Leitsatz (amtlich)

Einkommen eines Kommanditisten aus seinem Kapitalanteil ist Einkommen aus Gewerbebetrieb und darum nach BVG § 33 auf die Ausgleichsrente für das Jahr anzurechnen, in dem der Gewinn erzielt worden ist, nicht für das Jahr, in dem der Kommanditist über den Gewinn verfügen kann. Schon vor Erlaß der DV § 33 BVG vom 1958-08-02 haben - bei schwankendem Einkommen - Zahlungen auf die Ausgleichsrente unter Vorbehalt der endgültigen Feststellung der Rente gewährt werden können.

 

Normenkette

BVG § 33 Fassung: 1953-08-07, § 33 DV § 1 Fassung: 1958-08-04

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig vom 27. Mai 1959 wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der Kläger ist Kommanditist der Firma Franz R, Kommanditgesellschaft in N, mit einem Kapitalanteil von 10.000 DM. Außerdem ist er im Jahre 1954 oder 1955 durch Erbgang in die Rechtsstellung seines Bruders eingetreten, der an dem Unternehmen in der gleichen Weise wie er beteiligt war. Durch Bescheid vom 18. Mai 1951 gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) Kiel dem Kläger vom 1. Oktober 1950 an nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Lungen- und Wirbelsäulen-Tbc Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. Die Feststellung einer Ausgleichsrente unterblieb zunächst, weil der Kläger der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein mitgeteilt hatte, eine Ausgleichsrente werde vorläufig nicht beantragt. Im Juli 1953 begehrte er die Ausgleichsrente mit der Begründung, er habe kein Einkommen mehr, die Kommanditgesellschaft habe im Geschäftsjahr 1952 keinen Gewinn erzielt und die Gesellschafter hätten durch Beschluß vom 1. Januar 1953 bis auf weiteres Entnahmen aus der Gesellschaftskasse ausgeschlossen. Durch Bescheid vom 26. Oktober 1953 gewährte das VersorgA Kiel "vorbehaltlich einer endgültigen Regelung" vom 1. Juli 1953 an die volle Ausgleichsrente. Zugleich wurde dem Kläger aufgegeben, nach Ablauf des Kalenderjahres 1953 nachzuweisen, welche Einkünfte er erzielt habe. Der Steuerbescheid für das Jahr 1953 wies kein Einkommen aus. Auch im Jahre 1954 erzielte die Kommanditgesellschaft keinen Gewinn. Die Ausgleichsrente wurde nach der Heirat des Klägers und der Geburt einer Tochter (1954), ferner auf Grund des Dritten Gesetzes zur Änderung des BVG durch Bescheid vom 19. April 1955 vom 1. Januar 1955 an auf 160,00 DM neu festgestellt. Auch dieser Bescheid enthält den Zusatz: "Die Feststellung der Ausgleichsrente erfolgt unter dem Vorbehalt, daß ein Ertrag aus Kapitalvermögen nicht erzielt worden ist". Durch Bescheid vom 6. Dezember 1955 stellte das VersorgA die Zahlung der Ausgleichsrente mit dem 31. Dezember 1955 ein, weil die Kommanditgesellschaft im Auftrage des Klägers im November 1955 mitgeteilt hatte, die Bilanz für das Jahr 1955 werde voraussichtlich einen Gewinn ausweisen.

Durch Bescheid vom 23. Juli 1956 stellte das VersorgA die Grundrente nach einer MdE um 70 v.H. vom 1. September 1956 an neu fest, lehnte den Anspruch auf die Ausgleichsrente vom 1. Februar 1955 bis zum 31. Dezember 1955 (endgültig) ab, weil der Kläger mit einem Einkommen von monatlich 246,50 DM die Betragsgrenzen des § 33 Abs. 1 BVG überschritten habe und stellte die Ausgleichsrente vom 1. Januar 1956 an vorläufig unter Vorbehalt der endgültigen Feststellung entsprechend dem im Jahre 1955 erzielten Einkommen fest; für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis zum 31. August 1956 errechnete das VersorgA eine Überzahlung von 1.353,00 DM und ordnete deren Erstattung an. Der Kläger erhob Widerspruch gegen die Anrechnung seines Einkommens auf die Ausgleichsrente für das Jahr 1955 und gegen die Anordnung der Erstattung des Betrages von 1.353,00 DM; das Einkommen sei ihm erst im Jahre 1956 zugeflossen und könne darum erst in diesem Jahre berücksichtigt werden. Das LandesversorgA Schleswig-Holstein wies durch Bescheid vom 27. November 1957 den Widerspruch zurück. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hob durch Urteil vom 21. Mai 1958 den Bescheid vom 23. Juli 1956 auf und änderte den Widerspruchsbescheid vom 27. November 1957. Es verurteilte den Beklagten, dem Kläger einen neuen Bescheid mit der Maßgabe zu erteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis zum 31. Dezember 1955 als Einkommen aus der Kommanditgesellschaft 50,00 DM je Monat anzurechnen: Der Kläger habe im Jahre 1955 auf seinen Gewinnanteil vorweg 50,00 DM je Monat erhalten, nur dieser Betrag sei als Einkommen bei der Berechnung der Ausgleichsrente für das Jahr 1955 abzusetzen. Das SG ließ die Berufung zu.

