Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 08.07.1977)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 8. Juli 1977 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger war vom 1. November 1973 bis 31. Juli 1974 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (AB-Maßnahme) beim Senator für Arbeit und Soziales in Berlin beschäftigt. Im Monat Juli 1974 hatte er ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.344,– DM erhalten und eine Leistung in Höhe von 288,– DM nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung an die in AB-Maßnahmen (ABM-Programm) beschäftigten Angestellten (TV). Im TV ist bestimmt:

§ 1

Anspruchsvoraussetzungen

Der im ABM-Programm beschäftigte Angestellte erhält als Arbeitsentgelt neben der Monatlichen Vergütung eine Zuwendung, wenn er

  1. am 1. Dezember als Angestellter im ABM-Programm beschäftigt ist,
  2. seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellter im ABM-Programm tätig ist und
  3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. Dezember auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden ausscheidet.

Als Ausscheiden auf eigenen Wunsch gilt nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Kündigung des Angestellten oder durch einen Auflösungsvertrag, wenn im unmittelbaren Anschluß daran ein anderes Arbeitsverhältnis begründet wird.

§ 2

Höhe der Zuwendung

1) Die Zuwendung beträgt für Angestellte …

4. in Gruppe d

288,– DM.

2) Hat der Angestellte während seiner Tätigkeit im ABM-Programm für weniger als neun Kalendermonate Vergütung erhalten, vermindert sich die Zuwendung um ein Neuntel für jeden Kalendermonat, für den der Angestellte nicht jeweils für 14 Kalendertage im Kalendermonat Vergütung einschließlich Kranken- und Urlaubsvergütung erhalten hat.

3) …

§ 3

Zuwendung für Angestellte in Sonderfällen

1) Der Angestellte, der die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Nummern 1 und 2 dieses Tarifvertrages nicht erfüllt, erhält gleichfalls eine Zuwendung nach Maßgabe des § 2.

2) Steht dem Angestellten am 1. Dezember nicht die volle Zuwendung zu, so werden ihm für jeden Kalendermonat, für den ihm bis zum Ausscheiden aus dem ABM-Programm die Zuwendung bei Einstellung nach dem 31. Dezember gemäß Absatz 1 zu zahlen wäre, ein Neuntel der Zuwendung gezahlt.

§ 4

Zahlung der Zuwendung (Fälligkeit)

1) …

2) Die Zuwendung ist dem Angestellten, soweit er die Voraussetzungen des § 1 Nummern 1 und 2 nicht erfüllt, bei seinem Ausscheiden aus dem ABM-Programm zu zahlen. Die Zuwendung ist jedoch dann nicht zu zahlen, wenn der Angestellte auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden ausgeschieden ist; § 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 5

§ 6

Der Kläger meldete sich am 1. August 1974 arbeitslos. Auf seinen Antrag bewilligte ihm das Arbeitsamt III Berlin (West) Arbeitslosengeld (Alg), berücksichtigte aber dabei die Zuwendung nicht, sondern ging von einem Bruttoarbeitsentgelt von 1.344,– DM aus (Bescheid von 7. August 1974). Den Widerspruch wies das Arbeitsamt zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. September 1974).

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 12. November 1975 die Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, das Alg auf der Grundlage eines monatlichen Arbeitsentgelts von 1.376,– DM zu gewähren.

Dagegen hat die Beklagte die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. Der Kläger hat im Wege der Anschlußberufung beantragt, die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung des Alg von einem Arbeitsentgelt in Höhe von 1.632,– DM auszugehen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 8. Juli 1977 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers die Beklagte verurteilt, bei der Berechnung des Alg von einem Arbeitsentgelt in Höhe von 1.632,– DM auszugehen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Bei der Leistung von 288,– DM handele es sich nicht um eine einmalige Zuwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien vertraglich vereinbarte zusätzliche Leistungen aufgrund Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelarbeitsvertrages dann keine einmaligen Zuwendungen, Wenn deren Höhe und Fälligkeit von vornherein feststehe und sie in der Weise Bestandteil des Arbeitsentgeltes seien, daß auch demjenigen ein Anspruch auf anteilige Zahlung der Leistung zustehe, der im Laufe eines Kalenderjahres in den Betrieb eintrete oder aus dem Betrieb ausscheide. Im Falle des Klägers seien diese Merkmale erfüllt. Die ihm gewährten 288,– DM seien vertraglich vereinbart gewesen. Die Zuwendung stelle sich nach § 1 TV grundsätzlich als Weihnachtsgratifikation dar. Wenn allerdings nach § 3 TV auch der Angestellte die Zuwendung erhalte, der die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Nrn 1 und 2 nicht erfülle, habe die Zuwendung in diesen Fällen den Charakter einer zusätzlichen Leistung an alle im ABM-Programm beschäftigten Angestellten. Das bedeute, daß der im ABM-Programm beschäftigte Angestellte einen Anspruch auf die Zuwendung habe. Auch ständen nach dem TV die Höhe und die Fälligkeit der Leistung von vornherein fest (§§ 2 und 4 TV). Die unselbständige Anschlußberufung des Klägers sei zulässig und begründet. Der Kläger habe für den Monat Juli 1974 1.632,– DM, nämlich 1.344,– DM Gehalt und zuzüglich 288,– DM Zuwendung erhalten. Eine Bestimmung der Art, daß von diesen 288,– DM nur der auf einen Kalendermonat entfallende Anteil, also 32,– DM, zu berücksichtigen seien, enthielten die allgemeinen Berechnungsgrundsätze des § 112 Abs. 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) (hier anzuwenden idF vom 25. Juni 1969, BGBl I 582) nicht.

