Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob der Empfänger einer Versorgungsrente wußte oder wissen mußte, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden (KOVVfG § 47 Abs 2), ist nach dem Zeitpunkt der Zahlung der jeweiligen Monatsrente zu beurteilen; es kommt hierbei nicht darauf an, welche Vorstellungen der Rentenempfänger insoweit zu einem späteren Zeitpunkt gehabt hat.

2. Die Versorgungsgrundrente ist bei Beurteilung der Frage, ob die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versorgungsberechtigten vertretbar ist, auf der Einkommensseite zu berücksichtigen.

3. Es stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche nach KOVVfG § 47 Abs 2 für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als 4 Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist.

 

Normenkette

KOVVfG § 47 Abs. 2 Fassung: 1960-06-27; BGB § 242

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 1961 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, soweit es sich um den Rückforderungsanspruch des Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 1953 bis 31. Dezember 1955 handelt.

Im übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Dem Kläger wurden durch Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden vom 18. Oktober 1948 als Körperschäden nach dem Körperbeschädigten-Leistungsgesetz "Versteifung des rechten Handgelenks, Bewegungsbehinderung der Finger der rechten Hand, unter Verkürzung von 3 cm knöchern geheilter Oberschenkelschußbruch links, Wadenbeinnervlähmung links, Teilversteifung des linken Fußgelenks, Muskelschwund am linken Bein, Gefühlsstörungen am linken Unterschenkel und Fuß, Schußnarben am rechten Oberschenkel, rechten Knie und am linken Oberschenkel" bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v. H. anerkannt. Durch Umanerkennungsbescheid vom 1. Juni 1951 wurden die Schädigungsfolgen und die MdE unverändert nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) übernommen. Nach Überprüfung der Einkommensverhältnisse des Klägers bewilligte das Versorgungsamt (VersorgA) H durch Bescheid vom 21. April 1952 dem Kläger vom 1. Oktober 1950 an Ausgleichsrente, die unter Zugrundelegung eines Einkommens von 228,80 DM seit dem 1. April 1952 monatlich 55,- DM betrug.

Auf eine Einkommensanfrage vom 21. Oktober 1952 legte der Kläger eine Verdienstbescheinigung seines Arbeitgebers, der P Möbelfabrik S, vom 11. November 1952 vor, die am 17. November 1952 beim VersorgA einging. Danach hatte der Kläger vom 11. April bis 21. Oktober 1952 ein monatliches Bruttoeinkommen von durchschnittlich 323,70 DM. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1953 bat das VersorgA den Kläger um den Nachweis der Lohnabzüge. Dieser übersandte daraufhin eine entsprechende Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 30. Dezember 1953, in der außerdem der Bruttoverdienst in der Zeit vom 21. Oktober bis 17. November 1953 mit 323,63 DM monatlich, der Nettoverdienst mit 289,98 DM angegeben wurde. Einen weiteren vom VersorgA übersandten Fragebogen vom 4. Januar 1955 beantwortete der Kläger mit einer Verdienstbescheinigung seines Arbeitgebers vom 12. Januar 1955, aus der sich für das Jahr 1953 ein monatliches Durchschnittseinkommen von brutto 350, 36 und netto 313,50 DM ergab. Auf weitere Fragebogen vom 10. März 1955 und 26. November 1956 übersandte der Kläger Verdienstbescheinigungen vom 27. Mai 1955 und 10. Dezember 1956 über sein Brutto- und Nettoeinkommen vom 18. November 1953 bis 13. November 1956. Durch Neufeststellungsbescheid vom 3. Mai 1957 mit Berichtigungsverfügung vom 5. September 1957 berechnete das VersorgA Heidelberg die Ausgleichsrente seit 1. April 1952 auf Grund der überreichten Verdienstbescheinigungen neu und stellte eine Überzahlung von 2.667,- DM fest. Es forderte gleichzeitig diesen Betrag zurück und behielt von den laufenden Bezügen jeweils monatlich 54,- DM ein. Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 8. November 1957). Auf seine Klage hin hat das Sozialgericht (SG) Mannheim durch Urteil vom 22. September 1959 den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 3. Mai und 8. November 1957 verurteilt, auf die Rückzahlung von 2.667,- DM zu verzichten. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 24. Oktober 1961 die Entscheidung des SG Mannheim vom 22. September 1959 teilweise aufgehoben und die Klage, soweit sie die Rückforderung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1956 im Betrage von 660,- DM betrifft, abgewiesen. Im übrigen hat es die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Bescheid des VersorgA H vom 3. Mai 1957 aufgehoben wird, soweit darin die Rückerstattung von mehr als 660,- DM angeordnet wurde. Das LSG hat die Revision zugelassen.

