Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage auf Weitergewährung von Ausbildungsbeihilfe

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 1977 aufgehoben, soweit es die Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit ab 10. Mai 1975 betrifft.

Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

 

Gründe

I

Der am 10. Mai 1957 geborene Kläger, dessen Vater verstorben ist, wohnte bis 1972 bei seiner Mutter und deren Ehemann in einer 4-Zimmerwohnung. Dort lebten auch ein älterer Bruder und zwei Halbgeschwister des Klägers. Der Stiefvater hat ein Nierenleiden. Zu dessen Behandlung führt er seit September 1972 in der Wohnung die Hämodialyse durch und benötigt ein nur dafür zu benutzendes Zimmer sowie einen Ruheraum. Der Kläger. Der Kläger und sein älterer Bruder zogen deshalb im November 1972 in eine in der Nachbarschaft gelegene 1 1/2-Zimmerwohnung. Nach dem Auszug des Bruders zum 1. Juni 1974 lebt der Kläger dort allein. Er wird aber weiter von seiner Mutter verpflegt.

Am 1. Februar 1974 hatte der Kläger eine 3-jährige Lehre zum Bauschlosser begonnen und dafür zunächst Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhalten. Das Arbeitsamt hatte aber für die Zeit ab 1. August 1974 die Weiterzahlung von BAB mangels Bedürftigkeit des Klägers abgelehnt.

Der Kläger stellte am 4. Oktober 1974 einen formularmäßigen Antrag auf BAB und machte dazu Kosten für die Unterkunft in Höhe von 194,20 DM geltend. Mit Bescheid vom 9. Mai 1975 lehnte das Arbeitsamt den Antrag ab. Es legte als Bedarf für den Lebensunterhalt den Betrag von 305,00 DM für Unterbringung bei den Eltern gem § 11 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausb) idF vom 4. Oktober 1972 (ANBA S. 1009) zugrunde. Außerdem berechnete das Arbeitsamt für Lernmittel, Arbeitskleidung und Fahrkosten 45,00 DM und stellte dem Gesamtbedarf von 350,00 DM das Einkommen des Klägers in Höhe von 379,87 DM - ab 1. Januar 1975 = 447,80 DM - gegenüber. Den Widerspruch wies das Arbeitsamt zurück (Bescheid vom 21. Juli 1975).

Das Sozialgericht (SG) hat am 2. April 1976 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 2. Oktober 1974 BAB zu gewähren.

Dieses Urteil hat das Landessozialgericht (LSG) am 24. Februar 1977 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das LSG hat in den Gründen ausgeführt, nach § 11 Abs. 1 Satz 2 A-Ausb sei von dem Betrag von 305,00 DM auch dann auszugehen, wenn der Auszubildende zwar nicht im Haus der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, er die Ausbildungsstätte jedoch von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit erreichen könnte. Die Bestimmung regele ihrem Wortlaut nach allerdings nicht ausdrücklich den Fall, daß der Auszubildende aus Raummangel nicht im Elternhaus wohnen könne. Aus dem Sinn und Zweck des § 40 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sowie der Kompetenzverteilung unter den Trägem der sozialen Sicherheit ergebe sich jedoch, daß die BAB nicht zur Deckung solcher Kosten bestimmt sei, die nicht durch die Ausbildung, sondern durch andere Umstände verursacht werden. Im Falle des Klägers sei der Raummangel in der Wohnung der Mutter durch die Krankheit des Stiefvaters verursacht worden und nicht durch die Berufsausbildung bedingt.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, es gehe nicht um den Bedarf für seine Ausbildung, sondern um die Bestimmung der Höhe des Bedarfs für den Lebensunterhalt. Der geringere Bedarf von 305,00 DM dürfe nur dann angenommen werden, wenn überhaupt die Möglichkeit bestehe, bei den Eltern oder einem Elternteil zu wohnen. Dagegen könne es nicht Zweck der A-Ausb sein, den Auszubildenden bei einer von ihm nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Unterbringung bei den Eltern schlechter zu stellen, als wen er bei seinen Eltern wohnen könnte. Außerdem verstoße § 11 Abs. 1 A-Ausb gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die A-Ausb anerkenne bei unverheirateten Auszubildenden allgemein bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres einen geringeren Bedarf als später. Auch werde Auszubildenden nach Vollendung des 21. Lebensjahres bei anderweitiger Unterbringung ein zusätzlicher Bedarf zugebilligt, auch wenn sie die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern aus in angemessener Zeit erreichen könnten. Diese Unterscheidung sei in bezug auf den volljährigen noch nicht 21 Jahre alten Auszubildenden willkürlich.