Das Landessozialgericht (LSG) Schleswig wies die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurück, daß die Bescheide vom 23. Juli 1956 und 27. November 1957 nur insoweit aufgehoben wurden, als sie sich mit der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis zum 31. Dezember 1955 befaßten: Der Bescheid vom 23. Juli 1956 habe nicht in vollem Umfange aufgehoben werden dürfen, denn er habe neben der allein angefochtenen Feststellung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis 31. Dezember 1955 noch andere Regelungen getroffen. Darum habe die Urteilsformel richtiggestellt werden müssen. Das SG habe in Wirklichkeit dem Klagebegehren in vollem Umfange stattgegeben, denn die Ausgleichsrente von 160,00 DM stehe dem Kläger bei einer Einkommensgrenze von 215,00 DM auch dann voll zu, wenn er neben der Ausgleichsrente monatlich 50,00 DM als sonstiges Einkommen bezogen habe; sachlich sei das Urteil des SG jedoch richtig. Der Gewinn des Geschäftsjahres 1955 habe - mit Ausnahme des Betrages von monatlich 50,00 DM - nicht im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG als "sonstiges Einkommen" für das Jahr 1955 berücksichtigt werden dürfen. Bei dem Gewinn eines Kommanditisten handele es sich wie bei der Dividende eines Aktionärs um Einkünfte aus Kapitalvermögen, nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Kommanditist habe nach § 169 des Handelsgesetzbuchs (HGB) grundsätzlich erst nach Abschluß eines Jahres, nämlich auf Grund der Bilanz, einen Rechtsanspruch auf seinen Gewinnanteil. Der Gewinn sei somit, wenn er auch nach dem Ergebnis des vorangegangenen Jahres errechnet werde, doch Einkommen des folgenden Jahres, hier also des Jahres 1956. Eine andere Auslegung des § 33 BVG sei mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, denn es wolle durch die Zahlung der Ausgleichsrente den Lebensunterhalt des Versorgungsberechtigten in dem Zeitraum sichern, in dem er über keine oder nur geringfügige Geldmittel verfüge. Die steuerrechtlichen Grundsätze, nach denen Einkünfte dem der Veranlagung vorangegangenen Jahr zugerechnet würden, seien für die Auslegung des § 33 BVG ohne Bedeutung. Das LSG ließ die Revision zu.

Gegen das am 8. Juli 1959 zugestellte Urteil legte der Beklagte am 1. August 1959 Revision ein und beantragte,

das Urteil des LSG Schleswig vom 27. Mai 1959 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte begründete die Revision - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - am 23. September 1959: Für die Anrechnung von Einkommen könne es nach dem Sinn und Zweck des § 33 BVG nur auf den Ertrag ankommen, den der Versorgungsberechtigte in dem Zeitabschnitt, für den die Rente gewährt werde, erzielt habe; unerheblich sei, ob er sein Kapital so angelegt habe, daß die Einnahmen ihm erst nach Ablauf des Kalenderjahres zufließen könnten. Soweit sich die Einkommensverhältnisse nicht übersehen ließen, sei dem Zweck des § 33 BVG genügt, wenn die Ausgleichsrente vorbehaltlich der endgültigen Feststellung der Rente für das Kalenderjahr vorläufig bewilligt werde. Eine andere Auslegung des § 33 BVG führe zu einer willkürlichen Bevorzugung der Versorgungsberechtigten, die erst nach Ablauf des Kalenderjahres über ihr Einkommen verfügen könnten.

