Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherstellungs- und Verwaltungskostenumlage. Begrenzung von Laborleistungen. Verfassungsmäßigkeit. Beiladung

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Rechtsstreit über die Verteilung der Gesamtvergütung nach § 368f Abs 1 S 2 ff RVO sind die Landesverbände der Krankenkassen nicht notwendig beizuladen.

2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn nach der Satzung als Sicherstellungs- und Verwaltungskostenumlagen einheitliche, für alle Kassenärzte in derselben Höhe geltende Prozentsätze des jeweiligen Kassenarzthonorars erhoben werden. Eine weitere Differenzierung (insbesondere die Einräumung eines Altersfreibetrages) ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten.

3. Honorarverteilungsmaßstabs-Regelungen, die der begrenzten Vergütung der Krankenkassen für Laborleistungen Rechnung tragen, verstoßen nicht gegen § 368f Abs 1 RVO, § 368g Abs 4 und § 368i Abs 8 RVO idF vom 27.6.1977, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG).

4. An die in einem Honorarverteilungsmaßstab einer KÄV getroffene erste Regelung ("Anfangsregelung") nach Einführung der Begrenzung der Leistungsausweitung im Laborbereich darf kein zu strenger Maßstab angelegt werden. Es ist daher vertretbar, wenn die aus der Begrenzung der Gesamtvergütungen ab 1.1.1976 sich ergebenden Fehlbeträge nicht ausschließlich den laborärztlich tätigen Kassenärzten aufgebürdet würden.

 

Normenkette

RVO § 368f Abs 1 S 2 Fassung: 1977-06-27, § 368g Abs 4 Fassung: 1977-06-27, § 368m Abs 1 S 2 Nr 4 Fassung: 1955-08-17; SGG § 75 Abs 2 Alt 1 Fassung: 1953-09-03; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 3 Fassung: 1949-05-23; RVO § 368i Abs 8 Fassung: 1977-06-27

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 26.01.1983; Aktenzeichen L 7 Ka 1022/79)

Hessisches LSG (Entscheidung vom 06.01.1983; Aktenzeichen L 7 Ka 669/81)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 29.04.1981; Aktenzeichen S 5 Ka 9/80)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.07.1979; Aktenzeichen S 5 Ka 52/77)

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind die Abrechnungen der Honoraranforderungen des Klägers für seine kassen- und vertragsärztlichen Leistungen in den Quartalen I/1976 bis II/1979 (Abr. I/76 bis II/79).

Der Kläger war bis Ende 1979 als Hautarzt zur kassenärztlichen Versorgung (der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen) zugelassen und an der vertragsärztlichen Versorgung (der Versicherten der Ersatzkassen) beteiligt. Bei den oa Quartalsabrechnungen setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) jeweils von dem Gesamthonorar eine Sicherstellungsumlage von 1,5 % bzw 1,2 % ab und außerdem von dem verbliebenen Gesamthonorar noch einen Verwaltungskostenanteil von 2,1 bzw 2,3 bzw 2,4 %. Ferner berücksichtigte sie bei der Verteilung der kassenärztlichen Gesamtvergütung einen Teil derjenigen Fehlbeträge honorarmindernd, die sich aus einer Kürzung der Gesamtvergütung für Laborleistungen ergaben.

Ab Abrechnung (Abr) III/76 erhob der Kläger Widerspruch. Zunächst machte er nur geltend, bei der Umlagen- und Kostenberechnung müsse, wie bei der Einkommensteuerveranlagung, ein Honorarbetrag (DM 15.000,--) anrechnungsfrei bleiben. Außerdem verlangte er einen Altersfreibetrag (DM 10.000,--). Mit dem Widerspruch gegen Abr. IV/76 erweiterte er seine Beanstandung. Er wandte sich nun auch gegen die Übernahme eines Teils des im Laborbereich angefallenen Vergütungsfehlbetrages auf die Gesamthonorarforderung. Dem Beschluß der Abgeordneten-Versammlung der Beklagten vom 22. Mai 1976 betreffend Begrenzung der Laborleistungen habe er keine Bedeutung beigemessen, weil er kein Photometer betrieben habe. Erst 1977 habe er erfahren, daß er schon ab Abr. I/76 mit einem Anteil des Fehlbetrages belastet worden sei.

Die Beklagte wies die Widersprüche zurück, den Widerspruch gegen Abr. I und II/76, den sie der am 7. November 1977 erhobenen Klage entnommen hatte, als unzulässig, weil die Widerspruchsfrist nicht eingehalten worden sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen Abr. III/76 (Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 1977) als unbegründet und die Klage gegen Abr. IV/76 bis II/77 (Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1978) wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 4. Juli 1979 - S 5 Ka 52/77). Die Klagen gegen Abr. I bis IV/78 (Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1980), gegen Abr. I und II/79 (Widerspruchsbescheid vom 7. März 1980) und gegen Abr. I und II/76 sowie III und IV/77 (Widerspruchsbescheid vom 12. März 1981) hat es als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 29. April 1981 - S 5 Ka 9/80).