Der Kläger beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hamburg vom 2. April 1976 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie macht geltend, durch die günstigere Regelung für Auszubildende nach Vollendung des 21. Lebensjahres werde diesen Personen annähernd die gleiche Leistung gewährt, die bei Fortbildung oder Umschulung zu erbringen sei. Nach der Vollendung des 21. Lebensjahres seien nämlich in der Regel die Voraussetzungen für diese höheren Leistungen erfüllt, wenn man davon ausgehe, daß der Antragsteller mit 15 Jahren aus der Hauptschule entlassen worden sei.

Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.

II

Hinsichtlich des Anspruchs auf BAB für die Zeit bis zum 9. Mai 1975 ist die Revision des Klägers nicht begründet. Mit Recht hat das LSG das Urteil des SG insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht für diese Zeit der geltend gemachte Anspruch auf BAB nicht zu.

Nach § 40 AFG gewährt die BA Jugendlichen und Erwachsenen Zuschüsse für Maßnahmen der beruflichen Ausbildung, soweit sie die hierfür erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können und ihren Unterhaltspflichtigen die Aufbringung üblicherweise nicht zugemutet wird. Die Berechnung der BAB ist in der A-Ausb geregelt. Sie bestimmt sich ua nach dem Bedarf für den Lebensunterhalt und nach dem Bedarf für die Ausbildung (§ 9 A-Ausb). Bei unverheirateten Auszubildenden, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird nach § 11 Abs. 1 A-Ausb, wenn sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht sind, als Bedarf für den Lebensunterhalt ein Betrag von 305,00 DM zugrunde gelegt. Dieser Betrag gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 A-Ausb auch, wenn der Auszubildende zwar nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, er die Ausbildungsstätte jedoch von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit erreichen könnte. Für den Fall der Unterbringung des Auszubildenden in einem Wohnheim oder Internat enthält § 11 Abs. 2 A-Ausb eine besondere Bestimmung. Bei anderweitiger Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts seiner Eltern oder eines Elternteils erhöht sich der Betrag nach § 11 Abs. 1 A-Ausb um 40,00 DM zuzüglich bis zu 120,00 DM monatlich für die Kosten der Unterkunft. Abs. 1 Satz 2 ist zu beachten (§ 11 Abs. 5 A-Ausb). Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 A-Ausb wird als Bedarf für den Lebensunterhalt eines Auszubildenden, der verheiratet ist oder das 21. Lebensjahr vollendet hat, bei Unterbringung im Haushalt der Eltern, eines Elternteils oder im eigenen Haushalt monatlich ein Betrag nach. Maßgabe der Tabelle zu § 44 Abs. 2 AFG zugrunde gelegt, jedoch nicht mehr als 520,00 DM. Bei anderweitiger Unterbringung werden nach § 12 Abs. 2 A-Ausb als Bedarf für den Lebensunterhalt zugrunde gelegt 1.) 50% des Betrages nach Abs. 1, 2.) für Verpflegung 280,00 DM monatlich und 3.) für Unterkunft bis zu 120,00 DM monatlich, jedoch insgesamt nicht mehr als 520,00 DM.

