Leitsatz (amtlich)

Bei der Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs gemäß BVG § 89 kommt als Kriegsereignis, welches die ernsthafte Absicht der Verlobten, alsbald zu heiraten, vereitelt hat, auch eine Schädigungsfolge in Betracht, die unmittelbar (Tod des Beschädigten) oder mittelbar (Auslösung eines Ehehindernisses oder Eheverbots) die Eheschließung verhinderte (Weiterentwicklung von BSG 1970-03-17 9 RV 682/68 = BSGE 31, 83-85).

 

Normenkette

BVG § 89 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 1971 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Die 1908 geborene ledige Klägerin war mit dem im April 1945 an einem Blutsturz verstorbenen Kornelius K (K.) verlobt. Aus der Verbindung gingen zwei 1940 und 1943 geborene Kinder hervor. Bei K., der 1943 aus dem Wehrdienst entlassen wurde, war eine Lungen-Tbc, die er sich 1942 zugezogen hatte, als Schädigungsfolge anerkannt. Die nach Angaben der Klägerin für 1942 vorgesehene Verheiratung war nicht möglich, weil K. die nach dem Ehegesundheitsgesetz vorgeschriebene Erlaubnis zur Eheschließung wegen des Lungenleidens versagt wurde.

Die Klägerin beantragte im Dezember 1963 die Gewährung von Hinterbliebenenrente im Wege des Härteausgleichs. Der Antrag wurde mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 2. Oktober 1967 durch Bescheid vom 27. Dezember 1968 mit der Begründung abgelehnt, der Eheschließung habe kein Kriegsereignis, sondern die Verweigerung der Heiratserlaubnis auf Grund des Ehegesundheitsgesetzes vom 18. Oktober 1935 (RGBl. I 1246) entgegengestanden. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 20. Januar 1970).

