Entscheidungsstichwort (Thema)

Unverzügliche Anzeige

 

Leitsatz (amtlich)

Die Schlechtwettergeld-Anzeige (AVAVG § 143e Abs 1 Nr 3) ist nur dann "unverzüglich", wenn sie, sobald der Arbeitsausfall feststeht, ohne schuldhaftes Zögern erstattet wird; sie muß beim Arbeitsamt grundsätzlich noch am Ausfalltag selbst eingehen. Lediglich unter dieser zeitlichen Auflage stehen Anzeigemittel und Anzeigeweg im Belieben des Anzeigenden.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. AVAVG 143e Abs 1 Nr 3 ist nicht nur Verfahrensvorschrift, sondern materielle, den Anspruch begründende Voraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld.

2. Auch bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall besteht die Verpflichtung des Arbeitsamtes vor Gewährung von Schlechtwettergeld eine Vermittlung der aus witterungsbedingten Gründen aussetzenden Bauarbeiter zu versuchen.

 

Normenkette

AVAVG § 143e Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1959-12-07, § 36 Fassung: 1957-04-03

 

Tenor

Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Februar 1964 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die ein Baugeschäft betreibt, begehrt von der beklagten Bundesanstalt die Zahlung von Schlechtwettergeld für den 7. März 1963. Sie hat jedoch den an diesem Tage eingetretenen Arbeitsausfall erst am 8. März telefonisch dem Arbeitsamt (ArbA) angezeigt. Die Beklagte lehnte (Bescheid vom 14. März 1963) das beantragte Schlechtwettergeld ab, da die Anzeige des Arbeitsausfalls nicht gemäß § 143 e Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) "unverzüglich" erstattet worden sei. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. März 1963).

Das Sozialgericht (SG) wies die Klage zurück (Urteil vom 3. Februar 1964). Die nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG erforderliche unverzügliche Anzeige des Arbeitsausfalles sei materielle Voraussetzung des Anspruchs auf Schlechtwettergeld; sie müsse, sei es fernmündlich oder schriftlich, jedenfalls am Tage des Arbeitsausfalles selbst erstattet werden. Durch ihre Säumnis habe die Klägerin die Anzeige schuldhaft verzögert; sie könne nicht mit dem Einwand gehört werden, eine briefliche Anzeige wäre auch erst am 8. März 1963 beim Arbeitsamt eingegangen.

Die Berufung wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Begriffs "unverzüglich" bei Anzeigen von witterungsbedingtem Arbeitsausfall ausdrücklich zugelassen.

