Leitsatz (amtlich)

Hat ein Senat des BSG ausdrücklich erklärt, nunmehr bestünden in einer bestimmten Rechtsfrage keine divergierenden Auffassungen mehr zwischen ihm und einem anderen Senat des BSG, so kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, die in einer unterschiedlichen Rechtsanwendung bestehen soll, zugelassen werden.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 1; SGG § 160 Abs 2 Nr 2

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 17.12.1984; Aktenzeichen L 2 J 150/84)

SG Speyer (Entscheidung vom 05.04.1984; Aktenzeichen S 11 J 489/83)

 

Gründe

Die Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagte hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), ob der Rechtsprechung des erkennenden Senats in den Urteilen vom 1. Dezember 1983 und 3. Oktober 1984 (SozR 2200 § 1246 Nrn 111 und 122) zur tariflichen Gleichstellung von Tätigkeiten mit Facharbeitern zugestimmt werden kann. Sie beruft sich insoweit auf die Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1985 - 4 RJ 33/84 - worin dieser - ebenso wie in seinem Anfragebeschluß vom 29. November 1984 in Sachen 4 RJ 19/84 - die Auffassung des erkennenden Senats abgelehnt habe.

Die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG erfordert es, daß die vom Beschwerdeführer bezeichnete Rechtsfrage grundsätzlicher Art ist, also über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, was dann zu bejahen ist, wenn die Entscheidung der Frage im allgemeinen Interesse liegt, weil das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Schließlich muß die Rechtsfrage klärungsbedürftig und im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Eine weitere Klärungsbedürftigkeit der von der Beklagten bezeichneten Frage ist indes zu verneinen.

Auf die erwähnte Anfrage des 4. Senats vom 29. November 1984 hat der erkennende Senat am 14. März 1985 (5b S 1/85) geantwortet, er halte an seiner Rechtsauffassung fest, nach der im allgemeinen davon auszugehen sei, daß die tarifliche Einstufung einer Tätigkeit auf deren Qualität beruhe und diese - widerlegbare - Vermutung im Falle der tariflichen Einstufung der Tätigkeit eines Postzustellers nicht widerlegt sei. Daraufhin hat der 4a Senat am 3. April 1986 den Rechtsstreit in Sachen 4a RJ 19/84 entschieden und in diesem Urteil folgendes ausgeführt: Den vom erkennenden Senat aufgezeigten Gesichtspunkt, die Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb sei nun als Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren staatlich anerkannt, halte er für so wesentlich, "daß er mit seiner anderen rechtlichen Beurteilungsgrundlage in keiner Rechtsfrage von Urteilen des 5b Senats (vgl SozR 2200 § 1246 Nrn 123, 122, 111) mehr abweicht und daher auch nicht den Großen Senat des BSG anzurufen braucht". Die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß vom 15. September 1986 - 1 BvR 669/86 -).

Wenn aber ein Senat des BSG ausdrücklich erklärt, nunmehr bestünden keine divergierenden Auffassungen mehr zwischen ihm und einem anderen Senat dieses Gerichts, dann kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die gerade in einer unterschiedlichen Rechtsanwendung bestehen soll, nicht bejaht werden. Jedenfalls ist mit dieser Klarstellung des 4a Senats dem erkennenden Senat die Grundlage entzogen, die Revision im Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Auch aus einem anderen Gesichtspunkt kann die Revision nicht zugelassen werden. Der 4a Senat des BSG hat mit Beschluß vom 30. April 1985 (4a BJ 337/84) eine Beschwerde der Beklagten in einem gleich gelagerten Verfahren als unzulässig verworfen, weil die Beklagte übersehen habe, daß das Landessozialgericht (LSG) die Zuordnung des Versicherten zur Gruppe der Facharbeiter zusätzlich mit der Qualität der bisherigen Berufstätigkeit, also unabhängig von der tariflichen Einstufung begründet habe. Im Falle des Klägers hat das LSG ebenfalls neben der tariflichen Gleichstellung ein qualitatives Merkmal für die Zuordnung zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters angeführt (Seite 8 des angefochtenen Urteils). Ebenso wie in der vom 4a Senat entschiedenen Beschwerde wäre es demnach hier erforderlich gewesen, auf diese das Berufungsurteil tragende Begründung einzugehen. Das hat die Beklagte hier ebenfalls unterlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658122

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