Leitsatz (amtlich)

Die Statthaftigkeit der Revision nach SGG § 162 Abs 1 Nr 3 kann nicht darauf gestützt werden, daß das LSG BVG § 38 Abs 1 S 2 unrichtig angewandt hat.

 

Orientierungssatz

Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung iS des BVG ist das Gesetz nur verletzt, wenn eine für das Gebiet der KOV geltende "Kausalitätsnorm", dh also eine Rechtsnorm, nicht oder nicht richtig angewandt ist (vgl BSG vom 1955-10-20 10 RV 50/54 = BSGE 1, 268).

Die Beurteilung geschieht dadurch, daß die Beziehungen von Tatsachen zueinander den Vorschriften des materiellen Rechts untergeordnet werden, die Beziehungen von zwei Tatsachen zueinander im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne selbst sind dagegen nur Gegenstand einer tatsächlichen Feststellung. Das LSG ist zur Anwendung der Kausalitätsnorm nicht gekommen, sondern hat sich nur mit der Feststellung von medizinischen Tatsachen befaßt, wenn es den Gesundheitsschaden als ein im wesentlichen anlagebedingtes Leiden beurteilt hat, das in seinem schicksalmäßigen Verlauf durch den Wehrdienst nicht nachhaltig beeinflußt worden ist.

 

Normenkette

BVG § 38 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1950-12-20; SGG § 162 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Kläger vom 7. Oktober 1957 gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 9. Juli 1957 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Revision ist in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG.) nicht zugelassen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ). Sie ist deshalb nur statthaft wenn gerügt wird, daß das Verfahren des LSG. an einem erheblichen Mangel leide und wenn dieser Mangel auch tatsächlich vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG. 1, 150), oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit feiner Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muß die Revisionsbegründung nicht nur die verletzte Rechtsnorm, sondern auch die Tatsachen und Beweismittel bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG).

1. Die Kläger rügen, das LSG. habe den Sachverhalt nicht genügend erforscht und damit gegen die Verfahrensvorschrift des § 103 SGG verstoßen. Das LSG. habe zu Unrecht angenommen, daß ihr verstorbener Ehemann bzw. Vater als Flugwachführer keinen größeren Belastungen ausgesetzt gewesen sei als in seinem Beruf als Wagnermeister und daß deshalb der Wehrdienst sein Leiden - Arteriosklerose - nicht verschlimmert habe; sein Tod sei vielmehr auf den Wehrdienst zurückzuführen.

Die Kläger rügen zwar, der Sachverhalt sei nicht genügend aufgeklärt, sie legen aber nicht dar, aufgrund welcher Umstände das LSG. sich hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen und in welcher Richtung Ermittlungen im einzelnen hätten vorgenommen werden müssen. Die Rüge der mangelnden Sachaufklärung ist deshalb nicht in der gesetzlichen Form geltend gemacht; die allgemein gehaltenen Ausführungen gegen die Feststellungen und Schlußfolgerungen des LSG. reichen für eine den gesetzlichen Erfordernissen genügende Verfahrensrüge nicht aus (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG; BSG. Urteil vom 20.2.57, SozR. Nr. 14 zu § 103 SGG). Die Revision ist daher nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft.

2. Die Kläger behaupten weiter, das LSG. habe das Gesetz verletzt. Soweit sie damit meinen, das LSG. habe die Vorschriften des § 38 BVG unrichtig angewandt, kann darauf die Revision nicht gestützt werden. § 38 BVG regelt den Anspruch auf Hinterbliebenen-Rente nur für den Fall, daß ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist oder daß sein Tod kraft gesetzlicher Vermutung als Folge eines als Schädigung anerkannten Leidens gilt; er betrifft nicht die Frage, ob eine Schädigung tatsächlich oder rechtlich die Ursache des Todes gewesen ist. Das Gericht hat, wenn es § 38 BVG anwendet, nicht den ursächlichen Zusammenhang zu beurteilen, eine unrichtige Anwendung des § 38 BVG kann, auch soweit es sich um die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG handelt, keine "Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs" im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 3. SGG sein. Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG ist das Gesetz nur verletzt, wenn eine für das Gebiet der Kriegsopferversorgung geltende "Kausalitätsnorm", d.h. also eine Rechtsnorm, nicht oder nicht richtig angewandt ist (BSG. 1, 268). Die Beurteilung geschieht dadurch, daß die Beziehungen von Tatsachen zueinander den Vorschriften des materiellen Rechts untergeordnet werden, die Beziehungen von zwei Tatsachen zueinander im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne selbst sind dagegen nur Gegenstand einer tatsächlichen Feststellung. Im vorliegenden Fall ist das LSG. zur Anwendung der Kausalitätsnorm gar nicht gekommen. Es hat sich nur mit der Feststellung von medizinischen Tatsachen befaßt, wenn es den Gesundheitsschaden des Ehemanns bzw. Vaters der Kläger als ein im wesentlichen anlagebedingtes Leiden beurteilt hat, das in seinem schicksalsmäßigen Verlauf durch den Wehrdienst nicht nachhaltig beeinflußt worden ist. Diese Feststellungen sind für das Bundessozialgericht bindend (§ 163 SGG): zulässige und begründete Revisionsgründe sind auch insoweit nicht geltend gemacht. Die Revision ist daher auch nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG statthaft.

Unter diesen Umständen war sie nach § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2336707

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