Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Versicherungsfall (Krankheit) während einer die Krankengeldberechtigung umfassenden Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse eingetreten, so steht dem Anspruch des Versicherten auf Krankengeld nicht entgegen, daß die Arbeitsunfähigkeit erst nach Beendigung dieser Mitgliedschaft während eines Versicherungsverhältnisses als Rentenbezieherin (RVO § 165 Abs 1 Nr 4) - also ohne Krankengeldberechtigung - eingetreten ist.

2. Ist der Versicherte nach einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung arbeitsfähig geworden, aber behandlungsbedürftig geblieben, so ist der Versicherungsfall erst dann abgeschlossen wenn der Versicherte nicht mehr behandlungsbedürftig ist. Die "Einheit des Versicherungsfalls" wird nicht dadurch aufgehoben, daß - bei Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit - eine neu eintretende Arbeitsunfähigkeit im wesentlichen auf anderen Krankheitsursachen als die erste Arbeitsunfähigkeit beruht.

 

Leitsatz (redaktionell)

Besteht beim Ausscheiden aus der Mitgliedschaft eine behandlungsbedürftige Krankheit, so ist Krankenpflege für längstens 26 Wochen nach dem Ende der Mitgliedschaft (RVO § 183 Abs 1 S 2) auch dann zu gewähren, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens Krankenpflege nicht bezogen wurde. Der Anspruch auf Krankenpflege erstreckt sich auch auf weitere, erst nach dem Ausscheiden aus der Mitgliedschaft eintretende Krankheiten, sofern ständig - gleichgültig aufgrund welcher Krankheit - Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hat.

 

Normenkette

RVO § 183 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1943-11-02, § 182 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1961-07-12; RAMErl 1943-11-02 Abschn. 1 Nr. 2 S. 2; RVO § 165 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1956-06-12

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. November 1962 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin war bis zum 31. Dezember 1959 als Angestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. Januar 1960 an war sie bei der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) als Bezieherin einer Witwenrente weiterhin pflichtversichert. Am 10. September 1959 erkrankte sie und war bis zum 13. September 1959 arbeitsunfähig. Am 4. Januar 1960 stellte die behandelnde Ärztin bei der Klägerin erneut Arbeitsunfähigkeit vom 2. Januar 1960 an fest, aber im wesentlichen wegen anderer Leiden als bei der am 10. September 1959 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit.

Ihren Antrag auf Krankengeld lehnte die beklagte AOK mit Bescheid vom 10. Januar 1960 ab. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit der Begründung zurückgewiesen, sie sei bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit - 2. Januar 1960 - nur als Rentenbezieherin (§ 165 Abs. 1 Nr. 4 Reichsversicherungsordnung - RVO -) versichert gewesen und habe als solche nach § 182 Abs. 1 Nr. 2, letzter Satz RVO idF des Gesetzes über Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 (BGBl I 500) keinen Anspruch auf Krankengeld; ob sie bis zu diesem Zeitpunkt vom Eintritt der ersten Erkrankung an (10. September 1959) ununterbrochen behandlungsbedürftig geblieben sei, habe für den Anspruch auf Krankengeld keine Bedeutung, da für diese Leistung der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit maßgebend sei (Bescheid vom 8. März 1960).

Mit der Klage beantragte die Klägerin,

den Bescheid der beklagten AOK vom 10. Januar 1960 idF des Widerspruchsbescheides vom 8. März 1960 aufzuheben und die beklagte AOK zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 2. Januar bis 3. Februar 1960 zu gewähren.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen; die Berufung wurde zugelassen (Urteil vom 26. Juli 1960).

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG aufgehoben und die beklagte AOK verurteilt, der Klägerin wegen der am 2. Januar 1960 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zu gewähren; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 7. November 1962). Das LSG stellte - gestützt auf einen Bericht der Ärztin Frau Dr. S die die Klägerin behandelt hatte, und ein Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr. S - fest, daß die Klägerin vom Beginn ihrer Erkrankung (Anämie) im September 1959 bis zum Eintritt ihrer erneuten Arbeitsunfähigkeit am 2. Januar 1960 ununterbrochen behandlungsbedürftig gewesen sei und daß diese Arbeitsunfähigkeit im wesentlichen auf anderen Krankheiten (als Anämie), nämlich Lumbago, Albuminurie und Dysthyreose , beruht habe. In rechtlicher Hinsicht sah das LSG als entscheidend an, daß der für den erhobenen Anspruch auf Krankengeld maßgebende Versicherungsfall der Krankheit bereits im September 1959, also während eines mit Krankengeldberechtigung verbundenen Versicherungsverhältnisses, eingetreten sei. Unerheblich sei, daß die Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablösung dieses Versicherungsverhältnisses durch ein Versicherungsverhältnis als Rentenbezieherin - also ohne Anspruch auf Krankengeld - eingetreten sei. Ebensowenig sei für den Anspruch auf Krankengeld von Bedeutung, daß die am 2. Januar 1960 eingetretene Arbeitsunfähigkeit im wesentlichen auf anderen Krankheiten als die Arbeitsunfähigkeit vom September 1959 beruhe. Es gebe keinen besonderen Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr sei entscheidend, daß der im September 1959 eingetretene Versicherungsfall der Krankheit - wegen Fortbestehens der Behandlungsbedürftigkeit - bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil hat die beklagte AOK Revision eingelegt mit dem Antrag,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 26. Juli 1960 zurückzuweisen.