Auf die Klage hob das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 16. April 1970 auf.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland mit Urteil vom 21. Januar 1971 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Es hat ausgeführt: Eine besondere Härte im Sinne des § 89 Bundesversorgungsgesetz (BVG) müsse dann angenommen werden, wenn die Klägerin wegen ihrer Verlobung in wirtschaftlicher und persönlicher Beziehung in eine ähnliche Lage geraten sei wie eine Ehefrau, die durch eine schädigende Einwirkung im Sinne des § 1 BVG ihren Ehemann verloren habe. Das SG habe richtig erkannt, daß nicht allein das Eheverbot, sondern gleichermaßen die anerkannte Schädigungsfolge für das Unterbleiben der Eheschließung verantwortlich zu machen sei. Weder das Ehegesundheitsgesetz noch die Lungenerkrankung seien für sich allein geeignet gewesen, die beabsichtigte Eheschließung zu verhindern; vielmehr hätten beide Umstände zusammengewirkt. Habe aber eine Bedingung gleichwertig neben einer anderen Bedingung zum Erfolg beigetragen, dann sei jede von ihnen als Ursache im versorgungsrechtlichen Sinne anzusehen. Deshalb sei die bei K. während des Wehrdienstes aufgetretene Lungen-Tbc versorgungsrechtlich als Ursache für das Unterbleiben der alsbaldigen Eheschließung zu werten, wobei es keinem Zweifel unterliege, daß die Lungen-Tbc als Kriegsereignis zu betrachten sei. Dies habe der Beklagte in zu enger Auslegung der im Rundschreiben des BMA vom 11. Juli 1966 gegebenen Richtlinien dadurch verkannt, daß er das auf dem Ehegesundheitsgesetz beruhende Ehehindernis, das zweifellos für sich allein kein Kriegsereignis darstellte, von der zugrunde liegenden wehrdienstlichen Schädigungsfolge losgelöst und in den Vordergrund gestellt habe. Die Ablehnung einer besonderen Härte beruhe aber auch noch darauf, daß der Beklagte die näheren Tatumstände anläßlich des Ablebens des K. nicht gewürdigt habe. Da K. den Blutsturz während eines Fliegeralarms erlitten habe, sei es in Anbetracht der turbulenten Kriegsereignisse nicht möglich gewesen, die notwendige ärztliche Hilfe herbeizuholen, wodurch der Blutsturz zum Tode geführt habe. Hätte K. aber das Kriegsende überlebt, dann wäre der Eheschließung nichts mehr im Wege gestanden, weil mit dem Zusammenbruch das Ehegesundheitsgesetz seine Gültigkeit verloren habe. Somit dürfe davon ausgegangen werden, daß Kriegsereignisse wesentlich dazu beigetragen haben, daß K. das Kriegsende nicht erlebte und deshalb die Eheschließung unterblieben sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß die Klägerin ab 1943 mit K. und den beiden Kindern einen gemeinsamen Haushalt geführt und den Schwererkrankten gepflegt und versorgt habe. Der Ausschluß der Klägerin von einer Brautversorgung erscheine im Verhältnis zu anderen Soldatenbräuten willkürlich.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 89 Abs. 1 BVG idF des Dritten Neuordnungsgesetzes (NOG). Das LSG habe das Rechtsinstitut des Härteausgleichs in unzulässiger Weise erweitert. Eine unbillige Härte, die sich nicht aus der Anwendung des BVG selbst, sondern aus anderen Gesetzen ergebe, könne nach § 89 BVG nicht berücksichtigt werden. Neben anderen im übrigen unstreitigen Gesichtspunkten sei als allgemeine Voraussetzung für eine Brautversorgung nach dem Rundschreiben des BMA vom 11. Juli 1966 und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 1.2.1968, BSG 27, 286) zu fordern, daß der Verwirklichung der beabsichtigten Eheschließung allein Kriegsereignisse im Wege gestanden haben. Dies sei aber hier schon deswegen nicht der Fall gewesen, weil die Heiratsabsicht wegen der Vorschriften des Ehegesundheitsgesetzes und nicht wegen des Lungenleidens des K. nicht verwirklicht werden konnte. "Kriegsereignisse" im Sinne des Rundschreibens des BMA seien ausschließlich die besonderen äußeren Umstände des Wehrdienstes und die darin begründeten Erschwernisse der Heirat. Schädigungsfolgen und der darauf folgende Tod stellten dagegen kein solches Kriegsereignis dar. Denn eine Gesundheitsstörung als solche sei allein nicht geeignet, die Eheschließung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hieran könne auch die in der Kriegsopferversorgung geltende Kausalitätsnorm nichts ändern. Das LSG habe sich damit begnügt, das Lungenleiden einem Kriegsereignis gleichzustellen, ohne sich mit diesem Begriff auseinanderzusetzen. Es lasse sich zwar nicht widerlegen, daß die Verweigerung der Heiratserlaubnis sowohl auf dem Lungenleiden als auch auf dem Ehegesundheitsgesetz beruht habe, so daß ein Kausalzusammenhang im Sinne der Äquivalenztheorie gegeben sei. Dem Lungenleiden komme aber nicht die Bedeutung einer wesentlichen Bedingung zu, weil es ohne Ehegesundheitsgesetz nicht geeignet gewesen wäre, den Erfolg (Versagung der Heiratserlaubnis) herbeizuführen. Demgegenüber sei dem Ehegesundheitsgesetz eine überragende Bedeutung zugekommen. Dem LSG könne auch darin nicht gefolgt werden, daß aus den Umständen beim Ableben des K. eine besondere Härte herzuleiten sei. Rechtlich sei es ohne Bedeutung, daß im Falle des Überlebens des K. nach Außerkraftsetzung des Ehegesundheitsgesetzes die Eheschließung möglich gewesen wäre.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene hat sich dem Vorbringen des Beklagten angeschlossen.

II

Die Revision des Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist aber nicht begründet.

Streitig ist, ob der Klägerin ab Antrag (1963) Hinterbliebenenversorgung (Brautversorgung) im Wege des Härteausgleichs gewährt werden kann. Die Vorinstanzen haben zutreffend die dafür erforderlichen Voraussetzungen einer besonderen Härte als gegeben erachtet. Das angefochtene Urteil ist deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Ist ein unbestimmter Rechtsbegriff in einer Vorschrift über eine Kannleistung enthalten, so steht der Verwaltungsbehörde ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, dessen Einhaltung der Nachprüfung der Gerichte unterliegt (BSG 27, 286). Das Vorliegen einer besonderen Härte ist materiell-rechtliche Voraussetzung für das Ermessenshandeln der Versorgungsbehörde und als solche von den Gerichten uneingeschränkt nachzuprüfen (BSG 10, 51, 53). Dagegen ist die Ausübung des Ermessens durch die Verwaltungsbehörde als solches von den Gerichten nur daraufhin nachprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Nach der hier anzuwendenden, seit dem 1. NOG vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) unverändert gebliebenen Fassung des § 89 Abs. 1 BVG kann, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes "besondere Härten" ergeben, mit Zustimmung des BMA ein Ausgleich gewährt werden. Die Zustimmung des BMA zum Ausgleich kann nach der ebenfalls unveränderten Fassung des § 89 Abs. 3 BVG (1. NOG) bzw. § 89 Abs. 2 BVG (2. und 3. NOG) allgemein erteilt werden. Der BMA hat im Falle der Brautversorgung mit Rundschreiben vom 11. Juli 1966 (BVBl 1966 S. 82 Nr. 43) allgemein zugestimmt, daß die unverheiratete Mutter eines Kindes, dessen Vater als Soldat an den Folgen einer im zweiten Weltkrieg erlittenen Schädigung gestorben ist, für die Dauer des Bedürfnisses Versorgung im Wege des Härteausgleichs erhält, wenn nachgewiesen ist, daß

a)

die Mutter und der Vater des Kindes bis zum Tode die ernsthafte Absicht gehabt haben, alsbald miteinander die Ehe einzugehen,

b)

der Verwirklichung dieser Absicht allein Kriegsereignisse entgegengestanden haben und

c)

die Mutter für das Kind sorgt oder bis zu seinem Tode gesorgt hat.

