Orientierungssatz

Streitigkeiten über die Feststellung der fiktiven Nachversicherung nach AKG § 99 gehören als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art ausschließlich vor die VG.

Ist eine Lehrerin im Februar 1922 aus dem Schuldienst ausgeschieden, kann diese Zeit weder nach AKG § 99 noch nach FANG Art 6 § 18 als fiktive Nachversicherungszeit berücksichtigt werden, weil es damals an einer Vorschrift der Reichsversicherungsgesetze für eine Nachversicherung gefehlt hat.

 

Normenkette

FANG Art. 6 § 18 Fassung: 1960-02-25; AKG § 99 Fassung: 1957-11-05

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 19. Januar 1969 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, der Klägerin für die Zeit von April 1919 bis Februar 1922 eine Bescheinigung über die Nachversicherung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG -) vom 5. November 1957 (BGBl I 1747) zu erteilen.

Die 1898 geborene Klägerin war nach bestandener Lehramtsprüfung in der Zeit vom 1. April 1919 bis zum 21. Februar 1922, von Anfang Oktober 1925 bis zum 31. Mai 1926 sowie vom 1. Dezember 1926 bis zum 31. März 1931 als Lehrerin im Schuldienst der Stadt Erfurt tätig. In der Zeit zwischen Februar 1922 und Oktober 1925 war sie als Hauslehrerin, Bankangestellte und als Mitarbeiterin im Geschäftsbüro ihres Vaters beschäftigt. Auf ihren Antrag bescheinigte die Beklagte mit Bescheid vom 30. April 1964 die Nachversicherung für die Zeit vom 1. November 1925 bis zum 31. Mai 1926 sowie vom 1. Dezember 1926 bis zum 31.März 1931, jedoch nicht für die Zeit von April 1919 bis Februar 1922. Wegen der teilweisen Ablehnung der Nachversicherung erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Bremen. Das VG hielt den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht für gegeben und verwies auf Antrag der Klägerin den Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) Bremen. Das SG wies - nach Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) - die Klage ab (Urteil vom 8. September 1966). Die Berufung der Klägerin wies das Landessozialgericht (LSG) Bremen zurück (Urteil vom 19. Januar 1967): Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei aufgrund des Verweisungsbeschlusses des an sich zuständigen VG Bremen gegeben. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil eine Nachversicherung in der Sozialversicherung erst durch die Verordnung (VO) über den Übertritt aus versicherungsfreier in versicherungspflichtige Beschäftigung und umgekehrt vom 13. Februar 1924 (RGBl I 62) ab 1. Oktober 1923 eingeführt worden sei. Da die Klägerin - erstmalig - bereits vor diesem Zeitpunkt aus dem Schuldienst der Stadt Erfurt ausgeschieden sei, sei sie für die streitige Zeit nicht nachzuversichern gewesen; in der Zeit von Ende Februar 1922 bis Oktober 1925 habe die Klägerin keinen Unterricht erteilt, sie habe sich damals nicht in einem Beamtenverhältnis befunden und sei auch weder beurlaubt noch in den Wartestand versetzt gewesen; ab 1925 sei ein neues Dienstverhältnis begründet worden.

Die Klägerin legte frist- und formgerecht die vom LSG zugelassene Revision ein; sie beantragte sinngemäß,

die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 30. April 1964 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Bescheinigung darüber zu erteilen, daß sie für die Zeit vom 1. April 1919 bis zum 21. Februar 1922 gemäß § 99 AKG als nachversichert gelte,