Der Kläger beantragte,

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Entscheidung einverstanden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 165 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

II

Die Revision ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft; der Beklagte hat sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet, sie ist daher zulässig; sie ist auch begründet.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides des VersorgA vom 23. Juli 1956 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 27. November 1957 gefunden hat (§ 95 SGG); angefochten ist dieser Bescheid jedoch nur insoweit, als er sich mit der - endgültigen - Feststellung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis 31. Dezember 1955 befaßt, nämlich mit der Ablehnung des Anspruchs auf die Ausgleichsrente und dem daraus hergeleiteten Erstattungsanspruch. Insoweit ist der Bescheid nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil damit der Bescheid vom 19. April 1955 widerrufen worden ist. Durch den Bescheid des VersorgA vom 19. April 1955 ist die Ausgleichsrente für das Kalenderjahr 1955 unter dem Vorbehalt bewilligt worden, "daß ein Ertrag aus Kapitalvermögen nicht erzielt worden ist", dieser Bescheid ist ein Verwaltungsakt mit Widerrufsvorbehalt gewesen; er hat den Zweck gehabt klarzustellen, daß die Zahlungen nicht endgültig bewilligt wurden, daß die Ausgleichsrente erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werde und daß sich aus dieser Feststellung ergeben solle, ob der Kläger ihm nicht zukommende Zahlungen erhalten habe oder ob ihm eine weitere Zahlung geleistet werden müsse; Gegenstand seiner Regelung ist nicht die Feststellung der Ausgleichsrente, sondern nur die Gewährung von Zahlungen unter Vorbehalt gewesen (vgl. auch BSG 7, 226, 228). Zwar ist in der vom 1. Mai 1957 an geltenden Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 2. August 1958 die Zulässigkeit der Gewährung von Ausgleichsrente unter dem Vorbehalt der endgültigen Feststellung auch bei Ungewißheit über die Höhe der Einkünfte gesetzlich geregelt worden (§ 8 Abs. 3 Satz 5 DVO zu § 33 BVG vom 2. August 1958). Damit ist jedoch die Zulässigkeit eines solchen Vorbehalts nicht erst begründet worden, sie ergibt sich aus dem dem § 33 BVG innewohnenden Grundgedanken. Zu Unrecht ist das LSG bei der Auslegung des § 33 BVG davon ausgegangen, daß als Einkommen für das Jahr 1955 nur die dem Kläger in dem Jahr 1955 zugeflossenen Zahlungen berücksichtigt werden dürfen. Nach § 33 BVG in der Fassung des hier anzuwendenden Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 19. Januar 1955 (BGBl I 25) ist "Ausgleichsrente nur insoweit zu gewähren, als sie zusammen mit dem sonstigen Einkommen" die dort genannten - nach der MdE und dem Familienstand abgestuften - Monatsbeträge nicht übersteigt. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 BVG gelten als "sonstiges Einkommen alle Einkünfte in Geld und Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle".