Die gegen diese Urteile des SG gerichteten Berufungen des Klägers hatten in der Sache keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) ist zwar entgegen der Auffassung des SG auch bezüglich Abr. IV/76 bis II/77 von einer zulässigen Klage ausgegangen; diese Klage sei fristgerecht schon mit der Klage gegen Abr. III/76 erhoben worden. Das LSG hat die Berufungen aber zurückgewiesen, weil dem Kläger die von ihm in beiden Verfahren erhobenen Ansprüche nicht zustünden. Er habe weder einen Anspruch auf Herabsetzung seiner prozentualen Beteiligung an der Sicherstellungsumlage und auf Gewährung eines Altersfreibetrages bei der Beteiligung an den Verwaltungskosten und der Sicherstellungsumlage noch einen Anspruch auf Auszahlung des vollen Honorars für die Quartale I/76 bis II/79. Die Höhe des Prozentsatzes der Umlage sei in § 27 der Satzung der Beklagten festgelegt. Ein Altersfreibetrag sei in der Satzung nicht vorgesehen und auch nicht notwendig. Die für die Auszahlung des Honorars maßgeblichen Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten - die ab I/76 angewandte Leitzahl/LZ 706 (Beschluß vom 22. Mai 1976, Hess. Ärzteblatt 1976, 625) und die ab I/77 angewandte LZ 501b (Beschlüsse vom 9. Juli 1977 und 6. Mai 1978; Hess. Ärzteblatt 1977, 851 bzw 1978, 825) - seien rechtmäßig zustande gekommen und verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Sie hielten sich im Rahmen des § 368f Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Eine Grundrechtsverletzung liege ebenfalls nicht vor. Die rückwirkende Anwendung von LZ 706 HVM ab I/76 und von LZ 501b HVM ab I/77 sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund der Empfehlungsvereinbarung der Bundesverbände vom 23. Juli 1975 habe der Kläger mit einer Änderung der Honorarverteilung rechnen müssen. Das Grundanliegen der Empfehlungsvereinbarung, die Kosten der Laborleistungen einzudämmen, habe Eingang in die (oa) Leitzahlen gefunden. Der Kläger habe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß die rückwirkende Vergütungsänderung unvorhersehbar schwerwiegend gewesen sei. Es könne auch nicht von einem Akt der Willkür (Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes -GG-) gesprochen werden. Vielmehr beruhten die Regelungen auf sachgerechten Erwägungen, um den Fehlbetrag bei den Laborleistungen sachgerecht auszugleichen. Die Beklagte müsse sich bei der Verteilung zwangsläufig an statistischen Durchschnittswerten orientieren, Härten im Einzelfall bei Ärzten mit verminderter Laborleistungskapazität müßten von diesen hingenommen werden. Ein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Die auf § 368f Abs 1 RVO gestützte LZ 706 HVM erfülle die formellen Voraussetzungen für eine Regelung der Berufsausübung. Eine geringere Belastung sei bereits ab Januar 1977 durch die LZ 501b HVM eingetreten, und zwar insofern, als nunmehr eine Begrenzung der Belastung durch eine Staffelung der Laborsätze erfolge. Schließlich könne auch keine Verletzung des § 368g RVO gesehen werden. Nach dieser Vorschrift habe die Vergütung der Kassenärzte in angemessener Weise unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen zu erfolgen. Diese Vorschrift schließe aber nicht die rechtliche Möglichkeit der KÄV aus, im HVM eine von der GOÄ abweichende Regelung zu treffen.

Die in den beiden Berufungsverfahren ergangenen Urteile sind vom Kläger mit der Revision angefochten worden. Der Senat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hält erstens seine Beanstandung aufrecht, die ihm in Rechnung gestellten Sicherstellungs- und Verwaltungskosten-Umlagen seien zu hoch. Bei den Umlagen handele es sich um Gebühren iS der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Die Berechnung der Umlagen nach Prozentsätzen, für alle Kassenärzte in gleicher Höhe, sei willkürlich. Sie berücksichtige nicht die mit zunehmender Fallzahl sinkenden anteiligen Praxiskosten. Die durch seine Tätigkeit bedingten fixen Kosten seien im Verhältnis zu Großpraxen wesentlich höher gewesen. Er habe seit jeher nur eine mittlere Praxis betrieben. Aus Altersgründen und infolge der Niederlassung von Kollegen habe der Umfang seiner Praxis weiter abgenommen. Er sei gezwungen gewesen, bis zum 68. Lebensjahr weiterzuarbeiten, weil ihm vorher keine Leistungen aus der erweiterten Honorarverteilung zugestanden hätten. Wegen seines Alters habe er schwerer arbeiten müssen, um ein ähnliches Honorar wie ein jüngerer Arzt zu erreichen. Er beanspruche deshalb auch einen Altersfreibetrag. Der Gleichheitssatz gebiete eine Berücksichtigung dieser Umstände.