In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, der Kläger habe in Anbetracht der monatlich schwankenden Lohnhöhe im wesentlichen das für die Feststellung der Ausgleichsrente seinerseits Erforderliche getan, indem er auf die Einkommensanfragen des VersorgA jeweils entsprechende Verdienstbescheinigungen seines Arbeitgebers vorgelegt habe. Es lägen daher keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, er habe bei der Entgegennahme der Versorgungsrente gewußt oder wissen müssen, daß ihm die Ausgleichsrente nicht oder nicht in der tatsächlich gezahlten Höhe zustand. Selbst wenn man zweifeln wollte, ob er wegen der seit Juni 1952 eingetretenen Lohnerhöhungen um monatlich brutto rd. 20 bis 25 DM hätte wissen müssen, daß dies von Einfluß auf die Höhe seiner Ausgleichsrente sein konnte, so sei dieses Wissenmüssen doch spätestens entfallen, nachdem das VersorgA trotz Vorlage der Verdienstbescheinigung vom 11. November 1952 die Versorgungsbezüge nach Ablauf einer angemessenen Bearbeitungsfrist von etwa 6 Monaten nicht neu festgestellt habe. Er habe daher von etwa Mai 1953 an darauf vertrauen dürfen, daß die bisherige Rentenberechnung von der Änderung seines Einkommens nicht berührt werde. Dies gelte aber auch schon für die Zeit seit der Einkommenserhöhung, da der Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) in BSG 9, 47 nicht gefolgt werden könne, daß die Zeit, in der der Rentenempfänger noch die Reaktion der Versorgungsbehörde auf die mitgeteilte Einkommenserhöhung abwarten mußte und der gute Glaube sozusagen unter diesem Vorbehalt stand, nicht anders beurteilt werden könne als der Zeitraum nach Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit. In den ersten 6 Monaten nach Mitteilung der Einkommenshöhe stehe das Wissenmüssen des Versorgungsberechtigten gewissermaßen unter der auflösenden Bedingung und sein guter Glaube unter der aufschiebenden Bedingung, daß die Versorgungsbehörde bis zum Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit die Höhe der Rente nicht neu feststellt. Wenn nach angemessener Zeit keine Neufeststellung erfolge, brauche der Rentenempfänger also auch für die zurückliegende Zeit nicht damit zu rechnen, daß die Einkommenserhöhung zu einer Herabsetzung seiner Rente führen mußte. Der Kläger habe daher für die Zeit seit April 1952 zunächst nicht wissen müssen, daß ihm die Ausgleichsrente in der gezahlten Höhe nicht zustand, da sich sein Durchschnittslohn seit Juni 1952 bis Ende 1955 etwa im gleichen Rahmen bewegte. Anders verhalte es sich mit der seit Mitte November 1955 eingetretenen Erhöhung seines Durchschnittslohnes um monatlich netto rd. 50,- DM. Diese beträchtliche Erhöhung seines Einkommens hätte er spätestens im Dezember 1955 dem VersorgA mitteilen müssen. Er habe daher erstmals beim Empfang der Rente im Januar 1956 damit rechnen müssen, daß die Lohnerhöhung nicht ohne Einfluß auf die Höhe seiner Versorgungsbezüge sein werde. Die erst auf Anfrage des VersorgA im Dezember 1956 abgegebene Verdienstbescheinigung sei bei weitem verspätet und könne den guten Glauben des Klägers seit Januar 1956 nicht wiederherstellen. Die Rückforderung der Ausgleichsrente für das Jahr 1956 im Betrage von 660,- DM sei somit nach § 47 Abs. 2 Halbs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) gerechtfertigt.