Wenn eine gesetzliche Vorschrift Anlaß zu Zweifeln gibt, ist zur Auslegung auch "der innere Zusammenhang der Vorschrift, der Ort, an dem sie steht und ihr Verhältnis zu anderen Bestimmungen" (logisch-systematische Auslegung) und "der besondere Zweck des Gesetzes oder der Einzelvorschrift" (teleologische Auslegung) heranzuziehen und hierbei auch "dem Werte des Ergebnisses, das bei der einen oder anderen Auslegung entsteht", Bedeutung beizumessen (vgl. Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, 14. Aufl. § 56 II und III, S. 205/206). Die Vorschriften des § 33 BVG über die Anrechnung von Einkommen sind den §§ 29 bis 34 eingeordnet, in denen die Beschädigtenrente geregelt ist. Während die Grundrente nach § 29 Abs.1 BVG ausschließlich von der Höhe der MdE abhängig ist, erhalten Schwerbeschädigte die Ausgleichsrente nach § 32 Abs. 1 BVG nur, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfange ausüben können und ihr Lebensunterhalt nicht auf andere Weise sichergestellt ist. Die Ausgleichsrente hat somit subsidiären Charakter; ob sie gewährt wird und in welchem Umfange, hängt davon ab, ob der Versorgungsberechtigte ohne sie den Lebensunterhalt nicht bestreiten könnte. Zum Maßstab dafür, ob er hierzu in der Lage ist, dient die Feststellung "des Einkommens". Als Einkommen in einem allgemeinen Wortsinn, also ohne Bezugnahme auf volkswirtschaftliche Erwägungen, etwa nach den Produktionsfaktoren oder steuerrechtlichen Zielsetzungen, wird die "aus der Anteilnahme am rechtlichen Verkehr in einem bestimmten Zeitraum zufließende Kaufkraft" angesehen (so Brockhaus, Dritter Band 1953 unter "Einkommen"; ähnlich: Staatslexikon, Recht, Wirtschaft, Gesellschaft, herausgegeben von der Görres-Gesellschaft, Zweiter Band 1958, 1092). Dagegen ist für diesen allgemeinen Einkommensbegriff nicht entscheidend, ob der Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr in dem Zeitraum, in dem ihm die Kaufkraft zuwächst, auch schon über die Einnahmen verfügen kann. Dasselbe muß nach dem Zweck der Ausgleichsrente und demgemäß auch für die Auslegung der Anrechnungsvorschrift des § 33 BVG gelten. Zwar kann der Versorgungsberechtigte nur von den Mitteln leben, über die er in dem Zeitraum, für den die Ausgleichsrente gewährt wird, verfügen kann. Das bedeutet aber nicht, daß ihm bei der Feststellung der Rente nur die Beträge angerechnet werden dürfen, die ihm in dem entsprechenden Zeitraum tatsächlich "zufließen". Durch die Bestimmungen über die Ausgleichsrente soll dem Versorgungsberechtigten zwar so weit wie nötig geholfen werden, er soll aber nicht eine Leistung erhalten, die nach dem Ertrag des für die Ermittlung des Einkommens maßgeblichen Zeitabschnitts nicht geboten ist. Darum ist dem § 33 BVG zu entnehmen, daß die Versorgungsverwaltung berechtigt und auch verpflichtet ist, Zahlungen unter dem Vorbehalt der späteren endgültigen Feststellung der Rente zu gewähren, wenn die Einkommensverhältnisse des Versorgungsberechtigten für den Zeitabschnitt, für den Rente gewährt werden soll, sich noch nicht überblicken lassen. Daß hierbei als Bemessungszeitraum für die Ermittlung der "Monatsbeträge" bei schwankendem Einkommen der Kalendermonat ausscheidet, folgt ohne weiteres daraus, daß ein so kurzer Bemessungszeitraum die Verwaltung vor unlösbare Aufgaben stellen würde. Es kann daher nur das Kalenderjahr als Bemessungszeitraum gemeint sein. Diese Überlegungen führen zugleich zu der Folgerung, daß das Gesetz sich bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums und der Einteilung des Einkommens in Einkunftsarten an den steuerrechtlichen Begriff des Einkommens (§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) anlehnen wollte, ohne damit zugleich auch die dort aus finanz-, wirtschafts- und marktpolitischen Interessen gewährten steuerrechtlichen Vergünstigungen und