hilfsweise beantragte sie,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Sie machte geltend, das LSG habe die aufgrund der VO vom 13. Februar 1924 eingeführten Nachversicherungsvorschriften falsch ausgelegt. Durch diese Vorschriften habe generell ein Ausgleich für die entgangene Aussicht auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen geschaffen werden sollen. Deshalb sei es unerheblich, ob der nachzuversichernde Zeitraum eine einheitliche Beschäftigung sei oder sich aus mehreren Beschäftigungszeiten mit dazwischen liegenden Unterbrechungen zusammensetze; entscheidend sei lediglich, wann der Bedienstete letztmalig aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden sei. Liege dieser Zeitpunkt nach dem 1.Oktober 1923, so seien sämtliche vorausgegangenen Dienstzeiten nachversicherungspflichtig, also auch dann, wenn vor dem 1. Oktober 1923 eine Unterbrechung eingetreten sei. Dies ergebe sich auch aus den §§ 2 und 5 der VO über die Nachentrichtung von Beiträgen für versicherungsfreie Personen vom 4. Oktober 1930 (RGBl I 459). Die Klägerin rügte außerdem die Verletzung der §§ 128 und 136 Abs. 1 Ziff.6 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Beklagte und die beigeladene BfA beantragten,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 165 SGG).

II

Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie ist jedoch nicht begründet.

Gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, die in jeder Lage des Verfahrens, also auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 20.November 1959, BSG 11, 63, 64 mit weiteren Hinweisen), bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Zwar gehören Streitigkeiten über die Feststellung der fiktiven Nachversicherung nach § 99 AKG als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art ausschließlich vor die Verwaltungsgerichte, weil die in § 99 Abs. 9 AKG genannte Versorgungsbehörde alles, was nach § 99 Abs. 1 AKG regelungsbedürftig ist (auch die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Nachversicherung), festzustellen hat (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 1965, BVerwGE 21, 343 ff und Urteil des BSG vom 20. November 1959, BSG 11, 63 ff); es handelt sich bei den Streitigkeiten aus § 99 AKG sonach nicht um Angelegenheiten der Sozialversicherung im Sinne des § 51 SGG. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben aber im vorliegenden Fall deshalb zu entscheiden, weil das VG Bremen den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für unzulässig erklärt hat und ein dritter Rechtsweg hier nicht in Betracht kommt (§ 52 Abs. 2 SGG; vgl. Urteil des BSG vom 18. Mai 1966, SozR Nr. 1 zu Art. 6 § 22 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes - FANG -). Durch die bindende Verweisung vom VG an das SG entfällt auch eine Vorverfahrenspflicht nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsbarkeit, da nach den Verfahrensvorschriften der Sozialgerichtsbarkeit (§§ 79, 80 SGG) der Bescheid der Beklagten vom 30. April 1964 keiner Nachprüfung im Vorverfahren bedarf.

Der mit der Revision weiter verfolgte Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, auch für die Zeit von April 1919 bis Februar 1922 die Nachversicherung zu bescheinigen, ist jedoch nach keiner der für die fiktive Nachversicherung in Betracht kommenden Vorschriften gegeben.

Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind die Voraussetzungen der Nachversicherung den rechtlichen Vorschriften zu entnehmen, die bei Eintritt des Nachversicherungsfalles gegolten haben (so auch Urteil des BSG vom 14. Dezember 1967, SozR Nr. 1 zu § 9 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Da der Nachversicherungsfall hier vor dem Inkrafttreten der durch das Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) eingeführten neuen Nachversicherungsvorschriften (1. März 1957, vgl. Art. 3 § 7 AnVNG) eingetreten ist, wird er weder von § 9 AVG noch von Art. 2 § 4 Abs. 1 AnVNG erfaßt.

