Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzanspruch der Krankenkasse gegen Unfallversicherungsträger

 

Leitsatz (amtlich)

Der Träger der Unfallversicherung, der dem infolge des Arbeitsunfalls arbeitsunfähigen Verletzten Rente gewährt (§ 580 Abs 3 Nr 2 RVO), hat dem Träger der Krankenversicherung, bei dem der Verletzte versichert ist, das von jenem neben der Rente gezahlte Krankengeld zu ersetzen (§ 1504 Abs 1 RVO). Das Krankengeld fällt nicht, wie das Übergangsgeld, mit dem Tage weg, für den erstmalig Verletztenrente gewährt wird (§ 562 Abs 1 RVO). Die Verletztenrente ist auch keine während der Heilbehandlung zu gewährende Geldleistung des Trägers der Unfallversicherung, die zum Wegfall des Anspruchs auf Krankengeld gegen den Träger der Krankenversicherung führt (§ 565 Abs 2 RVO).

 

Leitsatz (redaktionell)

Ersatzanspruch nach § 1504 Abs 1 RVO für Krankengeld:

Der Ersatzanspruch nach § 1504 Abs 1 RVO für gezahltes Krankengeld setzt keine zeitgleiche Anspruchsberechtigung auf Übergangsgeld voraus.

 

Orientierungssatz

Der Ersatzanspruch einer Krankenkasse, die einem Verletzten Leistungen zu gewähren hatte, hängt nicht davon ab, ob die Krankenkasse durch ihre Zahlung an den Verletzten etwas leistet, worauf der Verletzte gegen den Unfallversicherungsträger nach den für diesen geltenden Vorschriften keinen Anspruch hätte. Entscheidend ist vielmehr, daß die Aufwendungen der Krankenkasse auf ihrer gesetzlichen Verpflichtung beruhen und der Unfallversicherungsträger dem Versicherten überhaupt Entschädigung zu gewähren hat (vgl BSG 1970-12-16 2 RU 184/68 = BSGE 32, 166). Dies gilt nicht nur für den Ersatz von Krankengeld, das bei Wiedererkrankung des Verletzten an Unfallfolgen gezahlt worden ist, sondern auch für Fälle, in denen ein Anspruch auf Krankengeld im unmittelbaren Anschluß an den Arbeitsunfall bestanden hatte (vgl BSG 1972-11-29 8/2 RU 186/71 = SozR Nr 11 zu § 1504 RVO).

 

Normenkette

RVO § 562 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07, § 565 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1963-04-30, § 580 Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 1974-08-07, § 1504 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Ulm (Entscheidung vom 03.04.1979; Aktenzeichen S 9 U 1115/78)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz für Krankengeld, das sie dem bei ihr für den Fall der Krankheit versicherten Beigeladenen in der Zeit vom 13. Mai 1976 bis 16. Januar 1977 gewährt hat. Der Beigeladene befand sich wegen der Folgen eines am 21. Juli 1975 erlittenen und von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfalls im Rahmen der von der Beklagten übernommenen Heilbehandlung vom Unfalltage an bis zum 12. Mai 1976 in einer Unfallklinik. Die Klägerin zahlte im Auftrag und für Rechnung der Beklagten bis zu diesem Tage Übergangsgeld. Vom 13. Mai 1976 an gewährte die Beklagte dem Beigeladenen bis auf weiteres Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH (Bescheid vom 27. Juli 1976). Ab 1. Juli 1977 setzte die Beklagte die Dauerrente nach einer MdE von 35 vH fest (Bescheid vom 25. Mai 1977).

Da der Beigeladene nach der Entlassung aus der Unfallklinik wegen der Folgen des Arbeitsunfalls weiterhin arbeitsunfähig war - die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung dauerte fort -, gewährte ihm die Klägerin ab 13. Mai 1976 Krankengeld bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 16. Januar 1977 in Höhe von insgesamt 10.3ö4,68 DM. Nachdem die Klägerin von der Haftpflichtversicherung des Schädigers des Beigeladenen Ersatz in Höhe von 8.159,81 DM erhalten hatte, forderte sie von der Beklagten gemäß § 1504 Reichsversicherungsordnung (RVO) den verbleibenden Rest in Höhe von 2.204,87 DM. Die Beklagte lehnte den Ersatzanspruch ab. Mit dem Tage des Beginns der Verletztenrente (13. Mai 1976) sei das Übergangsgeld nach § 562 Abs 1 RVO weggefallen. Ein Nebeneinander von Übergangsgeld und Verletztenrente sei nach dieser Vorschrift grundsätzlich ausgeschlossen. In Fällen, in denen die Verletztenrente nach § 580 Abs 3 RVO beginne und demnach das Übergangsgeld wegfalle, sei bei fortdauernder berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung die Verletztenrente die "während der Heilbehandlung zu gewährende Geldleistung" iS des § 565 Abs 2 RVO. Es sei daher kein Raum mehr für eine gleichzeitige Zahlung von Krankengeld aus der Krankenversicherung.

