Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs an einen schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Rentner ist nicht, daß dieser die in einer Rentenminderung nachwirkende schädigungsbedingte Verringerung seines Einkommens aus aktiver Erwerbstätigkeit als Schwerbeschädigter erlitten hat. Vielmehr reicht es aus, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft zZt der Antragstellung und in der folgenden Zeit vorliegt (Abweichung und Aufgabe von BSG 1976-11-25 9 RV 226/75 = SozR 3100 § 30 Nr 19).

2. Fehlen amtliche Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet, so dürfen zur Ermittlung des Vergleichseinkommens nur die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes, nicht hingegen andere Vergleichsgrundlagen wie etwa Tarifverträge der gewerblichen Wirtschaft herangezogen werden (Anschluß an BSG 1971-07-06 9 RV 514/68 = BSGE 33, 60, 63).

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 Fassung: 1966-12-28, Abs. 4 Fassung: 1966-12-28

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.01.1976; Aktenzeichen L 7 V 35/74)

SG Detmold (Entscheidung vom 01.02.1974; Aktenzeichen S 7 V 167/72)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 1976 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird um die Bewilligung von Berufsschadensausgleich (BSA) geführt.

Der am 18. Mai 1915 geborene Kläger erlernte von 1929 bis 1933 den Beruf des Schlossers und bestand am 29. März 1933 die Gesellenprüfung. In der Folgezeit war er als Montage- bzw Maschinenschlosser bei verschiedenen Arbeitgebern tätig. Nach seiner Einberufung zum Wehrdienst im November 1937 erlitt er am 17. September 1942 Granatsplitterverwundungen am linken Arm und linken Unterschenkel. Nach Beendigung der Lazarettbehandlung wurde er wieder als Soldat eingesetzt. Von Kriegsende bis zum 20. Juni 1949 befand er sich in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung nahm er am 5. Januar 1950 die Tätigkeit eines Maschinenführers (angelernten Maschinenfacharbeiters) bei dem Sperrholzwerk Gebr. R in H (später "H-Werke") auf.

Am 23. November 1955 erlitt der Kläger auf dem Wege zur Arbeit einen Verkehrsunfall mit einer schweren Gehirnerschütterung, einem Bruch des linken Oberschenkels und einem linksseitigen Ellenbruch mit Abriß des Ellenhakens. Nach Abschluß der Heilbehandlung wurde er bei den H-Werken nur noch als Hilfsarbeiter beschäftigt. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete am 17. Dezember 1957. Seither ging der Kläger einer wesentlichen Erwerbstätigkeit nicht mehr nach. Er bezieht von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen eine Versichertenrente und wegen der Folgen des Unfalls vom 23. November 1955 von der Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft eine Unfallrente.

Mit Bescheid vom 3. Februar 1950 bewilligte die LVA Westfalen als damals zuständiger Träger der Kriegsopferversorgung (KOV) dem Kläger ab 12. Dezember 1949 (Beginn der Arbeitsfähigkeit) für die Folgen der wehrdienstlichen Schädigung und einer gefangenschaftsbedingten Dystrophie Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vH. Nach Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) am 1. Oktober 1950 gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) Bielefeld dem Kläger Rente nach einer MdE um 50 vH bis zum 31. Dezember 1951, um 30 vH ab 1. Januar 1952 (Umanerkennungsbescheid vom 8. Januar 1953, Ergänzungsbescheid vom 12. September 1953) und - in Ausführung einer Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 29. September 1953 - um 40 vH unter Berücksichtigung des Berufes ab 1. Februar 1953 (Bescheid vom 21. Oktober 1953). Nach Ablehnung eines Zugunstenantrages bewilligte das VersorgA in Ausführung eines vor dem Sozialgericht (SG) Detmold abgeschlossenen Vergleichs dem Kläger mit Bescheid vom 6. Juli 1970 unter Neubezeichnung der anerkannten Schädigungsfolgen rückwirkend ab 1. März 1967 Rente nach einer MdE um 50 vH. Durch Bescheid vom 9. Oktober 1973 bezeichnete das VersorgA die Schädigungsfolgen abermals neu als

"1.

Schwere umformende Veränderung im linken Ellenbogengelenk mit Bewegungseinschränkung und geringer Behinderung der Unterarmdrehung, Falschgelenk der linken Elle nach Schußbruch,

2.

Narben am linken Unterschenkel,

3.