Zu der Frage, ob die Rückforderung nach § 47 Abs. 2 Halbs. 2 VerwVG wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vertretbar ist, führt das LSG in dem angefochtenen Urteil aus, daß nicht nur die Höhe der Einkünfte, sondern auch die für eine angemessene Lebenshaltung notwendigen Ausgaben zu berücksichtigen seien. Hierbei sei die Vollrente eines Erwerbsunfähigen kein allgemein gültiger Maßstab dafür, ob es wirtschaftlich vertretbar ist, ein darüber hinausgehendes Einkommen für eine Rückerstattung in Anspruch zu nehmen. Auch die Pfändungsfreigrenze nach den §§ 850 ff der Zivilprozeßordnung (ZPO) biete allenfalls einen Anhaltspunkt für das Mindestmaß dessen, was dem Rentenempfänger und seiner Familie für das Existenzminimum belassen werden müsse. Bei der Frage, ob eine Rückforderung nach den wirtschaftlichen Verhältnissen vertretbar ist, könne es aber nicht nur darauf ankommen, ob das Existenzminimum verbleibe, sondern darauf, ob der angemessene Lebensunterhalt des Versorgungsberechtigten trotz der Rückerstattung zu Unrecht gewährter Versorgungsleistungen gewährleistet erscheint. Der dafür notwendige Betrag werde nicht unerheblich über der Pfändungsfreigrenze liegen müssen, auch wenn man den einfachen Lebenszuschnitt eines Arbeiterhaushalts berücksichtige. Schließlich könne die Versorgungsgrundrente, obwohl sie im Falle eines verbindlich feststehenden Anspruchs auf Rückerstattung von Versorgungsbezügen nach § 67 Abs. 2 Nr. 3 BVG pfändbar ist, nicht zum wirtschaftlichen Einkommen gerechnet werden, weil gerade die Grundrente in erster Linie eine Entschädigung für das durch die Versehrtheit geleistete Opfer und kein wirtschaftliches Einkommen darstelle. Der Kläger habe in dem letzten Jahr vor Erlaß des angefochtenen Bescheides, d. h. in der Zeit von Mai 1956 bis April 1957 durchschnittlich monatlich ein Nettoeinkommen von rd. 382,- DM gehabt, von dem er den Lebensunterhalt für sich, seine Ehefrau und 3 Kinder habe voll bestreiten müssen. Die Pfändungsfreigrenze habe damals bei 347,56 DM gelegen, die ungekürzte Vollrente eines Erwerbsunfähigen habe 400,- DM betragen; das Nettoeinkommen habe also unter diesem Betrag und nur um rd. 15 v. H. über dem pfändungsfreien Existenzminimum gelegen. Obwohl der Kläger andererseits durch die niedrige Miete im schwiegerelterlichen Hause in Höhe von monatlich nur 35,- DM eine spürbare wirtschaftliche Erleichterung genieße, sei die Rückforderung des Betrages von 2.007,- DM nicht vertretbar. Daraus ergebe sich die Aufhebung des Bescheides vom 3. Mai 1957, soweit darin die Rückzahlung von mehr als 660,- DM angeordnet wurde.

Gegen das ihm am 27. November 1961 zugestellte Urteil des LSG hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1961, beim BSG eingegangen am 23. Dezember 1961, Revision eingelegt und beantragt,

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24. Oktober 1961 und das Urteil des SG Mannheim vom 22. September 1959 in vollem Umfange aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des VersorgA H vom 3. Mai 1957 idF des Widerspruchsbescheides vom 8. November 1957 abzuweisen.

Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27. Februar 1962 hat der Beklagte die Revision mit Schriftsatz vom 20. Februar 1962, beim BSG eingegangen am 22. Februar 1962, begründet. Er rügt in der Revisionsbegründung, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, eine Verletzung des § 47 Abs. 2 VerwVG und des § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Zur Rüge fehlerhafter Beweiswürdigung trägt der Beklagte vor, das LSG habe hinsichtlich der Frage, ob der Kläger durch die Untätigkeit der Versorgungsbehörde nachträglich gutgläubig geworden sei, das vorhandene Tatsachenmaterial nicht bzw. unrichtig gewürdigt. Der Kläger, der seit dem Jahre 1945 versorgungsrechtlich betreut werde, sei mit der Wechselwirkung zwischen seinem Einkommen und der Höhe seiner Versorgungsrente vertraut gewesen, wie sich auch aus der Niederschrift über die Verhandlung am 17. Januar 1951 vor dem früheren Oberversicherungsamt Baden ergebe. Ferner hätte das Berufungsgericht bei der Frage der Bösgläubigkeit berücksichtigen müssen, daß der Kläger die Verdienstbescheinigungen seines Arbeitgebers erst auf Grund ausdrücklicher Anforderung des VersorgA und nicht von sich aus vorgelegt habe, obwohl er nach den ihm zahlreich erteilten Hinweisen jede Änderung seines Einkommens hätte anzeigen müssen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß der Kläger im April 1952 die ihm mit Bescheid vom 21. April 1952 gewährte Ausgleichsrente nicht gutgläubig empfangen habe. Der Rechtsauffassung des LSG, wonach der während der ersten 6 Monate des Rentenbezugs vorhanden gewesene böse Glaube durch die später eintretende Gutgläubigkeit rückwirkend geheilt werde, könne nicht gefolgt werden, da entscheidend für das Wissen und Wissenmüssen der Zeitpunkt des jeweiligen monatlichen Rentenempfangs sei. Der Kläger sei auch länger als 6 Monate bösgläubig gewesen, weil er trotz Aufforderung des VersorgA die Verdienstbescheinigung vom 11. November 1952 lediglich mit der Angabe des Bruttoverdienstes eingereicht habe, ohne die für die Feststellung der Ausgleichsrente notwendigen Abzüge für die Sozialversicherung und Steuer mitzuteilen. Wenn somit nicht schon innerhalb der ersten Hälfte des Jahres 1953 eine Neufeststellung erfolgen konnte, sei dies weitgehend auch auf die unzureichenden Angaben des Versorgungsempfängers zurückzuführen.

