Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht zur Rentenversicherung während des Bezuges von Versorgungskrankengeld. Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht zur Angestelltenversicherung

 

Orientierungssatz

Die vom Rentenversicherungsträger ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung erstreckt sich auf alle auch künftige mit dem Status eines Angestellten zusammenhängenden und an sich zur Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung führenden Tatbestände (Anschluß an BSG vom 11.4.1984 12 RK 74/82). Eine Versicherungspflicht zur Angestelltenversicherung während des Bezugs von Versorgungskrankengeld kann daher für einen auf seinen Antrag gemäß Art 2 § 1 AnVNG seit 1968 von der Versicherungspflicht befreiten Beschädigten nicht entstehen.

 

Normenkette

BVG § 22 Fassung: 1974-08-07; AVG § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b Fassung: 1974-08-07; RVO § 1227 Abs 1 S 1 Nr 8a Buchst b Fassung: 1974-08-07; AnVNG Art 2 § 1 Fassung: 1967-12-21; AFG § 166b Fassung: 1979-07-23

 

Verfahrensgang

SG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen S 16 V 435/81)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Träger der Kriegsopferversorgung nach §§ 22 Bundesversorgungsgesetz (BVG) iVm 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der jeweils bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung (BVG aF bzw AVG aF) gehalten ist, Beiträge für den von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung (AV) befreiten Kläger zu tragen.

Der 1923 geborene Kläger ist von Beruf Baumeister. Er erhält wegen einer Vielzahl von Schädigungsfolgen Versorgung wegen Erwerbsunfähigkeit (= Minderung der Erwerbsfähigkeit -MdE um 100 vH). Er bezog außerdem wegen eines von der Beklagten bewilligten Heilverfahrens Versorgungskrankengeld von der Techniker-Krankenkasse, die diese Leistung vom 1. November 1976 an mit befreiender Wirkung für die Beklagte auszahlte. Die Leistung entfiel mit Ablauf des 17. Februar 1978.

Der Kläger ist ab 1. Januar 1968 gemäß Art 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) von der Versicherungspflicht in der AV befreit. In Unkenntnis hiervon entrichtete die Beklagte für den Kläger Beiträge zur AV gemäß § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF in Höhe von insgesamt 9.094,80 DM für die Zeit vom 1. November 1976 bis 17. Februar 1978. Die Beigeladene teilte daraufhin der Beklagten mit, daß die entrichteten Beiträge wegen der Befreiung von der Versicherungspflicht unwirksam seien. Auf Anforderung der Beklagten zahlte die Techniker-Krankenkasse die eingezogenen Versicherungsbeiträge zurück.

Nachdem der Kläger hiervon erfahren hatte, beantragte er zunächst, ihm den Betrag von DM 9.094,80 auszuzahlen. Dies lehnte die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 24. März 1981 ab. Daraufhin begehrte der Kläger, die Rentenversicherungsbeiträge für die Dauer des Bezugs von Versorgungskrankengeld an die Beigeladene zu entrichten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ebenfalls ab (Bescheid ohne Datum, laut Stempelvermerk am 28. August 1981 zur Post gegeben).

Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Es hat dies ua damit begründet, daß die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht auch für die Zeit des Bezugs von Versorgungskrankengeld fortwirke. Der durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl I, 1189) mit Wirkung vom 1.Juli 1978 eingefügte Abs 5 des Art 2 § 1 AnVNG aF habe die Befreiungswirkung nur für Fälle des Leistungsbezugs nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) beseitigt. Daraus sei zu schließen, daß der Gesetzgeber den Übergangsgeld bzw Versorgungskrankengeld beziehenden Rehabilitanden bewußt keinen Anspruch auf Übernahme ihrer Beitragslast eingeräumt habe. Eine planwidrige Gesetzeslücke bestehe nicht. Ein Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor. Die Lage der Leistungsbezieher nach AFG und der der Bezieher von Übergangsgeld sei unterschiedlich.