Die beklagte AOK rügt unrichtige Anwendung des § 182 RVO idF des Gesetzes über Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 (BGBl I 500) und des § 183 RVO idF des Erlasses des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 2. November 1943 (AN 1943, 485): Die am 2. Januar 1960 eingetretene Arbeitsunfähigkeit der Klägerin sei nicht durch diejenige Krankheit verursacht worden, derentwegen die Klägerin seit September 1959 behandlungsbedürftig gewesen sei. Die Auffassung des LSG - übereinstimmend mit der des Großen Senats des Reichsversicherungsamts (RVA) in der Grunds.Entsch. Nr. 2577; AN 1920, 319 -, für einen neuen Versicherungsfall sei erst dann Raum, wenn die den Eintritt eines Versicherungsfalls begründende Krankheit weggefallen sei, bedürfe der Überprüfung. Das zur Begründung dieser Auffassung angeführte Argument, eine hinzutretende, auf anderer Ursache beruhende Erkrankung, könne lediglich den bereits als Krankheit bestehenden Zustand erschweren und möglicherweise verlängern, aber nicht unterbrechen, sei formalistisch. Auch die früher zutreffende Erwägung, bei wiederholtem Hinzutreten neuer Leiden zu einer fortbestehenden Krankheit würden die Krankenkassen zu zeitlich unbeschränkter Leistung verpflichtet, falls man mehrere Versicherungsfälle annehme, sei seit 1941 durch die Verpflichtung der Krankenkassen zu zeitlich unbegrenzter Krankenpflege gegenstandslos geworden. - Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß ein neuer Versicherungsfall nicht eintreten könne, solange ein bereits eingetretener Versicherungsfall nicht abgeschlossen sei, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld. Aus dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls dürfe nicht geschlossen werden, daß die einzelnen auf dem gleichen Versicherungsfall beruhenden Ansprüche von dem Versicherungsverhältnis unberührt blieben, das bei ihrer Fälligkeit bestehe. So sei auch die Verselbständigung der Arbeitsunfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung zu beurteilen. Mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin am 31. Dezember 1959 sei auch der eine Krankengeldzahlung rechtfertigende Grund weggefallen. - Schließlich entfalle der Anspruch auf Krankengeld auch im Hinblick auf Abschn. I Nr. 1 Satz 2 des Erlasses des RAM vom 2. November 1943 betr. Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung - KrV - (AN 1943, 485), wonach die Krankenpflege spätestens 26 Wochen nach dem Ausscheiden aus der Versicherung ende, wenn ein Mitglied während des Bezugs von Krankenpflege ausscheide. Die Klägerin habe bei ihrem Ausscheiden aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung keine Krankenpflege bezogen. Sei Krankenpflege nicht in Anspruch genommen, so bestehe auch keine Veranlassung für einen nachwirkenden Versicherungsschutz.

Die Klägerin hat beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend, daß der gleiche Versicherungsfall andauere, wenn eine neu eintretende Arbeitsunfähigkeit auf einer neu hinzugetretenen Krankheit beruhe, die Behandlungsbedürftigkeit aber fortbestanden habe. Anderenfalls würde eine große Rechtsunsicherheit Platz greifen. - Von dem "Leistungsfall", der beim Anspruch auf Krankengeld auch Arbeitsunfähigkeit voraussetze, müsse der Versicherungsfall der Krankheit unterschieden werden. Grundvoraussetzung für den Anspruch sei aber, daß der Versicherungsfall während eines Versicherungsverhältnisses mit Krankengeldberechtigung eingetreten sei. - Für die Fortdauer des Anspruchs auf Krankenpflege nach Abschn 1 Nr. 1 Satz 2 des Verbesserungserlasses von 1943 sei allein von Bedeutung, ob Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe, und nicht, ob Krankenpflege in Anspruch genommen worden sei. Andernfalls würde derjenige Versicherte, der einen Anspruch nicht geltend gemacht habe, schlechter gestellt sein als derjenige, der Krankenpflege beansprucht habe.