Zweitens macht der Kläger geltend, LZ 706 HVM (für 1976) und LZ 501b iVm LZ 702b und LZ 702a HVM (für die Zeit ab 1. Januar 1977) seien rechtswidrig. Die rückwirkende Anwendung der am 22. Mai 1976 und am 9. Juli 1977 beschlossenen Regelungen ab Januar 1976 bzw Januar 1977 verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Für die getroffenen Regelungen gebe es keine Ermächtigungsnorm. § 368f Abs 1 RVO ermächtige die KÄV nicht, die kassenärztlichen Leistungen abweichend von dem auf Bundesebene vereinbarten Bewertungsmaßstab (BMÄ) zu bewerten. Aus diesem Grunde habe der Bundesverband der Betriebskrankenkassen einer Empfehlungsvereinbarung zwischen dem Bundesverband der Ortskrankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über rationalisierungsfähige Laborleistungen und die daraus zu finanzierende neue Gebühren-Nummer 65a nicht zugestimmt (BKK 1983, 48). Die ab 1. Juli 1978 geltende Neufassung von LZ 501b HVM, nach der es bei einer Abstaffelung bestimmter Laborleistungen bleibe, verstoße vor allem gegen § 368g Abs 4 und § 368i Abs 8 RVO. Die früher bisweilen vertretene Auffassung, die KÄV sei bei der Abrechnung gegenüber dem Kassenarzt nicht an den BMÄ gebunden, sei nicht mehr zutreffend (Matzke/Schirmer in BKK 1978, 273 insbesondere 289). Das LSG habe nicht geprüft, ob das in § 368f Abs 1 RVO vorgeschriebene "Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen" hergestellt worden sei. Die Krankenkassenverbände seien wegen dieses Erfordernisses zum Rechtsstreit notwendig beizuladen. Mit der Übernahme von im Laborbereich entstandenen Fehlbeträgen auf das Gesamthonorar habe die Beklagte die Empfehlungsvereinbarungen vom 23. Juli 1975, 16. Februar und 27. April 1976 sowie 20. Januar 1977 abgeändert, denn die Vertragsparteien seien bei diesen Vereinbarungen davon ausgegangen, die Honorierung von Laborleistungen zu begrenzen. Ziel der Vereinbarungen sei es gewesen, der möglicherweise ungerechtfertigten Kostenausweitung im Laborbereich entgegenzuwirken. Auch daraus ergebe sich die Notwendigkeit der Beiladung des Landesverbandes der Ortskrankenkassen. Er (der Kläger) habe niemals solche Leistungen erbracht, auf die sich die Begrenzung der Gesamtvergütung beziehe (Photometer-Leistungen). Daß er trotzdem mit den durch diese Leistungen verursachten Kostensteigerungen belastet werde, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Eine anteilige Haftung für das durch andere verursachte Defizit lasse sich nicht rechtfertigen. Auf der Basis des vom Gesetzgeber selbst gewählten Systems (Abrechnungsmaßstab, BMÄ, HVM, Höhe der Gesamtvergütung) erscheine die Umverteilung durch LZ 706 HVM (1976) systemwidrig und damit willkürlich. Auch bei der in LZ 501b HVM (ab 1977) für die Honorierung von Laborleistungen vorgeschriebene Abstaffelung verbleibe noch ein Fehlbetrag, der nun gemäß LZ 702b und LZ 702a HVM auf die Honorierung sämtlicher kassenärztlichen Leistungen dadurch verteilt werde, daß er von der Gesamtvergütung des nächsten Quartals vorweg abgezogen werde. Auch hier erfolge eine Umverteilung zu seinen Lasten. Mittelbar definierten LZ 702b und LZ 702a HVM den Wert der von ihm erbrachten Leistungen neu. Mit der Treuhänderfunktion der KÄV (Verwaltung der von den Krankenkassen für die Honorarabrechnungen der Kassenärzte zur Verfügung gestellten Finanzmitteln) sei es nicht vereinbar, wenn sich die KÄV selbst die Möglichkeit einräume, ein Quartal mit einem Defizit abzuschließen, um dieses sodann im nächsten Quartal durch eine Kürzung aller Honorarleistungen auszugleichen. Den Äußerungen der Beklagten sei zu entnehmen, daß ihre Quartalsabrechnungen auch noch nach dem 30. Juni 1978 mit einem Defizit abgeschlossen hätten. Es sei also wiederum zu einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Solidarhaftung aller Kassenärzte für überproportionale Kostensteigerungen in bestimmten Laborbereichen gekommen. Es ergebe sich somit, daß sowohl das Honorar für Laborleistungen als auch sämtliche anderen Honorarposten zu seinen Lasten gekürzt worden seien, ohne daß dafür eine Rechtsgrundlage existiert hätte.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 1983 - L 7 Ka 1022/79 und L 7 Ka 669/81 - und die Urteile des Sozialgerichts Frankfurt vom 4. Juli 1979 - S 5 Ka 52/77 - sowie vom 29. April 1981 - S 5 Ka 9/80 - aufzuheben, die Honorarabrechnungsbescheide der Beklagten für die Quartale I/1976 bis II/1979 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 13. Oktober 1977, 30. Januar 1978, 3. Januar 1980, 7. März 1980 sowie 12. März 1981 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm bei den allgemeinen Verwaltungskosten und bei der Sicherstellungsumlage Freibeträge einzuräumen und ihm das volle Honorar auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