Das LSG hat die Voraussetzungen der Nachversicherung für die streitige Zeit weiter nach § 99 AKG geprüft (und verneint). Nach § 99 Abs. 1 AKG gelten vor dem 8. Mai 1945 ausgeschiedene Angehörige des öffentlichen Dienstes, die von den in § 1 Abs. 1 AKG genannten Rechtsträgern nach den im Zeitpunkt ihres Ausscheidens geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze für die Zeit ihrer versicherungsfreien Beschäftigung nachzuversichern waren und nicht nachversichert worden sind, für diese Zeit als nachversichert, wenn sie nicht bereits aufgrund anderer Vorschriften als nachversichert gelten. Es ist fraglich, ob die Klägerin überhaupt - wie die Beklagte dies in dem Bescheid vom 30. April 1964 festgestellt hat und wie auch das LSG angenommen hat - "zu dem Personenkreis gehört, der vom AKG erfaßt wird". Weder aus dem Urteil des LSG noch aus den Nachversicherungsakten der Beklagten ist zu entnehmen, ob die Klägerin als Lehrerin im Dienste eines der in § 1 Abs. 1 AKG genannten Rechtsträger gestanden hat, von denen hier nur das Land Preußen in Betracht käme. Wenn die Klägerin in der streitigen Zeit (und in den nicht mehr streitigen späteren Zeitabschnitten) im Dienste der Stadt Erfurt bzw. des dortigen zuständigen Schulträgers gestanden hätte, so wären die Voraussetzungen der Nachversicherung nicht nach § 99 AKG, sondern nach Art. 6 § 18 des FANG vom 25. Februar 1960 zu beurteilen. Diese Vorschrift, die auch für Personen gilt, die nicht unter § 1 FANG fallen (vgl. Koch/Hartmann/v.Altrock/Fürst, AVG, 2./3. Aufl. Bd. IV unter B VII, 3 Buchst c zu § 9 AVG; Jantz/Zweng/Eicher, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 2. Aufl. Nr. 1, 5 und 9 zu Art. 6 § 18 FANG), regelt bei sonst im wesentlichen gleichen Voraussetzungen wie § 99 AKG die Nachversicherung von Personen, die unversorgt aus dem öffentlichen Dienst anderer Rechtsträger außerhalb des Geltungsbereichs des FANG (als dem Deutschen Reich und dem ehemaligen Land Preußen) ausgeschieden sind. Ob § 99 AKG oder Art. 6 § 18 FANG als Rechtsgrundlage für die fiktive Nachversicherung der Klägerin in Betracht zu ziehen wäre, kann jedoch dahingestellt bleiben. Sowohl nach § 99 AKG als auch nach Art. 6 § 18 FANG scheitert die Nachversicherung der Klägerin jedenfalls daran, daß sie nicht - wie dies beide Vorschriften verlangen - "nach den im Zeitpunkt ihres Ausscheidens geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze" für die streitige Zeit nachzuversichern gewesen ist.

Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, ist eine gesetzliche Möglichkeit zur Nachversicherung der ohne Versorgungsberechtigung aus dem öffentlichen Dienst ausgeschiedenen versicherungsfreien Personen erstmalig durch Art. 1 der VO vom 13. Februar 1924 geschaffen worden. Durch diese Vorschrift wurde mit Rückwirkung ab 1. Oktober 1923 (vgl. Art. V dieser VO) der § 14a in das damals noch geltende Versicherungsgesetz für Angestellte (VGfA) vom 20. Dezember 1911 eingefügt. Danach waren diejenigen "Personen, die gemäß den §§ 9, 10 Nr. 1-3, 14 versicherungsfrei sind", frühestens vom Zeitpunkt der Einführung der Angestelltenversicherungspflicht (1. Januar 1913) an nachzuversichern, die ohne Versorgungsansprüche aus ihrer bisherigen versicherungsfreien Beschäftigung im öffentlichen Dienst ausschieden. Diese Nachversicherungsregelung wollte insbesondere dem damaligen unbefriedigenden Zustand infolge zahlreicher Entlassungen wegen Behördenabbaues abhelfen; sie führte deshalb die Vorschrift des § 14a VGfA rückwirkend ab 1. Oktober 1923 ein (vgl. RABl 1924, 95). Dieser Stichtag bedeutet aber, daß alle unter § 14a VGfA, später § 18 AVG idF der Bekanntmachung vom 28. Mai 1924 (RGBl I 563) fallenden Tatbestände, soweit sie vor dem 1. Oktober 1923 lagen, nicht von der Neuregelung erfaßt werden sollten (vgl. Grundsätzliche Entscheidung - GE - des Reichsversicherungsamts - RVA - Nr. 3457, AN 1929, 261, 262). Wer vor dem 1. Oktober 1923 unversorgt aus einem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst ausgeschieden war, konnte nicht nachversichert werden. Dabei kommt es, entgegen der Auffassung der Revision, nicht darauf an, ob jemand vor dem 1. Oktober 1923 endgültig aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist oder ob er, sofern er vor dem 1. Oktober 1923 ausgeschieden war, später erneut wieder im öffentlichen Dienst beschäftigt worden ist. Für die Frage der Nachversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch ohne Bedeutung, ob und inwieweit mehrere zeitlich aufeinander folgende Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst vor und nach dem Stichtag im beamtenrechtlichen Sinne auf das Versorgungsdienstalter anrechenbar sind. Die beamtenrechtliche Stellung des Beschäftigten ist von seiner sozialversicherungsrechtlichen Stellung zu trennen (RVA aaO; ferner GE Nr. 5060, AN 1937, 83). An dieser Rechtslage ändern auch die von der Klägerin genannten §§ 2 und 5 der VO vom 4. Oktober 1930 nichts, weil diese Vorschriften nicht die Frage der Entstehung, sondern nur die Fälligkeit der Nachversicherungsschulden regeln (vgl. Koch/Hartmann/v.Altrock/Fürst, aaO. Bd. I, Anm. II 6, Buchst. b zu § 18 AVG aF) und überdies erstmals für die Zeit ab 1. Oktober 1923 gelten (§ 12 der VO).

