Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.02.2018 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin - 6 O 37/17 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheits-leistung in Höhe von 30.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung wegen der Unterlassung Sicherheit in Höhe von 20.000 EUR und im Übrigen in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben und die Beklagte auf den Hauptantrag verurteilt, es unter Androhung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Wohnräume zur Miete unter der Angabe "provisionsfrei" anzubieten und/oder zu bewerben, sofern für die beworbenen Wohnräume bereits ein Vermittlungsauftrag seitens des Vermieters vorliege und sofern dies geschehe, wie aus der Anlage zu dem Urteil ersichtlich.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe der auf mehrere Aspekte der Irreführung gestützte, sich aber aus einem einheitlichen Streitgegenstand ergebende Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 5 UWG zu.

Die Werbung der Beklagten sei irreführend, weil hinsichtlich der Provisionsfreiheit betreffend Wohnräume zur Miete mit einer Selbstverständlichkeit geworben werde, da die Provisionsfreiheit auf gesetzlichen Vorschriften beruhe. Würden in der Werbung Eigenschaften einer Ware oder Leistung, die genuin zu ihrem Wesen gehörten oder gesetzlich vorgeschrieben seien, besonders betont, sei die Aussage trotz ihrer objektiven Richtigkeit als irreführend anzusehen, wenn der angesprochene Verkehrskreis das Selbstverständliche der Eigenschaft nicht kenne bzw. nicht erkenne und deshalb zu Unrecht von einem Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vor vergleichbaren anderen Angeboten ausgehe. Davon sei hier auszugehen, weil mit Einführung des sogenannten Bestellerprinzips durch das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung eine Provisionspflicht des Wohnungssuchenden nur noch dann gegeben sei, wenn er dem Makler einen eigenständigen Suchauftrag erteile und der Makler für den Kunden sodann nach außen suchend tätig werde. Im Gegensatz zum sonstigen Immobilienmaklerrecht, bei dem das Tätigwerden des Maklers für beide Seiten des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Hauptvertrages als weitgehend üblich angesehen werde, gelte nunmehr für das Wohnungsvermittlungsrecht ein Sonderrecht, das hinsichtlich des Entgeltverbots ein Vertragsverbot beinhalte. Dem Wohnungssuchenden könne keine Zahlungspflicht mehr auferlegt werden, wenn der Vermieter von sich aus einen Maklerauftrag erteilt habe oder an den Makler herangetreten sei (§ 2 Abs. 1 a des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung). Zusätzlich solle sichergestellt werden, dass die beim Vermieter anfallenden Kosten eines Maklers nicht auf den in der Verhandlungsposition wesentlich schwächeren Wohnungssuchenden abgewälzt werden. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung sei die Darstellung der Provisionsfreiheit für Wohnraummietsuchende eine Selbstverständlichkeit. Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich hier auch nicht daraus, dass dann, wenn der Makler einen eigenständigen Suchauftrag durch den Mietinteressenten erhalte, die Maklerleistungen nicht provisionsfrei seien (§ 2 Abs. 1 a des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung). Diese mögliche Provisionspflichtigkeit für Mietinteressenten von Wohnraum mache die werbliche Hervorhebung der Provisionsfreiheit nicht zulässig. Denn bei diesen nunmehr für den Mietinteressenten von Wohnraum noch provisionspflichtigen Geschäften handele es sich um enge Ausnahmefälle. Diese Ausnahmen rechtfertigten es jedoch nicht, den Regelfall mit Selbstverständlichkeiten zu bewerben. Vielmehr wäre es angezeigt, den Kunden bei Vorliegen eines Ausnahmefalles hierauf besonders aufmerksam zu machen. Auch wenn die in Rede stehende Gesetzesänderung erst im Jahr 2015 erfolgt sei, mache dies die besondere Hervorhebung der Provisionsfreiheit, wie hier geschehen, nicht zulässig. Zwar habe der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit Gesetzesänderungen zur Postulationsfähigkeit von Rechtsanwälten ausgeführt, dass der Umstand der nunmehrigen Zulassung der Rechtsanwälte bei allen Oberlandesgerichten in Deutschland keine den Verkehrskreisen allgemein bekannte Selbstverständlichkeit sei (BGH NJW 2013, 2671). Begründet habe er dies jedoch mit dem Informationsinteresse potentieller Mandanten aufgrund der diesbezüglichen wechselvollen gesetzlichen Regelungsgeschichte. Im vorliegenden Falle habe der Gesetzgeber hingegen durch eine Neuregelung eine maßgebliche Ent...

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