Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.10.1984; Aktenzeichen L 5 K 25/84)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Oktober 1984 – L 5 K 25/84– wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Mutterschaftsgeldes. Die Klägerin war in der hier maßgeblichen Zeit als Diplom-Sportlehrerin beschäftigt. Ihr Gehalt überstieg die in der gesetzlichen Krankenversicherung für Angestellte geltende Versicherungspflichtgrenze. Sie war bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert. Nach der Geburt ihres Kindes am 4. Juni 1983 gewährte ihr die Beklagte gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) in der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung für die Schutzfristen ein Mutterschaftsgeld von 400,– DM. Die Klägerin begehrt dagegen ein Mutterschaftsgeld von 25,– DM täglich. Sie ist der Meinung, es sei weder mit Art. 6 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) noch mit Art. 3 GG zu vereinbaren, den Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, die Leistungen der Gemeinschaft vorzuenthalten, ohne für einen anderen angemessenen Ausgleich des mutterschaftsbedingten Entgeltausfalls zu sorgen. Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben sich dem Urteil des Senats vom 24. November 1983 – 3 RK 41/82– angeschlossen.

Auch mit der Revision macht die Klägerin geltend, die gesetzliche Regelung sei verfassungwidrig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Oktober 1984, das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 6. Juli 1984 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 1983 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ein Mutterschaftsgeld für den Zeitraum vom 23. April bis zum 30. Juli 1983 in Höhe von täglich 25,– DM abzüglich des bereits gezahlten Betrages von 400,– DM zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 MuSchG idF des am 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes (KVEG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1578) erhalten Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, aber bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind oder ihr Arbeitsverhältnis während ihrer Schwangerschaft vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst worden ist, für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 MuSchG Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) über das Mutterschaftsgeld, höchstens jedoch insgesamt 400,– DM. Diese gesetzliche Regelung ist nicht verfassungswidrig. Das hat der Senat bereits wiederholt entschieden (Urteil vom 24. November 1983 – 3 RK 41/82–, Urteil vom 15. November 1984 – 3 RK 51/83– zur Veröffentlichung vorgesehen). Der 8. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich dem angeschlossen (Urteil vom 29. Januar 1985 – 8 RK 44/83–).

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die gegen das Urteil des Senats vom 24. November 1983 eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß vom 16. November 1984 – 1 BvR 142/84–). Zur Begründung hat es ausgeführt, daß § 13 Abs. 2 MuSchG mit der Verfassung im Einklang steht. Das Schutzgebot aus Art. 6 Abs. 4 GG hat zwar auch das Ziel und die Tendenz den Gesetzgeber zu verpflichten, wirtschaftliche Belastungen der Mütter, die im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen (BVerfGE 60, 68, 74). Diesem Zweck dienen insbesondere die Bestimmungen über den gesetzlichen Mutterschutz, wonach der Widerstreit zwischen den Aufgaben der Frau als Mutter und ihrer Stellung im Berufsleben als Arbeitnehmerin im Interesse der Gesunderhaltung von Mutter und Kind aufgelöst werden soll (vgl. BVerfGE 37, 121, 125). Indessen bedeutet dies nicht, daß der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. In Anbetracht des früheren – über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden – Verdienstes der Klägerin und ihres damit verbundenen anderweitigen Entgeltschutzes nach § 14 MuSchG konnte der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bei der Verwirklichung positiver Schutz- und Fürsorgepflichten eine Beschränkung der Leistungsverpflichtung des Bundes vornehmen, ohne das Verfassungsgebot des Art. 6 Abs. 4 GG zu verletzen. Dies gilt um so mehr, als damit eine systemgerechte Gleichbehandlung aller Mutterschaftsfälle durch den Bund erreicht werden konnte.

Nach Auffassung des BVerfG ist auch Art. 3 Abs. 1 GG weder in seiner konkreten Ausgestaltung als unsachgemäßes Differenzierungs- noch als Willkürverbot verletzt. Der Gesetzgeber hat die finanziellen Lasten des Mutterschutzes seit ehedem auf mehrere Kostenträger – Staat, gesetzliche Krankenversicherung und Arbeitgeber – verteilt. Für die Krankenkassen ergibt sich deren Leistungspflicht dabei aus der Versicherungszugehörigkeit; dem entspricht es, bei fehlender Versicherungspflicht auch keinen Leistungsanspruch zu gewähren. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, daß nicht versicherungspflichtige – beitragsfreie – Mütter solchen pflichtversicherten Müttern gleichzustellen sind, die durch ihre Beiträge den von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragenden Teil des Mutterschaftsgeldes mitfinanzieren. Im übrigen beruht die Neufassung des § 13 Abs. 2 MuSchG auch nicht auf unsachgemäßen – also willkürlichen – Erwägungen, da sich der Gesetzgeber in zulässiger Weise von finanziellen Gesichtspunkten hat leiten lassen und außerdem eine gleichmäßige Verteilung der Bundesmittel erreicht worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI921531

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