II. Gegen dieses am 17. Februar 1964 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 16. März Sprungrevision ein, der sie die Einwilligungserklärung des Direktors des Arbeitsamts Stuttgart beifügte. Die Anzeige für den 7. März 1963 sei in ihrem Betrieb an diesem Tage vergessen worden, weil für zahlreiche sonstige, im Bereich anderer Arbeitsämter liegende Baustellen gemäß § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG nur jeweils montags anzuzeigen gewesen sei. Die hier versäumte Anzeige stelle jedoch eine bloße Formsache dar, weil sie wegen des anhaltenden Frostes zu keiner weiteren Prüfung geführt hätte. Wenn die Beklagte trotzdem die Anzeige als verspätet ansah, habe sie den Begriff "unverzüglich" in § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG verkannt. Dieser Begriff, für den § 121 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Legaldefinition enthalte, bedeute weder "sofort" noch "am gleichen Tage". Vielmehr müsse man, ähnlich wie in der zu § 121 BGB entwickelten Rechtsprechung, die Meldung dann noch als unverzüglich ansehen, wenn durch ihre verzögerte Erstattung das Interesse des Gegners, d. h. des ArbA, nicht verletzt werde. Die Interessen der Arbeitsverwaltung seien im vorliegenden Fall aber schon deshalb nicht beeinträchtigt worden, weil auch bei einer Anzeige am 7. März 1963 selbst unstreitig eine Überprüfung der Baustelle nicht erfolgt wäre. Zudem komme es nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Wirksamkeit einer Willenserklärung nicht auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe, sondern auf den des Zuganges beim Empfänger an. Nirgends sei vorgeschrieben, daß die Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG telefonisch oder durch Boten erfolgen müsse; vielmehr hielten gerade die Arbeitsämter vorgedruckte Postkarten zur schriftlichen Erstattung bereit. Wenn nun aber gemäß § 130 BGB der Zeitpunkt des Zugangs für das Wirksamwerden einer Willenserklärung entscheidend sei und also eine am 7. März 1963 erstattete schriftliche Erklärung, die am 8. März beim ArbA eingehe, unzweifelhaft noch unverzüglich erfolgt sei, dann müsse auch die am 8. März 1963 erstattete telefonische Anzeige noch unverzüglich sein. Im übrigen führe die Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Juni 1961 (NJW 1961, 2277) zu dem Ergebnis, daß die Anwendung der Fristvorschrift des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG ausgeschlossen sei, wenn - wie hier - die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Schlechtwettergeld außer Frage ständen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Februar 1964 und den Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Stuttgart vom 29. März 1963 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Verfahrensrechtlich ist sie der Ansicht, der Direktor des ArbA Stuttgart habe gemäß § 73 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), §§ 81, 83 der Zivilprozeßordnung (ZPO) die Einwilligungserklärung zur Sprungrevision wirksam abgegeben, da die Tatsache, daß sich der Präsident der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) Einwilligungen nach § 161 Abs. 1 SGG selbst vorbehalten habe, nur innerdienstliche Bedeutung besitze. Zur Sache selbst ist sie der Auffassung, die unverzügliche Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG sei eine materielle Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld. "Unverzüglich" bedeute nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Für die Frage, ob ein schuldhaftes Zögern vorliege, sei der Zweck entscheidend, den der Gesetzgeber damit verfolge, daß er das unverzügliche Handeln einer Partei verlange. Die Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG habe keine bloße Ordnungsfunktion. Sie sei einmal für die Prüfung erforderlich, ob der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe und nicht etwa durch andere Umstände, wie zB Betriebsstörungen infolge Maschinenschadens, Aussetzens der Stromzufuhr und dergleichen, verursacht sei. Zum anderen diene die Anzeige der zügigen und schnellen Vorbereitung und Bearbeitung der nachfolgenden Anträge auf Schlechtwettergeld. Insbesondere aber solle sie auch ermöglichen, zeitweise unbeschäftigte Arbeitnehmer vorübergehend in andere dringende Arbeiten zu vermitteln. Daher entspreche insoweit die Interessenlage der Beklagten der des Anfechtungsgegners nach § 121 BGB, da für sie ebenso wie für jenen ein gewichtiges Interesse daran bestehe, so bald als möglich über den jeweiligen Tatbestand unterrichtet zu werden. Dagegen ergebe sich im Gegensatz zu der Interessenlage bei § 121 BGB kein Grund, dem Arbeitgeber eine Überlegungsfrist einzuräumen. Habe dieser sich einmal entschieden, die Arbeit wegen schlechten Wetters an einem bestimmten Tage einzustellen, so bestehe kein Anlaß, die Anzeige nicht im unmittelbaren Anschluß daran zu erstatten. Da für den Anspruch auf Schlechtwettergeld "unverzüglich" somit grundsätzlich "am selben Tage" bedeute und die Klägerin nicht gehindert gewesen sei, die Anzeige noch am 7. März 1963 zu erstatten, fehle es an einer materiellen Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld für diesen Tag.

III. Die Sprungrevision der Klägerin ist statthaft sowie form- und fristgerecht unter Beifügung der Einwilligungserklärung der Beklagten eingelegt (§§ 161, 164, 166 SGG). Sie ist mithin zulässig. Unschädlich ist hierbei, daß diese Erklärung entgegen innerdienstlichen Weisungen anstelle des Präsidenten der beklagten Bundesanstalt durch den Direktor des ArbA Stuttgart abgegeben wurde, da dieser als Prozeßbevollmächtigter erster Instanz gemäß §§ 73 SGG, 81 ZPO zur rechtswirksamen Abgabe der Einwilligungserklärung befugt ist (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Komm. z. SGb, § 73 Anm. 3 f).

Die Revision der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Die Schlechtwettergeld-Regelung ist in das AVAVG durch das Zweite Änderungsgesetz vom 7. Dezember 1959 - 2. ÄndG - (BGBl I 705) eingefügt worden. Ihrer Rechtsnatur und Zielsetzung nach ist sie dem in den §§ 116 ff AVAVG geregelten Kurzarbeitergeld verwandt, dem sie auch in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung stark angeglichen ist. Wie dieses gewährt das Schlechtwettergeld zum Ausgleich von Schwankungen der Beschäftigungslage aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung teilweisen Lohnersatz im Falle von Teilarbeitslosigkeit, zur Verhütung von Vollarbeitslosigkeit und fördert damit zugleich die Erhaltung der eingearbeiteten Belegschaften für den Betrieb. Wie beim Kurzarbeitergeld ist die Gewährung von Schlechtwettergeld ebenfalls von der Erfüllung gewisser allgemeiner (§ 143 d AVAVG), betrieblicher (§ 143 e AVAVG) und persönlicher (§ 143 f AVAVG) Voraussetzungen abhängig. Zu den betrieblichen Voraussetzungen gehört nach § 143 e Abs. 1 AVAVG, daß der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursacht ist (Nr. 1), daß ein voller Arbeitstag ausfällt (Nr. 2) und daß der Arbeitsausfall dem ArbA unverzüglich angezeigt wird (Nr. 3).

