Leitsatz (amtlich)

1. Eine dem Versicherten zumutbare ärztliche Behandlung steht der Gewährung von Zeitrente nicht entgegen.

2. Beruht die Erwerbsunfähigkeit (Berufsunfähigkeit) nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Versicherten, so genügt die bloße Möglichkeit einer Änderung der Arbeitsmarktlage nicht zur Gewährung von Zeitrente; vielmehr bedarf es dafür einer "begründeten" Aussicht.

 

Normenkette

RVO § 1276 Abs 1 Fassung: 1977-06-27, § 1246 Abs 2 Fassung: 1957-02-23, § 1247 Abs 2 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.10.1979; Aktenzeichen L 2 J 176/78)

SG Speyer (Entscheidung vom 18.08.1978; Aktenzeichen 10 J 547/77)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin Dauerrente oder Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit zusteht und von welchem Zeitpunkt an die Rente zu gewähren ist.

Die 1930 geborene Klägerin war von 1961 bis Oktober 1978 als Fabrikarbeiterin und Hausgehilfin beschäftigt. Dann bezog sie bis Dezember 1977 Arbeitslosengeld; anschließende Arbeitslosenhilfe wurde wegen fehlender Bedürftigkeit nicht gewährt. Die Beklagte lehnte den im August 1977 gestellten Rentenantrag ab (Bescheid vom 16. September 1977).

Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die auf Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 18. August 1978). Es ist nach fachärztlicher Untersuchung der Klägerin davon ausgegangen, diese könne auch unter Berücksichtigung der Veränderungen der Halswirbelsäule leichte, nicht in einseitiger Körperhaltung zu verrichtende Arbeiten ohne häufiges Bücken in gut temperierten Räumen vollschichtig ausüben. Während des Berufungsverfahrens erstellte der Internist Prof Dr L am 2. Juli 1979 ein Gutachten, in dem er gegenüber im September 1977 erhobenen Befunden als Neuerkrankungen eine chronische Cholecystopathie, sekundäre hyperchrome Anämie, bakteriell-toxische Hepatopathie mit sekundärer Hypothyreose bei Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz, Hypoazidität und Hyposekretion des Magensaftes, chronisch-variköse Insuffizienz sowie eine Seitenstrangangina nannte. Er hielt die Klägerin nurmehr für fähig, sechs Stunden täglich leichte Arbeiten - mit der Möglichkeit eines Wechsels der Körperhaltung und der Notwendigkeit zusätzlicher Ruhepausen (so daß Fließbandarbeit entfalle) - zu verrichten.

Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat unter Aufhebung des SG-Urteils sowie des Bescheids der Beklagten diese verpflichtet, für die Zeit seit Juli 1978 Erwerbsunfähigkeitsrente zu zahlen. Es hat im Urteil vom 8. Oktober 1979 ausgeführt:

Die Klägerin sei erwerbsunfähig, da sie nur noch Teilzeitarbeit leisten könne und ihr seit der Rentenantragstellung weder die Beklagte noch das Arbeitsamt einen entsprechenden Arbeitsplatz angeboten habe. Zu der Frage, seit wann das Leistungsvermögen der Klägerin auf sechs Stunden täglich eingeschränkt sei, habe der medizinische Sachverständige Prof Dr L im Wege der Schätzung das zweite Halbjahr 1976 angegeben. Dies könne schon deshalb nicht zutreffen, weil im internistischen Gutachten vom 6. September 1977 noch keine Gallenerkrankung genannt, sondern im darauf folgenden Oktober erstmals für die Zeit seit September 1977 ärztlich bescheinigt worden sei. Es erscheine gerechtfertigt, die Leistungseinschränkung in dem von Prof Dr L geschilderten Ausmaß auf einen Zeitpunkt festzusetzen, der in der Mitte zwischen der ersten Untersuchung durch diesen Sachverständigen (April 1979) und September 1977 liege. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei keine Zeitrente zu gewähren. In gesundheitlicher Hinsicht könnte zwar der letzte Satz im Gutachten des Prof Dr L angeführt werden, wonach durch entsprechende therapeutische Maßnahmen die Arbeitsfähigkeit mit den genannten Einschränkungen gegeben sei. Es bleibe jedoch ungewiß, ob die Klägerin solche Maßnahmen ergreife, sich insbesondere in ärztliche Behandlung begebe. Von der für die Klägerin maßgeblichen Arbeitsmarktlage aus gesehen seien die Voraussetzungen des § 1276 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der seit dem 1. Juli 1977 geltenden Fassung des 20. Rentenanpassungsgesetzes (nF) ebenfalls nicht erfüllt. Für die Gewährung einer Zeitrente genüge nicht schon die begründete Aussicht auf die Möglichkeit der Behebung der Erwerbsunfähigkeit; sonst wäre die Dauerrente nicht mehr die Regel. Das Festhalten des Gesetzgebers an den Worten "begründete Aussicht" sei nur sinnvoll, wenn sich diese auf die Behebung der Erwerbsunfähigkeit selbst bezögen. Im Falle der Klägerin gebe es keine Anhaltspunkte für eine begründete Aussicht auf Vermittlung eines Arbeitsplatzes.

