLG) Celle für die Bemessung des Unterhalts (Stand: 1. Januar 1982) sei das dem Kläger gewährte Kindergeld zur Hälfte auf den Unterhaltsbetrag anzurechnen. Von seinem Einkommen sei somit ein Betrag von 182,-- DM pro Monat abzuziehen (207,-- DM - 25,-- DM), so daß ihm 1.011,40 DM verblieben. Bei diesem Betrag sei seine Leistungsfähigkeit ausgeschlossen, ohne daß es darauf ankomme, ob ihm wegen der Betreuung seines Kindes ein anrechnungsfreier Bonus von 20 % seines Alg zu belassen sei und ob er allein für ehebedingte Schulden aufkommen mußte. Nach § 1361 BGB sei dem in Anspruch genommenen Ehepartner ein Selbstbehalt zuzubilligen. Unterhaltspflichtig sei danach nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande sei, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Nach Nr B IV und V der Düsseldorfer Tabelle liege der notwendige Eigenbedarf gegenüber dem getrennt lebenden Berechtigten bei 825,-- DM monatlich, wenn der in Anspruch genommene Ehepartner nicht erwerbstätig sei. Der angemessene Eigenbedarf des in Anspruch genommenen Ehepartners liege in der Regel bei einem Betrag von mindestens 1.200,-- DM. Nach Nr IV der Leitlinien des OLG Celle liege der Selbstbehalt gegenüber Ehegatten im Bereich zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Eigenbedarf, in der Regel also bei 1.050,-- DM. Es bestehe im vorliegenden Falle kein Anhaltspunkt, hiervon abzugehen. Mit einem Selbstbehalt von 1.050,-- DM sei der Kläger hiernach nicht leistungsfähig. Die Beklagte sei daher nicht befugt gewesen, einen Teil des Alg an die Beigeladene auszuzahlen. Das SG habe daher zu Recht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Wenn es die Beklagte darüber hinaus auch zur Erstattung des an die Beigeladene ausgezahlten Betrages verurteilt habe, dann bedürfe dieser Ausspruch der Klarstellung. Mit der Aufhebung der angefochtenen Bescheide sei die Beklagte schon auf Grund des der Gewährung des Alg zugrunde liegenden Leistungsbescheides verpflichtet, das Alg auch für die Zeit vom 22. März bis 12. Juni 1982 in voller Höhe an den Kläger auszuzahlen. Es werde daher davon ausgegangen, daß das SG lediglich diese Rechtsfolge habe aussprechen wollen, denn um eine Erstattung im Rechtssinne habe es sich nicht gehandelt.

Mit der Revision macht die Beklagte geltend, das Urteil des LSG stehe im Widerspruch zu dem Urteil des erkennenden Senats vom 20. Juni 1984 - 7 RAr 18/83 -. Hiernach habe sich der Kläger mit dem notwendigen Selbstbehalt zu begnügen, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle bestimme. Dieser Selbstbehalt in Höhe von monatlich 825,-- DM sei dem Einkommen des Klägers von 1.011,40 DM gegenüberzustellen. Daraus folge, daß ein Teilbetrag des dem Kläger gewährten Alg in Höhe von 186,40 DM für die Erfüllung von Unterhaltspflichten zur Verfügung stehe. Es sei demnach von der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber seiner Ehefrau auszugehen. Damit stehe aber fest, daß der Betrag von 186,40 DM gleichzeitig den abzweigbaren Betrag bilde, da der notwendige Bedarf der Ehefrau weitaus höher als dieser Betrag sei. Das Arbeitsamt sei daher berechtigt gewesen, vom 22. März bis 12. Juni 1982 monatlich 186,40 DM an die Beigeladene zu zahlen. Soweit das LSG der Beklagten auch diese Berechtigung abgesprochen habe, sei sein Urteil aufzuheben. Für die Anwendung der Richtlinien des OLG Celle bestehe kein Raum.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 8. März 1984 in dem Umfange aufzuheben, als hiernach die Beklagte in der Zeit vom 22. März bis 12. Juni 1982 auch eine Abzweigung in Höhe von 186,40 DM monatlich an die Beigeladene nicht vornehmen darf, das Urteil des SG Stade vom 25. April 1983 in demselben Umfange aufzuheben und die Klage in demselben Umfange abzuweisen.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Frage, ob die Beklagte befugt war, in der Zeit vom 22. März bis 12. Juni 1982 von dem Alg des Klägers monatlich 186,40 DM an die Beigeladene abzuführen und ob die angefochtenen Bescheide in diesem Umfange rechtmäßig sind. Daß dies nicht der Fall ist, haben die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend erkannt.