Der Kläger hat die - vom SG zugelassene - Sprungrevision mit Zustimmung der Beklagten eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 22 BVG aF iVm § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF. Das SG habe verkannt, daß er trotz seiner Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß Art 2 § 1 AnVNG zum Kreis der Versicherungspflichtigen nach § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF gehöre. Zum einen beziehe sich die einschlägige Befreiungsvorschrift des Art 2 § 1 Abs 1 Buchst b AnVNG mit dem Begriff "Angestellte" auf alle die in § 3 AVG bezeichneten Angestellten. Nicht zu den Angestellten im Sinne dieser Bestimmung zählten jedoch beispielsweise die Leistungsbezieher nach dem AFG oder Bezieher von Übergangsgeld. Zum anderen sei zu beachten, daß § 2 Abs 1 Nr 10a AVG aF erst durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I, 1881) in das AVG eingefügt worden sei. Deshalb sei es schon begrifflich ausgeschlossen, daß der Befreiungstatbestand des Art 2 § 1 AnVNG sich auf diese Vorschrift beziehe. Die Befreiung von der Versicherungspflicht schließe auch nicht aus, daß aufgrund eines veränderten Sachverhalts zwischen dem Versicherungsbefreiten und dem Versicherten ein neues Rechtsverhältnis begründet werden könne. Das bezwecke gerade § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF. Aus Abs 5 des Art 2 § 1 AnVNG aF lasse sich keine gegenteilige Schlußfolgerung ziehen. Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung in Ergänzung des § 166b AFG lediglich klarstellen wollen, daß der Personenkreis des Art 2 § 1 Abs 5 AnVNG aF auch die Abführung der Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung verlangen könne. Überdies bestehe kein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen dem Personenkreis des § 2 Abs 1 Nr 10a AVG aF und dem Personenkreis des § 2 Abs 1 Nr 12 AVG aF. Mit dieser Ungleichbehandlung seien Art 3 und Art 20 GG verletzt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, Rentenversicherungs- beiträge in Höhe von 9.094,80 DM an die Beigeladene gemäß § 22 BVG für die Zeit des Bezuges von Übergangsgeld zu zahlen; außerdem die Beigeladene zu verpflichten, diese Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten anzunehmen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

Das SG hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte als Rehabilitationsträger nicht verpflichtet ist, für die Zeit des Bezugs von Versorgungskrankengeld (1. November 1976 bis 17. Februar 1978) Beiträge zur AV zu entrichten.

Als Rechtsgrundlage für eine Beitragspflicht der Beklagten kommt nur die mit dem RehaAnglG mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 in das BVG eingefügte Vorschrift des § 22 BVG aF iVm § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF in der bis zum 31. Dezember 1983 gültigen Fassung in Betracht. Hingegen bleibt die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 -HBegleitG vom 22. Dezember 1983 (BGBl I, 1532, 1553) geschaffene Rechtsänderung - § 2 Abs 1 Nr 10a AVG aF ist gestrichen und § 22 BVG aF mit Wirkung ab 1. Januar 1984 neu gefaßt worden - unberücksichtigt.

Nach § 22 BVG aF hatte die Versorgungsbehörde ua für die nach § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF versicherten Berechtigten - das waren Personen, denen ein Träger der Kriegsopferversorgung während einer medizinischen Maßnahme einen Kalendermonat Versorgungskrankengeld gezahlt hat, für die Zeit des weiteren Bezugs desselben - Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 112 AVG zu entrichten. Für den Kläger konnte aber während des Bezugs des Versorgungskrankengeldes eine Versicherungspflicht in der AV nach § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF nicht entstehen, weil er bereits seit dem Jahre 1968 auf seinen Antrag gemäß Art 2 § 1 AnVNG idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I, 1259) von der Versicherungspflicht befreit worden war. Diese von der Beigeladenen ausgesprochene Befreiung erstreckte sich, wie der 12. Senat in seinem Urteil vom 11. April 1984 - 12 RK 74/82 - ausgesprochen hat, auf alle auch künftige mit dem Status eines Angestellten zusammenhängenden und an sich zur Versicherungspflicht in der AV führenden Tatbestände. Nach dieser Entscheidung sind auch Zeiten der Rehabilitation nicht losgelöst vom Berufsleben als Angestellte zu werten. Der Befreiungsbescheid bleibt nach ständiger Rechtsprechung (BSGE 23, 241, 244 = SozR Nr 3 zu Art 2 § 1 AnVNG; BSGE 31, 131, 133 = SozR Nr 6 zu Art 2 § 1 AnVNG) als rechtsgestaltender Verwaltungsakt selbst dann wirksam, wenn der die Befreiung rechtfertigende Tatbestand späterhin entfällt, etwa weil das Einkommen des Angestellten unter die Jahresarbeitsverdienstgrenze sinkt. Bei dem in Art 2 § 1 AnVNG genannten durch die Stichtagsregelung begrenzten Personenkreis sollte gerade die individuelle Eigenverantwortung anerkannt und es dieser Gruppe von Angestellten gestattet werden, sich um den Preis des eigenen Versorgungsrisikos von der Zwangsversicherung befreien zu können (BSGE 23, 241, 246; vgl auch Koch/Hartmann, Kommentar zum AVG, Bd IV, V, 80d, III 1).