Die Revision der Klägerin könnte daher nur Erfolg haben, wenn die Klägerin nicht bereits im Februar 1922, sondern erst nach dem 1. Oktober 1923 (erstmals) aus dem Schuldienst ausgeschieden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Der Begriff des Ausscheidens aus einer Beschäftigung im Sinne des § 14a VGfA, später § 18 AVG aF (und des § 9 AVG in der ab 1. Januar 1957 geltenden Fassung) ist allein nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen; der etwaige dienstrechtliche Status des Betroffenen gibt hierfür nichts her (vgl. GE des RVA Nr. 5060 aaO; Urteil des BSG vom 28. Februar 1967 - 4 RJ 421/64 -). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Dienstverhältnis der Klägerin, wie sie unter Hinweis auf die Bescheinigung des Magistrats der Stadt Erfurt vom 2. April 1931 behauptet, nach dienstrechtlicher Betrachtungsweise ununterbrochen von 1919 bis 1931 fortbestanden hat und erst 1931 erstmals beendet worden ist. Für die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des Sozialversicherungsrechts kommt es allein darauf an, ob tatsächlich zwischen dem Beschäftigten und seinem Arbeitgeber nicht mehr die Beziehungen bestehen, die für ein Beschäftigungsverhältnis typisch sind (vgl. zB Urteile des BSG vom 21. Juni 1960, BSG 12, 190, 192; vom 20. Dezember 1960, BSG 13, 263, 264; vom 11. August 1966, SozR Nr. 51 zu § 165 der Reichsversicherungsordnung - RVO -; Jantz/Zweng, aaO, Anm. II 1 Buchst. a zu § 1232 RVO; Koch/Hartmann/v.Altrock/Fürst, aaO Bd. IV, Anm. B II zu § 9 AVG). Das wesentliche Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. oben, ferner auch BSG 13, 130, 132; 15. 65. 68; 20, 6, 8; SozR Nr. 51, 55 und 62 zu § 165 RVO) die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten. Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung in einen Betrieb oder in eine Verwaltung, womit in aller Regel die Verfügungsmacht (das Direktionsrecht, die Weisungsbefugnis) des Arbeitgebers verbunden ist. Ein Beschäftigungsverhältnis kann auch fortbestehen, wenn eine Arbeitsleistung zeitweilig nicht erbracht und kein Entgelt gezahlt wird (BSG 26, 126, 127 und SozR Nr. 19 zu § 165 RVO). Der Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses setzt aber nach der Rechtsprechung des BSG (und des RVA) voraus, daß die Arbeitsunterbrechung nicht unverhältnismäßig lang andauert und ihr Ende voraussehbar ist, die Beteiligten das Beschäftigungsverhältnis von vornherein nach dem Ende der Arbeitsunterbrechung fortsetzen wollen und daß während der Unterbrechung Verfügungsmacht des Arbeitgebers und Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers grundsätzlich bestehen bleiben. Trifft dies nach den Umständen des Einzelfalles nicht zu, so scheidet der Arbeitnehmer mit der Einstellung der Arbeit und dem Fortfall des Lohnes bzw. Gehaltes aus dem Beschäftigungsverhältnis aus, selbst wenn er gegenüber dem ersten Arbeitgeber verpflichtet bleibt, später wieder bei ihm einzutreten (vgl. auch Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II 16. Aufl. Anm. 9b zu § 165 RVO mit weiteren Nachweisen).