Zur Rüge einer Verletzung des § 47 Abs. 2 Halbs. 2 VerwVG trägt der Beklagte vor, das LSG habe die Einkommensverhältnisse im Zusammenhang mit der Vertretbarkeit der Rückforderung nicht ohne Berücksichtigung der Grundrente beurteilen dürfen. Daß die Grundrente bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Ansprüche nicht außer Betracht bleiben könne, sei nicht nur aus § 67 BVG, sondern auch aus § 21 a Fürsorgepflichtverordnung, § 186 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, § 290 des Lastenausgleichsgesetzes und § 19 des Tbc-Hilfegesetzes zu entnehmen. Soweit sich das LSG an keinen der von ihm vergleichsweise angeführten Maßstäbe (Vollrente eines Erwerbsunfähigen oder Pfändungsfreigrenze) halten wollte, hätte es sich für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Feststellung des Einkommens im Zeitpunkt der Rückforderung begnügen dürfen, sondern den Kläger noch über das Vorliegen besonderer Aufwendungen hören müssen. Falls solche besonderen Aufwendungen nicht nachzuweisen gewesen wären, hätte sich das LSG wenigstens mit den periodisch herausgegebenen Mitteilungen des Statistischen Bundesamts über den Lebenshaltungsindex befassen müssen oder es hätte auch durch die Berücksichtigung der Fürsorgerichtsätze einen Anhaltspunkt über die erforderlichen Lebenshaltungskosten gewinnen können, wie dies das BSG in seiner Entscheidung vom 11. November 1959 (BSG 11, 44) empfehle. Mangels derartiger Ermittlungen beruhe die Feststellung, daß die Rückzahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar sei, auf einer Überschreitung der Grenzen des Rechts zur freien Beweiswürdigung.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision als unbegründet; er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und die Revisionsrügen nicht für gerechtfertigt.

Die durch Zulassung statthafte Revision des Beklagten (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist auch begründet.

Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG Mannheim vom 22. September 1959 teilweise aufgehoben und die Klage, soweit sie die Rückforderung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1956 im Betrage von 660,- DM betrifft, abgewiesen. Da der Kläger das Urteil des LSG nicht mit der Revision angefochten hat, ist dieses insoweit rechtskräftig geworden, d. h. daß im Revisionsverfahren die Rückforderung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1956 in Höhe von 660,- DM nicht mehr streitig ist. Der Senat hat somit nur noch darüber zu entscheiden, ob das LSG die Berufung des Beklagten zutreffend mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, daß der Bescheid des VersorgA H vom 3. Mai 1957 aufgehoben wird, soweit darin die Rückerstattung von mehr als 660,- DM angeordnet wurde. Streitig im Revisionsverfahren ist also nur noch die Rückforderung des Beklagten in Höhe von 2.007,- DM wegen zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge für die Zeit vom 1. April 1952 bis 31. Dezember 1955. Hinsichtlich der Höhe dieses Betrages und der Tatsache, daß er zu Unrecht gezahlt worden ist, besteht zwischen den Parteien kein Streit, sondern lediglich darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, diesen Betrag nach § 47 Abs. 2 VerwVG vom Kläger zurückzufordern.

Nach dieser Vorschrift in der im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides vom 3. Mai 1957 geltenden Fassung kann, soweit die Überzahlung auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse beruht, der zu Unrecht gezahlte Betrag nur zurückgefordert werden, wenn der Empfänger wußte oder wissen mußte, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge im Zeitpunkt der Zahlung nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden, oder wenn die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist. Gegen die Anwendung dieser Vorschrift auf die vom Beklagten geltend gemachte Rückforderung, soweit sie die vor dem Inkrafttreten des VerwVG am 1. April 1955 entstandenen Überzahlungen umfaßt, bestehen schon deswegen keine Bedenken, weil das Verwaltungsverfahren zur Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse und zur Rückforderung der überzahlten Beträge bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des VerwVG am 1. April 1955 anhängig war, was sich aus den schon vor diesem Zeitpunkt von der Versorgungsverwaltung ausgesandten Einkommensanfragen und eingeholten Verdienstbescheinigungen ergibt (vgl. BSG 3, 234, 237; 7,8,15; 19,100).