Verdauungsstörungen bei Säuremangel des Magensaftes mit Funktionsstörungen und Steinbildung der Gallenblase"

und gewährte dem Kläger für die Zeit ab 1. Oktober 1971 Rente nach einer MdE um 60 vH.

Im Anschluß an den Neufeststellungsbescheid vom 6. Juli 1970 lehnte das VersorgA durch Bescheid vom 28. April 1971 die Gewährung eines BSA ab, weil der Kläger bereits vor Erlangung der Schwerbeschädigteneigenschaft aus schädigungsunabhängigen Gründen aus dem Berufsleben ausgeschieden sei. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 1972, Urteil des SG Detmold vom 1. Februar 1974).

Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen nach Erhebung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens des Ltd. Regierungsgewerbemedizinaldirektors Dr. B in B vom 15. April 1975 und Einholung von Auskünften der Industrie- und Handelskammer Essen vom 12. Januar 1976 sowie der Verwaltungsstellen Essen und Dortmund der Industrie-Gewerkschaft (IG) Bau-Steine-Erden vom 12. und 19. Januar 1976 zur Höhe der Löhne eines Bauschlossers in den Jahren 1950 bis 1955 mit Urteil vom 22. Januar 1976 zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger sei nicht wegen der Schädigungsfolgen, sondern wegen der Folgen des Unfalls vom 23. November 1955 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Der hiermit verbundene Wegfall des Arbeitsverdienstes stelle keinen Einkommensverlust iS des § 30 Abs 3 und 4 BVG dar. Allerdings sei auch ein aus schädigungsunabhängigen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedener Rentner von der Gewährung des BSA dann nicht ausgeschlossen, wenn sein Renteneinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert sei. Die Minderung des Renteneinkommens müsse jedoch die Aus- und Fortwirkung eines bereits während des Arbeitslebens eingetretenen "rechtserheblichen" Erwerbsschadens sein. Insofern reiche es nicht aus, daß der Rentner seit Beantragung der Leistung Schwerbeschädigter sei. Vielmehr müsse er schon den in der Rentenhöhe nachwirkenden schädigungsbedingten Erwerbsschaden aus dem früheren Arbeitsleben als Schwerbeschädigter erlitten haben. Der Kläger habe als Schwerbeschädigter einen solchen Schaden nicht erlitten. Er sei vor seinem schädigungsunabhängigen vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nur bis zum Ablauf des Jahres 1951 Schwerbeschädigter gewesen. Während dieses Zeitraums habe er keinen nachweisbaren Erwerbsschaden erlitten. Dabei sei davon auszugehen, daß er bei gesunder Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft seinen Beruf als Bauschlosser wieder aufgenommen hätte, diesen Beruf aber wegen der Schädigungsfolgen nicht mehr ausüben könne. Maßgebliche Vergleichsgrundlage sei somit das Durchschnittseinkommen eines Facharbeiters im Wirtschaftsbereich Hoch- und Tiefbau. Da Erhebungen des Statistischen Bundesamtes erst für die Zeit ab 1960 vorlägen und das ihnen zugrunde liegende Gesetz über die Lohnstatistik aus dem Jahre 1956 stamme, müsse zur Ermittlung des Vergleichseinkommens ersatzweise auf andere Werte zurückgegriffen werden. Deswegen seien die für den betreffenden Beschädigten sachlich, örtlich und zeitlich maßgeblichen Tarifverträge heranzuziehen. Danach hätte der Kläger als Bauschlosser im Jahre 1950 einen tariflichen Arbeitsverdienst von DM 3.020,16 und im Jahre 1951 von DM 3.549,- gehabt. Demgegenüber habe sein tatsächliches Arbeitseinkommen im Jahre 1950 DM 3.039,- und im Jahre 1951 DM 3.675,- betragen. Er habe damit während der damaligen Zeit seiner Schwerbeschädigung einen Erwerbsschaden im Arbeitsleben nicht erlitten, so daß es auch nicht zu einer negativen Auswirkung auf das Renteneinkommen gekommen sei und ihm BSA nicht zustehe. § 30 Abs 5 BVG in der ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I S. 3113) lasse eine andere Beurteilung nicht zu.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 30 Abs 3 und 4 BVG und der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG): Das LSG habe dadurch, daß es von einer unzutreffenden Bewertung seiner - des Klägers - Tätigkeit bei den H-Werken ausgegangen sei und insofern den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt habe, gegen §§ 103 und 128 SGG verstoßen. Ihm könne auch nicht darin gefolgt werden, daß ein Rentner den nunmehr in der Rentenhöhe nachwirkenden schädigungsbedingten Erwerbsschaden aus dem früheren Arbeitsleben als Schwerbeschädigter erlitten haben müsse. Das Gesetz verlange lediglich, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft zum Antragszeitpunkt vorliege. Die Auffassung des LSG widerspreche außerdem der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Danach komme es für die Gewährung des BSA nicht darauf an, daß irgendwann einmal ein Schaden bestanden habe. Vielmehr müsse dieser Schaden im Zeitpunkt der Antragstellung und während der Zeit bestanden haben, für die der Ausgleich begehrt werde. Bei ihm - dem Kläger - liege ein solcher Schaden vor, weil er als Hilfsarbeiter im Vergleich zu einem Handwerker geringere Sozialversicherungsbeiträge geleistet und sich dies auf die Höhe der gesetzlichen Rente ausgewirkt habe. Dasselbe gelte unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des LSG. Denn als gelernter Handwerker hätte er auch in den Jahren 1950 und 1951 wesentlich höhere als die bei den H.-Werken tatsächlich erhaltenen Arbeitseinkünfte erzielen können.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 1076 und des Sozialgerichts Detmold vom 1. Februar 1974 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Versorgungsamts Bielefeld vom 28. April 1971 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. September 1972 zu verurteilen, ihm ab 1. März 1967 Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Durchschnittseinkommens der Leistungsgruppe I der männlichen Arbeiter im Wirtschaftsbereich Hoch- und Tiefbau als Vergleichseinkommen zu gewähren;