Nach § 48 Abs 1 SGB 1 können laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind, in angemessener Höhe an den Ehegatten und die Kinder des Leistungsberechtigten sowie unter weiteren Voraussetzungen auch an Dritte ausgezahlt werden, wenn der Leistungsberechtigte dem Ehegatten oder seinen Kindern gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Bei dem dem Kläger gewährten Alg handelt es sich entsprechend seiner Lohnersatzfunktion um eine laufende Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in diesem Sinne. Eine sogenannte Abzweigung, wie die Verfügung der Auszahlung einer Sozialleistung an den unterhaltsberechtigten Ehegatten und Kinder sowie Dritte in der Verwaltungspraxis kurz bezeichnet wird, war daher möglich, wenn der Kläger seinerzeit seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau nicht nachkam.

Eine Unterhaltspflicht in diesem Sinne besteht nur dann, wenn sich auf Grund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht ein konkreter Unterhaltsanspruch ergibt; eine "abstrakte" Unterhaltsverpflichtung des Leistungsberechtigten genügt nicht (BSGE 57, 59, 61 mwN = SozR 1200 § 48 Nr 8). Liegt ein rechtskräftiges Unterhaltsurteil vor, so bestimmt dieses den Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht (BSG SozR 1200 § 48 Nr 3). Ist dies nicht der Fall und sind auch keine verbindlichen Vereinbarungen über den zu leistenden Unterhalt getroffen worden, hat der Leistungsträger und im Rechtsstreit das Gericht zu prüfen, ob und in welchem Umfange der Leistungsberechtigte zur Gewährung von Unterhalt für die Zeit verpflichtet ist, für die die Abzweigung im Streit steht.

Im vorliegenden Falle haben die Eheleute zwar am 13. Oktober 1983 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem sie gegenseitig auch auf Unterhalt für die Vergangenheit verzichtet haben; das kann indessen auf die Frage, ob die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind, keinen Einfluß haben. Maßgebender Zeitpunkt für ihre Beurteilung ist bei einer selbständigen Anfechtungsklage, wie sie hier vorliegt, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes bzw des Widerspruchsbescheides, sofern ein Vorverfahren durchgeführt worden ist (BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr 4; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 8. Aufl, S. 240b und 240b II). Das ist jedenfalls unbestritten für Verwaltungsakte, denen ein abgeschlossener Sachverhalt in der Vergangenheit zugrundeliegt, wie das hier der Fall ist (BSG NJW 1968, 2318; Brackmann aaO, S. 240b).

Nach § 1361 Abs 1 BGB wird Unterhalt bei Getrenntleben nur geschuldet, soweit dieser nach den Lebensverhältnissen und Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist. Dies setzt ua die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten gemäß § 1603 BGB voraus. Dies bedeutet, daß der Kläger aufgrund des Alg-Bezuges in der Lage gewesen sein muß, seiner damaligen Ehefrau Unterhalt zu gewähren. Dies ist dann der Fall, wenn er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts noch Unterhaltsleistungen für seine Ehefrau erübrigen konnte. Die Leistungsfähigkeit richtet sich außerdem noch nach dem Vorhandensein anderer gleich- bzw vorrangiger Unterhaltsberechtigter.

Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen ist, soweit es den Ehegattenunterhalt betrifft, das Alg des Klägers in Höhe von 1.193,40 DM monatlich. Es ist im Hinblick auf seine Lohnersatzfunktion auch dazu bestimmt, dem Lebensunterhalt der Ehefrau zu dienen. Das trifft auf das Kindergeld nicht zu.

