Orientierungssatz

In den Fällen, in denen um die Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung gestritten wird, ist nicht uneingeschränkt an der Rechtsauffassung festzuhalten, daß in den Rechtsmittelinstanzen eine Aussetzung der Vollstreckung nur ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn das Rechtsmittel in der Hauptsache offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat, die Klage also offensichtlich unbegründet gewesen ist (vgl BSG vom 6.5.1960 - 11 RV 92/60 = BSGE 12, 138 = SozR Nr 4 zu § 154 SGG).

In den genannten Fallgestaltungen ist die Rechtsprechung (vgl BSG vom 18.9.1987 - 1 RR 2/87 = USK 87159) vielmehr dahingehend zu modifizieren, daß eine Aussetzung der Vollziehung eines zur Erteilung der Genehmigung verpflichtenden Urteils auch dann erfolgen kann, wenn das Rechtsmittel der beklagten Aufsichtsbehörde nicht offensichtlich aussichtslos ist.

 

Normenkette

SGG § 199 Abs. 2 S. 1; SGB 5 § 147 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die im April 1988 von der Klägerin beantragte Genehmigung zur Errichtung einer Betriebskrankenkasse (BKK) für ihre Betriebsstätten in Bocholt und Hamminkeln lehnte das zuständige Landesversicherungsamt (LVA) Nordrhein-Westfalen mit der Begründung ab, daß durch die Errichtung der BKK die Leistungsfähigkeit der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) gefährdet werde (Bescheid vom 7. November 1988; Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1988). Auf die Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (SG) Münster mit Urteil vom 10. Januar 1990 das beklagte LVA verurteilt, die Errichtung der BKK zu genehmigen. Dabei hat sich das SG im wesentlichen auf die Gründe des Urteils des beschließenden Senats vom 17. Juli 1985 (BSGE 58, 254 f = SozR 2200 § 250 Nr 10) gestützt und ausgeführt, daß nach Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) bzw des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) allerdings nicht mehr davon ausgegangen werden könne, daß eine Leistungsgefährdung erst dann vorliege, wenn der Bedarfssatz der von Mitgliederverlusten betroffenen AOK den durchschnittlichen Bedarfssatz ihres Landesverbandes um mehr als 20 % überschreite. Vielmehr sehe § 266 Abs 1 SGB V nunmehr einen obligatorischen Finanzausgleich und damit einen Gefährdungstatbestand, wie ihn § 147 Abs 1 Nr 3 SGB V voraussetze, bereits dann vor, wenn der Bedarfssatz einer Krankenkasse den durchschnittlichen Bedarfssatz aller Verbandsmitglieder um mehr als 10 % übersteige. Eine Gefährdung der Leistungsfähigkeit der betroffenen AOK sei daher bereits bei einem Überschreiten des durchschnittlichen Bedarfssatzes der Ortskrankenkassen (OKKen) des Landesverbandes um mehr als 10 % anzunehmen. Nach den zugrundeliegenden Berechnungen des AOK-Landesverbandes Westfalen-Lippe und des Versicherungsamtes des Kreises Borken werde sich infolge des Abganges von Mitgliedern der beigeladenen AOK zur Klägerin und auch des zu erwartenden Abganges von Mitgliedern zur Firma H, die ebenfalls die Errichtung einer BKK im Bereich der Beigeladenen beabsichtige, der Bedarfssatz der Beigeladenen von 10.29 % auf 10,62 % erhöhen. Da der erhöhte Bedarfssatz der Beigeladenen den durchschnittlichen Bedarfssatz der OKKen des Landesverbandes Westfalen-Lippe um 9,55 % überschreiten werde, sei eine Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu verneinen.

Die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegten Berufungen des beklagten LVA und der beigeladenen AOK hatten keinen Erfolg; sie wurden mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. September 1991 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das LSG hat die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts in vollem Umfang bestätigt und ist aufgrund eigener rechnerischer Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen, daß sowohl für die Jahre 1988 bis 1990 als auch für das erste Halbjahr 1991 selbst bei Berücksichtigung der über die Mitgliederabgänge an die Klägerin (1.025 Mitglieder) hinausgehenden zusätzlichen Abgängen (insgesamt ca 2.809 Mitglieder) der Bedarfssatz der Beigeladenen den Durchschnittsbedarfssatz des zuständigen Landesverbandes nicht um mehr als 10 % übersteigen werde.