hilfsweise:

das Urteil des LSG aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Auffassung des LSG, daß in Fällen der vorliegenden Art der Frührentner den schädigungsbedingten Erwerbsschaden im Arbeitsleben als Schwerbeschädigter erlitten haben müsse, halte sich im Rahmen analoger Gesetzesanwendung und finde in der Entstehungsgeschichte des § 30 Abs 3 BVG in der Fassung des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21.Februar 1964 (BGBl I S. 85) ihre Stütze. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen und seine Bedenken gegen die vom LSG zur Ermittlung des Vergleichseinkommens gewählte Berechnungsweise könnten nicht durchgreifen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne des von ihm gestellten Hilfsantrages begründet.

Der Kläger begehrt die Gewährung eines BSA ab 1. März 1967. Hierbei handelt es sich um eine laufende Versorgungsleistung. Der geltend gemachte Anspruch ist daher nach § 30 Abs 3 und 4 BVG in der Fassung des Dritten Neuordnungsgesetzes (3. NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBl I S. 750) und der seither erfolgten Änderungen der Vorschrift (wobei bloße Erhöhungen der Höchstbeträge des BSA außer Betracht bleiben) durch das Dritte Anpassungsgesetz-KOV (3. AnpG-KOV) vom 16. Dezember 1971 (BGBl I S. 1985), das Siebente Anpassungsgesetz-KOV (7. AnpG-KOV) vom 7. Juni 1975 (BGBl I S. 1321), das HStruktG-AFG, das Achte Anpassungsgesetz-KOV (8. AnpG-KOV) vom 14. Juni 1976 (BGBl I S. 1481) und das Neunte Anpassungsgesetz-KOV (9. AnpG-KOV) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S. 1037) zu beurteilen.

Nach § 30 Abs 3 BVG erhalten Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen (seit 1. Juli 1976: Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit) durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des Abs 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes bis zu einem bestimmten monatlichen Höchstbetrag. Als Einkommensverlust hat bis zum 30. Juni 1976 der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (seit 1. Januar 1972 als "derzeitiges Bruttoeinkommen" bezeichnet) und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte (seit 1. Januar 1972 "Vergleichseinkommen"), gegolten. Nach § 30 Abs 4 Sätze 1 und 2 BVG idF des 8. AnpG-KOV ist Einkommensverlust der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Vergleichseinkommen ist das monatliche Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte, im Mittel des dreijährigen Zeitraums vor dem Kalenderjahr der Rentenanpassung nach § 56 BVG zuzüglich bestimmter Erhöhungssätze.