Die nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG dem ArbA unverzüglich zu erstattende Anzeige des witterungsbedingten Arbeitsausfalls ist nicht etwa nur Verfahrensvorschrift, d. h. formelle, den Anspruch auslösende, sondern - wie die Anzeige der Kurzarbeit (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm. z. AVAVG, § 117 Anm. 3; Krebs, Komm. z. AVAVG, 2. Aufl., § 117 Anm. 5) - materielle, den Anspruch begründende Voraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld. Dies ergibt sich bereits aus dem ersten Regierungsentwurf des 2. ÄndG zum AVAVG und seiner Begründung (BT-Drucks. Nr. 1240, III. Wahlperiode 1957). Dort lautet der dem heutigen § 143 e AVAVG entsprechende § 143 d Nr. 2:

"In Betrieben des Baugewerbes wird in der Schlechtwetterzeit Schlechtwettergeld gewährt, wenn ....

2) der Arbeitsausfall eines vollen Arbeitstages ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursacht und dem Arbeitsamt, in dessen Bezirk die Baustelle liegt, vom Arbeitgeber unverzüglich angezeigt wird. Wenn der Arbeitsausfall vom Arbeitgeber nicht unverzüglich angezeigt wird, kann die Betriebsvertretung die Anzeige erstatten. Auf tägliche Anzeige kann bis zur Wiederaufnahme der Arbeit verzichtet werden."

Hierzu erläutert die Regierungsbegründung:

"Die Vorschriften gewähren einen Rechtsanspruch auf Schlechtwettergeld, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Voraussetzung ist der Arbeitsausfall aus zwingenden witterungsbedingten Gründen an einem vollen Kalendertag. Er muß dem zuständigen Arbeitsamt täglich angezeigt werden, damit dieses in der Lage ist zu prüfen, ob tatsächlich die Arbeit eingestellt werden muß. Auf die tägliche Anzeige kann die empfangsberechtigte Stelle verzichten, wenn die Witterungsverhältnisse einen solchen Verzicht rechtfertigen (zB bei längeren Frostperioden)."

Ebenso wie nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf hat in der endgültigen Fassung der Schlechtwettergeld-Vorschriften die unverzügliche Anzeige des witterungsbedingten Arbeitsausfalls den Charakter einer materiellen Anspruchsvoraussetzung. Dies ergibt sich zunächst aus Aufbau und Wortlaut (Systematik) des Gesetzestextes selbst. Der Gesetzgeber hat nämlich in den §§ 143 d, 143 e, 143 f AVAVG die materiellen Anspruchsvoraussetzungen vorweggenommen und von den in § 143 1 AVAVG gebrachten Verfahrensvorschriften abgegrenzt. Die Anzeige des Arbeitsausfalls ist aber unter den betrieblichen Anspruchsvoraussetzungen des § 143 e AVAVG aufgeführt. Daß es sich hierbei nicht etwa um ein redaktionelles Versehen oder textlichen Zufall handelt, geht aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Sozialpolitik (BT-Drucks. Nr. 1294, III. Wahlperiode 1957) hervor, wonach die ursprüngliche Regierungsvorlage des 2. ÄndG zum AVAVG aus rechtssystematischen Gründen hinsichtlich der §§ 143 d - e neu gefaßt wurde, um eine klare Trennung der allgemeinen, betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen (§§ 143 d - f AVAVG) von den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 143 l AVAVG zu ermöglichen. Die Ausgestaltung der Anzeige zur materiellen Anspruchsvoraussetzung rechtfertigt sich ferner aus ihrem engen inneren Zusammenhang mit den übrigen in § 143 e Abs. 1 AVAVG enthaltenen betrieblichen Anspruchsvoraussetzungen, die von dieser dritten Voraussetzung abhängen. Denn nur falls die dritte Anspruchsvoraussetzung der unverzüglichen Anzeige des Arbeitsausfalls erfüllt ist, kann vom ArbA geprüft werden, ob jener ausschließlich durch witterungsbedingte Gründe verursacht und hierdurch der Ausfall eines vollen Arbeitstages herbeigeführt wurde.