Bis zu seiner Entscheidung am 26. Mai 1991 hatte der Vorsitzende des zuständigen Senats des LSG die Vollstreckung aus dem Urteil des SG vorläufig ausgesetzt und am 26. September 1991 einen weiteren Antrag des beklagten LVA auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil bis zum rechtskräftigen Abschluß des gesamten Streitverfahrens mit der Begründung abgewiesen, daß weiterer Vollstreckungsschutz beim Revisionsgericht beantragt werden könne.

Inzwischen haben sowohl das beklagte LVA mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1991 und die beigeladene AOK mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1991 Revision eingelegt.

Das beklagte LVA und die beigeladene AOK haben am 7. bzw. 21. Oktober 1991 bzw am 21. Oktober 1991 - sinngemäß -beantragt,

gemäß § 199 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im

Wege der einstweiligen Anordnung die Vollstreckung

aus dem Urteil des Sozialgerichts Münster vom

10. Januar 1990 auszusetzen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen,

hilfsweise, hierüber nicht ohne mündliche Verhandlung

zu entscheiden.

 

Entscheidungsgründe

Den Aussetzungsanträgen war zu entsprechen.

Nach § 199 Abs 2 Satz 1 SGG kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung, weil keiner der im Gesetz abschließend aufgezählten Fälle, in denen der Revision eine solche Wirkung zukommt (§ 165 iVm § 154 Abs 1 und § 97 Abs 1 SGG), gegeben ist. Die Entscheidung hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen, wobei außer den betroffenen Interessen der Beteiligten und den Nachteilen, die bei einer Vollstreckung für die Antragsteller, das öffentliche Interesse oder Dritte entstehen würden, auch die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen sind.

Ob allgemein der Rechtsansicht zu folgen ist, daß in den Rechtsmittelinstanzen eine Aussetzung der Vollstreckung nur ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn das Rechtsmittel in der Hauptsache offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat, die Klage also offensichtlich unbegründet gewesen ist (BSGE 12, 138 = SozR Nr 4 zu § 154 SGG), kann der Senat letztlich offenlassen. An dieser Auffassung ist jedenfalls bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen um die Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung gestritten wird, nicht uneingeschränkt festzuhalten. Sie ist vielmehr - abweichend von dem zu einer Anschlußerrichtung ergangenen Beschluß des 1. Senats vom 18. September 1987 (- 1 RR 2/87 - USK 87159) - dahingehend zu modifizieren, daß eine Aussetzung der Vollziehung eines zur Erteilung der Genehmigung verpflichtenden Urteils auch dann erfolgen kann, wenn das Rechtsmittel der beklagten Aufsichtsbehörde nicht offensichtlich aussichtslos ist. Würde nämlich bereits wegen der noch nicht überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsmittels der Aussetzungsantrag abgelehnt und das erstinstanzliche Urteil vollstreckt sowie die Genehmigung erteilt, könnte das für den bzw die Revisionskläger zur Folge haben, daß ihr Rechtsmittel wegen der Wirkungen der Genehmigung nicht mehr zu einer Sachentscheidung führen kann. Das ergibt sich aus der besonderen prozessualen Situation, wie sie nach einer wirksam gewordenen Kassenerrichtung entsteht (vgl die Urteile des 1. Senats vom 13. November 1985, BSGE 59, 122 = SozR 2200 § 253 Nr 2; Urteil vom 8. April 1987, BSGE 61, 244 = SozR 2200 § 225a Nr 2). Ist nämlich eine BKK aufgrund einer wirksam - wenn auch rechtswidrig - erteilten Genehmigung errichtet und ins Leben getreten, kann ihre Existenz nicht mehr durch Aufhebung des Genehmigungsbescheides - hier: durch Aufhebung eines bereits vollzogenen Verpflichtungsurteils -, sondern nur noch durch Schließung der Kasse zu einem künftigen Zeitpunkt beseitigt werden. Nach § 153 Satz 1 Nr 2 SGB V (bis 31. Dezember 1988: § 273 Abs 1 Nr 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO)) ist die Aufsichtsbehörde zur Schließung einer Kasse verpflichtet, wenn sie nicht hätte errichtet, dh die Genehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen, und wenn die Voraussetzungen der Genehmigung auch nicht nachträglich - bis zu dem von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Zeitpunkt der Wirksamkeit der Schließung - eingetreten sind. Deshalb könnte die beklagte Aufsichtsbehörde oder die beigeladene AOK für den Fall, daß in Ausführung des erstinstanzlichen Urteils die Genehmigung erteilt und die Kasse errichtet werden, uU nur noch im Wege der Widerklage bzw der Feststellungs-Widerklage geltend machen, daß die Genehmigung rechtswidrig war und ihre Voraussetzungen auch nicht nachträglich eingetreten sind, die AOK ggf darüber hinaus, daß deshalb die Aufsichtsbehörde zur Schließung der Kasse verpflichtet sei. Da eine Widerklage im Revisionsverfahren in der Regel für unzulässig gehalten wird (vgl Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 4. Aufl, § 100 RdNr 3 mwN; BSGE 53, 212, 213/14 = SozR 4100 § 145 Nr 2 S 8) und speziell die Zulässigkeit der Widerklage eines Beigeladenen, ferner auch die Zulässigkeit der Widerklage einer Behörde zweifelhaft ist, wenn sie selbst durch Verwaltungsakt entscheiden könnte (vgl Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 5 und 6), könnten die Revisionen aufgrund der vollzogenen Genehmigung gegenstandslos werden. Aber auch dann, wenn eine Widerklage - etwa aus prozeßökonomischen Gründen - als zulässig anzusehen wäre, könnte es an der Möglichkeit zu einer abschließenden Sachentscheidung deshalb fehlen, weil das BSG nicht selbst prüfen könnte, ob die Errichtungsvoraussetzungen inzwischen eingetreten sind, sondern aus diesem Grunde die Sache an das LSG zurückverweisen müßte. Deshalb muß es in diesen Fällen zur Erhaltung und Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für eine Aussetzung der Vollstreckung durch einstweilige Anordnung nach § 199 Abs 2 SGG genügen, daß dem Rechtsmittel die Erfolgsaussicht nicht offensichtlich fehlt, dh die Klage nicht offensichtlich begründet ist.