Das LSG hat gem. § 47 Abs. 2 VerwVG in dem angefochtenen Urteil zunächst geprüft, ob der Kläger wußte oder wissen mußte, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge im Zeitpunkt der Zahlung nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden. Zu dieser auf tatsächlichem Gebiet liegenden Frage hat das LSG festgestellt, daß keine Anhaltspunkte für die Annahme vorhanden sind, der Kläger habe ein derartiges Wissen bei der Entgegennahme der Versorgungsrente gehabt. Es hat weiter ausgeführt, daß ein "Wissenmüssen" spätestens entfallen ist, nachdem der Kläger dem VersorgA die Verdienstbescheinigung vom 11. November 1952 vorgelegt hatte und trotzdem nach Ablauf einer angemessenen Bearbeitungsfrist von 6 Monaten seine Versorgungsbezüge nicht neu festgestellt worden waren. Das LSG hat in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung vertreten, daß die Zeit von etwa 6 Monaten, in welcher der Kläger bösgläubig gewesen ist, entgegen der Auffassung des BSG (vgl. BSG 9, 47, 52) nicht anders behandelt werden könne als der Zeitraum, in dem er wegen der Untätigkeit der Versorgungsbehörde nachträglich gutgläubig geworden sei. Es gehe nicht an, die Wirkung der durch die Untätigkeit der Versorgungsbehörde nachträglich begründeten Gutgläubigkeit des Versorgungsberechtigten in bezug auf den einheitlichen Sachverhalt der Rentenzahlung zeitlich aufzuspalten und die Anfangszeit, in der der Rentenempfänger noch die Reaktion der Versorgungsbehörde auf die mitgeteilte Einkommenserhöhung abwarten mußte und der gute Glaube sozusagen unter diesem Vorbehalt stand, anders zu beurteilen als die Zeit nach Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit. Für die vorherige Zeit stehe das Wissenmüssen des Versorgungsberechtigten gewissermaßen unter der auflösenden Bedingung und sein guter Glaube unter der aufschiebenden Bedingung, daß die Versorgungsbehörde bis zum Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit nicht die Höhe der Rente neu feststellt.

Es kann dem LSG zugegeben werden, daß das Ergebnis der vom BSG in BSG 9, 47 vertretenen Auffassung nicht immer befriedigend sein mag, weil der Versorgungsberechtigte nach Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit mit einer Neufeststellung seiner Versorgungsbezüge wegen Änderung seiner Einkommensverhältnisse infolge der Untätigkeit der Versorgungsverwaltung nicht mehr rechnet. Die vom LSG vertretene Auffassung läßt sich aber mit dem Gesetz nicht vereinbaren. Nach dem klaren Wortlaut des § 47 Abs. 2 VerwVG richtet sich der gute oder böse Glaube des Rentenempfängers nach dem Zeitpunkt der Zahlung der einzelnen Versorgungsbezüge; denn es heißt in dieser Vorschrift, daß der zu Unrecht gezahlte Betrag zurückgefordert werden kann, wenn der Empfänger wußte oder wissen mußte, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge "im Zeitpunkt der Zahlung" nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden (vgl. BSG 13, 56). Der Rückforderungsanspruch ist demnach berechtigt, wenn das "Wissen oder Wissenmüssen" jeweils beim Empfang der monatlich gezahlten Rente vorhanden war, ohne daß es darauf ankommt, welche Vorstellungen der Rentenempfänger insoweit zu einem späteren Zeitpunkt gehabt hat. Die Konstruktion des LSG, das Wissenmüssen des Versorgungsberechtigten habe gewissermaßen unter der auflösenden Bedingung und sein guter Glaube unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, daß die Versorgungsbehörde bis zum Ablauf der angemessenen Bearbeitungszeit die Höhe der Rente nicht neu feststellt, läßt sich daher im Hinblick auf die eindeutige gesetzliche Regelung in § 47 Abs. 2 VerwVG nicht halten. Da es allein auf die Bösgläubigkeit im Zeitpunkt des Empfangs der jeweiligen Monatsrente ankommt, erscheint es auch begrifflich nicht möglich, hinsichtlich der bösgläubig empfangenen Zahlung in einem späteren Zeitpunkt - der hierfür nicht maßgebend ist - Gutgläubigkeit anzunehmen. Das angefochtene Urteil kann schon aus diesem Grunde nicht aufrechterhalten werden, soweit das LSG für die gesamte Zeit vom 1. April 1952 bis 31. Dezember 1955 eine Gutgläubigkeit des Klägers "beim Empfang der Versorgungsbezüge" festgestellt hat. Da das Berufungsgericht auf Grund seiner Rechtsauffassung keinen genauen Zeitpunkt - es heißt im Urteil: "etwa von Mai 1953 an" - für den Eintritt der Gutgläubigkeit festgestellt hat, ist der Senat nicht in der Lage, insoweit eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Das LSG hat auch die Rückforderung des im Revisionsverfahren noch streitigen Betrages in Höhe von 2.007,- DM nach der zweiten Alternative des § 47 Abs. 2 VerwVG nicht für gerechtfertigt gehalten, weil es zu der Feststellung gelangt ist, daß die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht vertretbar ist. Es ist im Anschluß an das Urteil des BSG vom 18. Februar 1960 (SozR VerwVG § 47 Bl. Ca 5 Nr. 8) davon ausgegangen, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Rentenempfängers und seiner Familienangehörigen nicht nur nach der Höhe der Einkünfte, sondern auch nach der Höhe der für eine angemessene Lebenshaltung notwendigen Ausgaben bemessen. Hierbei böten weder die Vollrente eines Erwerbsunfähigen noch die Pfändungsfreigrenze nach den §§ 850 ff ZPO einen allgemein gültigen Maßstab dafür, ob es wirtschaftlich vertretbar ist, ein darüber hinausgehendes Einkommen für eine Rückerstattung in Anspruch zu nehmen. Dieser Rechtsauffassung des LSG ist zuzustimmen, da es bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf die gesamte wirtschaftliche Lage des Rentenempfängers ankommt; es sind dabei die Vermögens- und Familienverhältnisse und auch besondere Aufwendungen, die vom Empfänger der Leistungen zu erbringen sind, zu berücksichtigen (vgl. auch BSG 11, 44). Wenn somit das LSG zu der Auffassung gelangt ist, daß die ungekürzte Vollrente eines Erwerbsunfähigen und die Pfändungsfreigrenze nicht ohne weiteres in jedem Falle den Maßstab dafür angeben, ob die Rückforderung nach den wirtschaftlichen Verhältnissen vertretbar ist, bestehen insoweit keine rechtlichen Bedenken. Das LSG hat aber bei seiner Feststellung des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens von rd. 382,- DM die Versorgungsgrundrente nicht berücksichtigt; es ist ferner von dem in der Zeit von Mai 1956 bis April 1957 erzielten Nettoeinkommen ausgegangen. Insoweit ist die Auffassung des LSG jedoch nicht frei von Rechtsirrtum.