Die Revision der beklagten AOK ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die beklagte AOK zur Gewährung des beantragten Krankengeldes verurteilt.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der für den erhobenen Anspruch maßgebende Versicherungsfall bereits am 10. September 1959 eingetreten ist, als die Klägerin wegen ihrer Anämie behandlungsbedürftig wurde. Wie der Senat in Fortführung der Rechtsprechung des RVA (vgl. zuletzt Grunds. Entsch. Nr. 5545; AN 1944, 38, 39) ständig entschieden hat, sind die verschiedenen Ansprüche des Versicherten, die bei und nach Eintritt des Versicherungsfalls während der Krankheit entstehen können, ihrem Rechtsgrund nach auf den Eintritt des Versicherungsfalls, d. h. die Erkrankung zurückbezogen (BSG 16, 177, 179; 18, 122, 125; 22, 115, 116). Nach diesem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls ist für alle sich aus dem Versicherungsfall ergebenden Ansprüche genügend, aber auch erforderlich, daß der Versicherungsfall während eines Versicherungsverhältnisses mit entsprechender Anspruchsberechtigung eingetreten ist. Ist diese "Grundvoraussetzung" (BSG 22, 115, 116) gegeben, so ist die Entstehung und der Fortbestand der einzelnen auf dem gleichen Versicherungsfall beruhenden Ansprüche - mit den zeitlichen Einschränkungen nach § 183 RVO - von der Fortdauer der Mitgliedschaft unabhängig.

Insbesondere gilt dies für den Anspruch auf Krankengeld. Zwar muß hier zum Eintritt des Versicherungsfalls - der Krankheit - als weitere Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs noch die Arbeitsunfähigkeit hinzutreten. Ob der Anspruch dem Grunde nach gegeben ist, richtet sich aber nicht nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, sondern dem des Versicherungsfalls (BSG 16, 177, 179). Die "weitgehende Verselbständigung der Arbeitsunfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung" (RVA in Grunds.Entsch. Nr. 5545; AN 1944, 38, 39), die die beklagte AOK geltend macht, kommt nur darin zum Ausdruck, daß für die Berechnung des für das Krankengeld maßgebenden Grundlohns nach dem Sinn und Zweck des Krankengelds auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit abgestellt wird (BSG 8, 283, 286 ff; vgl. auch RVA, Grunds.Entsch.Nr. 5517, AN 1943, 145).

Demnach steht dem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegen, daß die Arbeitsunfähigkeit erst nach beendeter Mitgliedschaft (BSG 22, 115) oder - wie im vorliegenden Fall - erst während einer Mitgliedschaft ohne Anspruch auf Krankengeld eingetreten ist (BSG, Urteil des erkennenden Senats vom 25. November 1964 - 3 RK 71/64 - Sozialrecht, RVO § 183 Nr. 10), sofern nur der Versicherungsfall während eines die Krankengeldberechtigung umfassenden Versicherungsverhältnisses eingetreten ist; ob die Arbeitsunfähigkeit noch während des Anspruchs auf Krankenpflege eingetreten sein muß (vgl. § 183 Abs. 1 Satz 2 RVO und E 5545, AN 1944 S. 38), bedarf hier keiner Entscheidung, da der Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin innerhalb der 26 Wochen nach dem Ausscheiden aus der Mitgliedschaft liegt. Zutreffend hat das LSG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des RVA (Großer Senat, Grunds.Entsch. Nr. 2577; AN 1920, 319, 320) als im vorliegenden Fall entscheidend angesehen, daß der die Heilbehandlung erfordernde Zustand der Klägerin bis zum Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit am 2. Januar 1960 fortbestanden hat. Daß das Krankheitsbild während dieser Zeit gewechselt hat und die spätere Arbeitsunfähigkeit im wesentlichen auf anderen Leiden als die Arbeitsunfähigkeit vom September 1959 beruht, ist dabei unerheblich. Eine neue Krankheit im Sinne der KrV - und damit auch ein neuer Versicherungsfall - kann erst dann vorliegen, wenn der die Heilbehandlung erfordernde Zustand nicht mehr bestanden hat. Solange dagegen Behandlungsbedürftigkeit andauert, ist für die Möglichkeit des Eintritts eines neuen Versicherungsfalls kein Raum.