Dieses wird den Eltern nicht zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs, sondern ua für den Unterhalt ihrer Kinder gewährt. Es soll auch die Fähigkeit der Eltern, ihren Kindern Unterhalt zu gewähren, begründen und stärken. Es bezweckt nicht, den angemessenen Unterhalt der Eltern sicherzustellen (BSGE 49, 243, 245 = SozR 2200 § 205 Nr 32 und BSG SozR 2200 § 205 Nr 35). Darüberhinaus dient das Kindergeld nicht allein dem Ausgleich wirtschaftlich-finanzieller Belastungen. Maßgebender Gesichtspunkt für die Kindergeldregelung ist, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wiederholt entschieden hat, nicht die Entlastung des Unterhaltspflichtigen, sondern die Begünstigung der Familie, in der das Kind dauernd lebt (BVerfGE 22, 163, 169, 173; 23, 258, 263, 264; BSG SozR 5870 § 3 Nr 3). Derjenige, der dem Kind eine Heimat bietet, soll hiernach für die damit verbundenen finanziellen oder persönlichen Opfer einen Ausgleich von der Gesellschaft erhalten. Weiterhin hat das BVerfG (BVerfGE 45, 104, 131, 132) die vorrangige Bezugsberechtigung des Elternteils, dem die Personensorge zusteht, deshalb gebilligt, weil der Gesetzgeber die durch die persönliche Nähe von Eltern und Kindern hergestellte Anknüpfung höher bewerten könne, als die reine Unterhaltslast, zumal da der Sorgeberechtigte neben der Verpflichtung zur persönlichen Betreuung des Kindes das Risiko habe, daß Unterhaltsforderungen des Kindes gegen den anderen Elternteil nicht oder erst später durchzusetzen seien. Mit diesem Gesetzeszweck würde es nicht im Einklang stehen, wollte man das Kindergeld als Einkommen des Unterhaltspflichtigen ansehen. Dagegen ist es nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte beim Bedarf des Kindes anzurechnen (BGHZ 70, 151; BGH NJW 1981, 923, 925; Unterhaltsrechtliche Richtlinien des OLG Bremen, Stand: 1. Januar 1985, zu A und B I 2d, abgedruckt bei Heiß, Unterhaltsrecht, Stand: August 1985, S 53.6; Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle, Stand: 1. Januar 1975, Abschnitt II A 2, aaO, S 53.12; Unterhaltsrechtliche Grundsätze des OLG Hamburg, Stand: 1. Januar 1985, Nr 6, aaO, S 53.15; Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Hamm, Stand: 1. Januar 1985 Abschnitt I 15, aaO, S 53.17; Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Köln, Stand: 1. Januar 1985, Abschnitt B I 5., aaO, S 53.26; Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1. Januar 1985, Abschnitt C, aaO, S 53.35). In aller Regel kann davon ausgegangen werden, daß der sorgeberechtigte Elternteil das ihm ausgezahlte Kindergeld unmittelbar dem Kinde zukommen läßt, worauf sich für dieses in entsprechender Höhe eine Änderung seines Unterhaltsbedarfs und damit gemäß § 1602 BGB seines Unterhaltsanspruchs ergibt (BGH NJW 1981, 170). Dem schließt sich der Senat an.

Ob der Kläger, wie die Beklagte nunmehr im Revisionsverfahren meint, von seinem Alg monatlich 186,40 DM für den Unterhalt seiner Ehefrau aufwenden konnte, läßt sich den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Zwar hatte er nach der Systematik des § 1361 BGB grundsätzlich auch das ihm gewährte Alg mit seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau zu teilen. Das gilt jedoch nur bis zu einer gewissen Opfergrenze. Ist diese erreicht, ist er nicht mehr verpflichtet, den Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau ganz oder teilweise zu befriedigen. Wenn der Kläger sie nicht auf leistungsfähige Verwandte (§§ 1601, 1608 BGB) verweisen kann, vermag er sich ihr gegenüber allerdings nicht auf seinen angemessenen Unterhalt (§ 1603 Abs 1 BGB) zu berufen, vielmehr hat er sich mit dem notwendigen Unterhalt zu begnügen. Ob die frühere Ehefrau des Klägers leistungsfähige Verwandte hatte, läßt sich den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, würden diese Feststellungen keine Entscheidung darüber zulassen, ob der Kläger seiner Ehefrau gegenüber seinerzeit in Höhe des mit der Revision geltend gemachten Betrages zur Leistung von Unterhalt verpflichtet war.