Der Rückforderungsbescheid, dessen Aufhebung der Kläger begehrt, ist ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung. Für die Frage, ob Verwaltungsakte ohne Dauerwirkung, gegen die eine Aufhebungsklage erhoben ist, rechtmäßig oder rechtswidrig sind, kommt es auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt an, in dem die letzte Verwaltungsentscheidung ergangen ist (BSG 7, 8, 13 mit weiteren Hinweisen; Haueisen in NJW 1958 S. 1065 und JZ 1960 S. 711). Es kommt demnach im vorliegenden Falle darauf an, ob die Rückforderung nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers zur Zeit der Entscheidung im Vorverfahren, also bei Erlaß des Widerspruchsbescheides im November 1957 vertretbar gewesen ist (vgl. BSG in SozR VerwVG § 47 Bl. Ca 10 Nr. 11). Das LSG hätte daher bei der Feststellung des von dem Kläger erzielten Nettoeinkommens zunächst schon von dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (November 1957) ausgehen müssen. Es hätte hierbei aber auch die Versorgungsgrundrente des Klägers, die zu diesem Zeitpunkt nach § 31 Abs. 1 idF des Sechsten Änderungsgesetzes zum BVG vom 1. Juli 1957 (BGBl I S. 661) bei einer MdE um 60 v. H. 60,- DM betrug, berücksichtigen müssen. Der Auffassung des LSG, die Versorgungsgrundrente könne bei Beurteilung der Frage, ob eine Rückforderung wirtschaftlich vertretbar und daher begründet ist, nicht zum wirtschaftlichen Einkommen gerechnet werden, weil gerade die Grundrente in erster Linie eine Entschädigung für das durch die Versehrtheit geleistete Opfer und kein wirtschaftliches Einkommen darstelle, kann nicht zugestimmt werden. Das LSG mag hierbei vielleicht an die amtliche Begründung zu den §§ 28 bis 33 BVG (BT-Drucks. 1. Wahlperiode 1949 Nr. 1333) gedacht haben, in der bei der Grundrente von "Mehraufwendungen oder Ausgaben, die ein gesunder Mensch nicht hat, oder Ausfälle an wirtschaftlichen Vorteilen aus einer Betätigung außerhalb des Berufs" gesprochen wird (vgl. hierzu auch BSG 3, 64, 66). Das LSG verkennt hierbei jedoch, daß nach der klaren gesetzlichen Regelung des § 47 Abs. 2 VerwVG die Vertretbarkeit der Rückforderung nach den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen des Versorgungsberechtigten zu beurteilen ist. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann es aber nicht darauf ankommen, aus welchem Rechtsgrund der Kläger Einkünfte bezieht oder auf welchen Gesichtspunkten und Erwägungen der Anspruch des Versorgungsberechtigten auf eine Leistung beruht. Entscheidend ist vielmehr allein, ob hierdurch die "wirtschaftlichen Verhältnisse" des Versorgungsberechtigten beeinflußt werden. Das ist aber bei der Versorgungsgrundrente, die dem Versorgungsberechtigten unabhängig von dem inneren Grund ihrer Zahlung einen wirtschaftlichen Vorteil bietet, der Fall. Ebenso wie bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse die besonderen Aufwendungen des Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen sind, müssen auch sämtliche Einkünfte, die dem Versorgungsberechtigten einen wirtschaftlichen Vorteil bringen, auf der Einkommensseite berücksichtigt werden. Diese Auslegung der gesetzlichen Regelung in der zweiten Alternative des § 47 Abs. 2 VerwVG findet darin eine Stütze, daß im BVG in den Fällen, in denen das Einkommen des Versorgungsberechtigten von Bedeutung ist (vgl. z. B. § 33 BVG), als Einkommen stets alle Einkünfte in Geld und Geldeswert zu verstehen sind. Der Begriff der "wirtschaftlichen Verhältnisse" in § 47 Abs. 2 VerwVG, der von dem Verhältnis des Einkommens zu den notwendigen Ausgaben bestimmt wird, geht somit vom Einkommensbegriff des BVG aus. Danach sind aber bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf der Einkommensseite alle Einkünfte im wirtschaftlichen Sinne zu berücksichtigen, d. h. also alle wirtschaftlichen Vorteile in Geld oder Geldeswert (vgl. hierzu auch die Rechtsprechung zum Einkommensbegriff in § 33 BVG z. B. in BSG 4, 121 und 5, 208). Das BSG hat daher in Verfolg seiner Auffassung, daß zum Einkommen alle wirtschaftlichen Vorteile gehören, auch einen "Aufopferungsanspruch", der auf einer behördlich angeordneten Schutzimpfung beruhte, als sonstiges Einkommen i. S. des § 33 BVG angesehen, obwohl die Aufopferungsentschädigung - ähnlich wie die Versorgungsgrundrente - in der Regel einen angemessenen Ausgleich für den Vermögensschaden und die körperliche Beeinträchtigung darstellt, die dem Betroffenen auferlegt sind (vgl. BSG 4, 121, 126). Endlich spricht auch für die Berücksichtigung der Versorgungsgrundrente bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse i. S. des § 47 Abs. 2 VerwVG die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 67 Abs. 2 Nr. 3 BVG, daß der Anspruch auf Rente - also auch auf Grundrente - wegen eines Anspruchs auf Rückerstattung zu Unrecht empfangener Versorgungsleistungen übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann, d. h. daß der Beschädigte dieses wirtschaftlichen Vorteils verlustig gehen kann. Das LSG hätte somit bei der Ermittlung des Nettoeinkommens des Klägers die Versorgungsgrundrente in Höhe von monatlich 60,- DM berücksichtigen und die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im November 1957 zugrunde legen müssen. Da das LSG die Feststellung, die Rückforderung von 2.007,- DM sei wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht vertretbar, auf Grund einer nicht zu billigenden Rechtsauffassung getroffen hat, bedarf es auch insoweit erneuter Feststellungen durch das Berufungsgericht. Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an die Vorinstanz ist jedoch nur hinsichtlich der Rückforderung für die Zeit vom 1. Januar 1953 bis 31. Dezember 1955 geboten, da der Rechtsstreit hinsichtlich der Rückforderung für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952 entscheidungsreif ist.

