Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusätzliche Aufwendungen für Unterkunft

 

Orientierungssatz

Der 5b. BSG-Senat fragt beim 1., 4. und 11. BSG-Senat an, ob an der Rechtsauffassung festgehalten wird, daß bei den für den Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrenten iS der § 1265 RVO, § 42 AVG maßgebenden 25 vom Hundert des Mindestbedarfs des Unterhaltsberechtigten neben den zeitlichen und örtlichen Regelsätzen der Sozialhilfe zusätzlich auch die Aufwendungen für Unterkunft zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

RVO § 1265 S 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 42 S 1 Fassung: 1957-02-23

 

Gründe

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin Hinterbliebenenrente nach § 1265 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) zusteht.

Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten wurde 1935 aus Verschulden des Ehemannes geschieden. Dessen Unterhaltsleistung an die Klägerin belief sich bis zu seinem Tode am 1. Juli 1975 auf 70,-- DM monatlich. In den Vorinstanzen ist die Beklagte verurteilt worden, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat im wesentlichen ausgeführt, der Betrag von 70,-- DM sei als tatsächliche Unterhaltsleistung iS des § 1265 RVO zu werten. Am Wohnort der Klägerin habe der Regelsatz der Sozialhilfe in den Jahren 1974/75 monatlich 240,-- bzw 250,-- DM betragen. Hinzuzurechnen seien die Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 61,50 DM, so daß der zeitlich und örtlich notwendige Mindestbedarf 301,50 bzw 316,50 DM betragen habe. Zwar erreiche der Betrag von 70,-- DM nicht ganz 25 vH des Mindestbedarfs (75,37 bzw 79,12 DM). Die Differenz von weniger als 10,-- DM sei aber geringfügig und halte sich im Rahmen des Wertes von etwa 25 vH des Mindestbedarfs.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehören zum Mindestbedarf, an dem sich zu orientieren hat, ob eine Unterhaltsleistung iS der §§ 1265 Satz 1 RVO, 42 Satz 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zu bejahen ist, neben dem Regelsatz der Sozialhilfe auch die Aufwendungen für Unterkunft (vgl zB Urteile des 1. Senats vom 30. Mai 1978 - 1 RA 65/77 - SozR 2200 § 1265 Nr 34, des 4. Senats vom 29. April 1976 - 4/12 RJ 166/75 - SozR aaO Nr 16 und des 11. Senats vom 24. November 1978 - 11 RA 4/78 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Entwickelung der Kosten auf dem Wohnungsmarkt hat jedoch dazu geführt, daß die Beträge von 25 vH des Mindestbedarfs stark differieren und damit der Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrente von Zufälligkeiten abhängen kann. Zum anderen kann die Einbeziehung der Unterkunftskosten Unterhaltsleistungen in einer Höhe erfordern, die mit der Zielsetzung des § 1265 Satz 1 RVO nicht mehr vereinbar sind.

Der Senat möchte daher den Ausgangspunkt der hier entscheidungserheblichen Rechtsprechung des BSG wieder stärker betonen, wonach es für den Hinterbliebenenrentenanspruch nach § 1265 Satz 1 RVO, § 42 Satz 1 AVG darauf ankommt, daß die Höhe der Unterhaltsleistung einen mehr als nur geringfügigen Teil des Unterhalts ausmacht (vgl BSGE 22, 44 = SozR Nr 26 zu § 1265 RVO und SozR Nr 49 zu § 1265 RVO). Das ist dann der Fall, wenn man die zur Ungleichbehandlung führenden Unterkunftskosten unberücksichtigt läßt und 25 vH des Regelsatzes der Sozialhilfe für eine ins Gewicht fallende Unterhaltsleistung als ausreichend ansieht. Insoweit möchte der 5. Senat von der bisherigen Rechtsprechung des BSG abweichen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659616

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