Entscheidungsstichwort (Thema)

Heilbehandlung. Nichtschädigungsfolge. Einkommen. Jahresarbeitsverdienstgrenze. Beitragszuschuß zur Krankenversicherung. Beitragsanteil. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch des schwerbeschädigten Kriegsopfers auf Heilbehandlung von Nichtschädigungsfolgen entfällt nicht, wenn die Jahresarbeitsentgeltgrenze nur bei Anrechnung des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers zur KVdR als Einkommen überschritten wird.

 

Normenkette

BVG § 10 Abs. 7 S. 1 Buchst. a, Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 25.10.1994; Aktenzeichen L 4 V 390/94)

SG Gießen (Urteil vom 30.03.1994; Aktenzeichen S 10 V 1915/89)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Oktober 1994 und des Sozialgerichts Gießen vom 30. März 1994 geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Juni 1989 und des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1989 verurteilt, dem Kläger Heilbehandlung gemäß den Heil- und Kostenplänen vom 23. und 26. Mai 1989 zu gewähren.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob der Beitragszuschuß des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung der Rentner als Einkommen iS des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit der Folge anzurechnen ist, daß der Kläger wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze keinen Heilbehandlungsanspruch für Nichtschädigungsleiden hat.

Der Kläger bezieht Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 vH und außerdem Berufsschadensausgleich (BSchA). Seit 1983 erhält er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) die ab 1. Dezember 1991 in ein Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres umgewandelt wurde. Neben der EU-Rente gewährte die BfA im Jahre 1989 einen Zuschuß zur Krankenversicherung der Rentner iH von monatlich 126,44 DM, der mit dem einbehaltenen Krankenversicherungsbeitrag des Klägers verrechnet und an die Barmer Ersatzkasse abgeführt wurde. Schließlich bezieht der Kläger noch eine Betriebsrente.

Im Mai 1989 beantragte er beim Versorgungsträger die Gewährung von Heilbehandlung in Form der Versorgung mit Zahnersatz. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 15. Juni 1989 ab, weil es sich um Nichtschädigungsfolgen handele und der Kläger mit seinem Einkommen die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung überschreite. Die Versorgungsverwaltung rechnete dabei neben der EU-Rente, der Betriebsrente und dem BSchA auch den Zuschuß der BfA zur Krankenversicherung als Einkommen an, wodurch der Kläger die (damals noch so genannte) Jahresarbeitsverdienstgrenze von 54.900,00 DM im Jahre 1989 knapp überstieg, während sie bei Nichtberücksichtigung des Zuschusses unterschritten worden wäre. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Anrechnung des Zuschusses wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 1989). Klage und Berufung waren ebenfalls ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 30. März 1994; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 25. Oktober 1994). Das LSG hat sich der Auffassung des SG angeschlossen, daß der Einkommensbegriff in § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG nach seinem Sinn und Zweck auch Zuschüsse der Rentenversicherung zur Krankenversicherung umfasse. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß sich Versorgungsberechtigte mit Gesamteinkünften über der Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung wegen der Behandlung von Nichtschädigungsfolgen selbst durch eine Krankenversicherung absichern könnten. Der zweckgebundene Zuschuß des Rentenversicherungsträgers diene gerade dazu, die Aufrechterhaltung einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Er erhöhe deshalb das finanzielle Leistungsvermögen des Versorgungsberechtigten in dieser Hinsicht. Wenn nach der Ausgleichsrentenverordnung (AusglV) bei der Ausgleichsrente Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung ausdrücklich nicht als Einkommen angerechnet würden, sei dies im Hinblick auf die besondere Zweckbestimmung dieser Zuschüsse bei der Frage der Gewährung von Heilbehandlung für Nichtschädigungsfolgen anders zu sehen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG. Das LSG habe den Begriff des Einkommens unzutreffend ausgelegt. Es gebe keinen überzeugenden Grund dafür, den Begriff des Einkommens bei der Berechnung der Ausgleichsrente anders zu definieren als bei der Frage der Gewährung von Heilbehandlung. Auch im Steuerrecht seien die Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung steuerfrei und somit nicht als Einkommen anzurechnen. Ein Rentner dürfe auch nicht schlechter gestellt werden als ein Arbeitnehmer, bei dem der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen kein Arbeitsentgelt darstelle. Aus der Zweckgebundenheit des Zuschusses zur Krankenversicherung sei ebenso wie bei allen anderen zweckgebundenen Leistungen zu folgern, daß er kein Einkommensbestandteil sei.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG vom 25. Oktober 1994 und des SG vom 30. März 1994 sowie die Bescheide vom 15. Juni 1989 und 21. November 1989 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm, dem Kläger, Heilbehandlung in Form von Zahnersatzleistungen gemäß den Heil- und Kostenplänen vom 23. und 26. Mai 1989 zu gewähren.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist begründet.