Das Sozialgericht (SG) Ulm hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 2.204,87 DM zu zahlen (Urteil vom 3.,April 1979). Zur Begründung hat es ausgeführt: Die bei noch fortbestehender unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit nach § 580 Abs 3 RVO gewährte Verletztenrente sei keine den Anspruch auf Krankengeld ausschließende "Geldleistung" iS des § 565 Abs 2 RVO. Krankengeld könne neben der Verletztenrente gewährt werden. Dadurch werde nicht gegen das Gebot verstoßen, Doppelleistungen zu vermeiden. Denn Krankengeld und Verletztenrente erfüllten verschiedene Aufgaben. Die Verletztenrente stelle nicht, wie das Kranken- und Übergangsgeld, eine Überbrückung kurzfristiger Lohn- und Gehaltsausfälle dar, sondern solle das dauernde Absinken des Lebensstandards infolge einer MdE verhindern. Dem Beigeladenen sei daher Verletztenrente und Krankengeld zu Recht gewährt worden. Durch das Krankengeld sei dem Beigeladenen der durch die Arbeitsunfähigkeit entgangene Lohn ersetzt worden; durch das Verletztengeld habe er einen abstrakten Schadenersatz für die unfallbedingte Einbuße an Erwerbsfähigkeit erhalten. Das SG hat die Revision zugelassen (Beschluß vom 29. Mai 1979).

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin hätte dem Beigeladenen ab 13. Mai 1976 kein Krankengeld zahlen dürfen. Ihr Ersatzanspruch nach § 1504 RVO sei daher nicht begründet. Würde sie der Klägerin das dem Beigeladenen ab 13. Mai 1967 gezahlte Krankengeld erstatten, so würde dies im Ergebnis bedeuten, daß sie eine Leistung erbrächte, die sie nach dem 3. Buch der RVO nicht zu gewähren habe. Das müsse dadurch verhindert werden, daß § 562 Abs 1 RVO auf den Bezug von Krankengeld entsprechend angewendet werde, also mit der Gewährung von Verletztenrente auch das Krankengeld wegfalle. Die Erwägungen des SG über die verschiedenen Zwecke von Krankengeld und Verletztenrente rechtfertigten nicht einen Verstoß gegen das Gebot der Vermeidung von Doppelleistungen. Eine Doppelleistung, nämlich die Gewährung von Übergangsgeld neben dem Bezug einer Verletztenrente, komme nur bei der Wiedererkrankung an Unfallfolgen vor. Das gleiche gelte jedoch nicht bei der Ersterkrankung, wenn - wie hier - die Arbeitsunfähigkeit im unmittelbaren Anschluß an das Unfallereignis begonnen und seitdem unfallbedingt angedauert habe. In diesen Fällen sei die Verletztenrente die "während der Heilbehandlung zu gewährende Geldleistung" iS des § 565 Abs 2 RVO (Trachte BG 1971, 436).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Ulm vom 3. April 1979 aufzuheben

