Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 19.05.1976)

 

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 5) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 1976 wird zurückgewiesen

Die Beteiligten haben einander auch außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Beigeladenen zu 3) und zu 4) in der Zeit, in der sie während ihrer Zugehörigkeit zum Bundesgrenzschutz eine Bankausbildung durchlaufen haben, versicherungspflichtig in der Krankenversicherung (KrV) und der Angestelltenversicherung (AV) sowie beitragspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) gewesen sind.

Die Beigeladenen zu 3) und 4) waren Grenzschutzbeamte. Sie wurden nach § 12 des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) idF vom 12. Februar 1972 (BGBl I 166) während der letzten Monate ihrer Dienstzeit vom 1. August 1972 bis 31. Januar 1974 unter Fortzahlung der Dienstbezüge für eine Ausbildung zum Bankkaufmann vom Dienst freigestellt. Die Ausbildung erfolgte aufgrund eines Ausbildungsvertrages mit der Klägerin. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung wurde aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin, der Beigeladenen zu 5) und den beigeladenen Grenzschutzbeamten zur Deckung von Unkosten an die Beigeladene zu 5) – Grenzschutzverwaltung Nord – überwiesen.

Die Beigeladenen zu 3) und 4) sind seit 1. August 1972 Mitglieder der beklagten Ersatzkasse. Diese stellte mit Bescheid vom 17. November 1972 Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) und 4) in der KrV und AV und Beitragspflicht zur BA fest und forderte die Klägerin auf, „die Sozialversicherungsbeiträge nach den gezahlten Ausbildungsbeihilfen zu bezahlen”. Der Widerspruch, mit dem sich die Klägerin gegen das Bestehen einer Versicherungspflicht wandte, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1973).

Mit der Klage hat die Klägerin Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides beantragt und gleichzeitig den Antrag gestellt, festzustellen, daß die Beigeladenen zu 3) und 4) versicherungsfrei in der KrV und AV sowie beitragsfrei zur BA gewesen sind. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil des SG vom 19. September 1974). Die dagegen eingelegten Berufungen der Klägerin und Beigeladenen zu 5) hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 19. Mai 1976). Das LSG hat dazu ausgeführt: Streitgegenstand des Verfahrens sei nur die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) und 4) in der KrV und AV sowie ihre Beitragspflicht zur BA, nicht hingegen die Beitragsanforderung, weil sich die Klägerin mit dem Widerspruch nur gegen das Bestehen der Versicherungspflicht gewandt habe. Die neben der Anfechtungsklage erhobene Feststellungsklage hat das LSG für zulässig gehalten, da die Klägerin später zur Entrichtung von Beiträgen herangezogen werden könnte. In der Sache hat das LSG die Auffassung der Beklagten bestätigt. Es ist davon ausgegangen, daß die Beigeladenen zu 3) und 4) bei der Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. Als zur Ausbildung Beschäftigte seien sie versicherungspflichtig in der KrV und AV und beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Versicherungsfreiheit wegen des fortbestehenden Beamtenverhältnisses komme nicht in Betracht. Die §§ 169, 172 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung –RVO–, § 6 Abs. 1 Nr. 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes –AVG- und § 169 Nr. 1 AFG begründeten Versicherungsfreiheit nur für das Beamtenverhältnis selbst, nicht hingegen für eine daneben ausgeübte Beschäftigung. Für Soldaten auf Zeit, die im Rahmen der Berufsförderung in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, habe das Bundessozialgericht (BSG) dies bereits in seinem Urteil vom 12. November 1975 – 3/12 RK 10/74 – (SozR 2200 § 172 Nr. 4) entschieden. Pur Polizeivollzugsbeamte könne insoweit nichts anderes gelten.

Mit der Revision macht die Beigeladene zu 5) geltend, daß sich die Versicherungsfreiheit als Beamter auch auf daneben bestehende Beschäftigungsverhältnisse erstrecke, wenn durch die Ausübung dieser Beschäftigungen kein denkbares zusätzliches Risiko für den Versicherten entstehe. Dies sei der Fall, wenn dem Beamten die vollen Dienstbezüge belassen werden und er aus dem Ausbildungsverhältnis kein zusätzliches Einkommen erziele. Die Rechtsprechung des BSG über die Rechtsverhältnisse von Zeitsoldaten könne nicht zum Vergleich herangezogen werden. Bei Soldaten sei nach § 5 a Abs. 3 Satz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) das aus der Fachausbildung erzielte Einkommen auf die für diesen Zeitraum zustehenden Bezüge anzurechnen. Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf seien hingegen nach § 12 Abs. 6 BPolBG in der bis 30. Juni 1976 geltenden Fassung grundsätzlich unter Belassung der vollen Dienstbezüge zu beurlauben. Dementsprechend erfolge auch die Nachversicherung aufgrund der vollen Dienstbezüge. Dies sei inzwischen geschehen. Ferner wendet sich die Revision dagegen, daß die Beitragszahlungspflicht nicht als Streitgegenstand des Berufungsverfahrens angesehen worden ist.

