Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachversicherung eines Beamten bei Einberufung zum Wehrdienst und Beitragssatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Beamter vor Vollendung seines 25. Lebensjahres zum Grundwehrdienst einberufen und ist er deswegen ohne Dienstbezüge beurlaubt (ArbplSchG § 9 Abs 1), so scheidet er mit der Beurlaubung iS des AVG § 9 Abs 1 (= RVO § 1232 Abs 1) aus der versicherungsfreien Beschäftigung aus.

2. Dabei wird wegen vorübergehender Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung iS des AVG § 125 Abs 1 Buchst b (= RVO § 1403 Abs 1 Buchst b) die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben.

3. Bei einer späteren Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ohne Gewährung lebenslänglicher Versorgung sind die Beiträge für Zeiten vor der Beurlaubung gemäß AVG § 124 Abs 1 (= RVO § 1402 Abs 1) nach dem Beitragssatz (AVG § 112 = RVO § 1385) zu entrichten, der zur Zeit der Einberufung maßgebend war.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Auffassung, eine vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung iS des AVG § 125 Abs 1 Buchst b setze stets eine Entlassung aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis und eine spätere Rückkehr zum gleichen Arbeitgeber (Dienstherrn) voraus, wird nicht zugestimmt.

2. Das Fortbestehen der Zusicherung lebenslänglicher Versorgung während der Beurlaubung ohne Dienstbezüge schließt es demnach nicht aus, daß der Beschäftigte mit der Beurlaubung ohne Gewährung lebenslänglicher Versorgung aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidet und daß der Nachversicherungsfall eingetreten ist.

3. Bei einem Beamten, der ab 3.10.1966 für die Dauer seines Wehrdienstes von 18 Monaten ohne Dienstbezüge beurlaubt und der ab 31.3.1968 auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis entlassen wurde, ist der Nachversicherungsfall am 3.10.1966 eingetreten, die Entrichtung der Beiträge war jedoch nach AVG § 125 Abs 1 Buchst b bis zum 31.1.1968 aufgeschoben.

4. Dies ändert aber nichts daran, daß die Beiträge gemäß AVG § 124 Abs 1 nach den Vorschriften zu entrichten sind, die am 2.10.1966 im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung maßgebend waren, also nach einem Beitragssatz vom 14 % und nicht nach dem ab 1.1.1968 geltenden Beitragssatz von 15 %.

 

Normenkette

RVO § 1385 Abs. 1 Fassung: 1967-12-21, § 1401 Fassung: 1957-02-23, § 1403 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1957-02-23, § 1402 Abs. 1 Fassung: 1965-06-09, § 1232 Abs. 1 Fassung: 1965-06-09; AVG § 9 Abs. 1 Fassung: 1965-06-09, § 125 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1957-02-23, § 124 Abs. 1 Fassung: 1965-06-09, § 112 Abs. 1 Fassung: 1967-12-21; ArbPlSchG § 9 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-03-30

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 1972 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Unter den Beteiligten ist streitig, ob die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen gemäß §§ 9, 124 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nach dem bis zum 31. Dezember 1967 geltenden Beitragssatz von 14 v. H. (§ 112 Abs. 1 AVG idF des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) - aF -) oder nach dem vom 1. Januar 1968 an geltenden Beitragssatz von 15 v.H. (§ 112 Abs. 1 AVG idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 - BGBl I S. 1259 -) zu entrichten sind.

Der am 7. März 1947 geborene Beigeladene war seit dem 1. April 1966 bei der Klägerin als Bundesbahninspektor- Anwärter versicherungsfrei beschäftigt. Er wurde am 3. Oktober 1966 zur Ableistung des Grundwehrdienstes einberufen. Von diesem Tage an war er für die Dauer des Wehrdienstes von 18 Monaten ohne Dienstbezüge beurlaubt. Am 9 Januar 1968 beantragte er seine Entlassung aus dem Bundesbahndienst, weil er nach Beendigung des Wehrdienstes studieren wollte. Darauf wurde er mit Wirkung vom 31. Januar 1968 ohne Anspruch auf Versorgung aus den Diensten der Bundesbahn entlassen.