und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß es sich bei der Verletztenrente nicht um eine den Anspruch auf Krankengeld ausschließende Geldleistung iS des § 565 Abs 2 RVO und auch nicht um ein Übergangsgeld iS des § 183 Abs 6 RVO handele. Für den Ersatzanspruch nach § 1504 RVO sei es zudem unerheblich, in welchem Umfang der Unfallversicherungsträger zur Leistungsgewährung an den Verletzten verpflichtet sei. Entscheidend sei, daß der Unfallversicherungsträger überhaupt zur Entschädigungsleistung verpflichtet sei. Es liege auch keine Gesetzeslücke vor. Wo das Krankengeld neben der Gewährung von Renten ganz oder teilweise ausgeschlossen sein solle, habe dies der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, wie bei der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Alters (§ 183 Abs 3 RVO) und bei der Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder der Bergmannsrente (§ 183 Abs 5 RVO). Würde auch die Bewilligung einer Verletztenrente automatisch den Wegfall des Anspruchs auf Krankengeld zur Folge haben, so müßte dies mangels einer anderweitigen Detail- oder Stufenregelung nicht nur bei der Vollrente gelten, sondern auch dann, wenn es sich nur um eine Teilrente handele. Dies wäre aber im Hinblick auf die vom Gesetzgeber angestrebte wirtschaftliche Sicherung der Arbeitnehmer im Krankheitsfalle schlechterdings unvertretbar.

Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Ist eine Krankheit die Folge eines Arbeitsunfalls, den der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat, so hat dieser, wenn der Verletzte bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 1504 Abs 1 RVO die Kosten mit Ausnahme des Sterbegeldes zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen. Ausgenommen sind die Kosten der Krankenpflege (§ 182 Abs 1 Nr 1 RVO). Der bei der Klägerin für den Fall der Krankheit versicherte Beigeladene war wegen der Folgen des von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfalls vom 13. Mai 1976 bis 16. Januar 1977 arbeitsunfähig. Die Klägerin hatte ihm daher nach § 565 Abs 1 Satz 1 iVm § 182 Abs 1 Nr 2 RVO Krankengeld zu gewähren. Somit sind die Voraussetzungen, unter denen die Klägerin nach § 1504 Abs 1 RVO von der Beklagten Ersatz verlangen kann, dem Grunde nach gegeben.

Die Ansicht der Beklagten, nicht zum Ersatz des Krankengeldes verpflichtet zu sein, weil sie damit wegen des Wegfalls des Übergangsgeldes durch die erstmalige Gewährung der Verletztenrente (s § 562 Abs 1 RVO) eine Leistung erbrächte, die sie nach dem 3. Buch der RVO nicht zu erbringen habe, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Der Senat hat bereits entschieden, daß der Ersatzanspruch einer Krankenkasse, die einem Verletzten Leistungen zu gewähren hatte, nicht davon abhängt, ob die Krankenkasse durch ihre Zahlung an den Verletzten etwas leistet, worauf der Verletzte gegen den Unfallversicherungsträger nach den für diesen geltenden Vorschriften keinen Anspruch hätte. Entscheidend ist vielmehr, daß die Aufwendungen der Krankenkasse auf ihrer gesetzlichen Verpflichtung beruhen und der Unfallversicherungsträger dem Versicherten überhaupt Entschädigung zu gewähren hat (BSGE 32, 166, 168). Dies gilt nicht nur, wie die Beklagte meint, für den Ersatz von Krankengeld, das bei Wiedererkrankung des Verletzten an Unfallfolgen gezahlt worden ist, sondern auch für Fälle, in denen ein Anspruch auf Krankengeld im unmittelbaren Anschluß an den Arbeitsunfall bestanden hatte (RVA AN 1937, 231 Nr 1501; OKK 1943, 18; BSG SozR Nr 11 zu § 1504 RVO).