Zutreffend geht die Beklagte nunmehr im Einklang mit den vorstehend aufgeführten Urteilen des Senats davon aus, daß der notwendige Selbstbehalt grundsätzlich in Anlehnung an die Düsseldorfer Tabelle, hier nach dem Stand vom 1. Januar 1982 (abgedruckt in FamRZ 1981, 107 = NJW 1982, 19), bemessen werden kann. Nach Abschnitt B IV dieser Tabelle beträgt der notwendige monatliche Eigenbedarf des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 825,-- DM. Hiervon geht auch das LSG aus. Dagegen meint es jedoch, daß in Ansehung des Unterhaltsanspruchs der getrennt lebenden Ehefrau dem Kläger ein Selbstbehalt von 1.050,- DM verbleiben müsse, der zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Eigenbedarf liege, wobei letzterer mindestens 1.200,-- DM ausmache. Diese Rechtsauffassung steht, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, im Widerspruch zu den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen des Senats vom 20. Juni 1984 (BSGE 57, 39 = SozR 1200 § 48 Nr 8) und 23. Oktober 1985 (SozR 1200 § 48 Nr 10). Hiernach stimmt der dem nach § 1361 BGB in Anspruch genommenen Ehegatten zur Deckung seines eigenen Unterhalts in jedem Falle zu belassene Betrag grundsätzlich mit dem Mindestselbstbehalt überein, der ihm auch seinen minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber eingeräumt wird, wenn der Unterhaltspflichtige den Ehegatten nicht auf leistungsfähige Verwandte (§§ 1601, 1603 Abs 1, 1608 BGB) verweisen kann. Das Gesetz geht insoweit von einer Gleichbehandlung des engsten Familienbandes aus. Hieran hält der Senat fest.

Allerdings können Erfahrungs- und Richtwerte dann nicht der Bemessung des Selbstbehalts zugrunde gelegt werden, wenn ihre Anwendung dazu führt, daß dem Leistungsberechtigten ein geringerer Selbstbehalt belassen wird, als er ihm unterhaltsrechtlich zusteht (BSGE 57, 59, 65 = SozR 1200 § 48 Nr 8). Eine abweichende Bemessung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die Wohnkosten bei der Pauschalierung anders veranschlagt sind, als die dem Unterhaltspflichtigen für diesen Zweck tatsächlich entstandenen Aufwendungen (BGH SGb 1985, 524). Ein unzureichender Selbstbehalt begründet keine Verletzung der Unterhaltspflicht, die Tatbestandsvoraussetzung für eine Vornahme der Abzweigung ist. Daß dies hier der Fall sein könnte, ist nicht auszuschließen. Der Kläger hat im Vorverfahren geltend gemacht, er müsse als Mietkosten 450,-- DM monatlich aufbringen. Wenn dies zutrifft, wäre der in der Düsseldorfer Tabelle angenommene Mindestselbstbehalt von 825,-- DM zu gering. Die Miet- und die Mietnebenkosten sind in diesem Betrag enthalten. Allerdings sind sie nicht besonders ausgeworfen. Nach Nr 2 der einleitenden Bemerkungen zu den grundsätzlich von der Düsseldorfer Tabelle ausgehenden Leitlinien der Familiensenate des OLG Hamm zum Unterhaltsrecht - Stand: 1. Januar 1982 - (FamRZ 1981, 1210) ist man auf dem 2. Deutschen Familiengerichtstag im Oktober 1979 in dem maßgebenden Arbeitskreis davon ausgegangen, daß in dem notwendigen Selbstbehalt von damals 800,-- DM die Miete mit 200,-- DM und die Mietnebenkosten mit 100,-- DM enthalten waren. Dem entspricht bei einer Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts um 10 %, wie sie ab 1. Januar 1982 vorgenommen wurde, ein Anteil von 220,-- DM für Miete und ein Anteil von 110,-- DM für Mietnebenkosten. Daher ist der tatsächliche notwendige Aufwand des Klägers für Miete und Mietnebenkosten noch zu ermitteln und der Selbstbehalt gegebenenfalls entsprechend zu erhöhen. Diese Ermittlungen erübrigen sich auch nicht deshalb, weil die Beklagte das Alg des Klägers nur in Höhe von 1.011,40 DM berücksichtigt hat, wofür keine Rechtsgrundlage besteht.

Dafür, daß der Kläger seinen Sohn unterhält, können von dem tatsächlich ausgezahlten Alg in Höhe von monatlich 1.193,40 DM keine Abschläge gemacht werden. Der Kläger erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung einmal entsprechend § 1606 Abs 3 Satz 2 BGB durch die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes (BGH NJW 1985, 1460); dieser Umstand könnte allenfalls dann für eine anderweitige Festsetzung seines zu berücksichtigenden Einkommens von Bedeutung sein, wenn er einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die ihm an sich wegen der Betreuung seines Kindes nicht zuzumuten wäre oder wenn er besondere Betreuungskosten aufzubringen hätte. Diese Gründe sind jedoch im Falle der Erwerbslosigkeit des Sorgeberechtigten nicht relevant. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß der Kläger seinem Kind gegenüber auch gemäß § 1603 Abs 2 iVm § 1606 Abs 3 Satz 1 BGB verpflichtet wäre, für dessen Barunterhalt aufzukommen, wenn seine Ehefrau weder Vermögen noch Einkünfte hat und auch kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter des Kindes eintreten muß, was allerdings nicht festgestellt ist. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre der Kläger im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit auch nach Maßgabe des § 1606 Abs 3 Satz 1 iVm § 1603 Abs 2 Satz 1 BGB verpflichtet, für den Barunterhalt seines Sohnes aufzukommen. Der Barunterhalt beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum 207,-- DM.