Die hiergegen von der beklagten AOK geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch. Die Erwägung des RVA (aaO S. 320), bei fortbestehender Behandlungsbedürftigkeit könne das Hinzutreten einer auf einer anderen Ursache beruhenden Erkrankung lediglich den bereits als Krankheit bestehenden Zustand erschweren und möglicherweise verlängern, aber nicht unterbrechen, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht "formalistisch", sondern entspricht der Lebenserfahrung. Diese allein auf die Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit und nicht auf die jeweiligen Krankheitsursachen abstellende Beurteilung des Versicherungsfalls hat den Vorzug, daß sie die nicht selten schwierige Prüfung erspart, ob die verschiedenen Leiden in ursächlichem Zusammenhang zueinander stehen oder welches Leiden die wesentliche Ursache für eine neu eintretende Arbeitsunfähigkeit ist. Die Prüfung, ob der Versicherte, der wieder arbeitsfähig geworden, aber behandlungsbedürftig geblieben ist, wegen einer neuen Krankheit arbeitsunfähig geworden ist, war zwar nach dem für den vorliegenden Fall maßgebenden Recht für die Frage eines "neuen Anspruchs auf Krankengeld" von Bedeutung (Abschn. I Nr. 2 "Zu § 183 RVO" Abs. 1 Satz 2 des Erl. d. RAM vom 2. November 1943; AN 1943, 485). Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, berührte sie aber nicht die Fortdauer des gleichen Versicherungsfalls, der mit Beginn der Behandlungsbedürftigkeit eingetreten seinen Abschluß erst mit deren Ende findet. Im übrigen ist gerade die genannte Bestimmung nur von der Grundauffassung her verständlich, daß der Hinzutritt einer neuen zur Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheit bei Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit keinen neuen Versicherungsfall darstellt; denn andernfalls hätte es der Zuerkennung eines "neuen Anspruchs auf Krankengeld" nicht bedurft.

Ebensowenig ist das Bedenken der beklagten AOK begründet, Abschn. I Nr. 1 Satz 2 des genannten Erlasses von 1943 - Beschränkung der Krankenpflege auf 26 Wochen nach dem Ausscheiden des Mitglieds aus der Versicherung - würde seinen Sinn verlieren, wenn eine während der Mitgliedschaft aufgetretene und nach ihrem Ende fortdauernde Krankheit den Versicherungsschutz für eine weitere - erst nach dem Ausscheiden aus der Versicherung in Erscheinung tretende - Krankheit vermittelt. Diese "Brückenfunktion" des bei Beendigung der Mitgliedschaft noch nicht abgeschlossenen Versicherungsfalls ist von der Beklagten richtig gesehen. Sie entspricht aber dem dargelegten Wesen des Versicherungsfalls, der nicht auf die einzelne Krankheitsursache, sondern den der Behandlung bedürftigen Zustand des Erkrankten abstellt. Dem Interesse der Krankenkasse ist durch die in jedem Fall durchgreifende zeitliche Begrenzung der Krankenpflege auf 26 Wochen nach dem Ausscheiden aus der Mitgliedschaft Rechnung getragen; denn die Krankenpflege erhält nicht - und erst recht verlängert nicht - die Mitgliedschaft (vgl. § 311 Satz 1 idF des Abschn. I Nr. 6 Buchst. a des Erl. vom 2. November 1943).

Mit Recht hat das LSG es auch als unerheblich angesehen, ob die Klägerin im Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung Krankenpflege bezogen hat. Abgesehen davon, daß die von der beklagten AOK zur Stütze ihrer Auffassung herangezogene Vorschrift (Abschn. I Nr. 1 Satz 2 des Erl. vom 2. November 1943; jetzt § 183 Abs. 1 Satz 2 RVO) nur den - hier nicht in Rede stehenden - Anspruch auf Krankenpflege betrifft, kommt es auch insoweit nur darauf an, ob die Behandlungsbedürftigkeit beim Ausscheiden aus der Versicherung fortbestanden hat, nicht aber darauf, ob Behandlung in Anspruch genommen worden ist. Die Nichtinanspruchnahme von Behandlung kann nur - je nach der Sachlage - als Indiz dafür gewertet werden, daß Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgelegen hat. Es handelt sich hierbei aber um eine Frage tatrichterlicher Feststellung, die vom Revisionsgericht nicht zu prüfen ist.

Demnach hat das LSG zu Recht den Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für begründet erachtet. Die Revision der Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 37

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