Das hat der Senat bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sache bejaht. Eine offensichtliche Unbegründetheit der Revisionen kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Entscheidung des Revisionsgerichts aufgrund einer zwischenzeitlichen Rechtsänderung von der Beantwortung einer Vielzahl von Rechtsfragen abhängt, über die bisher noch nicht, jedenfalls nicht abschließend entschieden worden ist. Offen ist zunächst die Frage, ob die Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung nach altem oder neuem Recht - den bis 31. Dezember 1988 geltenden Vorschriften der RVO oder den ab 1. Januar 1989 geltenden Vorschriften des SGB V - zu beurteilen ist, wenn das Errichtungsverfahren bereits unter der Geltung des alten Rechts betrieben und die Genehmigung in Anwendung dieses Rechts versagt worden ist (zur Problematik der Anwendung alten oder neuen Rechts bei "gestreckten" Verwaltungsverfahren, insbesondere bei der Errichtung von BKKen und IKKen, siehe Schnapp, DVBl 1989, 549, 551 f). Wäre - wovon die Vorinstanzen ausgegangen sind - im Hinblick auf die streitige Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung neues Recht anzuwenden, stellt sich die weitere Frage, ob die bisherige Rechtsprechung des 1. Senats zum Begriff der Leistungsgefährdung in § 273 Abs 1 Nr 3 RVO aF im Hinblick auf die Neuregelungen des SGB V aufzugeben oder zu ändern ist, ob insbesondere hinsichtlich des bisher angenommenen Grenzwertes für die Leistungsgefährdung nunmehr die neuen Regelungen in § 266 und/oder § 267 SGB V, und auch die Regelungen in §§ 221, 222 SGB V zu berücksichtigen sind. Wäre - in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - davon auszugehen, daß - bei grundsätzlicher Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung - als sachgerechter Maßstab für die Bestimmung der Leistungsgefährdung in § 147 Abs 1 Nr 3 SGB V auf den für den obligatorischen Finanzausgleich in § 266 Abs 1 SGB V vorgesehenen Grenzwert abzustellen ist, käme es für die Entscheidung des Rechtsstreits ferner darauf an, ob diese Gefährdungsgrenze im konkreten Fall überschritten sein muß - also der durch Mitgliederverluste erhöhte Bedarfssatz der betroffenen AOK den durchschnittlichen Bedarfssatz der Verbandskassen um mehr als 10 % übersteigen muß - oder ob eine Annäherung an diesen Wert - ggf unter Berücksichtigung zusätzlicher Indikatoren für die Gefährdung oder im Hinblick auf eine "Bereinigung" des durchschnittlichen Bedarfssatzes um die Bedarfssätze bereits gefährdeter Kassen - ausreichen würde. Angesichts dieser offenen Fragen und bei Berücksichtigung der in den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zur Bedarfssatzentwicklung in den Jahren von 1988 bis 1991 lassen sich die Erfolgsaussichten der Revisionen zur Zeit noch nicht übersehen, sind jedenfalls nicht offensichtlich zu verneinen.