Sie erwidert: Der auf § 368m Abs 1 Nr 4 RVO beruhende § 27 ihrer Satzung und die hiernach vorgenommene Erhebung von Beiträgen im Umlageverfahren bezogen auf den Honorarumsatz seien rechtens. Der Streit über die Rechtmäßigkeit des HVM betreffe eine Angelegenheit der Kassenärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG, eine Beiladung der Krankenkassenverbände sei daher nicht notwendig. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sei die KÄV nicht an den BMÄ gebunden. LZ 706 HVM (idF von 1976) habe lediglich zu einer Quotenminderung um weniger als 1 vH für alle ärztlichen Leistungen geführt. Ohne diese Bestimmung wäre die Quotenminderung etwa doppelt so hoch gewesen. LZ 501b HVM habe zu einer noch geringeren Quotenminderung geführt, weil es durch die Abstaffelung der rationalisierungsfähigen Laborleistungen gelungen sei, die Differenz zwischen Honoraranforderung/Labor und Gesamtvergütung/Anteil Labor bis auf einen Restbetrag abzusenken. LZ 501b HVM ändere nicht die Punktzahlen des BMÄ ab, es werde lediglich bei den rationalisierungsfähigen Laborleistungen die Höhe der von dem Kassenarzt zu beanspruchenden Vergütung prozentual mit der Zahl der abgerechneten Leistungen vermindert. Soweit der Kläger eine Rückwirkung der hier fraglichen HVM-Regelungen beanstande, berücksichtige er nicht, daß er durch diese Regelungen nicht beschwert sei (Entlastung der einheitlichen Quote durch die Honorarbegrenzung bei denjenigen Ärzten, die in erheblichem Umfange Laborleistungen abrechnen), daß die Kassenärzte aufgrund der Empfehlungsvereinbarung vom 23. Juli 1975 mit einer Änderung der bisherigen Verteilungsmethode hätten rechnen müssen und daß der Honoraranspruch des Kassenarztes erst durch den Honorarbescheid existent werde. Der Fälligkeitstermin für die Zahlung der Gesamtvergütung liege je nach Fertigstellung der gesamten Abrechnung in der ersten Hälfte des fünften Monats nach Beendigung des Abrechnungsquartals. Erst von diesem Zeitpunkt an, also nach Eingang der Restzahlung der Krankenkasse, könne - rechtlich gesehen - die Gesamtvergütung an die Kassenärzte ausgeschüttet werden. Das BVerfG habe bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung eines HVM den Mangel einer ausreichenden Differenzierung nur "auf längere Sicht" für rechtlich nicht tragbar gehalten (NJW 1972, 1509).

 

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat mit seinen Revisionen keinen Erfolg. Seine Revisionsrügen sind unbegründet. Sie ergeben nicht, daß die angefochtenen Berufungsurteile auf einer im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden Rechtsverletzung beruhen.