Mit der Revision macht die Beklagte geltend, das LSG habe den Zeitpunkt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit verfahrensfehlerhaft festgelegt. Da nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ermittelt werden könne, ob und wann die Klägerin vor dem 24. April 1979 erwerbsunfähig geworden sei, müsse dieser Zeitpunkt zugrunde gelegt werden. Außerdem habe das Berufungsgericht keine Dauerrente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern nur Zeitrente gewähren dürfen. Der Anwendungsbereich des § 1276 RVO nF erfasse leistungsgeminderte, nicht mehr vollschichtig einsetzbare Versicherte. Hierbei reiche die Möglichkeit aus, in absehbarer Zeit einen Teilzeitarbeitsplatz zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz

vom 8. Oktober 1979 insoweit aufzuheben, als es die

Beklagte verurteilt hat, der Klägerin Rente wegen

Erwerbsunfähigkeit bereits für die Zeit vom 1. Juli

1978 bis zum 23. Oktober 1979 zu zahlen, und insoweit

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts

Speyer vom 18. August 1978 zurückzuweisen,

sowie im übrigen den Rechtsstreit an das Landessozialgericht

zur erneuten Verhandlung und Entscheidung

zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muß. Um entscheiden zu können, ob der Klägerin Dauerrente oder Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit zusteht, müssen noch Feststellungen getroffen werden. Außerdem sind die Feststellungen darüber, wann der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.

Nach § 1276 Abs 1 in der seit dem 1. Juli 1977 geltenden (neuen) Fassung der Vorschrift durch Art 2 § 1 Nr 21 des 20. Rentenanpassungsgesetzes (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1040) ist die Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit ... vom Beginn der 27. Woche an, jedoch nur auf Zeit und längstens für drei Jahre von der Bewilligung an zu gewähren, wenn begründete Aussicht besteht, daß die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann (frühere Fassung: behoben sein wird). Dem mit der Neufassung zugefügten Halbsatz zufolge gilt dies insbesondere, wenn die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruht.

Der Wortlaut der Vorschrift macht deutlich, daß Zeitrente gewährt werden muß - und nicht Dauerrente gewährt werden darf -, wenn die Voraussetzungen des § 1276 Abs 1 RVO erfüllt sind. Die Hervorhebung im zweiten Halbsatz der Vorschrift ist nicht so zu verstehen, als ob in anderen Fällen ein Ermessensspielraum zwischen der Gewährung von Dauer- oder Zeitrente bestünde, vielmehr bringt er nur zum Ausdruck, daß Zeitrente (insbesondere) auch zu gewähren ist, wenn die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zum Teil auf der Arbeitsmarktlage beruht. Diese Ergänzung ist auf die Beschlüsse des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Dezember 1976 (GS 2 bis 4/75, 3/76 = BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13) zurückzuführen (vgl Beschlußempfehlung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 26. April 1977, BT-Drucks 8/337 S 1, 27). Sofern die Wartezeit erfüllt und der Versicherte berufs- oder erwerbsunfähig ist, besteht somit für den Versicherungsträger stets die Pflicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zeitrente oder eine Dauerrente vorliegen, um dann bejahendenfalls eine solche zu gewähren.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich das LSG auf entsprechendes Vorbringen der Beklagten zwar mit der Gewährung einer Zeitrente befaßt, diese aber mit einer unzutreffenden Begründung abgelehnt. Dabei begegnet es im Hinblick auf die Neufassung des § 1276 Abs 1 RVO durch das 20. RAG keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht die "begründete Aussicht" getrennt untersucht hat, und zwar einmal unter einem medizinischen Aspekt und zum anderen im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage. Soweit es den Gesundheitszustand der Klägerin anbetrifft, hat das LSG - ohne in eine Prüfung im einzelnen einzutreten - angenommen, daß Zeitrente nicht zu gewähren sei, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten nur mittels einer noch durchzuführenden Therapie behoben werden könne. Diese Auffassung ist rechtsirrig.