Es ist jedoch nicht zulässig, wie die Beklagte anscheinend meint und wovon auch das LSG ausgegangen ist, diesen Betrag vorab von dem Nettoeinkommen des Klägers abzusetzen und mit dem danach verbleibenden Differenzbetrag zum Selbstbehalt den Unterhalt der Ehefrau zu befriedigen. Der Kläger ist nämlich mit dem über dem Selbstbehalt liegenden Betrag nicht in der Lage, den Barunterhalt seines Sohnes und außerdem den notwendigen Unterhalt seiner früheren Ehefrau zu befriedigen, vorausgesetzt, diese war bedürftig. Hierzu mußte er, da der notwendige Eigenbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle für die Ehefrau, sofern sie nicht erwerbstätig und der Unterhaltsanspruch nicht aus Billigkeitsgründen herabzusetzen war (§ 1361 Abs 3 iVm § 1579 Abs 1 Nr 3 und 4 BGB), 825,-- DM betrug, insgesamt 1.032,-- DM aufwenden. Legt man sein über dem Selbstbehalt liegendes monatliches Einkommen zugrunde, das, falls keine Abschläge vorzunehmen sind, 368,40 DM beträgt, dann war er nicht in der Lage, in vollem Umfange für den Unterhalt seiner früheren Ehefrau und den seines Kindes aufzukommen. Die Berechnung des Unterhalts der Ehefrau hätte daher gemäß § 1609 Abs 2 Satz 1 BGB zu erfolgen, dh, entsprechend dem Verhältnis der Höhe der einzelnen Unterhaltsansprüche (hier: Ehefrau 825,-- DM, Kind 207,-- DM abzüglich 25,-- DM anteiliges Kindergeld für den Barunterhalt = 182,-- DM) wäre die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts zur Verfügung stehende Verteilungsmasse im Verhältnis der Bedarfssätze zu verteilen.

Geht man davon aus, daß insoweit die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, läßt sich auch dann noch nicht entscheiden, ob die frühere Ehefrau des Klägers einen Unterhaltsanspruch in der jetzt von der Beklagten angegebenen Höhe ganz oder teilweise gehabt hat. Die Beklagte hat nämlich zu Unrecht die Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für ein Darlehen mit der Begründung abgelehnt, diese Kosten könnten nur Gegenstand der im Zuge der Trennung erfolgenden Auseinandersetzung sein. Diese Auffassung steht mit § 1603 Abs 1 BGB, der ausdrücklich die Berücksichtigung von Schulden bei der Leistungsfähigkeit vorschreibt und der auch für den Trennungsunterhalt gilt, nicht im Einklang (BGH FamRZ 1982, 24). Das gilt auch dann, wenn der Mindestbedarf des Unterhaltsberechtigten beeinträchtigt wird. Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1984, 658) kommt Ansprüchen Unterhaltsberechtigter kein allgemeiner Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltsverpflichteten zu; andererseits ist eine Tilgung der Verbindlichkeiten ohne Berücksichtigung des Unterhaltsinteresses nicht zulässig. Vielmehr bedarf es insoweit eines entsprechenden Ausgleichs zwischen Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und dem Drittgläubiger. Wegen der Grundsätze, nach welchen der Ausgleich zu erfolgen hat, wird auf das oa Urteil des BGH verwiesen.

Obwohl hiernach weder feststeht, ob und in welchem Umfange der Kläger leistungsfähig war und ob seine Ehefrau ihm gegenüber auch im Falle seiner Leistungsfähigkeit einen Unterhaltsanspruch haben konnte, ist eine Zurückverweisung der Sache an das LSG nicht gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG tunlich. Die angefochtene Abzweigung ist in jedem Falle rechtswidrig, weil sie nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden ist.