IV. Gegen diese von Schrifttum und Rechtsprechung allgemein geteilte Auffassung vom Charakter der Anzeige als materieller Anspruchsvoraussetzung (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 143 e Anm. 12; Krebs, aaO, § 143 e Anm. 30; Sauer/Brodhun/Strippel, Arbeitslosenversicherung, § 143 e Anm. 4; Kranz/Hubbert, Schlechtwettergeld und Förderung der Bautätigkeit im Winter, S. 111; Hoppe, "Die Anzeige vom Arbeitsausfall im Bereich der Schlechtwettergeld-Regelung" in "Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe" - ABA -, ABA 1964, Heft 12 S. 275 ff; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - LSG - vom 4. Oktober 1963, SG Speyer vom 19. September 1963, beide in ABA 1964, Heft 6 S. 141 ff; SG Gelsenkirchen in Berndt/Draeger, Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Arbeitslosenversicherung, Bd. II § 143 e; Bayer. LSG in Breith. 1964, 895; LSG Mainz in BB 64, 1009) sind auch nicht aus der Ermächtigung, daß das ArbA gemäß § 143 e Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 AVAVG auf die tägliche Anzeige verzichten kann, Bedenken abzuleiten (so allein Hennig in ABA 1964, Heft 8 S. 173). Denn die Gegenüberstellung der Worte "unverzüglich" und "täglich" in § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG ergibt, daß nicht auf die unverzügliche, d. h. auf die ursprüngliche Anzeige, sondern nur auf deren tägliche Wiederholung verzichtet werden darf. Die gesetzliche Ermächtigung des Satzes 2 aaO hat mithin nur einen Verzicht auf die Anzeige für bevorstehende Tage - also für die Zukunft -, nicht jedoch rückwirkend für bereits abgelaufene Tage - d. h. für die Vergangenheit - zum Inhalt. Eine andere Auslegung würde überdies den Grundsätzen der Logik widerstreiten; denn die "unverzügliche Anzeige" als materielle Anspruchsvoraussetzung ist eine Verpflichtung, von der lediglich im voraus, jedoch nicht nachträglich entbunden werden kann. Diese Rechtssituation war schon durch die oben zitierte ursprüngliche Fassung des § 143 d Nr. 2:

"Auf tägliche Anzeige kann bis zur Wiederaufnahme der Arbeit verzichtet werden."

klargestellt. Die Worte "bis zur Wiederaufnahme der Arbeit" wurden dann im Zuge der bereits erwähnten, aus rechtssystematischen Gründen erfolgten redaktionellen Änderung entbehrlich. In der Fassung des jetzigen § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG macht nämlich bereits die Unterscheidung zwischen der unverzüglichen Anzeige, die bei Eintritt des Arbeitsausfalls erstattet werden muß, und der täglichen Anzeige, d. h. der Wiederholung für weitere Arbeitsausfälle, deutlich, daß stets nur auf die tägliche Fortsetzung der anfangs erstatteten Anzeige verzichtet werden kann. Dem ArbA wird somit nicht die Möglichkeit eröffnet, zu bestimmen, ob der Anspruch von der Voraussetzung der unverzüglichen Anzeige abhängig gemacht werden soll oder nicht, sondern es wird nur ermächtigt, die zunächst erfüllte Anspruchsvoraussetzung der unverzüglichen Anzeige für folgende Ausfalltage zu lockern. Daher spricht auch die in § 143 e Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 AVAVG dem ArbA eingeräumte Ermächtigung zum Verzicht auf die tägliche Anzeige nicht dagegen, daß es sich um eine materielle Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Schlechtwettergeld handelt.

V. Ob die Klägerin die materielle Anspruchsvoraussetzung des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG erfüllt hat oder nicht, hängt sonach davon ab, ob ihre am 8. März 1963 telefonisch für den 7. März erstattete Anzeige noch "unverzüglich" im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift ist oder nicht. "Unverzüglich" bedeutet nach der im bürgerlichen Recht geltenden Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Diese wird im Grundsätzlichen für § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG ebenfalls anwendbar, da mangels eigener Begriffsbestimmung im AVAVG davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber mit der Verwendung dieses Begriffs an die in § 121 BGB enthaltene, auch in sonstigen Rechtsbereichen eingebürgerte Definition anknüpfen wollte, zumal sie dem Grundgedanken der Schlechtwettergeld-Regelung nicht widerspricht (vgl. BSG 15, 186; BGHZ 21, 136). Die sich nunmehr ergebende Frage, ob die Anzeige der Klägerin für den 7. März 1963 ohne schuldhaftes Zögern erstattet wurde, ist, wie die Beurteilung des Verschuldens überhaupt, eine Rechtsfrage, die vom erkennenden Senat auf Grund der vom SG bindend festgestellten Tatsachen nachgeprüft und entschieden werden kann (RGZ 49, 395; 64, 161; 124, 115). Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts - RG - (vgl. zB RGZ 64, 161; 124, 118) gehört zum Begriff der Unverzüglichkeit ein nach den Umständen des Falles zu bemessendes beschleunigtes Handeln, das dem Interesse des Anfechtungsgegners an Klarstellung des durch die Anfechtung in Frage gestellten Rechtsverhältnisses Rechnung trägt. Daher ist "unverzüglich" nicht immer gleichbedeutend mit "sofort" (RGZ 124, 115), so daß ein nach den Umständen des Einzelfalles bemessener Zeitraum zwischen Kenntnis und Anfechtung bleiben kann (RG Recht 30, 781), wobei allerdings der Gegner nicht länger als unvermeidlich in Ungewißheit gelassen werden darf (RG JW 1906, 707). Entscheidend bei der Fristbemessung für die Unverzüglichkeit ist eine Abwägung des Interesses des Anfechtungsgegners an Beschleunigung gegen die für den Anfechtenden gegebene Notwendigkeit zur vorherigen Prüfung und Überlegung (RG Seuff. Archiv 81, 1).