Der Kläger hat in der Zeit bis zum 9. Mai 1975 - der Vollendung seines 18. Lebensjahres - nur die Voraussetzungen für die Gewährung von BAB nach dem Bedarfssatz gem § 11 Abs. 1 A-Ausb erfüllt. Er hatte bis dahin das 21. - und auch das 18. - Lebensjahr noch nicht vollendet und konnte die Ausbildungsstätte von der Wohnung seiner Mutter aus in angemessener Zeit erreichen. Zwar hat das LSG dies nicht ausdrücklich festgestellt. Es ergibt sich aber aus der Tatsache, daß der Kläger seine Unterkunft während der Ausbildung in der Nachbarschaft der elterlichen Wohnung beibehalten und daß er nie eingewandt hat, er könne von der Wohnung der Mutter die Ausbildungsstätte nicht in angemessener Zeit erreichen.

Die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 A-Ausb setzt, wie der Senat bereits entschieden hat, nicht voraus, daß der Auszubildende in der Wohnung der Eltern tatsächlich wohnen kann (BSG 21. März 1978 - 7 RAr 84/76 -). Bei der Übernahme von Kosten für eine Unterbringung außerhalb der elterlichen Wohnung steht nämlich das Verursachungsprinzip im Vordergrund. Kosten für eine anderweitige Unterbringung sind nach dem Sinn der Ausbildungsförderung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie durch die Ausbildung verursacht sind. Wenn der Auszubildende die Ausbildungsstätte von der elterlichen Wohnung aus in angemessener Zeit erreichen kann, sind die Kosten für eine anderweitige Unterbringung regelmäßig nicht durch die Ausbildung verursacht. So liegt auch der Fall des Klägers. Die streitigen Kosten für die Unterkunft sind nicht wegen der Ausbildung entstanden. Vielmehr hat der Kläger die Wohnung der Mutter schon lange vor Beginn der Ausbildung wegen der Krankheit ihres Ehemannes verlassen müssen.

Der Kläger steht sich bei dieser Auslegung des § 11 Abs. 1 A-Ausb allerdings, wie er hervorhebt, schlechter als ein Auszubildender, der bei im übrigen gleichen Einkommensverhältnissen im Elternhaus wohnt. Mit der Festsetzung des einheitlichen Grundbedarfs für alle Auszubildenden, deren Eltern in erreichbarer Nähe der Ausbildungsstätte wohnen, in § 11 Abs. 1 A-Ausb hat sich die BA im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 39 AFG gehalten und auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Sie braucht für die Auszubildenden, die in der elterlichen Wohnung am Ausbildungsort nicht wohnen können, keinen höheren Bedarf für den Lebensunterhalt zu bestimmen. Wenn ein Auszubildender, der die Ausbildungsstätte von der elterlichen Wohnung aus erreichen kann, dort nicht wohnt, ist der erhöhte Bedarf für auswärtige Unterbringung typischerweise nicht notwendig, so daß es allein deshalb schon gerechtfertigt ist, ihn pauschal nicht anzuerkennen. Auch in nicht typischen Fällen, wie demjenigen des Klägers, ist der erhöhte Bedarf nicht in der Weise notwendig wie etwa dann, wenn die Eltern nicht in erreichbarer Nähe der Ausbildungsstätte wohnen. Wenn überhaupt noch ein Elternteil vorhanden ist, und dieser eine Wohnung am Ausbildungsort hat, ist es im allgemeinen nicht völlig ausgeschlossen, daß der Auszubildende dort wohnen bleibt oder einzieht oder daß die Eltern etwa auch mit Hilfe des Wohngeldes für eine größere Wohnung sorgen, in der der Auszubildende in der Familie leben kann (BSG a.a.O.).

Bei Zugrundelegung eines Bedarfs für den Lebensunterhalt in Höhe von 305,00 DM gem § 11 Abs. 1 A-Ausb steht dem Kläger keine BAB zu. Das LSG hat festgestellt, da kein erhöhter Bedarf in Betracht komme, könne dem Kläger wegen der verhältnismäßig hohen Einkünfte schon dem Grunde nach keine BAB zuerkannt werden.