Die Abzweigung steht, wie der Senat in seinem Urteil vom 23. Oktober 1985 (SozR 1200 § 48 Nr 10) ausgeführt hat, im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers. Das bedeutet, daß grundsätzlich die Wahl zwischen mehreren rechtlich möglichen Verhaltensweisen besteht. Der Leistungsträger kann daher selbst dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, von der an sich möglichen Abzweigung absehen, etwa weil ihm eine solche Maßnahme angesichts der näheren Umstände nicht angezeigt erscheint. Entscheidet sich der Leistungsträger für eine Abzweigung, bestimmt grundsätzlich er, welcher Betrag ausgezahlt werden soll. Auch in dieser Beziehung hat er, begrenzt allerdings durch das Unterhaltsrecht, die Wahl zwischen mehreren rechtlichen Verhaltensweisen. Als auf Ermessen beruhend, muß die Abzweigung daher den Anforderungen entsprechen, die an eine Ermessensentscheidung zu stellen sind. Diesen Anforderungen ist hier schon deshalb nicht genügt, weil der durch das Gesetz vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) eingeführte § 35 Abs 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) nicht beachtet worden ist.

Nach § 35 Abs 1 SGB 10 ist der schriftlich erteilte Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen, tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Für Ermessensentscheidungen sieht § 35 Abs 1 Satz 3 SGB 10 zusätzlich vor, daß die Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lassen muß, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Bei der Vornahme einer Abzweigung sind somit grundsätzlich die Überlegungen mitzuteilen, die die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens angestellt hat. Das ist hier nicht geschehen. Gesichtspunkte, die über die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB 1 hinaus erkennen lassen, warum die Beklagte sich für die Abzweigung, so wie sie vorgenommen worden ist, entschlossen hat, fehlen in den angefochtenen Verwaltungsakten gänzlich. Eine entsprechende Begründung, die nicht nach § 35 Abs 2 SGB 10 entbehrlich war, ist von der Beklagten nicht nachgeholt worden. Die Gesichtspunkte, von denen die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist, lassen sich daher nicht erkennen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG ist eine Entscheidung, die auf der Anwendung einer Ermessensnorm beruht, rechtswidrig und aufzuheben, wenn sie die Gesichtspunkte für die Ausübung des Ermessens nicht erkennen läßt (BSGE 27, 34, 38; 48, 8, 11 = SozR 2200 § 1301 Nr 10; 48, 190, 192f = SozR 2200 § 1301 Nr 11). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten; denn ihretwegen hat der Gesetzgeber im Gegensatz zu der entsprechenden Vorschrift des § 39 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz den § 35 Abs 1 Satz 1 SGB 10 als Mußvorschrift ausgestaltet (BT-Drucks 8/4022, S 82 zu § 33). Im vorliegenden Falle kommt hinzu, daß nicht zu erkennen ist, daß die Beklagte überhaupt Ermessenserwägungen angestellt hat. Etwas anderes hätte allerdings zu gelten, wenn die Beklagte in der Sache keine andere Entscheidung hätte treffen dürfen. Dann könnte grundsätzlich die Aufhebung der Auszahlungsverfügungen nicht allein deshalb beansprucht werden, weil sie unter Verletzung von Vorschriften über die Form zustande gekommen sind (§ 42 SGB 10). Das ist indessen nicht der Fall, denn es ist nicht auszuschließen, daß die Beklagte eine Abzweigung ua deshalb hätte ablehnen können, weil der für die Ermittlung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Abzweigung erforderliche Aufwand in keinem Verhältnis zu der Höhe der vom Kläger möglicherweise zu erbringenden Leistungen in dem hier in Betracht kommenden relativ kurzen Zeitraum stand.

Sind somit die Abzweigungsbescheide, soweit über ihre Anfechtung noch zu befinden ist, schon wegen des Begründungsmangels aufzuheben, erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend. Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen. Dabei erschien es tunlich, den Tenor des Urteils des SG klarzustellen. Das SG hat dem Kläger durch die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung mehr zugesprochen, als er beantragt hat. Ob es dies, wie das LSG meint, nicht wollte, läßt sich den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils nicht entnehmen. Selbst wenn man dem LSG folgen und dies bejahen wollte, wäre es nicht angezeigt, es bei dem Anspruch des SG zu belassen. Dann bestünde ein Widerspruch zwischen Tenor und Entscheidungsgründen, bei dem der Tenor maßgebend bleibt (Urteil des Senats vom 23. Oktober 1985 - 7 RAr 158/84 -; Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl 1981, § 141 Anm 7; Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl, 34. Nachtrag, § 141 Anm 3b bb; allg. M).

Die Entscheidung über die dem Kläger entstandenen Kosten beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), im übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 193 Abs 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662374

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