Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 08.09.2017; Aktenzeichen L 4 KR 139/15)

SG München (Entscheidung vom 24.02.2015; Aktenzeichen S 12 KR 1190/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. September 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger ist mit seinem Begehren, von der beklagten Krankenkasse Krankengeld (Krg) über den 18.9.2014 hinaus zu erhalten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (zuletzt Urteil des LSG vom 8.9.2017).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil und beruft sich auf die Abweichung des LSG vom Urteil des BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R (Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 46 Nr 8 und BSGE vorgesehen).

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht formgerecht dargetan hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).

Mit seinem Vortrag, das Berufungsurteil weiche vom Urteil des BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R - ab, legt der Kläger eine Divergenz nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dar. Er stellt insoweit Teile aus dem genannten BSG-Urteil zum Vorliegen eines Ausnahmefalls dar, in dem dem betroffenen Versicherten Fehler des Arztes bei der fristgerechten Attestierung von Arbeitsunfähigkeit nicht angelastet werden dürfen (insbesondere RdNr 23 und 26). Dem stellt er gegenüber, dass das LSG einen Ausnahmefall im Sinne dieses Urteils nicht als gegeben angesehen habe und untermauert dies mit Ausführungen zu dem vom LSG festgestellten Sachverhalt bzw zum Inhalt der Sitzungsniederschrift des LSG vom 8.9.2017. Hierzu macht die Beschwerdebegründung sodann zusammenfassend geltend, der Kläger habe alles in seiner Macht Stehende getan, um seine Ansprüche auf Weitergewährung von Krg zu wahren. Bei diesem Vorbringen fehlt es indessen bereits an einer Gegenüberstellung von sich einander widersprechenden abstrakten Rechtssätzen aus dem zitierten Urteil des BSG einerseits und aus dem Berufungsurteil andererseits. Anstelle dessen subsumiert der Kläger die Sachverhaltskonstellation seines Falles lediglich anhand von Teilaussagen der vorgenannten BSG-Rechtsprechung und zieht daraus im Kern nur den Schluss, dass das LSG auf der Basis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung seinen Fall unrichtig entschieden habe. Eine solche bloße "Subsumtionsrüge" erfüllt jedoch nicht die Darlegungsanforderungen an eine Rechtsprechungsabweichung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Denn es fehlt hier an der geltend gemachten Nichtübereinstimmung der Urteile im Grundsätzlichen (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 91; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f). Unbeschadet dessen nimmt die Beschwerdebegründung nicht in den Blick, dass selbst bei aus nichtmedizinischen Gründen nicht zeitgerecht erstellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht allein der Umstand zu Krg-Ansprüchen führt, dass der Betroffene alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren; der Senat hat in dem vom Kläger herangezogenen Urteil unter RdNr 34 die Voraussetzungen für eine nachträglich erfolgte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung vielmehr dahin zusammengefasst, dass der Versicherte einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krg zu erreichen, und dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw - erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krg-Anspruch erfolgt ist, dass er an der Wahrung der Krg-Ansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde, und er - zusätzlich - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht. Dass all diese (kumulativ) zu erfüllenden Voraussetzungen auf der Grundlage der Feststellungen des LSG gegeben sind, legt der Kläger nicht dar. Er macht bezüglich dieser Feststellungen auch keine Verfahrensfehler geltend (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Er beruft sich ebenfalls nicht etwa darauf, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), weil eine bestimmte - konkret zu formulierende - Rechtsfrage über den vom BSG entschiedenen Urteil hinaus klärungsbedürftig sowie in seinem Fall klärungsfähig sei.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11650453

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