Absetzungen zu übernehmen. Nach § 2 Abs. 1 EStG wird das Einkommen zugrundegelegt, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres "bezogen" hat. Als bezogen gilt nach § 2 Abs. 4 EStG bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 - 3 EStG) der Gewinn. Der Gewinn ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG "der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahrs und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen". Dabei gilt nach § 2 Abs. 6 Nr. 2 EStG in der Fassung vom 26. Juli 1957 (BGBl I 848) bei Gewerbetreibenden der Gewinn des Wirtschaftsjahrs als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Erfaßt wird also hier als Einkommen der Vermögenszuwachs innerhalb der Einkunftsart, während bei den Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nr. 4 - 7 EStG nach § 11 EStG die Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zufließen. Somit ist zB für die Zurechnung der Einkünfte zu dem Einkommen aus Gewerbebetrieb unerheblich, ob der Empfänger über das Einkommen in dem Kalenderjahr verfügen kann, ob insbesondere der Gesellschafter seine Gewinnanteile nach dem Gesellschaftsvertrag im Betrieb belassen muß (Blümich-Falk, EStG 8. Aufl. 1959, 1. Bd. § 2 Anm. 8, § 11 Anm. 2a). Entsprechend wird nach § 25 EStG der Steuerpflichtige nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das er in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Auch für die Ermittlung des Jahreseinkommens nach § 33 BVG müssen diese Grundsätze gelten, wenn der Zweck dieser Vorschrift erreicht werden soll. Eine solche Auslegung entspricht auch insofern der Rechtsentwicklung auf dem Gebiet des Versorgungsrechts, als schon nach § 62 Abs. 3 des Reichsversorgungsgesetzes vom 12. Mai 1920 (RGBl I 989) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 1927 (RGBl I 515) für die Ruhensberechnung das für die Veranlagung zur Einkommensteuer in Betracht kommende. Einkommen zugrunde zu legen war (Arendts, Komm. z. Gesetz über die Versorgung der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen, 2. Aufl. 1929, § 62 Anm. 5). Die Richtigkeit dieser Auffassung wird außerdem durch die neuere Rechtsentwicklung bestätigt, besonders durch § 60 a BVG in der Fassung des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) und die Verordnung zur Durchführung des § 33 des BVG vom 11. Januar 1961 (BGBl I 19) - DVO -, denn hiernach werden während des Feststellungszeitraums, der in der Regel 12 Monate beträgt, die Monatsbeträge vorläufig festgesetzt und es wird, soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer stattfindet, die Ausgleichsrente erst nach der Veranlagung durch die Finanzämter endgültig festgestellt (§ 60a Abs. 1 Satz 6 BVG); ferner ist in § 8 Abs. 1 DVO für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit bestimmt, daß sich nach den §§ 13 - 18 EStG richtet, welche Einkünfte den einzelnen Einkunftsarten zuzurechnen sind und daß Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift der Gewinn nach der Steuerbilanz oder der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben - zuzügl. der dort genannten steuerlichen Vergünstigungen - sind. Eine ähnliche Regelung enthielt schon die Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 2. August 1958 - BGBl I 567 - (vgl. die §§ 1, 2, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 der Verordnung); aber auch vor Inkrafttreten dieser Verordnung ist in zutreffender Auslegung des Gesetzes durch Nr. 4 (1) der Verwaltungsvorschrift zu § 33 BVG bestimmt worden, daß als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn gilt und daß bei der Ermittlung der Einkünfte die dort im einzelnen genannten steuerrechtlichen Vergünstigungen nicht zu berücksichtigen sind, weil angenommen wurde, daß sie für die versorgungsrechtliche Beurteilung des Einkommens auszuscheiden hätten.