Bereits der Gesetzgeber der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze 1957 hatte sich zum Ziel gesetzt, der Wiedereingliederung des leistungsgeminderten Versicherten in das Erwerbsleben den Vorrang vor der Rentengewährung einzuräumen. Er förderte dies nicht nur, indem er für Rehabilitationsmaßnahmen erleichterte Voraussetzungen und nach Art und Umfang ein breiteres Anwendungsgebiet erschloß (vgl §§ 1236 f RVO), sondern er schuf auch die Einrichtung der Zeitrente (vgl hierzu Jantz/Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 1957, Anm I zu § 1276). Diesem gesetzgeberischen Zweck korrespondiert die Mitwirkung des Versicherten, damit das angestrebte Ziel der Wiedereingliederung erreicht werden kann. Dies haben auch seither erlassene Vorschriften zum Ausdruck gebracht. So verpflichtet zB § 4 Abs 1 Satz 2 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) den Versicherten, bei der Durchführung von Maßnahmen zur Rehabilitation "nach Kräften mitzuwirken", und  § 7 Abs 2 desselben Gesetzes hält den Versicherungsträger für den Fall des Rentenbezugs zu der Nachprüfung an, ob Rehabilitationsmaßnahmen zumutbar und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit des Behinderten wiederherzustellen oder zu bessern; nach § 63 des Sozialgesetzbuches Allgemeiner Teil (SGB 1) soll der Antragsteller oder Bezieher krankheitsbedingter Sozialleistungen auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers eine Heilbehandlung durchführen lassen, wenn durch diese eine Besserung seines Gesundheitszustandes zu erwarten ist, und § 66 Abs 2 SGB gibt dem Leistungsträger für den Fall fehlender Mitwirkung des Behinderten unter bestimmten weiteren Voraussetzungen das Recht, die Leistung zu versagen oder zu entziehen. Der Sinn und Zweck dieser Vorschriften verdeutlicht also, daß Behandlungsbedürftigkeit und Behandlungsfähigkeit des oder der Leiden nicht von vornherein die "begründete Aussicht" iS von § 1276 Abs 1 RVO ausschließen; eine zumutbare ärztliche Behandlung steht der Gewährung von Zeitrente nicht entgegen. Die vom LSG angeschnittene Frage, ob eine unterlassene ärztliche Behandlung zur Rentenversagung nach § 1277 RVO führen könnte, bedarf hier keiner weiteren Erörterung, weil ein derartiger Sachverhalt - jedenfalls bisher - nicht vorliegt.

Da somit die Gewährung von Zeitrente nicht von vornherein auszuschließen ist, bleibt die Frage, ob die vorhandenen Feststellungen die Entscheidung zwischen Dauer- und Zeitrente erlauben. Sie ist zu verneinen. Die vom LSG in diesem Zusammenhang erwähnte Aussage des medizinischen Sachverständigen über therapeutische Maßnahmen ermöglicht keine hinreichende Beurteilung, zumal ihm im Beweisantrag offenbar auch keine dahinzielenden Fragen gestellt worden sind.

Allerdings hat die Beklagte das Fehlen entsprechender Feststellungen nicht gerügt, indessen ist das unbeachtlich. Denn das Revisionsgericht kann Rechtsfragen nur nachprüfen, wenn das angefochtene Urteil eindeutige Feststellungen tatsächlicher Art enthält; ist dies nicht der Fall und fehlen insbesondere Tatsachen, die unter das Gesetz subsumiert werden können, dann muß - auch ohne entsprechende Rüge - bei einer zugelassenen Revision das Urteil aufgehoben werden (§ 163 SGG; BSG, Urteil vom 20. November 1959 - 1 RA 161/58 = SozR Nr 6 zu § 163 SGG; Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum SGG, 4. Aufl, § 163 RdNr 6).

Damit das LSG die erforderlichen Feststellungen nachholen kann, muß der Rechtsstreit zurückverwiesen werden (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das Berufungsgericht wird zu beachten haben, daß für die Prognose der "begründeten Aussicht" derjenige Zeitpunkt maßgebend ist, in dem der Versicherungsträger oder - hier - das Gericht seine Entscheidung über die Rentengewährung trifft (vgl Urteil des Senats vom 12. März 1969 - 4 RJ 395/67 = SozR Nr 7 zu § 1276 RVO mit weiterer Rechtsprechung); nur so können zeitlich und inhaltlich gleichliegende Sachverhalte auch im gleichen Sinne entschieden werden.