Hinsichtlich der Zeit ab 10. Mai 1975 ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Der Senat kann anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger von diesem Zeitpunkt an dem Grunde nach Anspruch auf BAB hat.

Da der Kläger am 10. Mai 1975 sein 18. Lebensjahr vollendet hat, ist von diesem Zeitpunkt an sein Bedarf für den Lebensunterhalt nicht mehr nur mit dem Betrag von 305,00 DM nach § 11 Abs. 1 Satz 1 A Ausb anzusetzen. Hinzuzurechnen sind vielmehr gem § 11 Abs. 5 A-Ausb insbesondere die Kosten der Unterkunft bis zu 120,00 DM. Die einschränkende Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 2 A-Ausb ist nämlich auf Auszubildende, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr anzuwenden, denn sie ist insoweit nicht durch die Ermächtigung des § 39 AFG gedeckt.

Nach § 39 AFG bestimmt die BA durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung nach §§ 33 bis 49 AFG. Bei der individuellen Förderung sind ua die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller zu berücksichtigen. Zu diesen Verhältnissen gehört der Eintritt der Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres gem § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Volljährige begründet gem § 7 Abs. 1 BGB durch ständige Niederlassung an einem Ort seinen Wohnsitz. Solange hingegen der Auszubildende noch minderjährig und unverheiratet ist, kann er ohne den Villen seines gesetzlichen Vertreters keinen Wohnsitz begründen (§ 8 Abs. 1 BGB). Deshalb können die Eltern als gesetzliche Vertreter verlangen, daß ihr minderjähriges, unverheiratetes Kind bei ihnen wohnt, solange sie damit nicht ihr Sorgerecht mißbrauchen. Wenn das Kind aber das 18. Lebensjahr vollendet hat, entfällt dieses Recht der Eltern. Der Volljährige kann seinen Wohnsitz selbst bestimmen. Wenn der volljährige Auszubildende davon Gebrauch macht und seinen Wohnsitz außerhalb des Elternhauses nimmt, muß die BA diese persönlichen Verhältnisse in der A-Ausb berücksichtigen. Sie kann dem Volljährigen wegen seines Rechtes, den Wohnsitz selbst zu bestimmen, nicht die Forderung entgegenhalten, er müsse bei seinen Eltern wohnen. Seine Unterbringung außerhalb des Elternhauses muß sie als notwendig hinnehmen.

Allerdings können Eltern, die einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren haben, die Art der Unterhaltsgewährung bestimmen (§ 1612 Abs. 2 BGB). Sie müssen also auch dem Volljährigen den Unterhalt nicht in vollem Umfang als Geldrente, sondern können ihn in Form von Unterkunft und Verpflegung in der elterlichen Wohnung gewähren. Auf die Unterhaltsgewährung in Natur dürfen Eltern ihre unverheirateten Kinder schon deshalb verweisen, weil sie dadurch wirtschaftlich entlastet werden und eine nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen sonst unvermeidliche Einschränkung des eigenen Lebenszuschnitt, ganz vermeiden oder mildern (OLG Karlsruhe, NJW 1977 S. 681). Diese wirtschaftliche Begründung kann sich aber die BA gerade nicht zu eigen machen. Sie kann sich zumindest im Einzelfall nicht darauf berufen, daß sie eine bestimmte Maßnahme nicht finanzieren könne. Vielmehr muß sie ihre begrenzten Mittel immer unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einsetzen und im Fall von Anordnungen aufgrund von § 39 AFG die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers beachten. Soweit es zum Zweck des § 1612 Abs. 2 BGB weiterhin gehört, den Eltern einen angemessenen Einfluß auf Handlungs- und Lebensweise ihrer volljährigen Kinder zu sichern (OLG Karlsruhe a.a.O.), ist dieser Zweck für die BA bei der Gewährung von BAB unbeachtlich. Ob die Eltern Einfluß auf Handlungs- und Lebensweise ihrer volljährigen Kinder ausüben wollen, ist allein ihrer Entscheidung vorbehalten. Die BA kann nicht aus diesem Grunde die Finanzierung einer Unterbringung außerhalb des Elternhauses verweigern.