Der Senat stimmt auch nicht der Auffassung der Beklagten zu, daß ein Ersatzanspruch der Klägerin nicht begründet sei, weil der Anspruch des Beigeladenen auf Krankengeld ab 13. Mai 1976 in entsprechender Anwendung des § 562 Abs 1 RVO weggefallen sei. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift fällt nur das vom Unfallversicherungsträger zu zahlende Übergangsgeld mit dem Tage weg, für den erstmalig Verletztenrente gewährt wird; das Krankengeld aus der Krankenversicherung wird nicht erwähnt. Die Einbeziehung des Krankengeldes in die Regelung des § 562 Abs 1 RVO läßt sich auch nicht auf § 13 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation -RehaAnglG- (Gleichstellung von Übergangs- und Krankengeld) und auf § 18 Abs 3 Nr 3 RehaAnglG (Vermeidung unbilliger Doppelleistungen) stützen (s Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl, Kennzahl 415 S 14). Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen der Rehabilitationsträger - dazu gehören auch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 RehaAnglG) - richten sich gemäß § 9 Abs 1 RehaAnglG entsprechend den Grundsätzen der §§ 10 bis 20 RehaAnglG im einzelnen nach den für den Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften. Das gilt auch für das nach § 13 Abs 1 Satz 3 RehaAnglG von den Krankenversicherungsträgern als Unterhaltsleistung während der Rehabilitation zu zahlende Krankengeld. Aus § 13 Abs 1 Satz 3 RehaAnglG ist mangels besonderer Vorschriften für die gesetzliche Krankenversicherung nicht herzuleiten, daß ebenso wie das Übergangsgeld aus der Unfallversicherung nach § 562 Abs 1 RVO auch das Krankengeld aus der Krankenversicherung mit dem Tage wegfällt, für den der Unfallversicherungsträger Verletztenrente gewährt. Die besonderen Vorschriften für die gesetzliche Krankenversicherung sehen entsprechend dem Grundsatz des § 18 Abs 3 Nr 3 RehaAnglG, unbillige Doppelleistungen zu vermeiden, lediglich eine Kürzung des dem Versicherten zu gewährenden Krankengeldes um den Betrag einer für den gleichen Zeitraum gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit oder einer Bergmannsrente (§ 183 Abs 5 RVO) vor. Nur die Zubilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder von Altersruhegeld führt zum Wegfall des Krankengeldes (§ 183 Abs 3 RVO).

Die von dem Unfallversicherungsträger während der von ihm übernommenen Heilbehandlung gewährte Verletztenrente gehört auch nicht zu den "während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistungen" iS des § 565 Abs 2 Satz 1 RVO, die insoweit zum Wegfall der Ansprüche gegen den Krankenversicherungsträger führen (§ 565 Abs 2 Satz 2 RVO). Darunter sind nur die unter der gemeinsamen Überschrift "Heilbehandlung und Leistungen in Geld während der Heilbehandlung" geregelten Geldleistungen, wie Pflegegeld (§ 558 Abs 3 RVO), Übergangsgeld (§§ 560 ff RVO) und besondere Unterstützung (§ 563 RVO) zu verstehen (aA Trachte BG 1971, 436 und 1978, 197). Die Verletztenrente gehört zu den unter der Überschrift "Entschädigung durch Rente und sonstige Leistungen in Geld" aufgeführten Geldleistungen (§§ 570 bis 602 RVO), auf die bereits § 537 Nr 2 Buchst b RVO hinweist (vgl BSG, Urteil vom 11. Dezember 1980 - 2 RU 55/79 -; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl § 537 Anm 14, § 565 Anm 1). Auch die Regelung, daß nach § 565 Abs 2 Satz 3 RVO anstelle des Wegfalls der Ansprüche gegen den Krankenversicherungsträger die Ansprüche nach den §§ 557 bis 564 RVO treten, macht deutlich, daß mit den "während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistungen" nur das Pflegegeld, das Übergangsgeld und die besondere Unterstützung gemeint sind und nicht die Verletztenrente. Abweichendes folgt entgegen der Auffassung von Trachte (aaO) auch nicht aus § 580 Abs 3 Nr 2 RVO. In diesem Fall wird lediglich mit dem Beginn der Verletztenrente Übergangsgeld aus der Unfallversicherung nicht mehr gewährt. Daß die Verletztenrente dabei rechtssystematisch nicht grundsätzlich die Funktion der "während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistung" übernimmt, wie Trachte (aaO) meint, ergibt sich schon daraus, daß keineswegs stets - wie der vorliegende Fall zeigt - die Vollrente zu zahlen ist. Der Kläger erhielt ab 13. Mai 1976 eine Verletzten-Teilrente nach einer MdE von 50 vH; sie war nicht einmal halb so hoch wie das bis zum 12. Mai 1976 gezahlte Übergangsgeld (täglich 17,88 DM zu 39,-- DM). Das Gesetz enthält jedoch keine dem bis zum 30. Juni 1963 in Kraft gewesenen § 559 h Abs 2 RVO aF entsprechende Vorschrift, nach der sich das Krankengeld aus der Krankenversicherung um den Betrag der von dem Unfallversicherungsträger gezahlten Rente ermäßigt, der Verletzte also, wie Trachte (aaO) meint, wenigstens Krankengeld in der Höhe erhält, wie es die Rente übersteigt. Bei einer entsprechenden Anwendung des § 562 Abs 1 RVO auf die Gewährung des Krankengeldes aus der Krankenversicherung müßte dieses vielmehr unabhängig von der Höhe der Verletztenrente ganz entfallen.