Diese zu § 121 BGB von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dürfen jedoch trotz der Gleichheit des Begriffs "unverzüglich" nicht ungeprüft und vorbehaltlos auf sämtliche ihn enthaltende Vorschriften übertragen werden. Vielmehr können die Voraussetzungen und Bedingungen der "Unverzüglichkeit" nach Zweck, Bedeutung und Tragweite der jeweiligen Vorschriften verschieden sein (RGZ 64, 161). Ausschlaggebend bleibt hierbei stets die Abwägung zwischen dem Interesse der einen Seite an möglichst sofortigem Erhalt der gegnerischen Erklärung oder Mitteilung und dem Interesse der Gegenseite an einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist.

Wird unter solchen Gesichtspunkten untersucht, innerhalb welches Zeitraumes die Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG erstattet werden muß, ohne die Interessen der Beklagten zu verletzen, so ergibt die gesetzliche Zweckbestimmung, daß sie unmittelbar nach Feststehen des Arbeitsausfalles, jedenfalls noch am Ausfalltage selbst, zu erfolgen hat.

Sinn und Zweck der Anzeige ist es einmal, dem ArbA die möglichst umgehende Prüfung des witterungsbedingten Arbeitsausfalls und der übrigen in § 143 e Abs. 1 AVAVG enthaltenen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Schlechtwettergeldes zu gewährleisten. Das ArbA soll hierdurch in die Lage versetzt werden, sofort an Ort und Stelle festzustellen, ob für eine bestimmte Zeit tatsächlich Witterungsverhältnisse vorliegen, die Bauarbeiten ausschließen (technisch unmöglich oder nicht zumutbar machen) und ob diese für den Arbeitsausfall auf der fraglichen Baustelle die einzige Ursache sind, d. h. ob nicht etwa sonstige betriebliche oder wirtschaftliche Umstände (zB Materialmangel, Stromausfall, Maschinenschaden, Fernbleiben von Betriebskräften) ausschlaggebend sind oder mitwirken (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 143 e Anm. 8; Krebs, aaO, § 143 e Anm. 2 und 4). Die Tatbestandssicherung ist aber gefährdet, wenn die Anzeige erst am nächsten Tage oder noch später erfolgt. Freilich kann eintreten, daß das ArbA nicht jede gemeldete Baustelle sofort zu besichtigen und zu überprüfen vermag. In welchen Fällen und wann dies geschieht, liegt dabei in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Trotzdem ist es verfehlt, für die Frage der Unverzüglichkeit darauf abzustellen, ob das ArbA noch am Tage des Arbeitsausfalles selbst eine Baustellenprüfung vorgenommen hätte oder nicht, da sich erst auf Grund der unverzüglich erstatteten Anzeige beurteilen läßt, ob nach den Umständen des Einzelfalles - denn nur dieser und nicht allgemein das Vorliegen von schlechtem Wetter ist ausschlaggebend - eine sofortige Besichtigung der Baustelle erforderlich wird oder nicht.

VI. Die sich auch aus der oben zitierten Begründung zu § 143 d des Regierungsentwurfs des 2. ÄndG zum AVAVG ergebende Prüfungspflicht bildet jedoch nicht das einzige Ziel der unverzüglichen Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG. Diese dient vielmehr gleichzeitig dazu, das ArbA von dem Vorhandensein zeitweise unbeschäftigter Arbeitskräfte in Kenntnis zu setzen, damit es alsdann seine in § 36 AVAVG enthaltene Pflicht zur vorrangigen Vermittlung zu erfüllen vermag. Zwar ist das Schlechtwettergeld keine besondere Form des Arbeitslosengeldes, sondern nach seiner eingangs aufgezeigten Zweckbestimmung eine Art Lohnausfallvergütung, ähnlich dem Kurzarbeitergeld und der Stillegungsvergütung (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 143 d Anm. 2; Krebs, aaO, § 143 d Anm. 3). Es wird indessen ebenso wie jene aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung gewährt, ist also eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Sinne des § 36 AVAVG und daher subsidiärer Natur. Somit besteht auch bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall die Verpflichtung des ArbA, vor Gewährung von Schlechtwettergeld eine Vermittlung der aus witterungsbedingten Gründen aussetzenden Bauarbeiter zu versuchen. Obgleich dabei wegen des Fortbestandes der Arbeitsverhältnisse bei dem Baubetrieb nur eine Vermittlung bis zum Zeitpunkt der Wiederbeschäftigung dort in Frage kommt, wäre es doch eine nicht vertretbare Belastung der Versichertengemeinschaft und eine ungerechtfertigte Besserstellung, wenn aus deren Mitteln Schlechtwettergeld an aussetzende Bauarbeiter gezahlt würde, obwohl - wie bei plötzlichem Wintereinbruch oft der Fall - gleichzeitig dringend Arbeitskräfte zum Schneeräumen, zu Versand- oder Verladearbeiten und zu ähnlichen wichtigen Aufgaben benötigt werden (vgl. auch Hennig in ABA 1960, 83 ff). Von derartigen Überlegungen ausgehend, hat der Gesetzgeber in § 143 l Abs. 3 AVAVG die Meldepflicht des § 179 AVAVG auf Schlechtwettergeld-Bezieher erstreckt und in § 143 f Abs. 4 die Versagung des Schlechtwettergeldes bei unberechtigter Ablehnung oder Vereitlung eines Arbeitsangebotes und bei unberechtigter Aufgabe oder selbstverschuldetem Verlust einer zwischenzeitlichen Beschäftigung vorgesehen. Der Vorrang der Arbeitsvermittlung (§ 36 AVAVG) erfordert ebenso wie die oben behandelte Prüfungspflicht eine unmittelbare, schnellstmögliche Benachrichtigung des ArbA.