Die Beigeladene zu 5) beantragt,

die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17. November 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1973 aufzuheben;

hilfsweise;

festzustellen, daß die Beigeladenen zu 3) und 4) in der Zeit vom 1. August 1972 bis 31. Januar 1974 in allen Zweigen der Sozialversicherung beitragsfrei gewesen sind.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beigeladenen zu 5) ist unbegründet.

Soweit die Beigeladene zu 5) die Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides begehrt, ist die für die Zulässigkeit der erhobenen Anfechtungsklage erforderliche Beschwerde der Beigeladenen zu 5) gegeben. Sie hat sich nämlich der Klägerin gegenüber verpflichtet, die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge aus den ihr überwiesenen Ausbildungsvergütungen der Beigeladenen zu 3) und 4) an die Klägerin zurückzuzahlen.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist hingegen unzulässig, weil insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BSG, Urteil vom 1. Juni 1978 – 12 RK 50/76 – zur Veröffentlichung bestimmt –).

Sachlich konnte die Revision keinen Erfolg haben. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Ausbildungsverhältnisse der Beigeladenen zu 3) und 4) bei der Klägerin nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO und § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG Versicherungspflicht in der KrV und AV begründen und nach § 168 Abs. 1 AFG der Beitragspflicht zur BA unterliegen. Es hat ferner zutreffend entschieden, daß sich die Versicherungsfreiheit nach den §§ 169 und 172 Abs. 1 Nr. 1 RVO, § 6 Abs. 1 Nr. 5 AVG und § 169 Abs. 1 AFG nur auf die Tätigkeit im Beamtenverhältnis selbst erstreckt, nicht jedoch auf eine daneben in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis ausgeübte Beschäftigung. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. für Nebenbeschäftigungen BSGE 31, 66; 40, 208; SozR 2200 § 169 Nr. 4; für Beschäftigungsverhältnisse, die nach Enthebung vom Dienst bei Kürzung der Dienstbezüge während eines Disziplinarverfahrens ausgeübt wurden: BSGE 20, 123; 20, 133; für Ausübung eines Beschäftigungsverhältnisses nach Beurlaubung ohne Dienstbezüge: BSG SozR Nr. 2 zu § 6 AVG; BSG Urteil vom 13. November 1973 – 12 RK 22/72 – USK 73192, für Beamte, die neben ihrem Beamtenverhältnis eine Rente beziehen und dadurch als Rentner krankenversicherungspflichtig werden: BSG SozR Nr. 76 zu § 165 RVO; für Soldaten, die im Rahmen der Berufsförderung für ein Ausbildungsverhältnis vom Dienst freigestellt werden: BSG SozR 2200 § 172 Nr. 4). Für ohne Dienstbezüge beurlaubte Beamte hat das BSG in dem Urteil vom 13. November 1973 (USK 73192) allerdings entschieden, daß sie aufgrund einer besonderen Gewährleistung versicherungsfrei sein können, wenn sie in dem privaten Beschäftigungsverhältnis Aufgaben des Dienstherrn in dessen Interesse wahrnehmen. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.

Gegenüber dieser Rechtsprechung kann die Beigeladene zu 5) nicht geltend machen, daß bei den Beigeladenen zu 3) und 4) kein Schutzbedürfnis vorhanden sei, das eine Versicherungspflicht und Beitragspflicht zur Sozialversicherung rechtfertigen könnte. Abgesehen davon, daß dies nicht zutrifft, kommt es hierauf auch nicht an. Das BSG hat in seiner neueren Rechtsprechung (vgl. BSG SozR Nr. 76 zu § 165 RVO; BSGE 40, 208; BSG SozR 2200 § 172 Nr. 4) nicht mehr darauf abgestellt, ob ein solches Bedürfnis vorliegt. Ausschlaggebend ist vielmehr allein der Gedanke, daß das Solidaritätsprinzip grundsätzlich einen Beitrag aller Beschäftigten zu den Systemen der sozialen Sicherung erfordert, unabhängig vom Vorliegen oder dem Umfang ihres individuellen Schutzbedürfnisses. Dies hat der erkennende Senat auch in seinen Urteilen zur Umlagepflicht im Rahmen der Konkursausfallgeldversicherung erst kürzlich erneut hervorgehoben (vgl. die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile vom 1. Juni 1978 – 12 RK 16/77 – und vom 1. März 1978 – 12 RK 14/77 –). Auch für den vorliegenden Fall hält der Senat an diesem Grundsatz fest. Dem steht das Urteil des Senats vom 2. September 1977 (SozR 2200 § 173 a Nr. 3) nicht entgegen. Dort wird nämlich lediglich die Möglichkeit zur Befreiung von der Formalmitgliedschaft in der KrV auf Beamte mit vollem Krankenversicherungsschutz ausgedehnt. Die Vorschrift des § 173 a RVO durchbricht bereits kraft Gesetzes das Solidaritätsprinzip unter bestimmten, besonders festgelegten Voraussetzungen. Bei der genannten Entscheidung ging es daher nicht mehr um die Frage, ob das fehlende Bedürfnis für einen Versicherungsschutz das Solidaritätsprinzip durchbricht, sondern darum, welchen Personenkreis diese Durchbrechung umfaßt. Dabei konnte aufgrund des besonderen Norminhalts des § 173 a RVO davon ausgegangen werden, daß dieser Kreis auch Beamte umschließt, die einen vollen Krankenversicherungsschutz genießen. Rückschlüsse auf den Wirkungsbereich des Solidaritätsprinzips außerhalb von § 173 a RVO lassen sich daraus Dicht herleiten.