Daraus folgt, daß für den volljährigen Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 2 A-Ausb nicht anzuwenden ist. Der Bedarf des Klägers für den Lebensunterhalt ist daher nach § 11 Abs. 1 iVm Abs. 5 A-Ausb zu berechnen. Da das LSG die Kosten der Unterkunft und auch die Höhe des anzurechnenden Einkommens des Klägers nicht festgestellt hat, kann der Senat nicht entscheiden, ob deshalb Anspruch auf BAB dem Grunde nach besteht. Die Sache ist an das LSG zurückzuverweisen, damit die fehlenden Feststellungen nachgeholt werden können.

Wenn sich der Anspruch auf BAB dem Grunde nach nicht aus § 11 A-Ausb ergibt, ist die Klage anzuweisen. Der Anspruch kann nicht auf § 12 A-Ausb gestützt werden, da der Kläger noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat. Unzutreffend ist seine Meinung, der unterschiedlich hohe Bedarf für den Lebensunterhalt von 305,00 DM nach § 11 A-Ausb für alle unverheirateten Auszubildenden, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und von bis zu 520,00 DM nach § 12 A-Ausb für alle älteren Auszubildenden sei willkürlich und verfassungswidrig.

Für die Zubilligung eines höheren am späteren Verdienst orientierten Bedarfs für den Lebensunterhalt der Auszubildenden, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, besteht ein sachgemäßer Grund. Allerdings rechtfertigt sich die Besserstellung dieser Auszubildenden nicht schon aus dem von der Beklagten dargelegten Gedanken. Es mag zwar seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) am 1. Januar 1976 gerechtfertigt sein, den höheren an § 44 AFG orientierten Bedarf dem Auszubildenden erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres zuzubilligen. Leistungen nach § 44 AFG können nämlich seither im allgemeinen praktisch erst in diesem Lebensalter beansprucht werden, da sie voraussetzen, daß der Antragsteller eine Berufsausbildung und gem § 42 Abs. 1 Nr. 1 AFG idF des HStruktG-AFG danach eine dreijährige berufliche Tätigkeit nachweisen. Diese Rechtslage kann aber nicht als sachgemäße Begründung für die Vorschrift der A-Ausb schon vor dem 1. Januar 1976 herangezogen werden.

Aber auch schon vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG hat die BA die BAB nach Vollendung des 21. Lebensjahres und erst von diesem Alter an, am späteren Verdienst ausrichten können. Für die Gruppe der 18-21jährigen Auszubildenden brauchte dieser Maßstab nicht übernommen zu werden. Die Altersgenossen in diesen Jahrgängen stehen nämlich ebenfalls noch nicht alle voll im Berufsleben. Viele Kinder werden erst im Laufe des siebenten Lebensjahres eingeschult, so daß sie die Schule bei neunjähriger Schulzeit (§ 6 des Schulgesetzes der Freien und Hansestadt Hamburg vom 9. Dezember 1966 - GBl 257) im Laufe des 16. Lebensjahres verlassen und eine dreijährige Ausbildung in ihrem 19. Lebensjahr abschließen können. Nach dem 15monatigen Grundwehrdienst (§ 5 des Wehrpflichtgesetzes idF vom 8. Dezember 1972 - BGBl I 2278) werden sie dann häufig schon im 21. Lebensjahr stehen, bevor sie voll in ihren Beruf treten. Es ist weiterhin nicht sachwidrig, mögliche Hindernisse zu berücksichtigen, die den Termin des Eintritts in den Beruf noch verzögern. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn die BA Personen, die aus welchen Gründen immer über das 18. Lebensjahr hinaus in Ausbildung stehen, erst von der Vollendung des 21. Lebensjahres an die am späteren Verdienst orientierte höhere BAB gewährt. Mit zunehmendem Alter treten immer mehr junge Menschen nach Abschluß der Ausbildung in eine Beschäftigung mit vollem Verdienst. Es ist nicht sachfremd, dieser Entwicklung durch eine einmalige Stufung mit der Vollendung des 21. Lebensjahres Rechnung zu tragen.