Die Klägerin entrichtete am 14. Mai 1968 zur Durchführung der Nachversicherung des Beigeladenen für die Zeit vom 1. April bis zum 2. Oktober 1966 an die Beklagte Nachversicherungsbeiträge nach einem Beitragssatz von 14 v.H. im Betrage von 299,84 DM, weil der Beigeladene im Sinne der §§ 9 Abs. 1, 124 Abs. 1 AVG am 2. Oktober 1966 mit seiner Beurlaubung ohne Dienstbezüge aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Bundesbahn ausgeschieden sei. Mit Bescheid vom 2. August 1968 forderte die Beklagte eine Nachzahlung in Höhe von 21,41 DM; sie war der Auffassung, die Beiträge seien nach dem am 31. Januar 1968 geltenden Beitragssatz von 15 v.H. mit insgesamt 321,25 DM zu entrichten; der Beigeladene sei erst mit dem beamtenrechtlichen Ende seines Dienstverhältnisses bei der Deutschen Bundesbahn am 31. Januar 1968 aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden. Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle durch Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 1969 zurück.

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Main) durch Urteil vom 29. Oktober 1970 unter Zulassung der Berufung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 14. März 1972 (ZfS 1972, 353) das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 2. August 1968 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 1969 aufgehoben und die Revision zugelassen. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der Beigeladene sei bereits am 2. Oktober 1966 aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Bundesbahn ausgeschieden; die Nachversicherungsbeiträge seien daher zu Recht nach dem in diesem Zeitpunkt geltenden Beitragssatz von 14 v.H. entrichtet worden.

Gegen das Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt. Sie rügt unrichtige Anwendung der §§ 124 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 112 Abs. 1 AVG. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, daß bei einer Beurlaubung eines Beamten ohne Dienstbezüge ein Ausscheiden i.S. der Nachversicherungsvorschriften noch nicht vorliege. Sie beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 29. Oktober 1970 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Der Entscheidung des LSG ist beizupflichten. Die Klägerin hat die Nachversicherungsbeiträge zu Recht nach einen Beitragssatz von 14 v.H. entrichtet, weil der Beigeladene bereits am 2. Oktober 1966 mit seiner Einberufung zum Grundwehrdienst aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Deutschen Bundesbahn i.S. der §§ 9 Abs. 1, 124 Abs. 1 AVG ausgeschieden ist.

Nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AVG hat der Arbeitgeber in den Fällen des § 9 AVG die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend sind. Für die Berechnung der Beiträge schrieb § 112 Abs. 1 AVG in der bis zum 31. Dezember 1967 geltenden

Fassung des AnVNG vor, daß der Beitragssatz für die Pflichtversicherten 14 v.H. der nach Absatz 3 maßgebenden Bezüge des Versicherten betrug, soweit diese die Beitragsbemessungsgrenze (Abs. 2) nicht überschritten. Durch Art.1 § 2 Nr. 13 des Finanzänderungsgesetzes 1967 ist § 112 Abs. 1 AVG u.a. dahin geändert worden, daß mit Wirkung vom 1. Januar 1968 an der Beitragssatz für die Pflichtversicherten 15 v.H. beträgt.