Die Beigeladene zu 5) macht nun allerdings darüber hinaus geltend, daß nicht nur kein Schutzbedürfnis vorhanden sei, sondern auch eine ungerechtfertigte „Überversicherung” erfolge, wenn neben der Nachversicherung der Dienstbezüge auch noch Beiträge für die Tätigkeit im Ausbildungsverhältnis entrichtet würden. Zunächst ist festzuhalten, daß sich dieser Einwand nur auf die Rentenversicherung bezieht. Im übrigen ist aber an keiner Stelle des Gesetzes erkennbar, daß das Solidaritätsprinzip eine Einschränkung erfährt, wenn der einzelne Versicherte hierdurch höher versichert wird als es normalerweise nach Art und Umfang seiner Tätigkeit der Fall wäre. Solche Fälle können im Rahmen der Berufsförderung von Grenzschutzbeamten im übrigen auch eintreten, wenn keine Sondervereinbarung hinsichtlich der Ausbildungsvergütung getroffen wird, wie dies hier der Fall war. In § 12 Abs. 6 Satz BPolBG wird nämlich lediglich ein Ermessen hinsichtlich des Wegfalls oder teilweisen Wegfalls der Dienstbezüge bei Erzielung von Einkommen im Rahmen der Fachausbildung vorgesehen. Es ist deshalb nach dieser Vorschrift durchaus denkbar, daß die Behörde dem Beamten, der sich einer Fachausbildung unterzieht, die Dienstbezüge nur in Höhe eines Teils der Ausbildungsvergütung oder überhaupt laicht kürzt, somit dem Beamten die vollen Dienstbezüge und die Ausbildungsvergütung zukommen und dadurch in gleichem Umfang Beiträge gezahlt werden müssen, wie im vorliegenden Fall. In beiden Fällen liegt es überdies im Machtbereich der Beigeladenen zu 5), eine solche „übermäßige” Versicherung durch Kürzung der Dienstbezüge zu verhindern.

Da somit die Beigeladenen zu 3) und 4) versicherungspflichtig in der KrV und AV sowie beitragspflichtig nach dem AFG sind, hat die Klägerin für sie auch Beiträge zu entrichten. Entgegen der Auffassung des LSG ist auch die Beitragsforderung der Beklagten Streitgegenstand dieses Verfahrens geworden. Dies folgt schon daraus, daß der Widerspruch im Zweifel alle Verfügungssätze des angefochtenen Verwaltungsaktes umfaßt (BSG SozR Nr. 10 zu § 78 SGG). Wenn auch der Widerspruch nur Ausführungen zur Versicherungspflicht und Beitragspflicht dem Grunde nach enthält, so ist hieraus aber auch zu entnehmen, daß die Klägerin keine Beiträge zahlen will, also sich auch gegen die Beitragsanforderung wendet. Der Widerspruchsbescheid brauchte sich auch nur mit den vom Kläger geltend gemachten Einwendungen auseinanderzusetzen und mußte nicht den übrigen Teil des angefochtenen Bescheides wiederholen. Es genügte, daß der Bescheid seinem vollen Umfang nach unter Zurückweisung der im Widerspruch vorgebrachten Einwendungen bestätigt wurde. Schließlich ist außerdem eine Teilanfechtung nur möglich, wenn der Streitgegenstand teilbar ist. Das ist aber nicht der Fall, wenn – wie hier – sowohl Versicherungspflicht als auch Beitragspflicht streitig sind. Bei Verneinung der Versicherungspflicht kann die Feststellung der Höhe für sich genommen, nicht selbständig Bestand haben. Durch die unzutreffende Auffassung des LSG über den Umfang des Streitgegenstandes wird eine Zurückverweisung nicht erforderlich, da die Entscheidung ohne weitere Tatsachenfeststellungen getroffen werden kann.