Mit der – zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 112 AFG. Zur Begründung trägt sie insbesondere vor: Aus § 1 Satz 1 Nr. 3 TV folge, daß der Kläger keinen Anspruch auf die Zuwendung gehabt habe, denn wegen der in der Nr. 3 enthaltenen negativen Anspruchsvoraussetzung sei es ungewiß, ob der Angestellte im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf die Zuwendung erwerben würde. Abweichend von einem bereits vom BSG entschiedenen Fall hänge der Anspruch des Klägers von mehreren negativen Anspruchs Voraussetzungen ab. Außerdem sei nicht die Zuwendung in ihrer vollen Höhe von 288,– DM zu dem Arbeitsentgelt im Juli hinzuzuzählen, sondern nur der bei Verteilung auf die einzelnen Monate auf den Monat Juli entfallende Anteil von 32,– DM.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Zutreffend hat das LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers die Beklagte verurteilt, bei der Berechnung des Alg von einem Arbeitsentgelt von 1.632,– DM auszugehen. Die Anschlußberufung ist gemäß § 202 SGG iVm § 521 Zivilprozeßordnung (ZPO) zulässig. Auch wenn die Anschlußberufung im SGG nicht geregelt ist, ist ihre Einlegung im Sozialgerichtsverfahren möglich (BSGE 2, 229 ff). Der Kläger hat die Anschlußberufung in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift eingelegt, was für ihre Einlegung ausreicht (BSGE 28, 31 ff).

Mit zutreffender Begründung hat das LSG entschieden, daß der Betrag von 288,– DM bei der Berechnung des Alg in voller Höhe zu berücksichtigen ist. Die Höhe des Alg richtet sich gemäß § 112 AFG nach dem Arbeitsentgelt nach Maßgabe der dem Gesetz beigefügten Tabelle. Auszugehen ist nach § 112 Abs. 2 Satz 1 AFG von dem im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Das nach Monaten bemessene Arbeitsentgelt gilt als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit 13 vervielfacht und durch 3 geteilt wird, so daß die unterschiedliche Länge der Monate keine Auswirkungen hat (vgl. Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, § 112 Anm. 4). Nach § 112 Abs. 2 Satz 3 AFG bleiben einmalige Zuwendungen außer Betracht.

Die Zuwendung von 288,– DM, die der Kläger von seinem Dienstherrn erhalten hat, ist in diesem Sinne nicht einmalig gewesen. Unter einmaligen Zuwendungen sind Leistungen zu verstehen, die ihrem Wesen nach nicht zu den laufenden, in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu erwartenden Bezügen gehören, sondern nur aus besonderem Anlaß gewährt und der Höhe und Fälligkeit nach nicht von vornherein bestimmt sind (BSG SozR AFG § 112 Nr. 1). Vertraglich vereinbarte zusätzliche Leistungen aufgrund Tarifvertrages, Betriebsvereinbarungen und Einzelarbeitsvertrages, mögen sie auch als „Sonderzahlung” als Weihnachtsgratifikation oder als Urlaubsgeld bezeichnet werden, sind dann keine einmalige Zuwendung, wenn der Arbeitnehmer auf sie einen Anspruch hat, wenn Höhe und Fälligkeit von vornherein feststehen und, wenn sie in der Weise einen Bestandteil des festen Jahresgehaltes bilden, daß demjenigen, der im Laufe des Kalenderjahres in den Betrieb eintritt oder demjenigen, der aus dem Betriebe während des Kalenderjahres ausscheidet, ein Anspruch auf anteilige Zahlung dieser Leistung zusteht, der der Zeit entspricht, die der Betreffende als Arbeitnehmer im Betrieb verbracht hat (so im wesentlichen BSG aaO und Urteile vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 71/74 – und 7 RAr 72/74 –).