Da der Beigeladene am 3. Oktober 1966 vor Vollendung seines 25. Lebensjahres zum Grundwehrdienst von 18 Monaten einberufen war, war er gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes vom 30. März 1957 (BGBl I 293) idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes vom 26. März 1965 (BGBl I 169) in seinem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes ohne Dienstbezüge beurlaubt. Während der Dauer des Grundwehrdienstes unterlag er nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG idF des Gesetzes zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. April 1961 (BGBl I 465) sowie idF des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 9. -Juni 1965 (BGBl I 476) der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten. Eine solche Beurlaubung eines Beamten ohne Dienstbezüge stellt eine vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung i.S. des § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG dar. Mit ihr scheidet der Beamte aus der nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG versicherungsfreien Beschäftigung ohne Gewährung einer lebenslänglichen beamtenrechtlichen Versorgung i.S. des § 9 Abs. 1 AVG aus. Kraft Gesetzes werden damit der Eintritt des Nachversicherungsfalls und das gesetzliche Nachversicherungsverhältnis begründet. Die Nachentrichtung der Beiträge wird jedoch nach § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG aufgeschoben.

Zu Unrecht meint die Revision, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung des Beigeladenen habe bis zu seiner Entlassung aus dem Dienst der Bundesbahn am 31. Januar 1968 fortbestanden; erst zu diesem Zeitpunkt sei er aus der versicherungsfreien Beschäftigung ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung i.S. der §§ 9 Abs. 1, 124 Abs. 1 AVG ausgeschieden, so daß der zu diesem Zeitpunkt geltende Beitragssatz von 15 v.H. anzuwenden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG ist - worauf die Revision sich vor allem beruft; für das Recht der Krankenversicherung allerdings anerkannt, daß Grundlage der versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht die tatsächliche Ausführung der Arbeit, sondern das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist, das durch Unterbrechungen der tatsächlichen Dienstleistung von verhältnismäßig kurzer Dauer nicht berührt wird, sofern auf beiden Seiten nur der grundsätzliche Arbeits- und Fortsetzungswille gegeben ist. Deshalb hat die Rechtsprechung das Fortbestehen des Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses z.B. bei einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung, bei Zeiten unentschuldigtem Fernbleibens (Bummeltage), bei Erholungsurlaub, bei legalem Streik und selbst bei unbezahltem Urlaub von begrenzter Dauer angenommen (BSG 12, 190, 193; 20 154, 156, 29, 30, 31, 33, 254; 261, sowie Urteil des 3. Senats des BSG vom 12. Dezember 1972 - 3 RK 74/70).

Das Fortbestehen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses trotz fehlender Dienstbereitschaft der Beschäftigten und fehlender Verfügungsmacht des Arbeitgebers ist selbst in diesen Fällen nur auf einen relativ kurzen Zeitraum bis zu 3 Wochen begrenzt werden, weil für diese Zeiten mangels Zahlung von Entgelt die in den gesetzlichen Versicherungen für das Versichertsein und somit für den Versicherungsschutz vorausgesetzte Beitragszahlung nicht erfolgen kann. In seinem Urteil vom 20. September 1972 hat der Senat des BSG - Az.: 3 RK 7/71 - (SozR Nr. 70 zu § 165 RVO) deshalb auch entschieden, daß ein unbezahlter Urlaub, der von vornherein für länger als 3 Wochen vereinbart ist, das Versicherungsverhältnis in der sozialen Krankenversicherung mit dem Ablauf der entgeltlichen Beschäftigung beendet.

Zwar ist es zweifelhaft, ob und inwieweit diese in der Rechtsprechung für das Recht der Krankenversicherung entwickelten Grundsätze auch für die gesetzliche Rentenversicherung gelten, wie die Vorlage des 12. Senats des BSG an den Großen Senat vom 26. September 1972 - 12 RJ 170/70 - zeigt. Der erkennende Senat ist jedoch der Auffassung, daß wegen der Eigenart des Nachversicherungsrechts und der dieses Recht besonders regelnden Vorschriften die für die Unterbrechung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in Betracht kommenden Grundsätze für die Nachversicherung nicht ohne weiteres und uneingeschränkt gelten können. Es handelt sich hier nämlich nicht um die Unterbrechung des versicherungspflichtigen, sondern des versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb braucht auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob nicht das zwar versicherungsfreie, aber an sich versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen bei der Bundesbahn schon dadurch mit seiner Einberufung zum Grundwehrdienst geendet hat, daß er zu einer in der Angestelltenversicherung versicherungspflichtigen Tätigkeit übergetreten ist (vgl. hierzu BSG 26, 136).