Die Bestimmungen der §§ 11 und 12 der A-Ausb verstoßen auch nicht insoweit gegen die Ermächtigungsnorm des § 39 AFG oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als sie den Bedarf für den Lebensunterhalt von 18 bis 21 Jahre alten Auszubildenden in gleicher Höhe festsetzt wie den Bedarf der jüngeren Auszubildenden. Es läßt sich nicht sagen, daß der Bedarf für den Lebensunterhalt iS der §§ 11 und 12 A-Ausb - dh für den Unterhalt ohne Ausbildungskosten - bei Auszubildenden nach Vollendung des 18. Lebensjahres allgemein höher wäre als vorher.

Die Regelunterhaltsverordnung vom 27. Juni 1972 (BGBl I 1010 - geändert durch Regelbedarfsverordnung 1974 vom 15. März 1974 BGBl I 748) bestimmt den Regelunterhalt des nicht ehelichen Kindes bis zur Vollendung des sechsten, vom siebenten bis zur Vollendung des zwölften und vom dreizehnten bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres jeweils in steigender Höhe. Auch die Düsseldorfer Tabelle zur Ermittlung des angemessenen Unterhalts nach § 1610 Abs. 1 BGB enthält nur Aussagen über den Bedarf von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, danach bestimmt sich der Unterhalt nach den Umständen des Einzelfalles (NJW 1977 S. 289). Andere Tabellen sehen allerdings für 19 bis 25 Jahre alte Kinder schematisch einen Unterhalt vor, der um etwa 15 bis 20 vH über dem Bedarf für 13 bis 18jährige Kinder liegt (Berliner Tabelle, NJW 1977 S. 289; Kölner Tabelle bei Brühl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl RdNr. 355). Wenn eine solche schematische Bemessung aber überhaupt möglich ist, so werden sich jedenfalls die Kosten für Ernährung und Bekleidung der über 18jährigen von denjenigen der 13 bis 18 Jahre alten Kinder nur wenig unterscheiden. Dagegen können sich die Aufwendungen für Wohnung und Ausbildung bei den über 18 Jahre alten beträchtlich erhöhen (Brühl a.a.O. RdNr. 358). Gerade diese Kosten werden aber nach §§ 11, 12 und 13 A-Ausb besonders berücksichtigt und rechtfertigen keine Erhöhung des allgemeinen Lebensbedarfs. In der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) vom 20. Juli 1962 idF vom 10. Mai 1971 (BGBl I 451) sind die Kegelsätze für sonstige Haushaltsangehörige vom Beginn des 16. bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres mit 90 vH, die von älteren Haushaltsangehörigen mit 80 vH des Kegelsatzes des Haushaltsvorstandes angesetzt. Wie dargelegt, werden viele Auszubildende, wenn sie nach dem vorgesehenen neunjährigen Schulbesuch die Ausbildung beginnen, im 16. Lebensjahr stehen. Deshalb kann es im Hinblick auf die Regelsatzverordnung keinesfalls als sachfremd angesehen werden, wenn die A-Ausb die Auszubildenden nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht besserstellt als die jüngeren Auszubildenden und stattdessen allen Auszubildenden bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres BAB nach einem einheitlich festgesetzten Bedarf für den Lebensunterhalt zubilligt.

Aus allen diesen Gründen kommt für den Kläger nur der Unterhaltsbedarf nach § 11 Abs. 1 iVm Abs. 5 A-Ausb in Betracht.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1455740

BSGE, 227

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