Als Verfahrensmangel macht der Kläger eine Verletzung des § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Er ist der Auffassung, die Landesverbände der Krankenkassen seien zum Rechtsstreit notwendig beizuladen. Dem ist nicht zuzustimmen. Nach der hier allein in Betracht kommenden ersten Alternative des § 75 Abs 2 SGG ist notwendig beizuladen, wer an einem zwischen anderen geführten Rechtsstreit derart beteiligt ist, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Im vorliegenden Fall ist die Verteilung der Gesamtvergütung nach § 368f Abs 1 Satz 2 ff RVO streitig. Dabei handelt es sich nur um Rechtsbeziehungen zwischen der KÄV und dem Kassenarzt. Die Krankenkassen bzw ihre Verbände sind an diesem Rechtsverhältnis nicht beteiligt. Die einzelne Krankenkasse erfüllt ihre Vergütungsverpflichtung mit befreiender Wirkung, indem sie für die gesamte kassenärztliche Versorgung eine Gesamtvergütung an die KÄV entrichtet (§ 368f Abs 1 Satz 1 RVO). Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Landesverbände der Krankenkassen an dem streitigen Rechtsverhältnis, das bei der Verteilung der Gesamtvergütung besteht, auch nicht deshalb beteiligt, weil der für die Verteilung maßgebliche Honorarverteilungsmaßstab (HVM) im Benehmen mit den Krankenkassenverbänden festzusetzen ist (§ 378f Abs 1 Satz 3 RVO). Die Festsetzung des HVM ist eine Angelegenheit der KÄV; sie bedarf nicht der Zustimmung der Krankenkassenverbände. Die Notwendigkeit der Beiladung ergibt sich schließlich auch nicht, wie der Kläger meint, aus den zwischen den Bundesverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) seit 1975 zustande gekommenen Empfehlungsvereinbarungen, die sich mit der Begrenzung der Leistungsausweitung auf dem Gebiet der Laboratoriumsdiagnostik befassen. Abgesehen davon, daß diese Vereinbarungen, wie sich schon aus ihrer Bezeichnung ergibt, nur Empfehlungen aussprechen, beziehen sie sich auf die von den Parteien des Gesamtvertrages zu vereinbarenden Vergütungen, also auf das Vergütungsverhältnis zwischen den Krankenkassen und der KÄV.

Das LSG ist zu Recht dem SG insoweit nicht gefolgt, als dieses die Klage gegen Abr. IV/76 bis II/77 als verspätet erhoben und demzufolge als unzulässig angesehen hat. Obwohl der Kläger durch diesen Teil der Berufungsentscheidung nicht beschwert ist, war dieser Frage nachzugehen; die Zulässigkeit der Klage ist als Prozeßvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Gegen Abr. IV/76 bis II/77 (Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1978) ist nicht erst, wie das SG angenommen hat, mit Schreiben vom 28. März 1978 Klage erhoben worden. Der Kläger hat sich vielmehr mit der Klage vom 7. November 1977 nicht nur gegen den die Abr. III/76 betreffenden Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 1977 gewandt, sondern auch gegen die zwischenzeitlich erfolgten Quartalsabrechnungen, bei denen die Beklagte in gleicher Weise entschieden hatte. Vor Erhebung der Klage war dem Kläger Abr. IV/76 und I/77 zugegangen. Das während des Klageverfahrens nachgeholte Widerspruchsverfahren erstreckte sich dann auch auf Abr. II/77. Der diese drei Quartalsabrechnungen bestätigende Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1978 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden. Demzufolge ist auch die Berufung gegen das die Klage vom 7. November 1977 abweisende Urteil des SG nicht nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ausgeschlossen.

In der Sache selbst sind die Entscheidungen des LSG ebenfalls nicht zu beanstanden. Für die umstrittenen Umlagen- und Honorarberechnungen sind Vorschriften der Satzung bzw des HMV der Beklagten maßgeblich. Ob das LSG diese Vorschriften richtig angewandt hat, kann im Revisionsverfahren nicht geprüft werden. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift von Bundesrecht oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 SGG). Satzung und HVM der Beklagten gelten nur im Bezirk des Berufungsgerichts. Die Entscheidungen des LSG über den Inhalt dieses nichtrevisiblen Rechts sind für den Senat bindend. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Vorschriften der Satzung und des HVM, so wie sie vom LSG angewandt worden sind, revisibles Recht verletzen.

Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Beklagte nach § 27 ihrer Satzung in den streitbefangenen Quartalen befugt war, zur Aufbringung der erforderlichen Mittel von den Kassenärzten einen bestimmten Prozentsatz der abgerechneten Vergütungen zu erheben, wobei nur die Festsetzung eines Gesamtbeitrages von mehr als 4 % der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedurft hätte. Die Beklagte hat sich mit der Sicherstellungsumlage von 1,5 bzw 1,2 % und dem Verwaltungskostenanteil von 2,1 bzw 2,3 bzw 2,4 % in dem genehmigungsfreien Rahmen gehalten. Ermächtigungsnorm für diese satzungsrechtliche Regelung ist § 368m Abs 1 Nr 4 RVO iVm den die Aufgaben der KÄV regelnden Vorschriften. Zu den Mitteln, deren Aufbringung in der Satzung zu regeln ist, sind nicht nur die Verwaltungskosten, sondern auch die zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung erforderlichen Aufwendung zu rechnen. Die KÄV hat entsprechend den Bedarfsplänen alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung zu gewährleisten (§ 368n Abs 7 RVO idF des Gesetzes vom 28. Dezember 1976 -BGBl I 3871-, aber auch § 368n Abs 1 und 4 RVO in der schon vorher geltenden Fassung). Die KÄV erfüllt damit die den Kassenärzten übertragenen Aufgaben (§ 368k Abs 1 iVm § 368 Abs 1 bis 3 RVO). Die Kassenärzte haben daher - als Mitglieder ihrer KÄV (§ 368k Abs 4 RVO) - die erforderlichen Aufwendungen zu tragen.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG kann nicht, wie der Kläger rügt, darin gesehen werden, daß für alle Kassenärzte die gleichen Prozentsätze gelten und kein Altersfreibetrag vorgesehen ist. Der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Dabei liegt Willkür vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung bzw Gleichbehandlung nicht finden läßt (BVerfGE 52, 227, 280). Im vorliegenden Fall ist die vom Kläger beanstandete Gleichbehandlung (Festsetzung der Umlagen für alle Ärzte nach denselben Prozentsätzen) sachlich begründet. Dies erscheint unzweifelhaft, soweit es um den Verwaltungskostenanteil geht. Der Kassenarzt wird im großen und ganzen der KÄV einen Verwaltungsaufwand verursachen, der dem Umfang seiner Praxis entspricht. Es ist daher gerechtfertigt, den vom Kassenarzt zu tragenden Verwaltungskostenanteil nach dem abgerechneten Honorarvolumen zu bestimmen. Bei der Sicherstellungsumlage ist von Bedeutung, daß die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung Aufgabe aller Kassenärzte ist. Es kann daher nicht von Willkür gesprochen werden, wenn jeder Kassenarzt entsprechend dem Umfang seiner Kassenpraxis an dem Sicherstellungsaufwand beteiligt wird.

Soweit der Kläger die Abrechnungen der von ihm in den streitbefangenen Quartalen erbrachten kassenärztlichen Leistungen beanstandet, richtet sich seine Revisionsrüge gegen die Anwendung von LZ 706 HVM in der ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung und gegen die Anwendung von LZ 501b iVm LZ 702b, 702a HVM in der ab 1. Januar 1977 geltenden Fassung. Diese Vorschriften regeln, auf welche Weise die aus der begrenzten Vergütung von Laborleistungen durch die Krankenkassen seit dem 1. Januar 1976 sich ergebenden Fehlbeträge bei der Verteilung der Gesamtvergütung unter die Kassenärzte auszugleichen sind. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, daß nach der im Jahre 1976 geltenden LZ 706 HVM 50 % des Defizits auf alle Kassenärzte umzulegen war. Dies führte beim Gesamthonorar zu einer Verminderung des Zuschlags (der Quote) um weniger als 1 % (Hess. Ärztebl. 1977, 1227). Nach der ab Januar 1977 geltenden LZ 501b HVM wurde das Honorar für rationalisierungsfähige Laborleistungen abgestaffelt (100 % für die erste Leistung, 90 % für die zweite Leistung und 80 % für die dritte Leistung - ab Juli 1978: 70 % für die vierte Leistung - und alle folgenden Leistungen - jeweils in der Reihenfolge der Gebührenhöhe pro Behandlungsfall); ein trotz dieser Abstaffelung eventuell noch anfallender Fehlbetrag sollte nach LZ 702b HVM durch eine entsprechende Verminderung des Zuschlags (Quotierung nach LZ 702a HVM) für ambulante kurative Laborleistungen ausgeglichen werden. Diese Regelungen des HVM der Beklagten verstoßen nicht gegen revisibles Recht, insbesondere nicht, wie vom Kläger vor allem gerügt wird, gegen § 368f Abs 1 RVO, gegen § 368g Abs 4 und § 368i Abs 8 RVO idF des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069), gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG).

Die vom Kläger angegriffenen HVM-Regelungen der Beklagten können sich auf eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung stützen. Nach § 368f Abs 1 RVO ist der KÄV von der Krankenkasse für die gesamte kassenärztliche Versorgung eine Gesamtvergütung zu gewähren, die sie unter die Kassenärzte zu verteilen hat (Satz 1 und 2). Bei der Verteilung der Gesamtvergütung ist ein Verteilungsmaßstab anzuwenden, den die KÄV im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festzusetzen hat (Satz 3). Diesem der autonomen Rechtsetzung der KÄV übertragenen Verteilungsmaßstab ist durch das Gesetz lediglich vorgegeben, daß Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen sind, eine Verteilung der Gesamtvergütung nur nach der Zahl der Behandlungsfälle (Krankenscheine) nicht zulässig ist (Satz 4). Ferner soll zugleich sichergestellt werden, daß eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes verhütet wird (Satz 5). Die im vorliegenden Fall umstrittenen HVM-Regelungen halten sich in diesem gesetzlichen Rahmen. Durch die Übernahme eines Teils des im Laborbereich angefallenen Fehlbetrages auf die Gesamthonorarforderung der Kassenärzte und durch die Begrenzung der Vergütungen im Laborbereich wird nicht das gesetzliche Gebot verletzt, Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen. Das Gesetz schreibt nicht vor, die Gesamtvergütung ausschließlich nach Art und Umfang der Leistungen zu verteilen. Die Rüge des Klägers, das LSG habe nicht festgestellt, ob die Beklagte jeweils das erforderliche Benehmen mit den Krankenkassenverbänden hergestellt hat, ist nicht substantiiert begründet. Es wird nichts vorgetragen, was ein ordnungsgemäßes Zustandekommen der HVM-Regelungen zweifelhaft erscheinen lassen könnte.