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. April 1972 (SozR Nr. 6 zu § 17 FRG) entscheidend darauf abgestellt, daß im Nachversicherungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung jede vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung zu einem Ausscheiden i.S. des § 9 Abs. 1 AVG führt, weil dieser Fall im Nachversicherungsrecht durch § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG (= § 140 Abs 1 Buchst. b RVO) in Übereinstimmung mit der früheren Vorschrift des § 5 Abs. 1 der Verordnung über die Nachentrichtung von Beiträgen für versicherungsfreie Personen vom 4. Oktober 1930 (RGBl I S. 459) idF der Verordnung vom 5. Februar 1932 (RGB1 I S. 64) - BeitragsnachentrichtungsVO - ausdrücklich in diesem Sinne gesetzlich geregelt ist. Der typische Fall der vorübergehenden Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung i.S. dieser Vorschrift ist gerade der Fall der Unterbrechung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses durch Beurlaubung ohne Dienstbezüge über längere Zeiträume, wie es auch bei dem damals vom Senat entschiedenen Fall zutraf, bei dem es um die Beurlaubung ohne Dienstbezüge über eine Zeit von über zwei Jahren ging. Der Auffassung der Revision, eine vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung i.S. des § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG setze stets eine Entlassung aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis und eine spätere Rückkehr zum selben Dienstherrn voraus, kann nicht zugestimmt werden. Wie sich aus der geschichtlichen Entwicklung der Vorschrift ergibt, ist sie gerade deshalb in das Gesetz aufgenommen worden, um die Nachversicherung für die Fälle zu regeln, in denen unter Aufrechterhaltung der Beamten- oder Arbeitsverhältnisses die in der Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung durch einen längeren unbezahlten Urlaub unterbrochen wird, das beamtenrechtliche Verhältnis also gerade nicht durch Entlassung oder in anderer Weise beendet wird.

Nachdem das Gesetz zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (RVO), des AVG und des Reichsknappschaftsgesetzes vom 29. März 1928 (RGBl I S. 117) § 18 AVG aF neu gefaßt und den Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge beim Übertritt in eine andere ebenfalls versicherungsfreie Beschäftigung erstmals in das Gesetz eingefügt hatte, war in § 18 Abs. 6 AVG aF besonders vorbehalten worden, alle weiteren Fälle für den Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge im Verordnungswege ergänzend zu regeln. Dabei war auch der Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge für den Fall vorgesehen, daß die versicherungsfreie Beschäftigung in einem Beamten- oder Dienstverhältnis durch längere Beurlaubung ohne Dienstbezüge unterbrochen wird, weil nach damaliger Auffassung während einer Beurlaubung für kürzere Dauer das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis fortbestand (Wankelmuth in AN 1928 170, 173, 174). Durch die BeitragsnachentrichtungsVO ist dieser Fall sodann in § 5 Abs. 1 ausdrücklich geregelt worden. Dadurch ist kraft Gesetzes klargestellt worden, daß eine längere Beurlaubung ohne Dienstbezüge trotz Fortbestehens des Beamtenverhältnisses oder des öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisses die versicherungsfreie Beschäftigung unterbricht, zu einem Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge führt und somit voraussetzt, daß der Nachversicherungsfall eingetreten und das Nachversicherungsverhältnis begründet worden ist (vgl. hierzu auch Köhler, Nachversicherungsrecht, Komm. 1953, S. 96). Diese Regelung besteht im geltenden Recht fort.