Der Anspruch des schwerbeschädigten Klägers auf Heilbehandlung wegen Gesundheitsstörungen, die nicht als Schädigungsfolgen anerkannt sind (§§ 9 Nr 1, 10 Abs 1 und 2, 11 Abs 1 BVG) – um solche handelt es sich hier –, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht nach § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG (idF des Haushaltsbegleitgesetzes ≪HBegleitG≫ 1983 vom 20. Dezember 1982 ≪BGBl I 1857≫) ausgeschlossen. Der Kläger hatte im Jahre 1989 kein Einkommen, das die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung von 54.900,00 DM (§ 6 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – ≪SGB V≫, § 1385 Abs 2 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) überstieg.

Die Frage, ob das Einkommen des Klägers die maßgebliche Grenze überstieg, kann nicht im Hinblick auf den Anspruch des Klägers auf Krankenbehandlung gegen die Krankenkasse, der er als pflichtversicherter Rentner angehört, offenbleiben. Zwar schließt § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG Leistungen der Kriegsopferversorgung für Nichtschädigungsfolgen dann aus, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Nach § 10 Abs 7 Satz 2 BVG, der in der hier maßgeblichen Fassung ebenfalls durch das HBegleitG eingefügt worden ist, sind entsprechende Leistungen iS dieses Absatzes Leistungen, die nach ihrer Zweckbestimmung und der Art der Leistungserbringung übereinstimmen. Diese Voraussetzung liegt bei der hier streitigen prothetischen Versorgung nicht vor. Nach Krankenversicherungsrecht hatte der Kläger insoweit lediglich Anspruch auf einen Zuschuß von wenigstens 50 vH der erstattungsfähigen Kosten (§ 30 SGB V), während er nach Versorgungsrecht die Leistung als Sachleistung erhält (§ 11 Abs 1 Nr 4 BVG). Die Art der Leistungserbringung stimmt insoweit nicht überein (vgl Wilke/Fehl, Soziales Entschädigungsrecht, Komm, 7. Aufl, § 10 BVG RdNr 30; Rohr/Sträßer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, § 10 BVG K 53). Nur im umgekehrten Verhältnis sagt § 10 Abs 7 Satz 3 BVG ausdrücklich, daß Sachleistungen anderer Träger, die dem gleichen Zweck dienen wie Kostenübernahmen, Geldleistungen oder Zuschüsse nach dem BVG, im Verhältnis zu diesen Leistungen als entsprechende Leistungen gelten. Die Folge dieser Regelung ist, daß bei zahnprothetischer Versorgung der Heilbehandlungsanspruch nicht im Hinblick auf die Zuschußleistung der Krankenkasse ausgeschlossen ist; der Versorgungsträger erhält dafür gemäß § 18c Abs 5 Satz 2 BVG iH der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse einen Erstattungsanspruch.

