Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderbetreuung plus Berufstätigkeit führt zu Betreuungsbonus i.H.v. 100 EUR pro Kind

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 20.11.2009; Aktenzeichen 1 O 512/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.11.2009 verkündete Vorbehaltsurteil des LG Potsdam, Az.: 1 O 512/06, abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung des Vorbehalts und der Abweisung der Klage und der Zurückweisung der Berufung im Übrigen verurteilt, an den Kläger eine monatliche Nutzungsentschädigung für die Zeit

von September bis Dezember 2006 i.H.v. je 236 EUR,

von Januar bis Dezember 2007 i.H.v. je 181,36 EUR,

von Januar bis Dezember 2008 i.H.v. je 209,80 EUR,

von Januar bis Dezember 2009 i.H.v. je 400 EUR sowie

von Januar 2010 bis einschließlich Juli 2011 i.H.v. 39,06 EUR

zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 55 %, der Kläger zu 45 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte, seine seit dem 24.9.2006 rechtskräftig geschiedene frühere Ehefrau, auf Zahlung von Nutzungsentschädigung i.H.v. 50 % des einvernehmlich auf 800 EUR festgelegten Wohnwertes für das von der Beklagten mit den gemeinsamen Kindern seit der Trennung allein bewohnte ehemalige Familienheim, das im Miteigentum der Parteien steht und für das der Kläger bis einschließlich Dezember 2009 50 % der Zins- und Tilgungsleistungen getragen hat, in Anspruch. Die Beklagte erklärt gegenüber dem Nutzungsentschädigungsanspruch des Klägers hilfsweise die Aufrechnung mit Ansprüchen auf nachehelichen Unterhalt. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und die vom Senat in dieser Sache bereits getroffenen Entscheidungen zu den Az.: 13 W 4/08 und 13 U 71/08 Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte im Wege des Vorbehaltsurteils zur Zahlung von Nutzungsentschädigung i.H.v. monatlich 400 EUR beginnend ab September 2006 verurteilt, weil nur die Klageforderung, nicht aber die vor den Familiengerichten geltend zu machenden aufgerechneten Gegenansprüche wegen nachehelichen Unterhalts zur Entscheidung reif seien. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. mit der sie Aufhebung und Zurückverweisung an das LG, hilfsweise Abänderung und Abweisung der Klage beantragt. Sie meint, das LG habe zu Unrecht durch Vorbehaltsurteil entschieden, weil es für die einzige Voraussetzung der fehlenden Entscheidungsreife auf die Zuständigkeit/Rechtswegeröffnung für die Gegenforderung nicht ankomme. Zudem stellt sie klar, dass die Aufrechnung mit ihren Unterhaltsansprüchen lediglich hilfsweise erfolgt sei. Nachdem der Kläger seit Januar 2010 seine anteiligen Zahlungen auf die gesamtschuldnerischen Kreditverbindlichkeiten eingestellt hat, hat er seine Klage teilweise für den Zeitraum von Januar bis einschließlich August 2010 auf Zahlung des die Kreditbelastung von 721,88 EUR übersteigenden hälftigen Wohnvorteils auf 39,06 EUR beschränkt.

Nachdem die Beklagte den Anspruch des Klägers i.H.v. 39,06 EUR in der mündlichen Verhandlung vom 15.9.2010 teilweise anerkannt hat, beantragt sie,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in dem den anerkannten Betrag übersteigenden Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

8Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

II. Die gem. §§ 302 Abs. 3, 517, 519, 520 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg. Das AG hat zunächst zu Unrecht durch Vorbehaltsurteil entschieden (nachfolgend 1.), in der Sache selbst die Beklagte zwar dem Grunde nach zu Recht zur Zahlung einer Nutzungsvergütung für das von ihr allein genutzte Haus verurteilt, jedoch den Anspruch der Höhe nach fehlerhaft bemessen (nachfolgend 2.) und ihn in der ausgeurteilten Höhe im Übrigen zu Unrecht nicht zeitlich begrenzt (nachfolgend 3.).

1. Obgleich nur die Beklagte Berufung gegen das Urteil des LG eingelegt hatte, war der Senat nicht gehindert, über die vorbehaltene Gegenforderung, den Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt - in der Sache selbst zu entscheiden.

Allerdings gelangt bei zulässigem Vorbehaltsurteil nur der Prozessstoff, der Gegenstand des Vorbehaltsurteils war, hier der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 BGB, nicht auch der vorbehaltene Streitstoff über die Gegenforderung in die Berufungsinstanz. Das als solches bezeichnete Vorbehaltsurteil war hier jedoch bereits nicht zulässig, für eine auf den Gegenstand des Vorbehaltsurteils beschränkte Überprüfung mithin kein Raum gegeben. Die (hilfsweise) Aufrechnung mit zuständigkeitsfremden Forderungen ist entgegen den Erwägungen im angefochtenen Urteil nicht unzulässig, vgl. Musielak-Stadler, ZPO, 7. Aufl., § 145 Rz. 29. Das LG hat die für den Erlass eines Vorbehaltsurteils ...

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