Gegen die Nachversicherung von Beamten, die ohne Dienstbezüge für längere Zeit beurlaubt sind, werden zwar Bedenken erhoben (ua Warda in "Arbeit und Sozialpolitik" 1966, 70; Compter in "DAngVers" 1967, 320 und Gudohr in "Das Recht im Amt" 1967, 221). Sie sind aber nicht begründet. Insbesondere greift der - auch von der Revision angeführte - Gesichtspunkt nicht durch, Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem der in § 6 AVG (§ 1229 RVO) genannten öffentlichen Dienstherren stünden, bedürften keines sozialversicherungsrechtlichen Schutzes, wenn ihnen Anwartschaft auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet sei; das Bedürfnis nach einem Schutz durch die gesetzliche Rentenversicherung entstehe erst dann, wenn diese Personen ihren bisherigen Status, auf Grund dessen ihre spätere Versorgung gesichert sei, verlören. Dieser Verlust trete aber nicht schon bei einer vorübergehenden Beurlaubung auf mehr oder weniger lange Zeit oder bei einer vorläufigen Dienstenthebung, sondern erst dann ein, wenn der beamtenrechtliche oder beamtenähnliche Status, mit dem die Versorgungsanwartschaften verbunden seien, wegfalle (Gudohr "Das Recht im Amt" 1967 S. 221, 222). Das BSG hat zu der dem § 9 Abs. 1 AVG entsprechenden Vorschrift des § 1232 Abs. 1 RVO bereits ausgesprochen, daß es darauf ankommt, ob Versorgung ''gewährt" wird, und daß das Fortbestehen einer Anwartschaft auf spätere Versorgung den Eintritt des Nachversicherungsfalles nicht hindert (BSG 26, 136, 138). Das Fortbestehen der Zusicherung lebenslänglicher Versorgung während der Beurlaubung ohne Dienstbezüge schließt es demnach nicht aus, daß der Beschäftigte mit der Beurlaubung ohne Gewährung lebenslänglicher Versorgung aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidet und daß der Nachversicherungsfall somit eingetreten ist.

In dem gegenwärtigen Fall ist der Beigeladene durch seine Einberufung zum Grundwehrdienst infolge der gesetzlich vorgeschriebenen Beurlaubung ohne Dienstbezüge aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Bundesbahn i.S. der §§ 9 Abs. 1, 124 Abs. 1 AVG mit Ablauf des 2. Oktober 1966 ausgeschieden. Der Nachversicherungsfall ist somit am 2. Oktober 1966 und zwar ohne Rücksicht darauf eingetreten, ob zu diesem Zeitpunkt die Nachversicherungsbeiträge unverzüglich zu entrichten waren oder ob ihre Nachentrichtung aufgeschoben war (BSG 32, 76, 79). Da ursprünglich das beamtenrechtliche Verhältnis nach dem Grundwehrdienst fortgesetzt werden sollte, war nach § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG die Nachentrichtung der Beiträge vom 3. Oktober 1966 an aufgeschoben. Durch die Entlassung des Beigeladenen aus den Diensten der Bundesbahn mit Wirkung vom 31. Januar 1968 ist dieser Aufschubgrund entfallen. Da der Beigeladene ohne Anspruch auf lebenslängliche beamtenrechtliche Versorgung bei der Bundesbahn ausgeschieden ist, lagen am 31. Januar 1968 die Voraussetzungen für die Nachentrichtung bei Wegfall des Aufschubgrundes noch vor, so daß die Nachversicherungsbeiträge nunmehr zu zahlen waren. Dies änderte aber nichts daran, daß die Beiträge gemäß § 124 Abs. 1 AVG nach den Vorschriften zu entrichten sind, die am 2. Oktober 1966 im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Bundesbahn maßgebend waren, also nach einem Beitragssatz von 14 v.H. (vgl. hierzu BSG 32, 76, 83, 84).

Der Beklagten steht sonach der von ihr erhobene Anspruch auf Nachzahlung von Beiträgen gegen die Klägerin nicht zu. Ihrer Revision muß aus diesen Gründen der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

BSGE, 183

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