Mit Rundschreiben vom 21. Oktober 1968 hat sodann der BMA unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG die Voraussetzungen für die Gewährung von Brautversorgung insofern erleichtert, als der Härteausgleich nicht mehr davon abhängen soll, daß aus dem Verlöbnis ein Kind hervorgegangen ist; im übrigen läßt dieses Rundschreiben erkennen, daß die von der Rechtsprechung des BSG aufgezeigten Beurteilungsmaßstäbe vom BMA gebilligt werden; dies gilt zumal für die Erfordernisse, daß die Verwirklichung der ernsten Heiratsabsichten allein durch Kriegsereignisse verhindert worden und die Braut in eine Lage geraten sein muß, die der einer versorgungsberechtigten Witwe nahekommt.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG, an die das BSG gebunden ist (§ 163 SGG), sind die allgemeinen Voraussetzungen für einen Härteausgleich und die besonderen der Buchstaben a) und c) des angeführten Rundschreibens vom 11. Juli 1966 im vorliegenden Falle gegeben. Der Beklagte hat mit der Revision nicht behauptet, der Gewährung des Härteausgleichs stehe eine fehlende Bedürftigkeit der Klägerin oder ein anderer Umstand, der bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen sei, entgegen.

Er und die Beigeladene meinen nur, Buchstabe b) des Rundschreibens sei nicht erfüllt, weil nicht allein Kriegsereignisse der Verwirklichung der Absicht, alsbald die Ehe einzugehen, sondern vor allem das Eheverbot des Ehegesundheitsgesetzes vom 18. Oktober 1935 entgegengestanden habe. Diesem Standpunkt liegt die Erwägung zugrunde, als "Kriegsereignisse" kämen ausschließlich besondere äußere Umstände und Folgeerscheinungen des Kriegsdienstes, insbesondere des Fronteinsatzes, sowie kriegsbedingte mangelnde Postzustellung oder Nichtbearbeitung von Urkunden und dergleichen in Betracht, hingegen könnten die Folgen einer im Krieg erlittenen Schädigung bis hin zum Tode kein Kriegsereignis in diesem Sinn darstellen, denn eine Krankheit als solche sei allein nicht geeignet, die Eheschließung zu erschweren oder gar zu verhindern. Diese restriktive Betrachtungsweise steht nicht in Einklang mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 17. März 1970 (BSG 31, 83, 85). Auch wird hierbei verkannt, daß schon lange vor dem Ehegesundheitsgesetz vom 18. Oktober 1935 bestimmte Verwundungsfolgen eine Eheschließung verhindern konnten. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen, also unter anderem eines wegen Geisteskrankheit Entmündigten, nichtig (§ 105 Abs. 1, 104 Nr. 3 BGB); dies bedeutete, daß auch die auf Eheschließung gerichtete Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig war und die Nichtigkeit der Ehe zur Folge hatte (§ 1325 BGB in der vor 1938 geltenden Fassung, vgl. RGRK 8. Auflage, Anm. 2 zu § 1325). Diese von jeher bestehende Regelung ist dann in die Ehegesetze 1938 und 1946 übernommen worden (vgl. § 2 EheG 1946). Führte nun eine im Kriegsdienst erlittene Hirnverletzung dazu, daß ein verlobter Soldat geschäftsunfähig wurde und deshalb die vor der Verwundung beabsichtigte Ehe nicht mehr eingehen konnte so unterliegt es nach Meinung des Senats nicht dem geringsten Zweifel, daß in einem solchen Fall - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine besondere Härte anzunehmen und der Verlobten die Brautversorgung zuzuerkennen wäre. Für eine abweichende Beurteilung des hier gegebenen Sachverhalts sind überzeugende Gründe nicht ersichtlich. Im Fall der Klägerin handelte es sich zwar um ein vom NS-Regime verhängtes, alsbald nach der Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse aufgehobenes Eheverbot, welches aber damals in gleicher Weise wirksam gewesen ist wie von jeher der Ausschluß der Geschäftsunfähigen von der Eheschließung. Beiden Fallgestaltungen ist gemeinsam, daß ein Kriegsereignis, nämlich die Kriegsbeschädigung des verlobten Soldaten, eine Ursachenkette in Gang gebracht hat, in deren Verlauf durch die Verwirklichung von Eheverbotsnormen die beabsichtigte Heirat vereitelt wurde. Unbeschadet des allgemeinen Grundsatzes, daß eine sich aus anderen Gesetzen oder Tatbeständen ergebende besondere Härte für die Anwendung des § 89 BVG außer Betracht bleiben muß, hält es der Senat nicht für vertretbar, die Fälle einer solchen mittelbaren Verursachung vom Anwendungsbereich des § 89 BVG auszuschließen; auch kann nicht - wie der Beklagte meint - dem Ehegesundheitsgesetz in Fällen der vorliegenden Art die überragende kausale Bedeutung beigemessen werden.