Der Gewinnanteil des Klägers für das Jahr 1955 gehört nach § 15 Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Das Gesetz sieht, wie in dieser Vorschrift ausdrücklich hervorgehoben ist, den Kommanditisten als "Mitunternehmer" an; der Kommanditist hat als solcher auch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG); bei dieser Einkunftsart, zB der Dividende eines Aktionärs, ist das Schicksal der Kapitalanlage selbst, ihre Entwertung oder allmähliche Aufzehrung, für die Besteuerung des Kapitalertrags ohne Bedeutung (Blümich-Falk aaO § 20 Anm. 1 und 13). Dagegen werden bei dem Kommanditisten Veränderungen der Anlagewerte der Kommanditgesellschaft durch den zur Errechnung des Gewinns nach § 4 EStG vorgeschriebenen Bestandsvergleich erfaßt. Darum ist auch die von dem LSG vertretene Gleichsetzung des Dividendeneinkommens mit dem Gewinnanteil des Kommanditisten nicht möglich.

Hiernach war der Beklagte berechtigt, den Gewinnanteil des Klägers für das Jahr 1955 als "sonstiges Einkommen" dieses Jahres zu behandeln und es der Feststellung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis zum 31. Dezember 1955 zugrundezulegen; es ist nicht darauf angekommen, ob der Kläger nach § 169 HGB oder nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bereits im Jahre 1955 über den Gewinnanteil verfügen konnte. Da das Gesetz die Berücksichtigung sonstigen Einkommens in § 33 Abs. 2 BVG vorschreibt, muß die Bestimmung so ausgelegt werden, daß die Einkünfte der Versorgungsberechtigten nach einem bestimmten Maßstab gleichmäßig erfaßt werden. Bei gewerblichen Einkünften kann es nicht auf den Zeitpunkt ankommen, in dem das in dem Kalenderjahr erwirtschaftete Einkommen zur Verfügung steht, sondern nur auf den Zeitraum, in dem es verdient worden ist. Der Zeitpunkt der Zahlung hängt von Zufälligkeiten ab, die eine unterschiedliche Behandlung sonst gleicher Fälle nicht rechtfertigen können. Der Versorgungsberechtigte, der zB aus seinem Kapitalanteil als Gesellschafter bei einem Entnahmerecht von monatlich 250,00 DM im Jahre 1955 einen Gewinn von 3000 DM erzielt, kann bei der Feststellung der Ausgleichsrente nicht anders behandelt werden als der Versorgungsberechtigte, für den die Bilanz am Ende des Kalenderjahres 1955 ebenfalls einen Gewinn von 3000 DM ergibt, der aber in diesem Jahre keine Beträge aus der Gesellschaftskasse entnehmen durfte, denn wirtschaftlich besteht zwischen beiden kein Unterschied. Würde auf den Zeitpunkt der Zahlung abgestellt, hätte der Versorgungsberechtigte, dem ein Entnahmerecht nicht eingeräumt worden ist, sogar Anspruch auf Ausgleichsrente im Jahre 1955, wenn sein Gewinn für dieses Jahr den des anderen Versorgungsberechtigten erheblich übersteigen würde. Er würde auch noch für das Jahr 1956 Anspruch auf Ausgleichsrente haben, wenn sein Anspruch auf den Gewinnanteil erst im Jahre 1957 erfüllt wird, weil etwa die Gesellschaft sich zunächst geweigert hatte, den Gewinn auszuzahlen. Diese Ergebnisse sind mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar. Durch die Gewährung von Zahlungen unter dem Vorbehalt der endgültigen Feststellung der Ausgleichsrente kann auch eine Benachteiligung des Rentenberechtigten nicht entstehen; er wird bei der endgültigen Feststellung der Ausgleichsrente nur so gestellt, wie er gestanden hätte, wenn die Einkünfte ihm schon in dem Zeitraum zugeflossen wären, in dem sie verdient worden sind. Der Einwand des Klägers, daß bei Anrechnung des Gewinns aus dem Jahre 1955 auf die Ausgleichsrente dieses Jahres ein anderer Maßstab angelegt würde als für das Jahr des Beginns der Rentengewährung, trifft nicht zu. Der Kläger unterstellt hierbei, daß der Beklagte sich geweigert hätte, ihm im Jahre 1952, das erstmalig keinen Gewinn für den Kläger auswies, Ausgleichsrente zu gewähren; diese Behauptung ist aber nicht erwiesen. Unzutreffend ist auch die Auffassung des LSG, die von ihm abgelehnte Auslegung des Gesetzes würde zu dem Ergebnis führen, daß ein Kommanditist nur dann Ausgleichsrente für ein Jahr erhalten könnte, wenn zwei Verlustjahre unmittelbar aufeinander folgten, denn er braucht nur rechtzeitig vorsorglich, etwa zu Beginn des Geschäftsjahres, die Rente zu beantragen, um für den Fall gesichert zu sein, daß dieses Jahr keinen Gewinn erbringt.

Das LSG hat somit § 33 Abs. 1 und 2 BVG unrichtig angewandt, das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Der Senat konnte jedoch in der Sache selbst nicht entscheiden. Der Kläger hat hilfsweise auch geltend gemacht, daß sein durch die Bilanz zum 31. Dezember 1955 ausgewiesener Gewinn jedenfalls nicht in voller Höhe der Ausgleichsrentenberechnung für das Jahr 1955 zugrundegelegt werden könne, weil er von diesem Gewinn Vermögensabgabe zum Lastenausgleich sowie Vermögens- und Einkommensteuer zu entrichten gehabt habe. Dieses Vorbringen hat das LSG - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht gewürdigt, es hat insoweit auch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Da der Senat die tatsächlichen Feststellungen, die erforderlich sind, um die Höhe des der Rentenberechnung zugrundeliegenden Nettoeinkommens bestimmen zu können, nicht selbst treffen kann, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Sollte das LSG zu dem Ergebnis kommen, daß auch bei Zugrundelegung des Nettogewinns des Klägers eine Überzahlung der Ausgleichsrente eingetreten ist, wird es weiter zu prüfen haben, ob auch der im Bescheid vom 23. Juli 1956 erhobene Erstattungsanspruch des Beklagten gerechtfertigt ist.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

BSGE, 188

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