Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt bei Ausbruch aus intakter Ehe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die einseitige Abwendung von der Ehe und die Zuwendung zu einem neuen Partner erfüllt den Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB nur dann, wenn das Fehlverhalten wesentliche Ursache für das Scheitern der Ehe ist, diese also nicht vorher schon gescheitert war.

2. Allein aus dem Umstand, dass es Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gab, kann ein Scheitern der Ehe nicht entnommen werden.

3. War die Ehe noch nicht gescheitert, stellt sich die Zuwendung zu einem neuen Partner als einseitige Abkehr dar.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Bad Freienwalde (Urteil vom 06.12.2007)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil des AG Bad Freienwalde vom 6.12.2007 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungswert beträgt 12.054,40 EUR.

 

Tatbestand

I. Die Parteien, beide Altersrentner, sind seit dem 3.4.2003 verheiratet. Sie lebten im Haus der Klägerin. Dieses hat sie mit finanziellen Mitteln des Beklagten erworben und ihm durch notarielle Urkunde vom 6.8.2001 ein Mitbenutzungs- und Wohnungsrecht eingeräumt. In der genannten Urkunde hat sich die Klägerin zudem verpflichtet, die laufenden Kosten für Energie, Wasser, Heizung etc. zu tragen und den Beklagten auf Lebenszeit zu betreuen und zu pflegen, soweit dies durch Alter und Krankheit erforderlich würde und kein geschultes Personal notwendig sei. Zu den Betreuungsleistungen sollten Einkaufen, Kochen, Waschen, Bügeln, Heizen und Wohnungsreinigung ebenso gehören wie die Beförderung mit dem Pkw.

Der Beklagte litt schon vor Aufnahme der Beziehung zur Klägerin an einer Prostataerkrankung. Im März, Mai und Juni/Juli 2006 wurde er wegen verschiedener anderer Leiden jeweils stationär behandelt. Nach einer Auseinandersetzung schrieb er der Klägerin am 5.5.2006 einen Brief, in dem er von wechselseitigen Beschimpfungen und Vorwürfen sprach und erklärte, die Klägerin nach wie vor lieb zu haben. Er kündigte an, mit der Übersiedlung in ein Heim und der damit verbundenen Trennung einverstanden zu sein, wenn objektive und vernünftige Personen hierzu raten würden.

Die Klägerin plante wiederholt gemeinsame Reisen und Ausflüge, so für den 28.6.2006 einen Ausflug nach D. Der Beklagte sagte diesen Ausflug aus gesundheitlichen Gründen ab. Die Klägerin fragte daraufhin Herrn Dr. M., den Leiter des Chores, in dem sie singt und in dessen Vorstand sie tätig ist, ob er sie begleiten wolle, was dieser jedoch ablehnte. Eine weitere für die Zeit vom 4. bis zum 12.6.2006 geplante Reise nach Irland kam ebenfalls wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen des Beklagten nicht zustande. Die Klägerin buchte dann für die Zeit vom 13. bis zum 18.8.2006 eine Reise nach N. Auf ihre Initiative hin begleitete Herr Dr. M. sie, es kam zu intimen Kontakten. Am 1.10.2006 bezog die Klägerin eine eigene Wohnung, am 8.11.2006 erklärten sie und Herr Dr. M. vor dem Chor, dass sie nun "ein Paar" seien. Die Beziehung besteht bis heute.

Durch Schreiben vom 2.1.2007 forderte die Klägerin den Beklagten auf, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen und Trennungsunterhalt zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren hat sie monatlichen Trennungsunterhalt von 760,94 EUR verlangt und behauptet, der Beklagte habe sie im Hinblick auf die übernommene Versorgungsverpflichtung nicht wie eine Ehefrau, sondern wie eine "Dienstmagd" behandelt.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, er habe seinerseits Forderungen gegen die Klägerin aus dem notariellen Vertrag. Er hat ferner geltend gemacht, dass die Klägerin einen Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirkt habe.

Zu der insoweit erhobenen Behauptung, die Klägerin sei aus intakter Ehe ausgebrochen und habe sich Herrn Dr. M. zugewendet, hat das AG Beweis durch Vernehmung des Herrn Dr. M. als Zeugen erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 4.12.2007 verwiesen. Durch das am 6.12.2007 verkündete Urteil hat das AG den Beklagten verurteilt, der Klägerin ab Januar 2007 - wegen grober Unbilligkeit herabgesetzten - monatlichen Trennungsunterhalt von 244 EUR zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Die Klägerin trägt vor:

Dem Einkommen des Beklagten sei ein Wohnvorteil von 300 EUR hinzuzurechnen. Den sich aus der hälftigen Einkommensdifferenz ergebenden Unterhalt habe das AG zu Unrecht gekürzt. Die Ehe sei bei Aufnahme der intimen Beziehungen zu Dr. M. schon nicht mehr intakt gewesen. Sie habe nämlich nach der Auseinandersetzung vom 4.5.2006 und dem Gespräch mit dem Psychiater Dr. W. vom 22.5.2006, bei dem der Beklagte schwere Vorwürfe gegen sie erhoben und sie schlecht gemacht habe, "eine...

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