Die Pflicht der Klägerin, die Beiträge zu entrichten, folgt aus § 393 RVO, § 118 Abs. 1 AVG und § 176 Abs. 1 AFG, Zu bemessen sind die Beiträge nach der Ausbildungsvergütung, wie dies die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid dargelegt hat. Der Beitrag ist jeweils von demjenigen Entgelt zu entrichten, das dem Beschäftigten zugeflossen ist (BSG SozR Nr. 23 zu § 160 KVO; BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Ausbildungsvergütungen der Beigeladenen zu 3) und 4) gegeben, obwohl die Vergütung ihnen nicht ausgezahlt wurde. Arbeitsentgelt ist zugeflossen, wenn es so aus der Vermögensphäre des Arbeitgebers in diejenige des Arbeitnehmers gelangt, daß dieser hierüber verfügen kann. Diese Voraussetzungen können auch vorliegen, wenn das Arbeitsentgelt nicht bar ausgezahlt wird, sondern an einen Dritten überwiesen wird. In dem vom erkennenden Senat am 1. Dezember 1977 entschiedenen Fall (BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5) konnte allerdings der Gewinnanteil aus dem Partnerschaftsvertrag nicht als zugeflossen angesehen werden, weil der Vertrag über die Gewinnbeteiligung von vornherein vorsah, daß der Gewinnanteil dem Arbeitgeber als Darlehen zu belassen war. Der Erwerb des Anspruchs war also von vornherein mit einer Bedingung belastet, die die freie Verfügung des Arbeitnehmers ausschloß. In vorliegendem Fall liegen die Verhältnisse jedoch anders. Die Klägerin hatte mit den Beigeladenen zu 3) und 4) Ausbildungsverträge geschlossen, in denen Ausbildungsvergütungen vereinbart wurden. Diese Verträge enthalten keine Einschränkungen der Verfügungsfreiheit der Auszubildenden. Die Auszubildenden haben vielmehr erst durch eine neben dem Ausbildungsvertrag mit ihrem Dienstherrn abgeschlossene Abtretungsvereinbarung – ohne aus dem Ausbildungsverhältnis dazu verpflichtet zu sein – im voraus über die Ausbildungsvergütung verfügt. Bereits hieraus ist abzulesen, daß die Auszahlung nicht deshalb unterblieb, weil eine Verfügungsbefugnis ausgeschlossen war, sondern allein deshalb, weil sie im voraus ausgeübt wurde. Es kann allerdings Fälle geben, in denen auch unter solchen Voraussetzungen von einem Zufluß nicht gesprochen werden kann. Der Senat hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 1977 (BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5) darauf hingewiesen, daß in solchen Fällen sich ein wichtiges Indiz daraus ergibt, in wessen Interesse die Überweisung an den Dritten erfolgt. Geschieht sie vorwiegend im Interesse des Arbeitgebers und ist es völlig ungewiß, ob und in welcher Höhe sie einmal dem Arbeitnehmer zukommt, so kann von einem Zufließen nicht gesprochen werden. Werden dagegen Verfügungen im Interesse des Arbeitnehmers vorweg vorgenommen, so ist auch dieser Teil des Entgelts dem Arbeitnehmer zugeflossen. Die Überweisung der Ausbildungsvergütung an die Beigeladene zu 5) erfolgte hier nicht im Interesse des Arbeitgebers (der Klägerin). Diesem konnte gleichgültig sein, an wen er die Ausbildungsvergütung auszahlt. Ein Interesse an der Auszahlung an die Beigeladene zu 5) hatten nur die Auszubildenden, also die Beigeladenen zu 3) und 4), weil sie sich, hierdurch die Weiterzahlung ihrer vollen Beamtenbezüge sichern konnten. Auch dadurch, daß evtl. die Auszahlung der Ausbildungsvergütungen an die Beigeladene zu 5) Voraussetzung für die Freistellung und damit für den Abschluß der Ausbildungsverträge war und die Klägerin als Arbeitgeberin an den Vereinbarungen beteiligt war, ergibt sich nichts anderes. Die Verfügungen wurden nämlich dessen ungeachtet im Interesse der Arbeitnehmer – der Beigeladenen zu 3) und 4) vollzogen. Eine Vereinbarung durch die die Verfügungsbefugnis der Arbeitnehmer über die Ausbildungsvergütung eingeschränkt worden wäre, wäre überdies mit § 10 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) nicht zu vereinbaren gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 60

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