Mit der Gewährung des BSA soll ein schädigungsbedingter wirtschaftlicher Schaden ausgeglichen werden, der speziell bei einer beruflichen Tätigkeit eingetreten ist (BSGE 30, 48, 49; BSG SozR BVG § 30 Nr 43) und zur Zeit der Antragstellung und in der folgenden Zeit noch besteht (BSGE 32, 1, 2; 34, 216, 217; 37, 80, 86; BSG SozR BVG § 30 Nr 50; 3100 § 30 Nr 4). Einen solchen Schaden können auch Rentner haben, die aus schädigungsunabhängigen Gründen wie etwa wegen nichtschädigungsbedingter Gesundheitsstörungen aus dem Berufsleben ausgeschieden sind. Diese Gruppe der Rentner ist daher von der Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht ausgeschlossen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 16. Oktober 1974 (BSGE 38, 160, 162 f = SozR 3100 § 30 Nr 3) und ihm folgend der 9. Senat des BSG im Urteil vom 17. Oktober 1974 (BSG SozR 3100 § 30 Nr 4) entschieden haben, soll durch § 30 Abs 3 und 4 BVG jede Art eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes aus Erwerbstätigkeit ausgeglichen werden. Deswegen ist der in § 30 Abs 3 BVG (in seinen bis zum 30. Juni 1976 geltenden Fassungen) verwendete Begriffe des "Erwerbseinkommens" nicht dahin auszulegen, daß nur der Verlust oder eine Minderung des Einkommens aus aktiver Erwerbstätigkeit auszugleichen ist. Den mit dieser Auslegung zwangsläufig verbundenen Ausschluß derjenigen Rentner, die schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, aus dem Kreis der anspruchsberechtigten Personen hätte der Gesetzgeber ausdrücklich regeln müssen; dies ist nicht geschehen. Damit ist unter "Erwerbseinkommen" iS des § 30 Abs 3 BVG auch das aus einer früheren Tätigkeit abgeleitete Einkommen wie zB Rente, Pension und ähnliche Bezüge zu verstehen. Dem trägt nunmehr die Neufassung des § 30 Abs 3 BVG durch das 8. AnpG-KOV ausdrücklich Rechnung, indem der Begriff des "Erwerbseinkommens" durch denjenigen des "Einkommens aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit" ersetzt worden ist.

Allerdings kommt bei Rentnern, die schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, ein Ausgleich desjenigen wirtschaftlichen Schadens, der mit dem Wegfall des (höheren) Einkommens aus aktiver Erwerbstätigkeit und seiner Ersetzung durch ein (im Regelfall niedrigeres) Renteneinkommen verbunden ist, nicht in Betracht. Auszugleichen ist nur ein schädigungsbedingter wirtschaftlicher Nachteil; das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und der damit einhergehende Wegfall des Arbeitseinkommens sind jedoch gerade nicht schädigungsbedingt. Dem Grunde nach ist daher nur eine Minderung des Renteneinkommens ausgleichungsfähig, sofern diese konkret nachzuweisen ist und für sie die gesundheitlichen Folgen der Schädigung mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Bedingung sind. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, stellt sich die in den Urteilen des erkennenden Senats vom 16. Oktober 1974 (BSGE 38, 160) und vom 29. September 1976 (SozR 3100 § 30 Nr 16) sowie im Urteil des 9. Senats vom 17. Oktober 1974 (SozR 3100 § 30 Nr 4) erörterte Frage, wie der Berufsschadensausgleich des Rentners der Höhe nach zu bemessen ist.

Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus die Auffassung vertritt, bei dieser Gruppe von Rentnern müsse die Schwerbeschädigteneigenschaft schon in dem Zeitpunkt vorgelegen haben, in welchem die in der Rentenhöhe nachwirkende, schädigungsbedingte Minderung des Einkommens aus aktiver Erwerbstätigkeit eingetreten ist, kann ihm nicht gefolgt werden. Schon der nach allgemeinen Regeln der Gesetzesauslegung in erster Linie maßgebende Wortlaut des § 30 Abs 3 BVG (in der Fassung des 3. NOG) steht dem entgegen. Hiernach erhalten Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen (seit 1. Juli 1976: Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit) durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des Abs 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes bis zu einem bestimmten monatlichen Höchstbetrag. Nach dieser Gesetzesfassung insbesondere unter Berücksichtigung ihres gegenüber § 30 Abs 3 BVG in der Fassung des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I S. 85) veränderten Wortlautes reicht es aus, daß der Antragsteller zur Zeit der Geltendmachung des Berufsschadensausgleichs und nachher in seiner Erwerbsfähigkeit um 50 vH oder mehr (§ 31 Abs 3 BVG aF) beeinträchtigt ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß der Begriff des "Schwerbeschädigten" in Verbindung mit dem in der Gegenwartsform verwendeter Tätigkeitswort "erhalten" gebraucht wird und somit ersichtlich nur gegenwarts- und zukunftsbezogen ist.