Die vom LSG getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen lassen den Schluß zu, daß die Klägerin aus der Beschäftigung als Lehrerin erstmals im Februar 1922 ausgeschieden und daß im Oktober 1925 ein neues Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst begründet worden ist. Dafür spricht in erster Linie der erhebliche Zeitraum von dreieinhalb Jahren, in dem die Klägerin nicht im Schuldienst, sondern überwiegend in der Privatwirtschaft als Angestellte tätig gewesen ist. Das RVA (GE Nr. 2233, AN 1916, 589; GE Nr. 2789, AN 1924, 84, 85) hat die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses noch bei einer Arbeitsunterbrechung von mehreren Monaten als tragbar erachtet, während das BSG (Urteil vom 13. Februar 1964, BSG 20, 154, 158) einen Zeitraum von drei Wochen in Erwägung gezogen hat. Es kann dahingestellt bleiben, welche Befristung den Vorzug verdient; jedenfalls ist die Zeit zwischen 1922 und 1925, in der die Klägerin nicht im Schuldienst gestanden hat, so lang, daß von einer persönlichen Abhängigkeit gegenüber ihrem früheren Dienstherren in dieser Zeit nicht mehr die Rede sein kann. Dies gilt um so mehr, als das Ende der Unterbrechung im Jahre 1922 in keiner Weise voraussehbar gewesen ist. Die Klägerin ist in der Zeit von 1922 bis 1925 nicht mehr in die Schulverwaltung "eingegliedert" gewesen. Sie hat im Revisionsverfahren selbst dahingestellt gelassen, ob sie in den dreieinhalb Jahren dazu verpflichtet gewesen sei, sich ihrem Dienstherren jederzeit auf Abruf wieder zur Verfügung zu stellen; sie hat vorgetragen, die habe jedenfalls dem Wunsch ihres Dienstherren entsprochen, der daran interessiert gewesen sei, durch kurzfristige Einstellungen früherer Lehrkräfte einen Ersatz für ausfallende Beamte zu schaffen, und sie, die Klägerin, habe in Kenntnis dieser Tatsache nur Beschäftigungen ausgeübt, die sie jederzeit hätte aufgeben können. Die einseitige Bereitschaft des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, wieder bei seinem früheren Arbeitgeber tätig zu werden, reicht jedoch für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses nicht aus; entscheidend ist vielmehr, ob auch die Verfügungsmacht des Arbeitgebers über den Beschäftigten während der gesamten Zeit der Arbeitsunterbrechung fortbestanden hat. Hieran fehlt es im vorliegenden Falle.

Da die Klägerin sonach nicht erst 1931, sondern (erstmals) im Februar 1922 aus dem Schuldienst ausgeschieden ist und es damals an einer Vorschrift der Reichsversicherungsgesetze für eine Nachversicherung gefehlt hat, kann diese Zeit weder nach § 99 AKG noch nach Art. 6 § 18 FANG als fiktive Nachversicherungszeit berücksichtigt werden. Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf es nicht, weil es allein auf die rechtliche Würdigung der - unstreitigen - Beendigung der Tätigkeit im Schuldienst im Februar 1922 ankommt. Ob die von der Revision gerügten Verfahrensverstöße vorliegen, kann deshalb dahingestellt bleiben. Das Urteil des LSG stellt sich jedenfalls im Ergebnis als richtig dar. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2284941

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