Die Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art 2 § 1 AnVNG beendete somit alle Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger (BSGE 17, 124, 127 = SozR Nr 1 zu Art 2 § 1 AnVNG), eine Wirkung, die weder durch einen Verzicht des Versicherten noch durch einen Widerruf des Befreiungsbescheides beseitigt werden kann (BSGE 23, 241, 244 = SozR Nr 3 zu Art 2 § 1 AnVNG). Der Gesetzgeber hat nach Art 2 § 1 Abs 4 AnVNG den Angestellten, die - wie der Kläger - von der Versicherungspflicht aufgrund des Finanzänderungsgesetzes 1967 befreit worden sind, nur die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 31. Dezember 1973 auf ihre Befreiung von der Versicherungspflicht mit Wirkung für die Zukunft zu verzichten. Durch diese Fristsetzung ist klargestellt, daß nach diesem Zeitpunkt für die befreiten Angestellten keine Verzichtsmöglichkeit mehr bestand (vgl Koch/Hartmann aaO). Der Kläger hat unstreitig von der Möglichkeit eines solchen Verzichtes keinen Gebrauch gemacht.

Entgegen der Meinung des Klägers erstreckte sich die im Jahre 1968 erfolgte Befreiung von der Versicherungspflicht auf die Rehabilitation, obwohl die Versicherungspflicht der Rehabilitanden erst durch das RehaAnglG 1974 begründet worden war. Die Vorschrift des § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF löste die bis dahin geltende Regelung des § 36 Abs 1 Nr 1 AVG aF - zweite Alternative - ab, wonach Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mindestens einen Kalendermonat unterbrochen worden war, rentensteigernde Ausfallzeiten waren. Von dieser Rechtsfolge hat der Kläger sich aber ausgeschlossen, weil durch seine Befreiung von der Versicherungspflicht der Tatbestand der "Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung" nicht mehr eintreten konnte (Urteil des 12. Senats aaO). Nach den Gesetzesmaterialien zu Art 2 § 1 AnVNG idF vom 21. Dezember 1967 (BT-Drucks V/2149, S 51 - Stellungnahme des Bundesrats zur Regierungsvorlage) sollten diejenigen Versicherten, die nach Art 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit werden, "nicht in den Genuß der Anrechnung von Ausfallzeiten kommen". Dementsprechend blieb der Kläger kraft seiner Befreiung von der die Ausfallzeitregelung ablösenden Vorschrift des § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF ausgeschlossen. Daran hat auch § 2 Abs 1 Nr 12 AVG idF des Gesetzes vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1040), der die Rentenversicherungspflicht für Leistungsbezieher nach dem AFG einführte und die nach Art 2 § 1 Abs 5 AnVNG idF des Gesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) geschaffene Beseitigung der Befreiungswirkung nichts geändert. Nach den Gesetzesmaterialien war entgegen der Meinung des Klägers nicht lediglich eine Klarstellung dahin beabsichtigt, daß "auch" dieser Personenkreis ebenso wie die Rehabilitanden unabhängig von einer vorherigen Befreiung versicherungspflichtig werden sollten. Vielmehr trug Art 2 § 1 Abs 5 AnVNG iVm § 166b AFG idF des Gesetzes vom 23. Juli 1979 der Entschließung des Bundestages vom 8. Juni 1978 (BT-Drucks 8/1875) Rechnung. Danach sollte ein Weg gefunden werden, "wie Leistungsempfänger der Bundesanstalt für Arbeit, die von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten befreit sind, in die Beitragsverpflichtung der Bundesanstalt für Arbeit zur Alterssicherung einbezogen werden können" (BT-Drucks 8/2624, S 33; 8/1875). Nach dem Willen des Gesetzgebers war die Unterbrechung der Befreiung ausschließlich auf Fälle des Leistungsbezuges nach dem AFG beschränkt. Dies verdeutlicht die durch das HBegleitG 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1857) erfolgte Gesetzesänderung; Art 2 § 1 Abs 5 AnVNG ist nach Art 20 Nr 1 gestrichen und § 166b Abs 1 Satz 1 AFG durch Art 28 Nr 10 neu gefaßt worden. Nach § 166b Abs 1 Satz 1 AFG nF trägt die Bundesanstalt Beiträge zur Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung für "Empfänger von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld, die .... nach Art 2 § 1 Abs 1 und 2 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit .... sind ....".