Dies wird bestätigt durch folgende Erwägung: Nach § 30 Abs 3 BVG ist der Anspruch auf Berufsschadensausgleich von zwei Voraussetzungen abhängig, nämlich von der "persönlichen" Voraussetzung der Schwerbeschädigteneigenschaft und von der "sachlichen" Voraussetzung eines Einkommensverlustes in Gestalt einer Minderung des Erwerbseinkommens (Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit) durch die Schädigungsfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG muß die sachliche Voraussetzung des schädigungsbedingten Einkommensverlustes zur Zeit der Antragstellung und in der folgenden Zeit erfüllt sein (BSGE 32, 1; 34, 216; 37, 80, 86; BSG SozR BVG § 30 Nr 50 und 3100 § 30 Nr 4). Das bedeutet allerdings nicht, daß der zum Einkommensverlust führende Schaden als solcher erst in dieser Zeit entstanden sein muß. Vielmehr reicht es aus, daß ein bereits vorher entstandener Schaden über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus fortbesteht. Demzufolge kann auch einem Rentner, der schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist und erst danach die Gewährung von BSA beantragt hat, diese Leistung grundsätzlich bewilligt werden (BSGE 38, 160; BSG SozR 3100 § 30 Nr 4). Die für einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich erforderliche sachliche Voraussetzung des Einkommensverlustes kann daher ihrer Entstehung nach auch vergangenheitsbezogen sein. Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Entscheidende Voraussetzung für die Gewährung des Berufsschadensausgleichs ist ein gegenwärtiger wirtschaftlicher Schaden.

Für die persönliche Voraussetzung der Schwerbeschädigteneigenschaft kann nichts anderes gelten. Zwar kann auch sie bereits in der Zeit vor der Antragstellung entstanden sein. Dies ist jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers, soweit er in § 30 Abs 3 BVG seinen Ausdruck gefunden hat, weder ausreichend noch notwendig. Vielmehr ist es erforderlich und genügend, daß ebenso wie die sachliche Voraussetzung des schädigungsbedingten Einkommensverlustes auch die persönliche Voraussetzung der Schwerbeschädigteneigenschaft im Zeitpunkt der Antragstellung und danach erfüllt ist. Dies muß auch dann gelten, wenn der zum Einkommensverlust führende Schaden als solcher bereits vor diesem Zeitpunkt entstanden ist. Daß in diesem Fall die Schwerbeschädigteneigenschaft schon im Zeitpunkt der Entstehung des Schadens vorgelegen haben muß, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Diese Auffassung würde dazu führen, daß einerseits einem Beschädigten, der uU jahre- oder jahrzehntelang als Schwerbeschädigter einen Einkommensverlust erlitten hat, gleichwohl ein Berufsschadensausgleich nicht gewährt werden kann, wenn er im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr Schwerbeschädigter ist, andererseits aber die Gewährung der Leistung auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Beschädigte zwar einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten hat, die Schwerbeschädigteneigenschaft aber erst später, zB zur Zeit der Antragstellung, eingetreten ist. Damit würde der Kreis der Berechtigten auf diejenigen Beschädigten eingeengt, die sowohl gegenwärtig als auch schon in der Zeit vor Antragstellung Schwerbeschädigte sind und gewesen sind. Dieses Ergebnis erscheint so auffällig und würde den Anwendungsbereich der maßgebenden Vorschriften derart einschränken, daß es einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft hätte.