In §§ 2 und 4 des TV sind Höhe und Fälligkeit der Zuwendung geregelt. Sie sind damit von vornherein bestimmt gewesen. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Leistung gehabt. Nach § 3 TV erhält der Angestellte die Zuwendung, der die „Anspruchsvoraussetzungen” nach § 1 Nr. 1 und 2 TV nicht erfüllt. In keiner Bestimmung des TV ist eine Regelung enthalten, nach der die Zuwendung noch von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängt. Er muß sie bei Erfüllung der objektiven, im TV geregelten Voraussetzungen gewähren.

Die Zuwendung hat ihrem Wesen nach zu den laufenden, in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu erwartenden Bezügen gehört. Aus der in § 2 Abs. 2 TV geregelten anteiligen Verminderung der Zuwendung bei Beschäftigungen von weniger als 9 Monaten ergibt sich, daß die Zuwendung als Bestandteil des Lohnes in den einzelnen Monaten zu betrachten ist, wenn dieser Bestandteil auch erst beim Ausscheiden aus der Maßnahme fällig wird. Die Regelung des § 2 Abs. 2 TV ist mit den Bestimmungen in anderen Tarifverträgen vergleichbar, nach denen den im Laufe des Kalenderjahres ausgeschiedenen Arbeitnehmern Anspruch auf anteilige Zahlung einer Zuwendung eingeräumt wird. Während solche Zuwendungen nämlich sonst oft auf das Kalenderjahr abgestellt sind, ist es bei einer AB-Maßnahme durchaus sachgerecht, von einem Zeitraum von 9 Monaten auszugehen. Nach § 6 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der BA vom 2. Mai 1972 (ANBA 1972, 508) soll das Arbeitsamt einen Arbeitnehmer zu einer Maßnahme in der Regel längstens für 26 Wochen innerhalb eines Kalenderjahres zuweisen. Es kann diesen Zeitraum bis auf 52 Wochen verlängern. Daraus ergibt sich, daß im Falle der in AB-Maßnahmen beschäftigten Angestellten nicht von einer Beschäftigung über das ganze Jahr ausgegangen werden kann.

Die Beklagte meint allerdings, nach der Rechtsprechung des Senats müsse es sich, wenn eine einmalige Zuwendung ausgeschlossen sein soll, um einen gesicherten Anspruch auf die Leistung handeln. Gesichert sei der Anspruch des Klägers auf die Zuwendung aber nicht gewesen, da nach dem TV dem Angestellten die Leistung nicht zusteht, wenn er auf eigenen Wunsch ohne Anschlußarbeitsplatz oder aus eigenem Verschulden ausscheide. Der Kläger hat aber trotz dieser Regelung auf die Zuwendung einen im wesentlichen ebenso gesicherten Anspruch gehabt wie auf sein laufendes festes Monatsgehalt. Bedingungen wie nach § 4 Abs. 2 TV, deren Eintritt von dem Arbeitnehmer selbst abhängen, hindern nicht, daß er mit der Zahlung rechnen kann. In den beiden Urteilen vom 11. Februar 1976 (7 RAr 71 und 72/74) hat der Senat das Vorliegen einer einmaligen Zuwendung verneint, obwohl der Anspruch auf die Sonderzahlung nicht bestanden hatte, wenn das Beschäftigungsverhältnis aus einem von dem Angestellten zu vertretenden Grunde fristlos beendet wurde. Es ist entgegen der Meinung der Beklagten ganz unerheblich, daß in jenen Fällen der Anspruch des Klägers von nur einer negativen Anspruchsvoraussetzung abhängig gewesen ist. Für die Kalkulierbarkeit und Erwartung der Leistung kommt es nicht darauf an, daß im vorliegenden Falle neben der vom Arbeitnehmer verschuldeten fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber auch das Ausscheiden auf eigenen Wunsch ohne Anschlußarbeitsplatz den Anspruch ausschließt.

Aus allen diesen Gründen ist die Zuwendung nach dem TV in Höhe von 288,– DM nicht einmalig iS des § 112 Abs. 2 Satz 3 AFG gewesen.

Die Zuwendung von 288,– DM ist in voller Höhe dem im Bemessungszeitraum (§ 112 Abs. 3 AFG) erzielten Arbeitsentgelt zuzurechnen.