Bevor das Eheverbot wegfiel, starb K. an dem Schädigungsleiden. Auch insoweit wurde also die Heiratsabsicht durch ein Kriegsereignis vereitelt. War aber die Erkrankung auf ein schädigendes Ereignis des Wehrdienstes zurückzuführen, dann war diese Verknüpfung für das Eheverbot von maßgebendem Einfluß. Dem Umstand, daß das Ehehindernis in einer Krankheit bestanden hat, die durch Kriegseinflüsse hervorgerufen wurde, kommt deshalb die entscheidende Bedeutung zu. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß das Klagbegehren selbstverständlich nicht gerechtfertigt sein könnte, wenn K. infolge eines von den Schädigungsfolgen unabhängigen Leidens die Verbotsnorm des Ehegesundheitsgesetzes verwirklicht hätte und dadurch an der Eheschließung gehindert gewesen wäre.

Das von der Beigeladenen zitierte Urteil vom 20. Mai 1970 - 8 RV 305/69 - ist hier nicht einschlägig, weil dort die Verhinderung der rechtzeitigen Eheschließung (vor dem Tode des verlobten Soldaten) darauf beruhte, daß dieser von seinem Recht auf Beantragung von Eheurlaub keinen Gebrauch machen, sondern das Ende der Bundeswehrdienstzeit abwarten wollte. Auf den hier streitigen Fall übertragen, würde es diesem Geschehensablauf in etwa entsprechen, wenn die Klägerin und ihr Verlobter es hätten vermeiden wollen, die nach dem Ehegesundheitsgesetz erforderlichen Anträge zu stellen, ärztliche Untersuchungen und behördliche Prüfungen über sich ergehen zu lassen und lieber das Ende der NS-Herrschaft abwarten wollten. So dilatorisch haben sie sich aber gerade nicht verhalten, nach der vom Beklagten bestätigten Feststellung des LSG ist vielmehr K. seinerzeit die Eheschließung versagt worden. Da die Eheschließung der Klägerin hiernach in mehrfacher Hinsicht - mittelbar durch das schädigungsbedingte Eheverbot, unmittelbar durch den vorzeitigen Tod des K. - durch Kriegsereignisse verhindert wurde, ist auch die in Buchstabe b) des BMA-Rundschreibens vom 11. Juli 1966 enthaltene Voraussetzung für eine Gewährung von Versorgungsbezügen im Wege des Härteausgleichs gegeben. Wenn der Beklagte ungeachtet dessen das Vorliegen einer besonderen Härte verneint hat, so hat er damit gegen § 89 BVG verstoßen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß er sich auf das Schreiben der Beigeladenen vom 2. Oktober 1967 berufen hat. Denn dieses steht weder im Einklang mit den allgemeinen Zustimmungsrichtlinien (BVBl 1968, 150), noch kann es selbständige Rechtswirkungen hervorrufen.

Der Beklagte ist zwar grundsätzlich an allgemeine Zustimmungsrichtlinien gebunden. Werden diese aber im Einzelfall von dem Zustimmungsberechtigten fehlerhaft oder unvollständig angewandt, dann enthebt ihn dies nicht einer eigenen Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs. Unterläßt er eine solche umfassende Prüfung und kommt er deshalb zu einem Ergebnis, das den Begriff der besonderen Härte verkennt, dann handelt er rechtswidrig. Da das LSG hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der besonderen Härte nicht an die Richtlinien des BMA gebunden war (vgl. BSG 10, 51, 53), sondern anhand des Einzelfalles das Vorliegen des materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmals der besonderen Härte als unbestimmten Rechtsbegriff nachzuprüfen hatte, ohne im übrigen den unstreitigen Spielraum der Verwaltung bei Ausübung ihres Ermessens einzuengen, und da das Ergebnis dieser Prüfung nicht zu beanstanden ist, mußte die danach unbegründete Revision des Beklagten zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 291

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