Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 25.02.2021; Aktenzeichen L 8 KR 722/18)

SG Kassel (Gerichtsbescheid vom 05.11.2018; Aktenzeichen S 12 KR 546/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 3324,54 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

Die klagende Krankenhausträgerin begehrt, die beklagte Krankenkasse (KK) zur Zahlung weiterer 3324,54 Euro Vergütung für die Behandlung einer bei der KK Versicherten zu verurteilen. Damit ist sie in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der geltend gemachte Restanspruch stehe der Klägerin nicht zu, da die Voraussetzung für eine Vergütung nach der Diagnosis Related Group (DRG) A13F nicht vorlägen. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 8-98f seien nicht erfüllt. Dessen Kodierung setze eine 24-stündige Verfügbarkeit des Verfahrens radiologische Diagnostik mittels CC, DSA oder MRT "im eigenem Klinikum" voraus. Schon rein begrifflich weise dies auf das Erfordernis der Inhaberschaft bzw rechtlichen Zugehörigkeit zur Klinik selbst hin, sodass die betreffenden Verfahren der Radiologie von klinikeigenen Ärzten in den eigenen Räumen und mit Mitteln der Klinik durchzuführen seien. Die hier mit der radiologischen Diagnostik betrauten Ärzte einer Gemeinschaftspraxis, die ihre Räumlichkeiten im Klinikgebäude hätten, erfüllten diese Voraussetzungen nicht (Urteil vom 25.2.2021).

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.

a) Das klagende Krankenhaus formuliert zunächst folgende Rechtsfrage:

"Kann das im OPS 8-98f (Version 2017) geforderte Mindestmerkmal '24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT' nur durch klinikeigene - angestellte - Ärzte in den eigenen Räumen und mit Mitteln der Klinik erfüllt werden oder wird dieses Merkmal auch durch eine verbindliche Kooperation mit einer radiologischen Praxis im Krankenhaus erfüllt, die 24-stündig diese Verfahren im Krankenhaus durchführt?"

Es legt jedoch die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht ausreichend dar.

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage erwächst daraus, dass ihre Klärung nicht nur für den Einzelfall, sondern im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung erforderlich ist (vgl BSG vom 7.10.2005 - B 1 KR 107/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 7 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine Rechtsnorm, bei der es sich wie hier (OPS 2017) um ausgelaufenes Recht handelt, deshalb regelmäßig nicht von grundsätzlicher Bedeutung (vgl BSG vom 15.3.2012 - B 3 KR 13/11 R - BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3 RdNr 17). Im Falle des DRG-basierten Vergütungssystems kommt hinzu, dass es vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG; s ferner § 17b Abs 7 Satz 1 Nr 1 und 2 KHG) und damit als ein "lernendes" System angelegt ist. Bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen sind in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R - BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18). Dieser Anpassungsmechanismus betrifft auch die Begriffsbestimmungen im OPS (vgl dazu BSG vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 11 f).

Bezogen auf die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bedeutet dies, dass im Streit über die Anwendbarkeit einer bestimmten OPS darzulegen ist: (1) Die betroffene Einzelvorschrift hat im konkreten Fall auf die zur Ermittlung der DRG durchzuführende Groupierung Einfluss. (2) Die betroffene Einzelvorschrift gilt in späteren Vergütungsregelungen im Wortlaut unverändert erlöswirksam für die Groupierung fort. (3) Ein sich daraus in einer Vielzahl von Behandlungsfällen bereits ergebender und zukünftig zu erwartender Streit konnte von den am Abschluss der Vergütungsregelungen mitwirkenden Vertragsparteien bislang nicht einvernehmlich gelöst werden. (4) Alternativ ist darzulegen, dass der Auslegungsstreit über eine Einzelvorschrift eine strukturelle Frage des Vergütungssystems betrifft, deren Beantwortung - ungeachtet der Fortgeltung der konkret betroffenen Vorschrift - über die inhaltliche Bestimmung der Einzelvorschrift hinaus für das Vergütungssystem als Ganzes oder für einzelne Teile zukünftig von struktureller Bedeutung ist (vgl BSG vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32).

An entsprechenden Darlegungen fehlt es im vorliegenden Fall. Die Klägerin zeigt weder auf, dass sich das Problem auch tatsächlich für andere Krankenhäuser stelle, noch führt sie an, dass es nicht gelungen sei, dieses Problem unter den Vertragsparteien einvernehmlich zu lösen. Auch dass ein strukturelles Problem des Vergütungssystems insgesamt betroffen sei, legt die Klägerin nicht dar. Ihr Verweis darauf, dass auch andere OPS die Einschränkung "im eigenen Klinikum" enthielten, bleibt ohne konkretes Beispiel. Ihr pauschaler Verweis darauf, dass das BSG die Rechtsfrage noch nicht entschieden habe und die Auslegung von OPS (2017) 8-98f für eine Vielzahl von Krankenhäusern von grundsätzlicher Bedeutung sei, genügt insoweit nicht.

b) Die Klägerin formuliert weiter die Rechtsfrage:

"Verstößt die Auslegung des Landessozialgerichts, dass das im OPS 8-98f (Version 2017) geforderte Mindestmerkmal '24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT' nur durch klinikeigene - angestellte - Ärzte in den eigenen Räumen und mit Mitteln der Klinik erfüllt werden kann, gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG iVm dem OPS 8-98f (Version 2017), wonach ein Krankenhaus berechtigt ist, nicht festangestellte Ärzte hinzuzuziehen bzw. Dritte Ärzte im Wege verbindlicher Kooperation in Anspruch zu nehmen bzw. es nur notwendig ist, die Leistungen der Radiologie innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus zur Verfügung zu stellen (OPS 8-98f - Mindestmerkmal 7)?"

Zu dieser Frage legt die Klägerin die Klärungsfähigkeit nicht dar. Sie führt selbst an, dass das LSG seine Entscheidung auf den Status der Ärzte innerhalb einer Gemeinschaftspraxis, aber auch darauf gestützt habe, dass diese nicht in eigenen Räumen und mit Mitteln der Klinik tätig seien. In ihrer Beschwerdebegründung weist sie jedoch lediglich darauf hin, dass § 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) durch das Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012 geändert worden sei und seither die Leistungserbringung der Krankenhäuser auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte ausdrücklich zugelassen worden sei. Dieses - insbesondere anhand von Zitaten aus der Gesetzesbegründung erfolgte - Vorbringen erfasst lediglich die statusrechtlichen Vorgaben für Ärztinnen und Ärzte. Zu der Frage, ob und warum auch das Kriterium eigener Räumlichkeiten und eigener Mittel der Klinik gegen die Neufassung des § 2 KHEntgG verstoße, trägt die Klägerin zur Begründung nichts vor. Sie legt daher nicht dar, dass die statusrechtlichen Fragestellungen im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt streitentscheidend wären.

Auch zu dieser zweiten Rechtsfrage fehlt es im Übrigen an der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung über den Einzelfall hinaus aus den unter a) aufgezeigten Gründen. Die Klägerin hat weder vorgetragen, dass eine Anpassung in späteren OPS-Fassungen nicht möglich war, noch dass dies aber aufgrund größerer struktureller Probleme erforderlich wäre.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 3 GKG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14755129

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