Aus den bis zum 31. Dezember 1982 geltenden Vorschriften des Art 2 § 1 Abs 5 AnVNG bzw § 7 Abs 7 AVG ist auch nicht - wie der Kläger meint - zu folgern, daß die dort vorgesehene Unterbrechung der Befreiung für Leistungsbezieher nach dem AFG auch auf den Personenkreis der Rehabilitanden nach § 2 Abs 1 Ziff 10a AVG aF im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auszudehnen ist. In dem hier streitigen Zeitraum vom 1. November 1976 bis 17. Februar 1978 gab es die erst ab 1. Juli 1978 eingeführte - durch Art 20 Nr 1 HBegleitG 1983 wieder gestrichene - Rentenversicherungspflicht der Arbeitslosen noch nicht. Es können deshalb keinerlei Anhaltspunkte dafür gewonnen werden, daß es im gesetzgeberischen Gesamtplan gelegen haben könnte, die Wirkung der Befreiung von der AV-Pflicht mit Einführung der Rentenversicherungspflicht für Rehabilitanden ab 1. Oktober 1974 zu beseitigen. Davon abgesehen ist aus der ausdrücklichen Beschränkung des Personenkreises auf die Leistungsempfänger nach dem AFG zu schließen, daß der Gesetzgeber den von der Versicherungspflicht in der AV Befreiten, die an Rehabilitationsmaßnahmen teilnahmen und Übergangsgeld bzw Versorgungskrankengeld erhielten, bewußt keinen Anspruch auf Übernahme ihrer Beitragslast für die Dauer des Rehabilitationsverfahrens eingeräumt hatte und daran auch nach dem 30. Juli 1978 festzuhalten beabsichtigte. Die Neufassung des § 22 BVG durch das HBegleitG 1984 bestätigt dies zusätzlich. Diese Vorschrift enthält in Abs 2 für nicht rentenversicherungspflichtige Berechtigte keine dem § 166b AFG entsprechende Regelung, sondern eine Sonderregelung in Form einer Beitragserstattung.

Die unterschiedliche Behandlung von Leistungsempfängern nach dem AFG und solchen Personen, die von § 2 Abs 1 Nr 10a AVG aF erfaßt wurden, verstößt nicht - wie der Kläger vorträgt - gegen das Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 2 GG. Der Personenkreis der Leistungsempfänger nach dem AFG unterlag damals der Rentenversicherungspflicht noch nicht, sondern fiel bis zum 30. Juli 1978 - wie die Rehabilitanden bis zum 30. September 1974 - unter die Ausfallzeitregelung des § 36 Abs 1 AVG aF. Diese Vorschrift setzte die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus. Ein solcher Unterbrechungstatbestand lag aber bei den von der AV-Pflicht Befreiten nicht vor. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ist aber auch bei einem Vergleich der von der AV-Pflicht Befreiten mit den nicht befreiten Angestellten, die Übergangsgeld bzw Versorgungskrankengeld bezogen, nicht zu erkennen. Mit der vom Kläger selbst veranlaßten Ausgliederung aus dem Kreis der Pflichtversicherten begab er sich freiwillig des Rechtsvorteils der rentensteigernden Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 Nr 1 AVG aF. Diese selbstgewählte unterschiedliche Rechtsposition gegenüber den weiterhin versicherungspflichtigen Angestellten ist, wenn auch in anderer Form, erhalten geblieben, als § 2 Abs 1 Nr 10a Buchst b AVG aF die Ausfallzeitenregelung des § 36 Abs 1 AVG aF ablöste.

Der Fall des Klägers ist auch nicht nach § 22 Abs 2 BVG nF in der ab 1. Januar 1984 geltenden Fassung (Art 39 Abs 1 HBegleitG 1984) zu entscheiden. Einem allgemeinen Rechtsgrundsatz folgend knüpfen neue Gesetze prinzipiell nicht an vergangene, dh vor dem Inkrafttreten entstandene und abgeschlossene Tatbestände an (BSGE 46, 127, 129 = SozR 3100 § 89 Nr 6 mwN). Daß das Gesetz sich Rückwirkung beimessen und sich auf vor dem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalte erstrecken wollte, ist ihm nicht zu entnehmen. Eine solche Rückwirkung ist auch nicht schlechthin zu vermuten, sie muß sich vielmehr aus dem Inhalt des Gesetzes ergeben (BSG SozR 7190 § 4 Nr 1 mwN). Ein solcher Hinweis fehlt aber gerade. Im Gegenteil läßt sich aus dem Gesetz das Gegenteil annehmen. § 22 Abs 2 BVG nF berücksichtigt, daß die bisherige Versicherungspflicht für Bezieher von Versorgungskrankengeld durch die Ausfallzeitregelung des § 1385b Abs 1 RVO (=§ 112a AVG) abgelöst wird. Da die Neuregelung nur versicherungspflichtige Personen erfaßt, erschien es dem Gesetzgeber notwendig, eine Erstattungspflicht für solche Personen einzuführen, die sich für einen anderen Weg der Alterssicherung entscheiden oder entschieden haben (BT-Drucks 10/335 S 82).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656035

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