Rz. 1

Die Rechtsform der Sociedade Limitada ist in Brasilien im Jahre 1919 als "Sociedade por quotas de responsabilidade limitada" durch Decreto 3.708/1919 (sog. Limitada-Dekret) geschaffen worden und hat sich rasch verbreitet: In den Jahren 1985 bis 2002 wählten von 8.443.677 neu gegründeten Unternehmen 4.059.727 (48,08 %) die Rechtsform der Limitada. 18.807 (0,22 %) Unternehmen wurden als Aktiengesellschaft (sociedade anônima), 20.228 (0,24 %) als Genossenschaft (cooperativa) und lediglich 4.224 (0,05 %) in anderen Rechtsformen organisiert. Die übrigen 4.340.691 (51,41 %) neu gegründeten Unternehmen wurden einzelkaufmännisch betrieben. Diese enorme Beliebtheit erklärte sich gerade aus der Lückenhaftigkeit des Limitada-Dekretes, das in erster Linie auf die unternehmerische Gestaltungsfreiheit baute und im Übrigen auf das Gesetz über die Aktiengesellschaft verwies (Lei 6.404/1976), soweit dessen Vorschriften ihrer Natur nach auf die Limitada anwendbar waren. Weitere Regelungen fanden sich in den Vorschriften über die Handelsgesellschaften (sociedades comerciais), Art. 287 bis 353 Código Comercial (Lei 556/1850).

 

Rz. 2

Für Gesellschaften, deren Gegenstand nicht der Betrieb eines Handelsgewerbes war (sociedades civis), galten die Vorschriften der Art. 1363 bis 1409 Código Civil (Lei 3.071/1916). Wurde eine solche Gesellschaft in der Rechtsform der Limitada errichtet, fand Limitada-Recht nur insoweit Anwendung, als es den Vorschriften des Código Civil nicht widersprach.

 

Rz. 3

Am 12.1.2003 ist die Neufassung des Código Civil in Kraft getreten (Lei 10.406/2002 – im Folgenden "CC"). Der CC regelt dem Handels- und Gesellschaftsrecht zuzuordnende Materien in Art. 966 bis 1195 CC (Zweites Buch). Die "sociedade por quotas de responsabilidade limitada" wurde im neuen Recht in "sociedade limitada" umbenannt und ist in Art. 1052 bis 1087 CC detailliert geregelt. Der Código Civil von 1916 sowie die Art. 1 bis 456 Código Comercial wurden aufgehoben, Art. 2045 CC. Das Limitada-Dekret, das in den Übergangsvorschriften nicht ausdrücklich erwähnt wird, gilt nach heute unstreitiger Auffassung als durch den CC stillschweigend aufgehoben.

 

Rz. 4

Die sociedade limitada ist eine rechtsfähige Gesellschaft, die durch Gesellschaftsvertrag gegründet wird, Art. 981, 1054 i.V.m. Art. 997 CC. Die sociedade limitada ("Limitada") erlangt Rechtsfähigkeit mit der Eintragung des Gründungsaktes im zuständigen Register, Art. 985 i.V.m. Art. 45 CC. Der Gesellschaftsname muss den Rechtsformzusatz "limitada" oder deren Abkürzung "Ltda." bzw., im Fall einer Einmann-Ltda., "Limitada Unipessoal" enthalten, Art. 1158 CC. Die Haftung des einzelnen Gesellschafters ist auf den Betrag seiner Anteile beschränkt. Für die Einzahlung des Stammkapitals haften die Gesellschafter gesamtschuldnerisch, Art. 1052 CC. Zur Einmann-Ltda. vgl. auch die Ausführungen zur EIRELI (siehe Rdn 12).

 

Rz. 5

Die Limitada ist systematisch eine Mischform zwischen Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft. Welchem Gesellschaftstypus sie näher steht, hängt von der Satzung ab: Nach Art. 1053 CC finden die stark personalisierten Regelungen des CC über die einfache Gesellschaft (sociedade simples, Art. 997 bis 1038 CC) ergänzende Anwendung auf die Limitada. Abweichend hiervon ist das Aktienrecht ergänzend anwendbar, wenn der Gesellschaftsvertrag dies anordnet, Art. 1053 § 1 CC. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass das Recht der Limitada im Vergleich zur Rechtslage vor 2003 demjenigen der brasilianischen Aktiengesellschaft deutlich angenähert wurde. Dies zeigt sich insbesondere in der Einschränkung des Mehrheitsprinzips und in einer im Vergleich zum alten Recht durch Erweiterung der Eintragungs- und Publizitätspflichten ausgelösten generellen Erhöhung des Verwaltungsaufwands, welcher die früher bestehende Flexibilität der Limitada deutlich eingeschränkt, ihrer Beliebtheit aber keinen Abbruch getan hat: Auch weiterhin sind mehr als 50 % aller neugegründeten Unternehmen in der Rechtsform der Limitada organisiert.

 

Rz. 6

Für Limitadas, die noch nach altem Recht gegründet worden waren, entfalteten die Änderungen erst ein Jahr nach Inkrafttreten des CC rechtliche Wirkung, also ab dem 12.1.2004 (Art. 2031 CC); diese Frist wurde durch Lei 10.838/2004 bis zum 11.1.2005 verlängert. Eine Ausnahme bildeten Änderungen des Gesellschaftsvertrags, Änderungen der Unternehmensform, Übernahmen, Spaltungen und Verschmelzungen. Sie richteten sich ab Inkrafttreten des CC (12.1.2003) nach neuem Recht, Art. 2033 CC. Die Auflösung und Liquidation einer Limitada richten sich nach altem Recht, wenn sie vor Inkrafttreten des CC begannen, Art. 2034 CC.

 

Rz. 7

Neben der Limitada, der EIRELI und der durch Lei 6.404/1976 nebst späteren Änderungen geregelten Aktiengesellschaft (Sociedade Anônima – S/A) kennt das brasilianische Recht folgende Gesellschaftstypen, die allerdings wegen der fehlenden Haftungsbeschränkung kaum praktische Bedeutung haben:

einfache Gesellschaft (Sociedade Simples, Art. 997 ff. CC);
offene Ha...

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