Tenor

1. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Neuruppin vom 22.12.2017, Az. 1 O 143/14, werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Neuruppin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

3. Der Berufungsstreitwert beträgt 91.046,74 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Haftung der Beklagten für die bei der Klägerin eingetretenen Folgen der Beißattacke eines zwischenzeitlich eingeschläferten Hundes.

Die damals 63jährige Klägerin wurde am ... 2013 auf dem Gelände des Beklagten zu 2 mehrfach in die Unterarme und den linken Unterschenkel gebissen, als die Beklagte zu 1 ihr das in ihrem Eigentum stehende Tier vorführte. Der Beklagten zu 1 war zuvor von der Stadt ... mit Bescheid vom 12.06.2013 die Haltung des Hundes, eines Rottweiler-Rüden, nach mehreren Beißattacken und einem negativ verlaufenen Wesenstest des Tieres untersagt worden; die Beklagte zu 1 hatte das Tier daraufhin bei dem Beklagten zu 2 in Pflege gegeben. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Grund- und Teilurteil des Landgerichts Neuruppin vom 22.12.2017 (Bl. 724 ff GA) Bezug genommen.

Die in der Hauptsache auf die Erstattung materieller Schäden, Leistung von Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden gerichtete Klage hatte im erstinstanzlich entschiedenen Umfang teilweise Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagten durch das angefochtene Grund- und Teilurteil unter Bestimmung einer Mitverschuldensquote der Klägerin von 1/3 verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 20.000 EUR zu zahlen und für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin aufzukommen; die weitergehenden Schadenersatzansprüche hat es unter Berücksichtigung der genannten Mitverschuldensquote für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Wegen der Begründung dieser Entscheidung wird ebenfalls gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf den Urteilsinhalt Bezug genommen.

Gegen das landgerichtliche Urteil richten sich die Berufungen der Parteien.

Die Klägerin wendet sich gegen die Einschätzung des Landgerichts, den eingetretenen Schaden mitverschuldet zu haben, und verlangt ein höheres, nicht unter 135.543,30 EUR liegendes, Schmerzensgeld. Sie rügt, die Zivilkammer habe den von ihr vorgetragenen und unter Beweis gestellten Sachverhalt nicht hinreichend zur Kenntnis genommen sowie gewürdigt. Sie habe das Tier vor der Beißattacke gerade nicht gekannt und sei von der Beklagten zu 1 über dessen Gefährlichkeit auch nicht aufgeklärt worden; im Gegenteil habe sich der Hund bei ihrer ersten Annäherung am Vortag des Angriffes unauffällig verhalten und sich sogar streicheln lassen; sie sei lediglich darüber informiert gewesen, dass der Beklagten zu 1 die Haltung untersagt worden sei.

Das Landgericht habe auch, so die Klägerin weiter, das ihr zustehende Schmerzensgeld erheblich zu niedrig bemessen; es habe dabei die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Vorhersehbarkeit, Bestimmbarkeit, Vergleichbarkeit und Angemessenheit von Schmerzensgeldzahlungen nicht beachtet, denen aber die von ihr gewählte Berechnungsmethode gerecht werde.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Klägerin habe für den bei ihr entstandenen Schaden, soweit bewiesen, wegen eines weit überwiegenden Eigenverschuldens selbst aufzukommen; sie habe sich nach den erstinstanzlichen Feststellungen bewusst und ohne zwingenden Grund in eine gefahrdrohende Situation begeben, die über die normale Tiergefahr hinausgegangen sei, mithin auf eigene Gefahr gehandelt; die Anhörung der Parteien und erstinstanzliche Vernehmung der bei dem Beklagten zu 2 angestellten Zeugin F... habe insbesondere ergeben, dass sie über die von dem Hund etwa aufgrund früherer Beißattacken ausgehenden Gefahren im Bilde war.

Die Beklagte zu 1 beruft sich ergänzend darauf, dass sie nach Übergabe des Tieres in die Obhut des Beklagten zu 2 nicht mehr als dessen Halterin im Sinne von § 833 BGB gelten könne; ihr sei die alleinige Bestimmungsmacht durch die Ordnungsverfügung vom 12.06.2013 entzogen und nach der Unterbringung des Hundes jedenfalls teilweise auf den Beklagten zu 2 übertragen worden, was sich etwa daran zeige, dass die Klägerin und sie von Mitarbeitern des Beklagten zu 2 über den Umgang mit dem Hund umfassend belehrt worden seien.

Der Beklagte zu 2 meint, er hafte nicht für den eingetretenen Schaden, da dieser entstanden sei, als die Beklagte zu 1 als Halterin die Herrschaftsgewalt über das Tier ausgeübt habe; auch habe er seine Verpflichtungen als Tierhüter durch ausreichende organisatorische Maßnahmen und Anweisungen erfüllt; so habe er der Beklagten zu 1 (u...

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