Gegenüber dieser aus dem Gesetz abzuleitenden Interessenlage der Arbeitsverwaltung ist auf der anderen Seite der Arbeitgeber regelmäßig nicht gehindert, die Anzeige noch am Tage des Arbeitsausfalls selbst zu bewirken. Er benötigt im Gegensatz zum Anfechtenden nach § 121 Abs. 1 BGB vor Erstattung der Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG keine, zumindest keine über die Frist des § 143 e Abs. 3 hinausgehende Prüfungs-, Überlegungs- oder Beratungszeit. Spätestens nach Ablauf eines dreistündigen Arbeitsversuches, d. h. spätestens drei Stunden nach betriebsüblichem Arbeitsbeginn, muß er, um für den fraglichen Tag Schlechtwettergeld beanspruchen zu können, nach dieser Vorschrift entschieden haben, ob die Arbeit fortzusetzen oder aus zwingenden witterungsbedingten Gründen abzubrechen ist. Folglich besteht spätestens nach Abbruch des erfolglosen Arbeitsversuchs kein gerechtfertigter Grund mehr für weiteres Zuwarten oder Überlegen, sondern nunmehr ist der Arbeitgeber in der Lage, den Arbeitsausfall dem ArbA anzuzeigen. Dies liegt sogar in seinem eigenen Interesse, weil nur dann dem ArbA ermöglicht wird, das Vorliegen zwingender, ausschließlich witterungsbedingter Gründe zu prüfen, den Arbeitgeber bei etwaigen Bedenken auf eine mögliche Ablehnung hinzuweisen und ihn so unter Umständen vor einer nicht anerkannten Arbeitseinstellung und damit vor finanziellem Schaden zu bewahren.

VII. Die Entscheidung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Frage, wann die Anzeige wirksam erstattet ist, ob bei Abgabe, wie es die Ausnahmeregelung des § 121 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Anfechtung vorsieht, oder erst im Zeitpunkt des Zuganges beim ArbA hängt von ihrer Rechtsnatur ab. Für die Anzeige der Kurzarbeit nach § 117 AVAVG, die gemäß § 188 AVAVG einen schriftlichen Bescheid über die Zulässigkeit von Lohnausfallvergütung dem Grunde nach bezweckt und herbeiführt, hat die Grundsätzliche Entscheidung des Reichsversicherungsamtes (RVA) vom 13. September 1935 festgestellt, daß es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, die gemäß § 130 BGB mit dem Zugang wirksam wird, wobei das Datum, unter dem die Anzeige ausgefertigt und abgesandt wird, ohne Bedeutung bleibt: "Die Anzeige kann erst dann als erstattet angesehen werden, wenn sie dem Arbeitsamt zugegangen ist" (AN 36, 4937).

