Orientierungssatz

1. Der in RVO § 571 verwendete Begriff des Arbeitseinkommens umfaßt als Oberbegriff das durch geistige oder körperliche Arbeit in unselbständiger Tätigkeit erzielte Arbeitsentgelt und das als Unternehmer oder Selbständiger erzielte Erwerbseinkommen.

2. Bei Unternehmen (hier: selbständiger Landwirt in Spanien) ist für die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach RVO § 571 vom Begriff des Einkommens iS des  EStG § 32 Abs 1 auszugehen, wobei allerdings Einkünfte aus nicht beruflicher Tätigkeit, zB aus Kapitalvermögen, ausgesondert werden müssen.

 

Normenkette

RVO § 571 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1967-04-30; EStG § 32 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Juli 1973 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. August 1972 wird als unzulässig verworfen, soweit sie den Bescheid über die vorläufige Rente vom 19. März 1971 betrifft.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist spanischer Staatsangehöriger. Er arbeitet seit dem 2. Mai 1970 in der Bundesrepublik Deutschland. Am 3. August 1970 erlitt er einen Arbeitsunfall, bei dem es zum Verlust des linken Daumens kam. In der Zeit vom 2. Mai bis 2. August 1970 hatte der Kläger in der Bundesrepublik ein Arbeitsentgelt von 3.080,38 DM bezogen. Die Beklagte gewährte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls durch Bescheid vom 19. März 1971 eine vorläufige Rente von 30 v.H. der Vollrente. Dabei legte sie der Rentenberechnung als Jahresarbeitsverdienst (JAV) das Dreihundertfache des Ortslohns von 20,25 DM = 6.075,- DM zugrunde. Erwerbseinkommen aus der Zeit vor Arbeitsaufnahme in der Bundesrepublik, das der Kläger nach seinen Angaben im eigenen landwirtschaftlichen Unternehmen in Spanien erzielt hatte, ließ die Beklagte unberücksichtigt. Nachdem der Kläger wegen der Höhe des JAV Klage erhoben hatte, gewährte ihm die Beklagte durch Bescheid vom 19. Juni 1972 ab 1. August 1972 eine Dauerrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente. Die Rente wurde ebenfalls nach einem JAV von 6.075,- DM berechnet. Der Kläger hat begehrt, die Rente nach einem JAV von 22.540,40 DM zu berechnen. Er habe in der Zeit ab 3. August 1969 durch Verkauf von Gerste, Rüben und Schweinen aus seinem in Spanien gelegenen landwirtschaftlichen Unternehmen erhebliche Beträge erlöst, denen nur geringe Unkosten für Düngemittel und Transport gegenübergestanden hätten. Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. August 1972): Nachgewiesen sei nur das vom Kläger in der Bundesrepublik erzielte Arbeitseinkommen. Die eingereichten Bescheinigungen über die Einkünfte aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte ließen allenfalls Rückschlüsse auf die Höhe der vor der Einreise in die Bundesrepublik erzielten Bruttoerlöse zu. Die Höhe des vom Kläger tatsächlich erzielten Einkommens sei aufgrund der Bescheinigungen nicht zu ermitteln. Es sei auch nicht anzunehmen, daß der Kläger aus dem Betrieb seiner Landwirtschaft in Spanien einen über dem der Rentenfestsetzung zugrunde gelegten Ortslohn liegenden Verdienst erzielt habe. Dem stehe auch die Auskunft des zuständigen Finanzamts in Zamora entgegen, wonach der Kläger nicht als Steuerpflichtiger im Bereich des Ackerbaus und der Viehzucht und auch nicht als Gewerbesteuerpflichtiger geführt werde. Die Berufung an das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, mit der der Kläger den seiner Ansicht nach der Rentenberechnung zugrunde zu legenden JAV mit 23.090,83 DM angegeben hat, ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 18. Juli 1973). Das LSG hat Berufungsausschlußgründe verneint und das Rechtsmittel im wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Das vom Kläger in Spanien in der Zeit vom 3. August 1969 bis 1. Mai 1970 erzielte Arbeitseinkommen stehe nicht fest. Die von ihm überreichten Bescheinigungen über die Verkaufserlöse landwirtschaftlicher Erzeugnisse reichten unter Berücksichtigung der angeführten Ausgabeposten zur Feststellung des Arbeitseinkommens nicht aus. Es fehle eine exakte betriebswirtschaftliche Berechnung mit Gegenüberstellung der Einnahmen und aller Ausgaben. Bei den vom Kläger angeführten wenigen Ausgabeposten könne es sich nur um mehr oder weniger willkürlich herausgegriffene Unkosten handeln. Auch gegen die Höhe der vom Kläger erzielten Verkaufserlöse beständen Bedenken, weil darin ein Betrag einbezogen worden sei, der nach den eingereichten Bescheinigungen Leistungen der Ehefrau des Klägers betroffen habe. Das tatsächliche Arbeitseinkommen lasse sich somit nicht feststellen. Der Mangel lasse sich nicht dadurch beheben, daß anstatt des nicht nachgewiesenen Einkommens für die Zeit vom 3. August 1969 bis 1. Mai 1970 das Einkommen einer Vergleichsperson oder der mutmaßliche Verdienst des Klägers in Spanien eingesetzt werde. Die vielen Faktoren, die für die Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes in Spanien von Bedeutung sein könnten (Größe, Art, Lage, klimatische Verhältnisse, Bodenbeschaffenheit, Absatzmöglichkeit usw.) seien nicht bekannt. Die Beklagte habe daher zu Recht der Rentenberechnung das Dreihundertfache des Ortslohnes zugrunde gelegt.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: In der angefochtenen Entscheidung werde zu Unrecht die Berechnung der Rente allein aufgrund des Ortslohns gemäß § 575 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für zutreffend erachtet. Diese Vorschrift stelle keine Berechnungsgrundlage dar, sondern gebe lediglich eine Untergrenze an, die der JAV nicht unterschreiten dürfe; sie setze eine Berechnung des JAV nach den §§ 571 bis 574 RVO voraus. Er - der Kläger - habe im Jahr vor dem Unfall, abgesehen vom Arbeitseinkommen in der Bundesrepublik, folgende bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigende Einkünfte nachgewiesen:

a) 95.504 Peseten

=       

5.026,- DM

aus Verkauf an Gerste

b) 187.590 "

=       

9.773,- "

aus Verkauf von Schweinen

c) 166.459 "

=       

8.713,- "

aus Verkauf von Rüben

23.512,- DM

Ferner habe er nachgewiesen, daß diesem Bruttoeinkommen folgende Ausgaben gegenüberstanden:

a) 20.000 Peseten

=       

1.052,- DM

für Düngemittel

b) 7.620 "

=       

407,- "

für Transport

1.459,- DM

Außerdem habe er nachgewiesen, daß er für Futter und Samen keine Ausgaben gehabt habe, da diese in der eigenen Landwirtschaft gewonnen worden seien. Angesichts der exakten, z.T. von amtlichen Stellen erteilten Daten, sei die Ansicht des LSG unzutreffend, daß diese Angaben für die Feststellung des JAV nicht ausreichten. Dafür, daß die angegebenen Unkosten die wesentliche Belastung darstellten, spreche die Erfahrung, daß die spanische Landwirtschaft weitgehend ohne Einsatz aufwendiger technischer Geräte betrieben werde. Wenn das LSG der Meinung sei, das in seinem Eigentum stehende Land und die Gebäude seien bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigen, hätte es den Wert aufklären müssen. Wenn es das nicht getan habe, obwohl es erforderlich sei, habe es seine Aufklärungspflicht verletzt. Könne der Betrag des Arbeitseinkommens geschätzt werden, wäre das LSG verpflichtet gewesen, eine solche Schätzung vorzunehmen. Aus allem folge, daß die Berechnung des JAV nach § 571 Abs. 1 RVO möglich gewesen sei. Sollte das Revisionsgericht jedoch der Meinung sein, daß der JAV, soweit das in Spanien erzielte Arbeitseinkommen maßgebend sei, nicht nachgewiesen sei und auch nicht aufgeklärt oder geschätzt werden könne, hätte der JAV nach dem zur Zeit des Arbeitsunfalls ausgeübten Beruf gemäß § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO berechnet werden müssen. Das nicht nachweisbare Arbeitseinkommen sei so zu behandeln wie ein nicht erzieltes Arbeitseinkommen; der JAV sei aufgrund der zur Zeit des Unfalls verrichteten Tätigkeit zu errechnen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Juli 1973 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. August 1972 sowie der Bescheide vom 19. März 1971 und 19. Juni 1972 die Beklagte zu verurteilen, der Rentenberechnung einen Jahresarbeitsverdienst von 23.090,83 DM zugrunde zu legen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, die Rentenberechnung unter Zugrundelegung der von ihm zur Zeit des Unfalls ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil sei hinsichtlich des Bescheides vom 19. März 1971 gemäß § 145 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unzulässig gewesen; sie habe nur Rente für einen abgelaufenen Zeitraum betroffen. Das LSG hätte daher die Berufung insoweit als unzulässig verwerfen müssen, anstatt in der Sache zu entscheiden. Der Auffassung des Klägers sei zuzustimmen, daß es sich bei der Berücksichtigung des aus seiner Landwirtschaft erzielten Einkommens um eine Frage des Beweises und der Beweiswürdigung handele. Verfahrens- und beweismäßig sei nichts gegen die Erwägungen des LSG einzuwenden, daß die Feststellung des Arbeitseinkommens für die vom 3. August 1969 bis 1. Mai 1970 in Spanien verlebte Zeit unmöglich sei. Besondere Bedeutung komme der Auskunft der spanischen Finanzbehörde zu. Aus ihr könne geschlossen werden, daß der Kläger in Spanien keine allzu hohen Einkünfte gehabt habe. Es rechtfertige sich daher, den JAV nach dem Dreihundertfachen des Ortslohnes zu berechnen.