Die Auffassung des Senats, daß der schädigungsbedingte Einkommensverlust (ganz oder teilweise) auch vor Eintritt bzw Anerkennung der Schwerbeschädigteneigenschaft entstanden sein kann, wird durch das Gesetzgebungsverfahren bestätigt. Die Gewährung von BSA war zunächst auf Erwerbsunfähige (§ 31 Abs 3 BVG) beschränkt (vgl § 30 Abs 3 BVG in der Fassung des Ersten Neuordnungsgesetzes - 1. NOG - vom 27. Juni 1960; BGBl I S. 453). Bei den Vorberatungen des 2. NOG ist erwogen worden, (einerseits) die Gewährung des BSA von einer MdE um 80 vH abhängig zu machen (vgl Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, 78. Sitzung, S. 3790 C), (andererseits) die Leistung sämtlichen Beschädigten, die einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten haben, ohne Rücksicht auf die Höhe ihrer MdE zu gewähren (vgl Bundesminister Blank in Verhandlungen, aaO, S. 3798 f). Der letzteren Erwägung ist ua entgegengehalten worden, eine derartige Ausdehnung des Kreises der Begünstigten werde voraussichtlich nur eine geringe Zahl von Fällen erfassen (vgl Abg. Glombig in Verhandlungen, aaO, S. 3806 A; ferner Ausschußbericht BT-Drucks IV/1831, S. 6). Schließlich ist bei der endgültigen Beratung und Fassung des 2. NOG der BSA auf "Schwerbeschädigte" ausgedehnt worden, ohne daß dabei der Gesetzgeber deutlich gemacht hätte, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft nicht nur zur Zeit der Antragstellung und danach, sondern bereits bei Eintritt des schädigungsbedingten Einkommensverlustes vorgelegen haben muß. Im Hinblick auf das aufgezeigte Gesetzgebungsverfahren wäre aber ein derartiger Hinweis zu erwarten gewesen, falls der Gesetzgeber den Kreis der Begünstigten nur unter dieser Voraussetzung hätte ausdehnen wollen.

Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 30 Abs 3 BVG durch das 2. NOG bestimmt, daß Schwerbeschädigte "nach Anwendung des Absatzes 2" einen BSA erhalten. Hierbei ist ausdrücklich erörtert worden, daß, soweit Beschädigte mit einer MdE um 30 und 40 vH durch Höherstufung nach § 30 Abs 2 BVG mindestens eine MdE von 50 vH erreichen, auch für sie ein BSA in Betracht kommt (vgl BT-Drucks IV/1831, S. 6). Dieser erklärten Absicht des Gesetzgebers würde es widersprechen, einen Beschädigten, der erst nach Prüfung und Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit die Schwerbeschädigteneigenschaft erreicht, von der Gewährung eines BSA gleichwohl auszuschließen, wenn der schädigungsbedingte Einkommensverlust schon vor Erreichung der Schwerbeschädigteneigenschaft eingetreten ist.

Das LSG hat bei seiner entgegenstehenden Auslegung schließlich den rechtssystematischen Zusammenhang des § 30 Abs 3 BVG im Gesamtgefüge des BVG nicht beachtet. Nach diesem Gesetz werden außer dem BSA auch andere Leistungen nur Schwerbeschädigten gewährt (vgl § 10 Abs 2 und Abs 4 Satz 1 Buchst a, § 32 Abs 1, § 33a Abs 1, § 33b Abs 1 BVG). Für diese Leistungen ist bisher nicht in Zweifel gezogen worden, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft im Zeitpunkt der für den Leistungsbeginn regelmäßig maßgebenden Antragstellung (§ 60 Abs 1 BVG), nicht aber auch im Zeitpunkt der Entstehung der Leistungsvoraussetzungen vorliegen muß. So dürfte es zB mit dem Willen des Gesetzgebers schwerlich vereinbar sein, die Gewährung des Ehegattenzuschlages (§ 33a BVG) oder des Kinderzuschlages (§ 33b BVG) davon abhängig zu machen, daß der Anspruchsberechtigte bereits im Zeitpunkt der Eheschließung oder der Geburt des Kindes Schwerbeschädigter ist. Die Schwerbeschädigteneigenschaft ist demnach Voraussetzung nur für die Gewährung der Leistung in der Zeit nach Antragstellung. Nicht aber muß sie schon bei der Entstehung des der Leistung zugrunde liegenden Tatbestandes vorgelegen haben. Im Rahmen des § 30 Abs 3 und 4 BVG kann nichts anderes gelten. Ebenso wie § 32 Abs 1, § 33a Abs 1, § 33b Abs 1 BVG bestimmt auch § 30 Abs 3 BVG den Kreis der Anspruchsberechtigten mit den Worten "Schwerbeschädigte ... erhalten ...". Mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung kann dies nur dahin verstanden werden, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft zur Zeit der Antragstellung und danach vorliegen muß. Die Gegenwarts- und Zukunftsbezogenheit der Formulierung wird noch dadurch unterstrichen, daß durch das 8. AnpG-KOV der bis dahin in § 30 Abs 3 BVG verwendete Begriff des "Erwerbseinkommens" durch denjenigen des "Einkommens aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit" ersetzt worden ist, ohne daß an die frühere Tätigkeit das Erfordernis geknüpft worden ist, daß sie von einem Schwerbeschädigten ausgeübt worden sein muß.