Die Rüge des Klägers, LZ 501b HVM verstoße gegen § 368g Abs 4 und § 368i Abs 8 RVO, kann sich nur auf die Abrechnungen ab III/78 beziehen. Der nach den vorgenannten Vorschriften als Bestandteil des Bundesmantelvertrages zu vereinbarende einheitliche Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (E-BMÄ) war erstmalig bis zum 1. Juli 1978 aufzustellen (Art 2 § 9 KVKG). Für die Zeit davor gab es lediglich einen auf vertraglicher Grundlage beruhenden Bewertungsmaßstab für die Berechnung der Gesamtvergütung (vgl die von der KÄBV und den Bundesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten "Grundsätze für die Berechnung der kassenärztlichen Gesamtvergütung" vom 25. Februar 1971). Die KÄV war bei der Festsetzung ihres HVM nicht an diesen Bewertungsmaßstab gebunden.

Aber auch seit dem 1. Juli 1978 ergibt sich die Vergütung des Kassenarztes für die von ihm erbrachten Leistungen (sein Anteil an der Gesamtvergütung) nicht ausschließlich aus dem E-BMÄ. Dieser bestimmt zwar den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (§ 368g Abs 4 Satz 2 RVO). Von ihm ist daher auszugehen, soweit die von der Krankenkasse zu entrichtende Gesamtvergütung nach Einzelleistungen berechnet wird (§ 368f Abs 2 Satz 2 RVO) und soweit bei der Verteilung der Gesamtvergütung durch die KÄV Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen sind (§ 368f Abs 1 Satz 3 RVO). Damit ist aber nicht ausgeschlossen, bei der Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen und bei der Verteilung dieser Gesamtvergütung weitere Umstände und Gesichtspunkte zu berücksichtigen. So können insbesondere im Gesamtvertrag Regelungen vorgesehen werden, durch die bei der Berechnung der Gesamtvergütung nur solche Leistungsausweitungen berücksichtigt werden, die medizinisch vertretbar sind (§ 368f Abs 2 Satz 3 RVO). Für den vorliegenden Rechtsstreit sind vor allem Empfehlungsvereinbarungen der KÄBV und der Bundesverbände der gesetzlichen Krankenkassen von Bedeutung, die eine Begrenzung des Zuwachses der Gesamtvergütung für Laborleistungen vorschlagen (zB die Vereinbarungen vom 23. Juli 1975 -DOK 1975, 584- und vom 27. April 1976 -DOK 1976, 448-). Diesen Empfehlungen wurde in den Gesamtverträgen weitgehend Rechnung getragen. Der sich daraus unter Umständen ergebende Fehlbetrag zwischen den Honoraranforderungen der Kassenärzte und der von der Krankenkasse zu entrichtenden Gesamtvergütung mußte von der KÄV bei der Verteilung der Gesamtvergütung ausgeglichen werden. Eine Übernahme des Fehlbetrages auf die Gesamthonorarforderungen (durch eine einheitliche Verminderung der Verteilungsquote in allen Leistungsbereichen) führt dazu, was der Kläger vor allem beanstandet, daß durch eine Leistungsausweitung im Laborbereich auch die Vergütung derjenigen Ärzte herabgesetzt wird, die keine oder nur wenige Laborleistungen erbringen, und damit das Ziel der Empfehlungsvereinbarungen (Begrenzung der Leistungsausweitung) nicht erreicht wird. Eine Beschränkung des Ausgleichs auf die Vergütung von Laborleistungen hat zur Folge, was der Kläger ebenfalls beanstandet, daß die kassenärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem E-BMÄ im selben Verhältnis, sondern unterschiedlich hoch - die betroffenen Laborleistungen geringer als die übrigen Leistungen - vergütet werden. Die Beklagte hat zunächst - für 1976 - einen pauschalen Mittelweg gewählt (Übernahme von 50 % des Fehlbetrages auf die Gesamthonorarforderung) und dann - ab 1977 - sich bemüht, den Fehlbetrag bei den rationalisierungsfähigen Laborleistungen auszugleichen.