Darf die beantragte Aussetzung der Vollziehung des erstinstanzlichen Urteils nicht allein deshalb versagt werden, weil die Erfolgsaussichten der Rechtsmittel noch nicht überschaubar sind, kommt es nunmehr auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und ihrer Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Genehmigung und ihrer Folgen an. Bei dieser Interessenabwägung sind die schutzwürdigen Belange der beigeladenen AOK insgesamt höher zu veranschlagen als die der Klägerin. Zwar kommen bei Aussetzung der Vollstreckung des angefochtenen Urteils und bei einer möglichen Erfolglosigkeit der Revisionen die Klägerin und ihre ca 1000 Beschäftigten, die mit der Errichtung der BKK deren Mitglieder würden, auch für die Dauer des Revisionsverfahrens (noch) nicht in den Genuß des erwarteten günstigeren Beitragssatzes. Andererseits würden jedoch von der Anhebung des Bedarfssatzes, den die beigeladene AOK nach ihren Berechnungen vornehmen müßte, um den mit dem Abgang der vorgenannten Beschäftigten verbundenen Einnahmeverlust auszugleichen, eine ungleich höhere Zahl - ca 40.000 -Arbeitnehmer, die als Mitglieder bei der AOK verbleiben, und eine große Zahl von Arbeitgebern betroffen. Dabei kann es auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob die zu erwartende Anhebung des Bedarfssatzes relativ gering ausfällt; denn es darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der für 1991 erwartete Bedarfssatz der beigeladenen AOK mit 13,78 % auch ohne Berücksichtigung von Mitgliederverlusten bereits so hoch ist, daß sich eine auch nur geringfügige Bedarfssatzanhebung als leistungsgefährdend auswirken könnte.

Ferner war bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, daß bei einem möglichen Erfolg der Revisionen eine inzwischen errichtete und ins Leben getretene BKK nur mit Wirkung für einen künftigen, von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Schließungszeitpunkt (§ 153 Satz 2 SGB V) beseitigt werden könnte und damit der betroffenen AOK - abgesehen von dem erheblichen Verwaltungsaufwand - ein für einen bestimmten Zeitraum irreparabler Schaden entstehen könnte. Da eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach derzeitiger Geschäftslage in absehbarer Zeit zu erwarten sein dürfte, ist es im Interesse vor allem der betroffenen Versicherten und auch der beigeladenen AOK der Klägerin zuzumuten, die Rechtskraft des Urteils abzuwarten. Eine besondere Dringlichkeit der Errichtung der BKK läßt sich jedenfalls auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Klägerin bereits im Januar 1990 ein obsiegendes Urteil erstritten hat, nicht bejahen.

Die Anordnung der Aussetzung der Vollstreckung, die nach § 199 Abs 2 Satz 3 SGG unanfechtbar ist, war durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu treffen, wobei der Vorsitzende des Senats von seiner Alleinentscheidungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht und die Beschlußfassung des Senats über die Aussetzung herbeigeführt hat. Das ist zulässig und war insbesondere deshalb angebracht, weil über eine grundsätzliche Frage zu § 199 Abs 2 SGG zu entscheiden war (BSG SozR Nr 3 zu § 199 SGG). Eine mündliche Verhandlung erschien nicht erforderlich, nachdem alle Beteiligten eingehend schriftsätzlich Stellung genommen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 4 SGG. Da es sich bei dem Verfahren nach § 199 Abs 2 SGG im Verhältnis zu dem in der Hauptsache anhängigen Urteilsverfahren um ein selbständiges Verfahren handelt, auf das grundsätzlich alle Vorschriften und Rechtsgrundsätze Anwendung finden, die für selbständige Verfahren gelten, war über die Kosten dieses Verfahrens gesondert zu entscheiden (vgl Meyer- Ladewig, Komm zum SGG, 4. Aufl, § 193 RdNr 2 für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung analog § 123 VwGO; Kopp, Komm zur VwGO, 8. Aufl, § 123 RdNr 19 und § 80 RdNr 90). Nach § 193 Abs 4 SGG sind die Aufwendungen des beklagten Aufsichtsamtes als Behörde und der beigeladenen AOK als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662362

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