Nach alledem kann der Auffassung des LSG, daß der schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Rentner die in einer Rentenminderung nachwirkende schädigungsbedingte Verringerung seines Einkommens aus aktiver Berufstätigkeit als Schwerbeschädigter erlitten haben muß, nicht zugestimmt werden. Vielmehr reicht es aus, wenn die Schwerbeschädigteneigenschaft zur Zeit der Antragstellung und danach vorliegt. Dem steht das Urteil des 9. Senats des BSG vom 25. November 1976 (BSG SozR 3100 § 30 Nr 19) nicht entgegen. Denn der 9. Senat hat auf die Anfrage des erkennenden Senats vom 24. März 1977 am 23.November 1977 beschlossen, an dem in jenem Urteil geäußerten Rechtsstandpunkt nicht mehr festzuhalten.

Voraussetzung für die Gewährung eines BSA bleibt allerdings in jedem Fall, daß die gesundheitlichen Folgen der Schädigung wesentliche Bedingung für die Minderung des derzeitigen Bruttoeinkommens sind (vgl § 30 Abs 3 BVG: "durch die Schädigungsfolgen"; § 30 Abs 4 Satz 2 BVG: "ohne die Schädigung"). Für die schädigungsunabhängig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Rentner bedeutet dies, daß die zur Verringerung ihres Renteneinkommens führende Minderung ihrer Einkünfte aus aktiver Erwerbstätigkeit ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen sein muß. Zwar braucht nach den obigen Ausführungen während der Zeit der aktiven Erwerbstätigkeit die Schwerbeschädigteneigenschaft noch nicht vorgelegen zu haben. Der Grad der MdE in dieser Zeit kann aber insofern von Bedeutung sein, als, je niedriger er gewesen ist, desto geringer die Wahrscheinlichkeit ist, daß zwischen der Minderung des Erwerbseinkommens und den Schädigungsfolgen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dem wird das Tatsachengericht bei der Würdigung des Beweisergebnisses Rechnung zu tragen haben.

Das LSG muß somit die bisher unterlassene Feststellung nachholen, ob der Kläger auch in der Zeit ab 1. Januar 1952 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben eine schädigungsbedingte Minderung seiner Arbeitseinkünfte erlitten hat und diese Minderung sich auf die Höhe seiner Renteneinkünfte auswirkt. Schon deswegen war der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Dies war aber auch aus einem weiteren Grunde geboten. Das LSG ist nämlich bei der Prüfung der Frage, ob der Kläger in der Zeit bis zum 31. Dezember 1951 eine schädigungsbedingte Minderung seiner Arbeitseinkünfte erlitten hat, von einer unzutreffenden Vergleichsgröße ausgegangen.