Das VersorgA, dem die zuerst vorgelegte Verdienstbescheinigung vom 11. November 1952 am 17. November 1952 zugegangen ist, hat die Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. April 1952 an erst mit Bescheid vom 3. Mai 1957, also etwa 4 1/2 Jahre später festgestellt. Der Senat ist der Auffassung, daß die Versorgungsbehörde auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG eine Rückforderung nicht nach einer unbeschränkt langen Zeit geltend machen kann. Das BSG hat schon in seinem Urteil vom 18. Dezember 1958 (BSG 9, 47) ausgesprochen, daß bei Anwendung des § 47 VerwVG der dem Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsberechtigten und der Versorgungsbehörde innewohnende Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten ist. Darüber hinaus wird - wie allgemein anerkannt ist - auch das Gebiet des öffentlichen Rechts von dem Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht (vgl. hierzu auch BSG 2, 284, 289; 7, 152, 156; ferner die Rechtsprechung der allgemeinen Verwaltungsgerichte zur Rücknahme eines fehlerhaften begünstigenden Verwaltungsakts, insbesondere Württ.-Bad. VGH, Urteil vom 31. März 1958 in Zeitschrift für Beamtenrecht 1958 S. 144 und Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 30. Oktober 1959 in Zeitschrift für Beamtenrecht 1960 S. 163). Bei der Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezügen nach einer unangemessen langen Bearbeitungszeit stellt sich daher die Frage, von welchem Zeitpunkt ab die Geltendmachung eines derartigen Anspruchs durch die Versorgungsbehörde eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Da sowohl die Versorgungsansprüche des Berechtigten als auch der Rückforderungsanspruch der Versorgungsverwaltung im Falle zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge auf demselben Rechtsverhältnis beruhen, muß für die Geltendmachung beider Ansprüche in zeitlicher Hinsicht im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben, der auch das öffentliche Recht beherrscht, eine entsprechend gleiche Regelung Platz greifen. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 9. April 1963 (BSG 19, 88) unter eingehender Begründung ausgesprochen hat, verjähren Rentenansprüche nach dem BVG in entsprechender Anwendung des § 197 BGB in 4 Jahren. Wenn auch für den Rückforderungsanspruch der Versorgungsverwaltung keine derart kurze Verjährungsfrist vorgeschrieben ist, so stellt es nach Auffassung des Senats eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche nach § 47 Abs. 2 VerwVG für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als 4 Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist. Es muß unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben sich insoweit für die Beteiligten eine gleiche Rechtslage aus der Untätigkeit des anderen Beteiligten ergeben. Wenn der Versorgungsberechtigte, der nach Ablauf der Verjährungsfrist Rentenansprüche geltend macht, diese wegen Verjährung nicht mehr durchsetzen kann, so entspricht es im Hinblick darauf, daß es sich in beiden Fällen um Ausflüsse desselben Rechtsverhältnisses im Zusammenhang mit demselben Rentenanspruch handelt, der Billigkeit, einen Rückforderungsanspruch der Versorgungsverwaltung in entsprechender Weise für einen Zeitraum, der über 4 Jahre zurückliegt, wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verneinen. Hierbei ist wegen der hiermit beabsichtigten Gleichstellung der Beteiligten zu berücksichtigen, daß die Verjährung des Versorgungsanspruchs in entsprechender Anwendung des § 197 BGB nach § 201 BGB erst mit dem Schlusse des Jahres beginnt, in welchem der nach den §§ 198 bis 200 BGB maßgebende Zeitpunkt eintritt. Im umgekehrten Falle kann also beim Rückforderungsanspruch der Versorgungsverwaltung insoweit das Jahr nicht berücksichtigt werden, in dem der Rückforderungsbescheid nach § 47 Abs. 2 VerwVG ergangen ist. Im vorliegenden Falle beginnt daher für den Rückforderungsanspruch der Zeitraum von 4 Jahren mit dem Jahre 1956, da der Rückforderungsbescheid am 3. Mai 1957 ergangen ist. Das bedeutet, daß der Beklagte Rückforderungsansprüche für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952 aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung nicht mehr geltend machen kann. Die Revision des Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden, soweit es sich um die Rückforderung für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952 handelt.