Eine Gesetzeslücke liegt nach Ansicht des Senats jedoch nicht vor. Es ist nämlich durchaus sinnvoll, daß der Krankenversicherungsträger nach § 565 Abs 1 iVm § 182 Abs 1 Nr 2 RVO Krankengeld zu zahlen und nach § 1504 Abs 1 RVO einen entsprechenden Ersatzanspruch gegen den Unfallversicherungsträger hat, wenn der Unfallversicherungsträger, obwohl er die Heilbehandlung des arbeitsunfähigen Verletzten weiterführt, die während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistungen nicht erbringt, sondern statt dessen Verletztenrente zahlt. Denn damit wird verhindert, daß entgegen dem Sinn des Übergangsgeldes, den Ausfall an Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit auszugleichen (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, §. Aufl S 561i), der Verletzte schon vor Ablauf der nach § 183 Abs 2 RVO möglichen Dauer des Krankengeldbezuges von 78 Wochen eine erhebliche Einbuße seiner sozialen Stellung hinnehmen muß. Deshalb geht § 580 Abs 2 RVO von dem Grundsatz aus, daß die Verletztenrente erst mit dem Tage nach dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung beginnt. Auch nach § 580 Abs 3 Nr 1 RVO beginnt die Verletztenrente nach der Fähigkeit zur Aufnahme einer geeigneten Berufs- oder Erwerbstätigkeit, so daß regelmäßig nach Beendigung der Zahlung von Übergangsgeld nach § 568 a RVO Krankengeld nicht mehr zu zahlen sein wird. Beginnt die Verletztenrente gemäß § 580 Abs 3 Nr 2 RVO vor dem Ende der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung, weil der Verletzte nicht mehr in das Erwerbsleben eingegliedert werden kann, werden aus diesem Grund in der Regel die Voraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt sein (vgl BT-Drucks VI/3742, S 58). Dann fällt, wie bereits aufgezeigt, auch der Anspruch auf Krankengeld weg (§ 183 Abs 3 RVO), so daß ein Ersatzanspruch der Krankenkasse gegen den Unfallversicherungsträger insoweit gleichfalls nicht entsteht. In den Fällen, in denen dem Verletzten ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente nicht zusteht, verbleibt ihm aus den oben aufgezeigten Erwägungen der Anspruch auf Krankengeld. Der Senat verkennt nicht, daß es Fälle gibt, in denen der Verletzte wegen des höheren Anspruchs auf Krankengeld keinen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stellt. Der Gesetzgeber hat jedoch bewußt die der Krankenkasse dann möglichen Maßnahmen in § 183 Abs 7 RVO, und zwar zuletzt noch durch das RehaAnglG im Jahre 1974 geregelt. Es ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber darüber hinaus für Unfallverletzte, die Verletztenrente erhalten, den Anspruch auf Krankengeld schon vorher mit dem Beginn der Verletztenrente entfallen lassen wollte, zumal da, worauf für den vorliegenden Fall ebenfalls bereits hingewiesen worden ist, die Verletztenrente auch bei einem vorgezogenen Beginn nach § 580 Abs 3 Nr 2 RVO nicht stets in einer den Lebensunterhalt sichernden Höhe zu zahlen ist. Dem Gesetzgeber war jedoch aus früheren Regelungen des § 559h Abs 2 RVO aF bekannt, daß das Krankengeld auch neben der Verletztenrente nach einem höheren Grad der MdE, ggf sogar neben der Vollrente gezahlt werden muß. Es ist zudem zu beachten, daß der Verletzte bei einer Wiedererkrankung ebenfalls - beim Vorliegen der Voraussetzungen - Krankengeld und sogar Übergangsgeld neben der Verletztenrente erhält und auch § 580 Abs 2 RVO davon ausgeht, daß der Verletzte nach Ende der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung und dem dadurch bedingten Wegfall des Krankengeldes die ihm dann zu zahlende Verletztenrente neben dem wieder an die Stelle des Krankengeldes getretenen Arbeitsentgelt bezieht.

Die Klägerin und die Beklagte stimmen über die Höhe der zu ersetzenden Kosten von 2.204,87 DM überein.

Die Revision der Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 53

Breith. 1982, 298

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