Die Vorinstanzen haben bei der Ermittlung des Einkommens zutreffend sowohl die Renteneinkünfte, nämlich die EU-Rente und die Betriebsrente, als auch den BSchA berücksichtigt. Was unter “Einkommen” iS des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht näher. Es enthält auch im Unterschied zu anderen Vorschriften (vgl § 33 Abs 6 BVG) keine Verordnungsermächtigung, die in Betracht kommenden Einkommensarten näher zu bestimmen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Rechtsprechung daraus die Schlußfolgerung gezogen, daß der Begriff sich wegen seiner Bezugnahme auf die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung zwar an das Krankenversicherungsrecht anlehnt und von Bruttobeträgen ausgeht, jedoch im Hinblick auf seinen besonderen Sinn und Zweck abweichend von den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften auszulegen ist, die das Arbeitsentgelt (§ 14 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch – ≪SGB IV≫) oder die Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB V; bis zum 31. Dezember 1991: Jahresarbeitsverdienstgrenze – geändert durch Art 4 Nr 2 Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 ≪BGBl I 2261≫) definieren (BSG SozR 3100 § 10 Nrn 18 und 21). Mit der Bezugnahme auf die für Arbeiter und Angestellte geltende Grenze für die Versicherungs- und Beitragspflicht hat der Gesetzgeber lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er Beschädigte mit Einkünften oberhalb dieser Grenze als wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig ansieht, selbst ausreichend Vorsorge für den Krankheitsfall, soweit es nicht um Schädigungsfolgen geht, zu treffen. Das Leistungsvermögen des Beschädigten wird aber nicht nur durch Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis bestimmt, sondern auch durch sonstige Einkünfte, die Erwerbseinkommen ersetzen oder ergänzen, so daß schon aus diesem Grunde die Jahresarbeitsverdienstgrenze nur der Höhe nach, nicht aber nach der Einkommensart gemeint sein kann (BSG SozR 3100 § 10 Nr 21). Folgerichtig hat die Versorgungsverwaltung nicht nur die Rente, sondern auch den BSchA, den der Kläger erhält, als Einkommen berücksichtigt. Die Berücksichtigung der Renten stimmt insoweit mit § 1 Abs 3 AusgIV überein, während Leistungen nach dem BVG gemäß § 2 Abs 1 Nr 10 AusgIV grundsätzlich nicht als Einkünfte berücksichtigt werden. Die gleichartige Behandlung dieser Einkünfte bei der Heilbehandlungsfrage im Unterschied zur Ausgleichsrente ist aber von der Sache gerechtfertigt. Daß Leistungen des BSchA bei der Feststellung der Ausgleichsrente nicht als Einkommen berücksichtigt werden, beruht allein darauf, daß der BSchA erst unter Berücksichtigung einer Ausgleichsrente errechnet wird (§ 30 Abs 4 Satz 1 BVG). Folgerichtig hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) in seinen Verwaltungsvorschriften zu § 10 BVG unter Nr 9 Satz 3 die Anrechnung von Leistungen nach dem BVG bei der Feststellung des Einkommens eigenständig geregelt und hier nur die Grundrenten und Schwerstbeschädigtenzulagen von der Anrechnung ausgenommen. Die Anrechnung des BSchA, bei dem es sich um eine Entschädigung für entfallenes Erwerbseinkommen handelt, wird auch vom Kläger nicht beanstandet.