Sofern sich im Hinblick auf die Gesundheitsstörungen der Klägerin keine begründete Aussicht abzeichnen sollte, die Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit zu beheben, kommt es weiter auf die Frage der Arbeitsmarktsituation an. Aus der Verwendung des Wortes "kann" in der Neufassung des § 1276 Abs 1, erster Halbsatz ist im Schrifttum gefolgert worden, daß dann, wenn die Erwerbsunfähigkeit auf der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes beruhe, schon die bloße Möglichkeit eine Besserung der Lage auf dem Teilzeitarbeitsmarkt genüge, um die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zeitrente als gegeben ansehen zu können (VDR-Kommentar zur RVO, Anm 1a zu § 1276 RVO, Stand: 1. Januar 1979; Zweng/Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2.Aufl Anm II 2 A zu § 1276, 11. Lfg). Der Senat hält diese Auffassung für unzutreffend, denn sie steht bereits im Widerspruch mit dem Wortlaut des Gesetzes, das in § 1276 Abs 1, erster Halbsatz die gesetzlichen Voraussetzungen der Zeitrente nennt und keinen Unterschied macht, ob die Erwerbsunfähigkeit (Berufsunfähigkeit) ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruht oder nicht. Es kann im vorliegenden Falle dahinstehen, die Bedeutung der Änderung des Wortes "wird" in "kann" zu untersuchen, denn jedenfalls ist das Erfordernis der "begründeten" Aussicht bestehen geblieben. Eine "begründete" Aussicht verlangt, daß Gründe vorhanden sind; diese wiederum müssen, um überprüfbar zu sein, dargelegt werden. Hierfür reicht die von der Beklagten behauptete - letztlich immer bestehende - bloße Möglichkeit einer Änderung der Arbeitsmarktlage und/oder des Erhalts eines entsprechenden Teilzeitarbeitsplatzes nicht aus. Bei einem verschlossenen Arbeitsmarkt müssen zumindest Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sich dem Versicherten noch gewisse, nicht nur vereinzelt vorkommende Möglichkeiten einer zumutbaren Beschäftigung bieten oder daß in absehbarer Zeit entsprechende Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Rechtsauffassung des Senats steht auch im Einklang mit dem Sinn der Regelung. Würde - wie die Beklagte meint - die bloße Möglichkeit einer Änderung der Arbeitsmarktlage schon ausreichen, um eine begründete Aussicht auf Behebung der Erwerbsunfähigkeit anzunehmen, so wäre in nahezu allen Fällen, in denen der Rentenanspruch nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Versicherten beruht, die Gewährung einer Zeitrente indiziert. Eine Dauerrente könnte in derartigen Fällen nur noch ausnahmsweise gewährt werden. Daß der Gesetzgeber eine derartige Verschiebung der Gewichte zwischen Dauer- und Zeitrente bei der Neufassung der Vorschrift vorgehabt hätte, läßt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht ersehen. Es muß aber angenommen werden, daß ein derart wichtiges Vorhaben deutlich Ausdruck gefunden hätte.

Bei seinen weiteren Ermittlungen wird das LSG schließlich den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles klären müssen. Zwar enthält das angefochtene Urteil insoweit Feststellungen, hiergegen hat die Beklagte jedoch eine zulässige und begründete Revisionsrüge erhoben. Die Frage, wann die Erwerbsminderung der Klägerin auf weniger als vollschichtig herabgesunken ist, unterliegt medizinischer Beurteilung. Soweit der medizinische Sachverständige das zweite Halbjahr 1976 als maßgebend hat ansehen wollen, ist ihm das LSG zu Recht nicht gefolgt. Gleichwohl hätte es bei dieser Sachlage nicht von sich aus einen Zeitpunkt schätzen dürfen, sondern - gegebenenfalls nach Beiziehung weiterer Befundunterlagen - einen medizinischen Sachverständigen hören müssen. Denn eine zusätzliche gutachtliche Stellungnahme ist stets geboten, wenn das vorliegende Gutachten in sich widersprüchlich ist oder von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht (vgl BVerwG in Deutsche Richterzeitung -DRiZ- 1971, S 169).

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Breith. 1982, 966

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