II.

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Revision des Klägers ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache hinsichtlich des Anspruchs auf Dauerrente an das LSG zurückzuverweisen war.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 7. August 1972 war hinsichtlich des Anspruchs auf vorläufige Rente unzulässig.

Bei einer zugelassenen Revision ist die Zulässigkeit der Berufung auch ohne Antrag des Revisionsbeklagten von Amts wegen zu prüfen, da es sich hierbei um eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung handelt, von der die Rechtswirksamkeit des Verfahrens als ganzes abhängt (BSG 1, 227, 230; 2, 225, 226 und 245, 246; 3, 124, 126 und 234, 235; 15, 65, 67). Die Beklagte hat den JAV sowohl anläßlich der Feststellung der vorläufigen Rente durch Bescheid vom 19. März 1971 als auch bei der Feststellung der Dauerrente durch Bescheid vom 19. Juni 1972 jeweils in Höhe von 6.075,- DM festgesetzt. Bei den Ansprüchen auf die vorläufige Rente und die Dauerrente handelt es sich um zwei selbständige prozessuale Ansprüche. Die Zulässigkeit der Berufung ist daher für jeden dieser Ansprüche gesondert zu prüfen (BSG 5, 222, 225; 7, 35, 39; 8, 228, 231; 10, 264, 266; SozR Nr. 48 zu § 150 SGG; Breithaupt 1970, 893 mit Nachweisen). Nach § 145 Nr. 3 SGG ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie vorläufige Rente betrifft. Dabei ist es unerheblich, welche Streitfragen im einzelnen zu entscheiden sind. Die Berufung ist daher nach dieser Vorschrift auch dann ausgeschlossen, wenn bei einer vorläufigen Rente nur die Nachprüfung des JAV begehrt wird (BSG 8, 164, 166; SozR Nr. 8 zu § 145 SGG). Da die Voraussetzungen des § 150 Nr. 2 und 3 SGG nicht vorliegen, insbesondere im Berufungsverfahren kein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt worden ist, hätte das LSG die Berufung des Klägers als unzulässig verwerfen müssen, soweit diese die vorläufige Rente betraf. Die Verwerfung der Berufung hinsichtlich des Bescheides vom 19. März 1971 war daher durch das Revisionsgericht auszusprechen. Mit dieser Entscheidung verstößt der Senat nicht gegen den Grundsatz, daß auch im Revisionsverfahren das angefochtene Urteil nicht zum Nachteil des Rechtsmittelklägers geändert werden darf, wenn er nicht zugleich Rechtsmittelbeklagter ist. Durch die teilweise Verwerfung der Berufung wird der Kläger nicht in eine ungünstigere Lage versetzt als durch das von ihm angegriffene, die Berufung als unbegründet zurückweisende Urteil des LSG (BSG 2, 225, 228; SozR Nr. 40 zu § 215 SGG; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl., S. 250 b).

Zu Recht rügt der Kläger, daß das LSG die Möglichkeiten zur Aufklärung seines Arbeitseinkommens nicht erschöpft hat.

Nach § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt als JAV das Arbeitseinkommen des Verletzten im Jahr vor dem Arbeitsunfall. Dabei ist es unerheblich, daß es sich bei dem Verletzten um einen Ausländer handelt und daß ein Teil des Arbeitseinkommens im maßgeblichen Zeitraum im Ausland erzielt worden ist. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 36, 209), stehen der Berücksichtigung ausländischer Einkünfte bei der Berechnung des JAV Vorschriften des internationalen Sozialversicherungsrechts, insbesondere das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über Soziale Sicherheit vom 29. Oktober 1959 (BGBl II 1961, 599) nicht entgegen. Auch das nach Art. 25 des Grundgesetzes (GG) zu beachtende Völkerrecht und das für die Sozialversicherung als maßgeblich angesehene Territorialprinzip hindern die Anrechnung ausländischen Einkommens nicht. Sie ist auch nicht aufgrund einer der Berechnungsregel des § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO innewohnenden räumlichen Begrenzung auf ausschließlich inländische - deutsche - Arbeits- und Einkommensverhältnisse ausgeschlossen (vgl. Brackmann aaO S. 574 c).