Nach herrschender Meinung ist unter einer Willenserklärung die auf eine Rechtswirkung gerichtete Privatwillensäußerung zu verstehen, wobei erforderlich ist, daß Wille und Erklärung subjektiv verbunden sind, daß also der Erklärende durch seine Willensäußerung einen bestimmten Rechtserfolg bezweckt (vgl. Enneccerus/Nipperdey, Bürgerliches Recht, Allg. Teil Bd. 2, 15. Aufl. § 137 IV 1; Erman, Komm. z. BGB, Bd. I, Einleitung vor § 104 Anm. 1; Soergel/Siebert, Komm. z. BGB, Bd. 1, 1959 § 116 Anm. 5; Lange, BGB Allg. Teil 4 A S. 224). Obwohl mit der Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG zunächst der objektive Tatbestand des "ausschließlich witterungsbedingten Arbeitsausfalles" dem ArbA mitgeteilt werden soll, erschöpfen sich hierin jedoch nicht deren Zweck und Inhalt. Abgesehen davon, daß bei mündlichen oder fernmündlichen Anzeigen im Regelfall gleichfalls eine sofortige Vorentscheidung des ArbA über die Anerkennung des ausschließlich witterungsbedingten Arbeitsausfalles als Rechtserfolg angestrebt wird, bewirkt jede unverzügliche Anzeige die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung aus § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG für die spätere Gewährung von Schlechtwettergeld. Für den Arbeitgeber dient sie somit zur Herbeiführung des bewußt angestrebten Rechtserfolges, die Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen und sich hierdurch die Aussicht auf Schlechtwettergeld zu sichern, da nur im Hinblick auf seinen künftigen Schlechtwettergeld-Antrag die Anzeige für ihn sinnvoll ist. Deswegen ist es verfehlt, die Anzeige losgelöst von dem mit ihr verbundenen und vom Arbeitgeber gewollten Rechtserfolg nur als Mitteilung eines objektiven Tatbestandes zu werten. Sie ist vielmehr, da mit ihr eine ganz bestimmte Rechtsfolgewirkung angestrebt wird, ebenso wie die Anzeige von Kurzarbeit, nach § 117 AVAVG eine echte Willenserklärung. Wollte man diese Auffassung und Auslegung nicht anerkennen, so müßte die Anzeige doch mindestens als eine sogenannte "geschäftsähnliche Handlung" gelten, d. h. als eine Handlung, deren Rechtswirkung nicht durch einen auf den Rechtserfolg gerichteten Willen, sondern unmittelbar durch das Gesetz bestimmt wird (vgl. Enneccerus/Nipperdey, aaO, § 137 Anm. IV 2; Erman, aaO, Bd. 1, Einleitung vor § 104 Anm. 1). Auf derartige geschäftsähnliche Handlungen, wie zB die Anzeige eines Mangels des Kaufgegenstandes nach § 478 BGB, die unabhängig vom Willen des Käufers diesem das Recht der Mangeleinrede erhält, sind jedoch, da auch sie die Betätigung eines die gesetzliche Rechtsfolge auslösenden Willens erfordern, die Vorschriften über Willenserklärungen analog anzuwenden (vgl. Enneccerus/Nipperdey, aaO, § 137 IV 2; Soergel/Siebert, Vorbemerkung vor § 116 Anm. 7). Daher wird die Anzeige des ausschließlich witterungsbedingten Arbeitsausfalles in jedem Fall gemäß § 130 BGB erst im Zeitpunkt ihres Zuganges wirksam. Mithin ist sie (ebenso wie die Anzeige von Kurzarbeit nach § 117 AVAVG) ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Absendung nur dann im Sinne des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG als erstattet anzusehen, wenn sie dem ArbA zugegangen ist.

VIII. Die Auffassung der Klägerin, das Gesetz habe das Anzeigemittel freigestellt, weshalb auch jede innerhalb der normalen Laufzeit auf dem Postwege beim ArbA eingehende Anzeige als unverzüglich erstattet gelten müsse, ist irrig. Sie verkennt, daß § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG nicht auf das Anzeigemittel, sondern auf den Zeitpunkt abstellt, zu dem die Anzeige erstattet werden, also dem ArbA zugehen muß. Welcher Übermittlungsart, sei es mündlich, fernmündlich, durch Boten oder Post, sich der Arbeitgeber bedient, bleibt ohne Belang und vermag den Zeitraum, innerhalb dessen die Anzeige zu erstatten ist, nicht zu verlängern, da nicht die Abgabe oder Absendung, sondern allein der Zugang beim ArbA entscheidend ist. Die Frage, innerhalb welches Zeitraumes die Anzeige noch unverzüglich erstattet ist, kann daher nicht von der zufälligen Laufzeit eines nach freiem Belieben ausgewählten Anzeigemittels her, sondern nur aus § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG selbst beantwortet werden. Diese Vorschrift verlangt indessen, wie dargetan, daß die Anzeige unmittelbar nach Eintritt des Arbeitsausfalls erstattet werden, d. h. gemäß § 130 BGB dem ArbA zugehen muß. Nur so kann auch verhindert werden, daß etwa Betroffene einen nicht ausschließlich witterungsbedingten Arbeitsausfall, zB bei vorübergehendem Materialmangel oder wegen Betriebsstörungen, durch absichtliche Wahl einer langsamen Übermittlungsart oder sonstige Manipulationen verdecken und dadurch die Überprüfung erschweren oder vereiteln. Nur so kann ferner erreicht werden, daß sofort, jedenfalls noch am Tage des ersten Arbeitsausfalles, Vermittlungsbemühungen für die aussetzenden Arbeitnehmer eingeleitet und diese, wenn nicht am gleichen, so doch möglichst bereits am folgenden Tag in Aushilfsbeschäftigungen vermittelt werden.