Erzielt iS des § 112 Abs. 2 AFG ist ein Arbeitsentgelt nicht etwa in dem Zeitraum, in dem die entsprechende Gegenleistung des Arbeitnehmers erbracht worden ist. Anderenfalls hätte das Gesetz nicht anzuordnen brauchen, daß bei der Berechnung des Arbeitsentgelts einmalige Zuwendungen außer Betracht bleiben, denn diese Zuwendungen sind jedenfalls kein Entgelt für die Arbeitsleistung im Bemessungszeitraum. Die Bestimmung des § 112 Abs. 2 AFG stellt vielmehr auf den Bezug des Entgelts ab. Erzielt ist das Entgelt, wenn es dem Arbeitnehmer zugeflossen ist, so daß er darüber verfügen kann (vgl. BSG SozR 4100 § 44 Nr. 10). Die Zuwendung von 288,– DM an den Kläger war bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu zahlen, also im maßgebenden Lohnabrechnungszeitraum fällig. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob im Sinne des § 112 Abs. 2 AFG nur solches Arbeitsentgelt als im Bemessungszeitraum erzielt gilt, das in diesem Zeitraum fällig geworden ist. Es wäre nach Sinn und Zweck der Vorschrift ungerechtfertigt, das im Bemessungszeitraum (§ 112 Abs. 3 AFG) fällig gewesene und zugeflossene Arbeitsentgelt nur insoweit zu berücksichtigen, als es für die im Bemessungszeitraum erbrachte Arbeitsleistung bestimmt war. Hit dem Alg soll der Arbeitslose in die Lage versetzt werden, seinen bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten, soweit er an dem Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit ausgerichtet war (Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, § 112 Anm. 1). Als Anknüpfungspunkt hat der Gesetzgeber dafür den Zustand im Bemessungszeitraum des § 112 Abs. 3 AFG gewählt. Dieser Lebensstandard würde aber schon in Ansatz verfehlt, wenn verlangt würde, daß das Arbeitsentgelt nicht nur im Bemessungszeitraum zugeflossen, sondern auch als Entgelt für Arbeitsleistungen in diesem Zeitraum bestimmt gewesen sein muß. Häufig wird das im Bemessungszeitraum gezahlte Entgelt für die Arbeitsleistungen in diesem Zeitraum bestimmt sein. Wenn das aber nicht der Fall ist, würde der Arbeitnehmer durch die zusätzliche Forderung, daß Leistung und Gegenleistung im Bemessungszeitraum gelegen haben müssen, zwangsläufig ungerechtfertigt benachteiligt, denn es bliebe vom gezahlten Entgelt mindestens ein Teil unberücksichtigt.

Für die Auslegung, daß zum erzielten Arbeitsentgelt im Sinne des § 112 Abs. 2 AFG jedes dem Arbeitnehmer im Bemessungszeitraum zugeflossene und fällige Arbeitsentgelt gehört, sprechen schließlich Gründe der Praktikabilität. Mit den Regelungen des § 112 Abs. 2 und 3 AFG verfolgt das Gesetz ua das Ziel, daß die Höhe des Alg rasch und einfach festgestellt werden kann (BSG 4100 § 112 Nr. 5). Dieses Ziel wird durch die Anknüpfung an das im Bemessungszeitraum tatsächlich gezahlte, abgerechnete wie auch an das in diesem Zeitraum fällige Entgelt erreicht. Dagegen würden die Arbeitsämter vor erheblichen Schwierigkeiten stehen, wenn sie feststellen müßten, welches Entgelt für die Arbeitsleistung im Bemessungszeitraum zu zahlen war.

Wenn die 288,– DM bei der Berechnung des Alg in voller Höhe zu berücksichtigen sind, so ist demgemäß allerdings von einem Arbeitsentgelt auszugehen, das nicht dem durchschnittlichen Verdienst während der AB-Maßnahme entspricht. Das AFG ordnet aber – wie schon erwähnt – ausdrücklich an, daß sich das Alg nach dem Verdienst in einem Bemessungszeitraum von 20 Tagen errechnet (§ 112 Abs. 3 AFG). Nur wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten 3 Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von diesem Arbeitsentgelt auszugehen, ist in § 112 Abs. 7 AFG eine besondere Regelung zugunsten des Arbeitslosen vorgesehen. Das Gesetz nimmt es aber schon im Hinblick auf die Praktikabilität in Kauf, daß im Einzelfall der Verdienst im maßgebenden Bemessungszeitraum überdurchschnittlich hoch gewesen sein kann und läßt lediglich einmalige Zuwendungen unberücksichtigt.

Aus allen diesen Gründen kann die Revision der Beklagten keinen Erfolg haben. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI926289

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