Die Feststellung, ob eine schädigungsbedingte Minderung des gegenwärtigen Bruttoeinkommens - sei es aus gegenwärtiger oder aus früherer Erwerbstätigkeit - vorliegt, muß sich im Rahmen der von § 30 Abs 3 und 4 BVG und den zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnungen verfolgten Systematik halten. Diese ist - soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung - vor allem von zwei Gesichtspunkten geprägt. Einmal ist nicht erst die Höhe des BSA, sondern sind schon dessen Voraussetzungen pauschalierend und generalisierend nach einem durchschnittlichen Berufserfolg und dementsprechend nach durchschnittlichen Einkommensverhältnissen zu bestimmen. Dies schließt eine Ermittlung des in § 30 Abs 3 BVG vorausgesetzten Schadens nach den individuellen voraussichtlichen Berufsverhältnissen des Beschädigten unter Berücksichtigung der in seinem Fall gegebenen konkreten Umstände aus (vgl BSGE 33, 60, 61f; 40, 43, 44; BSG SozR 3100 § 30 Nr 4). Zum anderen enthalten weder § 30 Abs 3 und 4 BVG noch die zur Durchführung erlassenen Verordnungen eine spezielle Regelung darüber, wie ein schädigungsbedingter Einkommensverlust in Form einer Minderung des Renteneinkommens festzustellen ist. Demzufolge ist weder eine individuelle Berechnung des ohne die Schädigung wahrscheinlich erreichten Renteneinkommens (vgl BSGE 38, 160, 167) noch der Vergleich mit einem "durchschnittlichen Renteneinkommen" derjenigen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte, oder mit dem tatsächlichen Renteneinkommen vergleichbarer Personen zulässig (vgl BSG SozR BVG § 30 Nr 56; SozR 3100 § 30 Nr 4). Ob eine schädigungsbedingte Minderung des Renteneinkommens vorliegt, kann vielmehr nur wie folgt ermittelt werden: Zunächst ist festzustellen, welche berufliche Tätigkeit der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen während seines aktiven Berufslebens wahrscheinlich ausgeübt hätte. Diese wahrscheinlich ausgeübte Berufstätigkeit ist sodann auf der Grundlage der in § 30 Abs 4 BVG erschöpfend aufgezählten Vergleichskriterien (entweder die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes oder die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes) nach näherer Maßgabe der zur Durchführung des § 30 Abs 3 und 4 bzw Abs 3 bis 5 BVG erlassenen Verordnungen einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zuzuordnen. Das für diese Berufs- oder Wirtschaftsgruppe festgesetzte Durchschnittseinkommen ist den während des aktiven Berufslebens effektiv erzielten Einkünften (vgl §§ 9 und 10 der Verordnungen zur Durchführung des § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968, BGBl I S. 194 - DVO 1968 - und vom 11. April 1974, BGBl I S. 927 - DVO 1974 - sowie der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs 3 bis 5 BVG vom 18. Januar 1977, BGBl I S. 162 - DVO 1977 -) gegenüberzustellen. Ist das Durchschnittseinkommen geringer als die effektiven Einkünfte oder gleich hoch wie diese, so ist schon deswegen ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich dem Grunde nach nicht gegeben. Sind hingegen die effektiven Einkünfte im Vergleich zum Durchschnittseinkommen geringer, so ist weiter festzustellen, ob sich dies wirtschaftlich nachteilig auf die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben erzielten Einkünfte aus der früheren Erwerbstätigkeit auswirkt. Dies ist zB der Fall, wenn sich die von der Höhe der Einkünfte abhängigen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl insbesondere § 1385 der Reichsversicherungsordnung - RVO -; § 112 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) verringert haben oder wenn der Beschädigte wegen der Schädigung geringere ruhegehaltsfähige Dienstbezüge erhält, als er ohne die Schädigung wahrscheinlich erhalten hätte (vgl zB § 108 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - in seiner bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Fassung; § 5 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - vom 24. August 1976, BGBl I S. 2485). Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, steht dem Beschädigten dem Grunde nach ein Berufsschadensausgleich zu.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß zur Ermittlung des monatlichen Vergleichseinkommens in den Jahren 1950 und 1951 amtliche Erhebungen des Statistischen Bundesamtes nicht herangezogen werden können, weil diese Erhebungen erst vom Jahre 1960 an durchgeführt worden sind und das ihnen zugrunde liegende Gesetz über die Lohnstatistik aus dem Jahre 1956 stammt. Es hat daraus die Folgerung gezogen, daß das Einkommen, welches der Kläger als Bauschlosser in den Jahren 1950 und 1951 wahrscheinlich erzielt hätte, unter Heranziehung der sachlich, örtlich und zeitlich maßgeblichen Tarifverträge zu ermitteln sei. Dies ist unzutreffend. § 30 Abs 4 BVG schließt die Heranziehung anderer Vergleichsgrundlagen als der amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes und der beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen (seit 1. Juli 1976: Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppen) des Bundes aus. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern ist auch eine Folge des ihr innewohnenden Gedankens, daß entsprechend dem das Recht des BSA beherrschenden Grundsatzes der Generalisierung und Pauschalierung auch das Vergleichseinkommen in dieser Weise zu ermitteln ist. Dem widerspricht die Heranziehung anderer Vergleichsgrundlagen wie etwa regional begrenzter Tarifverträge der gewerblichen Wirtschaft. Beim Fehlen amtlicher Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für den maßgeblichen Zeitraum können daher zur Ermittlung des Vergleichseinkommens nur die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes herangezogen werden (vgl BSG 33, 60, 63). Auf der Grundlage seiner Feststellung, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich weiterhin den erlernten Beruf des Bauschlossers ausgeübt hätte, wird das Berufungsgericht daher weiter zu ermitteln haben, welcher Lohngruppe diese Tätigkeit während des maßgeblichen Zeitraums zuzuordnen gewesen ist (vgl § 4 Abs 4 DVO 1968, § 4 Abs 5 DVO 1974, § 4 Abs 6 DVO 1977). Diese Feststellung hat es nicht nur für die Jahre 1950 und 1951, sondern aus den oben dargelegten Gründen auch für den folgenden Zeitraum bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem Erwerbsleben zu treffen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

BSGE, 227

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