Er beanstandet aber zu Recht, daß der BMA in Nr 9 Satz 3 der Verwaltungsvorschriften zu § 10 BVG von der Regelung des § 2 Abs 1 Nr 15 AusgIV abgewichen ist, wonach Leistungen der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 258 SGB V und den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs – Sechstes Buch – (SGB VI) über den Zuschuß zur Krankenversicherung als Einkünfte unberücksichtigt bleiben. Diese Abweichung, die der Beklagte als für ihn bindende Verwaltungsrichtlinie seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist nicht gerechtfertigt. Das BSG hat in den angeführten Entscheidungen zwar nicht zwingend die uneingeschränkte Anwendung der AusgIV vorgegeben, sondern nur die Anwendung der sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze zur Auslegung des Einkommensbegriffs als ungeeignet angesehen und statt dessen die Heranziehung der für das anrechenbare Einkommen bei der Ausgleichsrente maßgebenden Grundsätze als sachgerechter vorgeschlagen, weil es sich dabei ebenso wie bei der Heilbehandlung von Nichtschädigungsfolgen um eine bedarfsabhängige Leistung der Kriegsopferversorgung fürsorglicher Art am Rande ihrer Obliegenheit handelt. Die AusgIV bedeutet danach nur eine Richtlinie, von der abgewichen werden kann, soweit die Einkommenssituation des Beschädigten unter einem besonderen rechtlichen Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Entscheidend für die Auslegung des Einkommensbegriffs ist immer der jeweilige Regelungszusammenhang. Es besteht hier aber entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kein durchschlagender Grund, den Einkommensbegriff mit der Bezugnahme auf die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Heilbehandlung von Nichtschädigungsfolgen anders zu bestimmen als bei dem für die Ausgleichsrente maßgeblichen Einkommen. Bei der Ausgleichsrente ist zu ermitteln, welche Einkünfte dem Schwerbeschädigten zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts zur Verfügung stehen, so daß es gerechtfertigt ist, zweckgebundene Einnahmen außer Betracht zu lassen. Bei der Heilbehandlung von Nichtschädigungsfolgen geht es allerdings um die spezielle Frage, ob dem Beschädigten im Hinblick auf sein Einkommen zuzumuten ist, sich selbst vor Krankheitsfolgen abzusichern und auch eine im Krankenversicherungsrecht vorgesehene Selbstbeteiligung zu tragen. Da der Zuschuß der Rentenversicherung zur Krankenversicherung aber gerade die Fähigkeit des Beschädigten erhöht, mit eigenen Mitteln einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz zu erwerben, erscheint es hier auf den ersten Blick sachgerecht, diese zweckgebundene Leistung – unabhängig davon, ob sie dem Beschädigten zunächst zufließt oder sofort unter Anrechnung auf den Beitrag des Rentners an die Krankenkasse abgeführt wird – als Einkommen anzurechnen und den Anspruch auf Heilbehandlung in dem Fall zu verneinen, daß der Schwerbeschädigte – wie hier – nur wegen der Anrechnung des Beitragszuschusses die maßgebliche Jahresarbeitsverdienstgrenze überschreitet. Diese von der Verwaltung und den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung führt aber bei näherer Betrachtung zu Widersprüchen und Ungleichbehandlungen, die nicht hingenommen und nur vermieden werden können, wenn der Zuschuß zur Krankenversicherung als Einkommen außer Ansatz bleibt.

Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß bei Arbeitnehmern der Anteil des Arbeitgebers am Krankenversicherungsbeitrag nicht als Einkommen angerechnet wird. Sozialversicherungsrechtlich zählt der Arbeitgeberanteil nicht zum Arbeitsentgelt (vgl Seewald in Kasseler Komm, § 14 SGB IV RdNr 14). Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen sind steuerfrei (vgl § 3 Nr 2 Einkommensteuergesetz ≪EStG≫), und das Bruttoeinkommen, von dem auch § 33 Abs 1 Satz 2 BVG ausgeht, enthält Arbeitgeberanteile nicht. Das bedeutet zwar nicht zwangsläufig, daß auch im Rahmen des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG Arbeitgeberanteile selbst insoweit unberücksichtigt bleiben müssen, als sie die Krankenversicherung betreffen. Betriebswirtschaftlich können die Arbeitgeberanteile als Lohnkosten den Löhnen zugerechnet werden. Steuer- und sozialversicherungsrechtlich geschieht dies aber nicht. Es würde die durchgängige Regel im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht durchbrechen, wenn dem Einkommensbegriff entgegen dem überkommenen Verständnis auch solche Zahlungen untergeordnet würden, die dem Versicherten überhaupt nicht – und sei es auch nur im Wege der Verrechnung – zufließen, sondern direkt an die Solidargemeinschaft abgeführt werden. Das scheint auch nicht der allgemeinen Verwaltungspraxis zu entsprechen, wie sie in Nr 9 der Verwaltungsvorschriften zu § 10 BVG zum Ausdruck gekommen ist. Diese verweisen ebenfalls auf das bei der Berechnung der Ausgleichsrente grundsätzlich zugrunde zu legende Bruttoeinkommen. Für die ausnahmslose Beibehaltung des Grundsatzes, daß Arbeitgeberanteile an den Versicherungsbeiträgen nicht zum Bruttoeinkommen zählen, sprechen überwiegende Gründe der Rechtsklarheit und Rechtsvereinfachung, hinter die am jeweiligen Gesetzeszweck orientierte Erwägungen zurückzutreten haben. Denn auch diese führen nicht stets zu zweifelsfreien Erkenntnissen; und ohne pauschalierende und generalisierende Regelungen ist in der Frage der Einkommensberechnung im Rahmen von Massenverwaltungen nicht auszukommen.

Sind Beitragsanteile der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber nicht als Einkommen anzurechnen, so ist es ein Gebot der Gleichbehandlung, eine Einkommensanrechnung auch dann nicht vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber lediglich einen Beitragszuschuß zu den vom Arbeitnehmer allein zu tragenden Krankenversicherungsbeiträgen zahlt, wie es bei freiwillig oder privat krankenversicherten Arbeitnehmern der Fall ist (vgl § 257 SGB V). Denn der Beitragszuschuß tritt im Interesse der Gleichbehandlung von freiwillig oder privat krankenversicherten mit pflichtversicherten Arbeitnehmern an die Stelle der hälftigen Beitragsübernahme, um einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz mit gleichem wirtschaftlichen Aufwand zu ermöglichen (vgl dazu BSG SozR 2200 § 405 Nr 6). Eine vergleichbare Situation besteht aber auch in der Krankenversicherung der Rentner. Hier wird seit dem 1. Januar 1992 bei versicherungspflichtigen Rentnern wie dem Kläger nach § 249a SGB V die Hälfte der Beiträge dem Träger der Rentenversicherung unmittelbar auferlegt und ist von diesem nach § 255 SGB V zusammen mit dem Beitragsanteil des Rentners abzuführen. Demgegenüber erhält der freiwillig krankenversicherte Rentner nach § 106 SGB VI vom Rentenversicherungsträger nach wie vor einen Beitragszuschuß. Wegen dieser unterschiedlichen rechtlichen Gestaltung lassen sich zwar unterschiedliche Rechtsfolgen im Einzelfall nicht ausschließen. Bei der Frage, ob der Beitragszuschuß als Einkommen einzuordnen ist, ist das aber nicht notwendigerweise der Fall. Um nicht nur krankenversicherungsrechtliche, sondern auch versorgungsrechtliche Ungleichbehandlungen zwischen Empfängern von Beitragszuschüssen und solchen Personengruppen, bei denen die Beitragslast unmittelbar übernommen wird, so weit wie möglich zu vermeiden, ist es geboten, nicht nur die unmittelbaren Beitragsanteile zur Krankenversicherung als Einkommen im Rahmen des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst a BVG außer Betracht zu lassen, sondern auch Beitragszuschüsse, die nur der rechtlichen Konstruktion nach eigenständige Sozialleistungen sind, wirtschaftlich aber dieselbe Funktion erfüllen wie die anteilige Beitragsübernahme, und auch im Verwaltungsvollzug durch die Verrechnung und unmittelbare Beitragsabführung kaum von ihr zu unterscheiden sind.

Die Kostenentscheidung entspricht § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 955696

SozSi 1997, 359

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