Die von der Beklagten in ihrem HVM getroffenen Regelungen halten sich innerhalb der einem Normgeber durch Art 3 Abs 1 GG gezogenen Grenzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG steht dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (BVerfGE 60, 113, 119 mwN). Entsprechendes hat für andere Normgeber innerhalb ihrer Rechtsetzungsbefugnis zu gelten. Das BVerfG hat ferner die in einem HVM einer KÄV getroffene Begrenzungsregelung, die mangels ausreichender Differenzierung auf längere Sicht nicht tragbar gewesen wäre, als "Anfangsregelung" unbeanstandet gelassen (BVerfGE 33, 171, 189). Dementsprechend darf auch im vorliegenden Fall an die erste Regelung der Beklagten nach Einführung der Begrenzung der Leistungsausweitung im Laborbereich kein zu strenger Maßstab angelegt werden. Die grobe Aufteilung des Fehlbetrages im Jahre 1976 (Übernahme von 50 % des Defizits im Laborbereich auf die Gesamthonorarforderung) kann jedenfalls bei Berücksichtigung der damaligen Gegebenheiten nicht als willkürlich angesehen werden. Die für den Fehlbetrag ursächlichen Laborleistungen waren Teil der gesamten ärztlichen Versorgung. Auf diesen Leistungsbeitrag waren auch die Kassenärzte angewiesen, die selbst keine oder nur in geringem Umfange Laborleistungen ausführten. Es ist daher vertretbar, daß die Beklagte die aus der Begrenzung der Gesamtvergütungen ab 1. Januar 1976 sich ergebenden Fehlbeträge nicht ausschließlich den laborärztlich tätigen Kassenärzten aufgebürdet hat. Ab 1. Januar 1977 hat die KÄV den Ausgleich der Fehlbeträge mehr und mehr in den Laborbereich verlagert, der vor allem für die Leistungsausweitung verantwortlich und in dem durch Rationalisierungsmaßnahmen eine Ausgabenbegrenzung möglich war. Damit hat sie die Anfangsregelung iS der Rechtsprechung des BVerfG verfeinert, und zwar in einem für die hier streitbefangene Zeit (bis II/79) ausreichenden Maße. Darauf, ob die zwischenzeitlichen Erfahrungen (zB die Höhe des verbliebenen Defizits oder der Umfang der Laborleistungen) eine weitere Anpassung oder Neugestaltung der hier fraglichen HVM-Regelungen nach 1979 erforderlich gemacht haben, kommt es hier nicht an. Der Kläger ist seit Ende 1979 nicht mehr kassenärztlich tätig.

Die Anwendung der am 22. Mai 1976 beschlossenen Regelung -LZ 706 HVM- ab I/76 und der am 9. Juli 1977 beschlossenen Regelung -LZ 501b iVm LZ 702b, 702a HVM- ab I/77 verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3, Art 28 Abs 1 Satz 1 GG). Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind regelmäßig verfassungswidrig nur belastende Gesetze, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen und dadurch eine echte - retroaktive - Rückwirkung entfalten. Gesetze mit unechter - retrospektiver - Rückwirkung, die in noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen einwirken, auch wenn damit zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich im ganzen entwertet werden, sind dagegen grundsätzlich zulässig, soweit nicht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzt (BVerfGE 39, 128, 143). Die hier in Frage stehenden Regelungen des HVM der Beklagten greifen nicht schon in abgewickelte Tatbestände ein, sondern regeln die Verteilung der Gesamtvergütung, die jeweils erst nach der Beschlußfassung über die angegriffenen Regelungen endgültig vorzunehmen war. Mit der Erbringung der Leistungen erwarb der Kläger noch nicht einen betragsmäßig feststehenden Vergütungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf Berücksichtigung der Leistungen bei der Verteilung der Gesamtvergütung. Die Höhe seines Vergütungsanspruches war abhängig von der Gesamtvergütung, die die KÄV von den Krankenkassen für die Abrechnungsquartale zu erhalten hatte. Außerdem ist nicht ersichtlich, inwiefern es sich bei den angegriffenen Regelungen gegenüber dem bis dahin bestehenden Rechtszustand um belastende Regelungen gehandelt hat. Hätte die Beklagte diese Regelungen nicht getroffen, so wäre der Fehlbetrag ausschließlich durch eine niedrigere Quotierung beim Gesamthonorar auszugleichen gewesen. Dies hätte sich beim Kläger, der nach seinen Angaben nur in geringem Umfang Laborleistungen erbracht hatte, nachteilig ausgewirkt. Insbesondere durch die mit Wirkung vom 1. Januar 1977 eingeführte Abstaffelung der Vergütung von rationalisierungsfähigen Laborleistungen sollte der Fehlbetrag im Laborbereich ausgeglichen und damit die Belastung des Gesamthonorars verringert werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1663048

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