Vor der erneuten Entscheidung wird das LSG gegebenenfalls noch zu prüfen haben, welche besonderen Aufwendungen im einzelnen den unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu ermittelnden Einkünften gegenüberstehen. Das LSG wird gegebenenfalls ferner noch im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten in der Revisionsbegründung vom 20. Februar 1962 zu der Rüge einer Verletzung des § 128 SGG zu prüfen haben, ob der Sachverhalt Anlaß geben könnte, die Gutgläubigkeit des Klägers nach Ablauf einer angemessenen Bearbeitungszeit durch die Versorgungsverwaltung in Zweifel zu ziehen. Der Beklagte hat im Revisionsverfahren hierzu vorgetragen, daß der Kläger seinerseits nicht alles für die Feststellung der Ausgleichsrente Erforderliche getan habe, weil er jeweils die Übersendung von Einkommensfragebogen abgewartet habe (vgl. hierzu auch BSG 11, 44; in dieser Entscheidung hat der 11. Senat des BSG ausgesprochen, daß in Fällen, in denen der Empfänger der Leistungen seiner Pflicht zur unverzüglichen Anzeige jeder Einkommensänderung nur unvollständig genügt hat, auf ein Wissen oder Wissenmüssen geschlossen werden kann, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge im Zeitpunkt der Zahlung nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden). Da der Senat das angefochtene Urteil, soweit es die Rückforderung für die Zeit vom 1. Januar 1953 bis 31. Dezember 1955 betrifft, schon aus materiell-rechtlichen Gründen aufheben und die Sache mangels ausreichender Feststellungen an das LSG zurückverweisen mußte, bestand kein Anlaß, noch auf die vom Beklagten erhobenen Verfahrensrügen einzugehen.

Die gesamte Kostenentscheidung war dem abschließenden Urteil im Hinblick darauf vorzubehalten, daß ungeachtet der Zurückweisung der Revision hinsichtlich der Rückforderung für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952 nicht abzusehen ist, inwieweit der Rückforderungsanspruch des Beklagten für die übrige Zeit begründet ist.

 

Fundstellen

BSGE, 27

NJW 1964, 1437

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