Das LSG hat dies im Ergebnis auch nicht verkannt, aber infolge unzureichender Sachaufklärung (§ 103 SGG) ein vom Kläger behauptetes Arbeitseinkommen in Spanien in der Zeit vom 3. August 1969 bis 1. Mai 1970 als nicht feststellbar erachtet.

Der in § 571 RVO verwendete Begriff des Arbeitseinkommens umfaßt als Oberbegriff das durch geistige oder körperliche Arbeit in unselbständiger Tätigkeit erzielte Arbeitsentgelt und das als Unternehmer oder Selbständiger erzielte Erwerbseinkommen (vgl. Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 2 zu § 571; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl., Kennzahl 440, S. 7; Brackmann aaO S. 574 b). Für die Berechnung des JAV ist daher neben dem vom Kläger durch seine Beschäftigung in der Bundesrepublik erzielten Arbeitsentgelt auch sein als selbständiger Landwirt in Spanien erzieltes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Bei Unternehmern (Selbständigen) ist für die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach § 571 RVO vom Begriff des Einkommens im Sinne des § 32 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszugehen, wobei allerdings Einkünfte aus nicht beruflicher Tätigkeit, z.B. aus Kapitalvermögen, ausgesondert werden müssen. Das LSG hat daher zu Recht die Erlöse aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse, vermindert um Ausgaben für Düngemittel und Transport, als nicht ausreichend für die Feststellung des Arbeitseinkommens angesehen.

Das LSG durfte es aber dabei nicht bewenden lassen, sondern hätte für den hier maßgeblichen Zeitraum - erforderlichenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - alle für die Feststellung des Einkommens des Klägers aus seiner Landwirtschaft erheblichen Tatsachen ermitteln müssen. Da die Anrechnung des zu berücksichtigenden ausländischen Einkommens nach deutschem Recht erfolgt (BSG 36, 209, 217), kommt es auf diejenigen Tatsachen an, die auch bei einem deutschen Landwirt für eine Einkommensermittlung erheblich sind. Bei einem buchführenden Landwirt lassen sich die entsprechenden Feststellungen in der Regel anhand der Bücher treffen. Bei nicht buchführenden Landwirten gilt das Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (GDL) vom 15. September 1965 (BGBl I 1350). Falls sich auch dadurch kein verwertbares Ergebnis erzielen läßt, muß das vom Kläger aus der Landwirtschaft erzielte Erwerbseinkommen geschätzt werden. Eine eingehende Anhörung des Klägers, beispielsweise über Größe, Lage, Art der Bewirtschaftung seines Unternehmens und die Höhe der etwa während seiner Abwesenheit erzielten Pachteinnahmen, kann dafür bereits erste Anhaltspunkte geben. Die Berücksichtigung eines für landwirtschaftliche Unternehmer festgesetzten durchschnittlichen JAV (§ 780 RVO) kommt nicht in Betracht, da der Kläger den Arbeitsunfall am 3. August 1970 nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer, sondern als Beschäftigter in einem Mitgliederunternehmen der Beklagten erlitten hat. In einem solchen Fall ist der JAV nach der für die gewerbliche Unfallversicherung geltenden Vorschrift des § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO zu ermitteln (vgl. BSG in SozR 2200 § 571 Nr. 1). Da der Kläger im Jahr vor dem Arbeitsunfall tätig gewesen ist, scheidet auch eine Berechnung des JAV gemäß § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO allein nach der zur Zeit des Arbeitsunfalls ausgeübten Tätigkeit aus.

Die nicht erschöpfend durchgeführten Ermittlungen über das Erwerbseinkommen des Klägers in Spanien stellen einen Verstoß gegen die dem LSG nach § 103 SGG obliegende Verpflichtung dar, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Das LSG hat auch erkannt, daß von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus die wenigen bekannten Tatsachen über das Erwerbseinkommen des Klägers für eine Entscheidung über die Höhe des JAV nicht ausreichen. Da die unzureichenden tatsächlichen Feststellungen eine Entscheidung durch das Revisionsgericht nicht zulassen und die noch erforderliche Sachaufklärung vor ihm nicht nachgeholt werden kann, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden. Wegen des Bescheides über die vorläufige Rente vom 19. März 1971 war die nicht statthafte Berufung gegen das Urteil des SG Düsseldorf gemäß § 158 Abs. 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648613

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