Allerdings ist auch bei der Verpflichtung zur "unverzüglichen Anzeige" der zwangsläufig anfallende Zeitaufwand, wie zB zum Erreichen eines Fernsprechers, zum Zustandekommen einer telefonischen Verbindung, zur persönlichen Vorsprache beim ArbA und dergleichen, zu berücksichtigen. Dabei eintretende Verzögerungen bleiben dann unschädlich, wenn sie nicht auf ein Verschulden, also auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Anzeigenden zurückzuführen sind. Unter solchen Voraussetzungen kann auch, wenn am Tage des Arbeitsausfalles selbst der Arbeitgeber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen die Anzeige anderweit nicht zu erstatten vermag, eine noch am gleichen Tage abgesandte, aber erst am nächsten Zustellungstag beim ArbA eingehende Anzeige durch die Post zulässig sein. Alsdann wird durch die Absendung am Tage des Arbeitsausfalles jedenfalls bewiesen, daß das Unterlassen der sofortigen Anzeige nicht auf einem Versehen, d. h. auf Fahrlässigkeit, beruht. Zu einer derartigen schriftlichen Anzeige wäre jedoch die Klägerin nicht berechtigt gewesen, da sie den Feststellungen des SG zufolge und nach ihrem eigenen Sachvortrag die Anzeige am 7. März tatsächlich vergessen hatte, also nicht unverschuldet an der Anzeige gehindert war. Diese Fahrlässigkeit der Klägerin war der einzige Grund für die Verzögerung der Anzeige, weshalb die Fragen, ob bei unverschuldeter Rechtsunkenntnis die Verzögerung entschuldbar wird (so RGZ 152, 232) und ob nicht etwa die Beklagte durch die Anerkennung schriftlicher Anzeigen den Anschein erweckte, es komme ihr auf den sofortigen Eingang der Anzeige nicht an (vgl. Staudinger, Komm. z. BGB, 11. Aufl. § 121 Anm. 3), dahinstehen können.

Danach ergibt sich der Grundsatz: Die Schlechtwettergeld-Anzeige (§ 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG) ist nur dann "unverzüglich", wenn sie, sobald der Arbeitsausfall feststeht, ohne schuldhaftes Zögern erstattet wird; sie muß beim ArbA grundsätzlich noch am Ausfalltag selbst eingehen. Lediglich unter dieser zeitlichen Auflage stehen Anzeigemittel und Anzeigeweg im Belieben des Anzeigenden.

Da jedoch die am 8. März telefonisch für den 7. März 1963 beim ArbA erstattete Anzeige schuldhaft verzögert war, fehlt es für den Schlechtwettergeld-Anspruch der Klägerin hinsichtlich dieses Tages an der materiellen Anspruchsvoraussetzung des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG.

IX. Diesem Mangel ist auch nicht, wie das SG Düsseldorf in Breith. 64, 246 und Hennig in ABA 1964, 173 ff vorschlagen, durch einen nachträglichen Verzicht des ArbA auf die Anzeige gemäß § 143 e Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 AVAVG abzuhelfen. Das ergibt sich aus dem bereits dargelegten Charakter der Anzeige als materieller Anspruchsvoraussetzung, aus ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung, eine sofortige Prüfung des ausschließlich witterungsbedingten Arbeitsausfalles und eine Vermittlung der unbeschäftigten Bauarbeiter zu erreichen sowie aus dem ebenfalls bereits gekennzeichneten Willen des Gesetzgebers, den Verzicht nur nach vorausgegangener Anzeige für spätere Ausfalltage zuzulassen.

Aus ähnlichen Erwägungen ist es schließlich nicht möglich, die vom Großen Senat des BSG in seinem Beschluß vom 9. Juni 1961 (BSG 14, 246) zur Ausschlußfrist des § 58 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes aF entwickelten Grundsätze auf die Unverzüglichkeit der Anzeige nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG zu übertragen. Denn abgesehen davon, daß es sich dort um einen sachlich und rechtlich durchaus verschiedenen Bereich der Daseinsvorsorge handelt, ergibt sich aus § 143 e Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 AVAVG und der Begründung zu § 143 d des Regierungsentwurfs des 2. ÄndG zum AVAVG, daß hier keine "Unsicherheit in der Charakterisierung des Mittels" zur Erreichung eines schnellstmöglichen Einganges der Anzeige vorliegt, sondern daß der Gesetzgeber bewußt aus sachgerechten und vernünftigen Gründen, wie oben ausgeführt, die tägliche Erstattung der Anzeige fordert. Die normative, rechtspolitische und soziale Funktion der Unverzüglichkeitsgrenze des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG erschöpft sich nicht in der bloß formellen Fristsetzung zwecks Tatbestandssicherung. Deshalb kann der Anwendung dieser Vorschrift nicht mit dem Hinweis begegnet werden, es habe zweifellos schlechtes Wetter und darüber hinaus witterungsbedingter Arbeitsausfall vorgelegen.

X. Nach alledem ist der Anspruch der Klägerin auf Schlechtwettergeld für den 7. März 1963 nicht gerechtfertigt. Ihre Sprungrevision war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 187

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