Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.02.2019; Aktenzeichen VIII ZR 277/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. Februar 2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 429/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 20.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die in die Liste nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale ... .

Die Beklagte ist gewerbliche Anbieterin von Luftbildaufnahmen. Sie vertreibt solche Aufnahmen auch gegenüber Verbrauchern, und zwar regelmäßig Aufnahmen der von diesen bewohnten Hausgrundstücken nebst Umgebung. Dabei verwendet sie das durch eine Drittfirma beim Überfliegen eines bestimmten Gebiets ohne Kenntnis und Auftragserteilung der Grundstücksbesitzer aufgenommene digitale Bildmaterial. Außendienstmitarbeiter der Beklagten ermitteln nach Vorliegen der Luftbildaufnahmen Namen und Anschrift von Anwohnern des betroffenen Gebiets und suchen diese ohne vorherige Kontaktaufnahme oder Bestellung an der Haustür auf, um ihnen die Anfertigung von Fotoabzügen anzubieten. Den Anwohnern werden kleinformatige Übersichtsbilder (sog. Rohkopien) vorgelegt, auf denen unter anderem das von ihnen bewohnte Hausgrundstück abgebildet ist. Entschließt sich ein Kunde zum Erwerb eines Fotos, wird im Kundengespräch der im späteren Abzug zu vergrößernde Ausschnitt festgelegt und manuell auf der Rohkopie eingezeichnet. Die Bestellung des Kunden erfolgt unter Verwendung eines von der Beklagten vorgefertigten Formulars, das Angaben zu Format, Rahmen, einer etwaigen Veredelung und ggf. vorzunehmenden Retuschen erlaubt. Das Formular enthält den Hinweis: "Sie können Ihre Vertragserklärung nicht widerrufen". Der durchschnittliche Preis für ein gerahmtes Foto liegt zwischen 300 und 400 EUR. Daneben bietet die Beklagte unter bestimmten, zwischen den Parteien streitigen Voraussetzungen, ungerahmte einfache Abzüge zum Preis von ca. 22 EUR an. Erklärt ein Kunde den Widerruf, behandelt die Beklagte diesen als Kündigung und rechnet den vereinbarten Preis abzüglich ersparter Aufwendungen von 9 EUR bis 11 EUR ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe Verbrauchern bei den außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Kaufverträgen gem. § 312g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht einzuräumen und diese gem. § 312d Abs. 1 i.V.m. Art. 246a EGBGB hierüber zu belehren, denn der Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB betreffend den Abschlusses von Verträgen über die Lieferung von Waren nach Kundespezifikation sei nicht erfüllt.

Nach erfolgloser Abmahnung der Beklagten durch Schreiben vom 13.10.2014 hat die Klägerin, gestützt auf Vorschriften des UKlaG und des UWG, Klage auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten erhoben.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, zukünftig zu unterlassen, in Bezug auf entgeltliche Verträge mit Verbrauchern über die Anfertigung von Fotovergrößerungen und/oder Fotoabzügen von bereits zuvor ohne Auftrag des betreffenden Kunden hergestellten Luftbildaufnahmen in digitaler und/oder verkörperter Form, welche außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden,

a) Verbrauchern kein Widerrufsrecht einzuräumen und/oder

b) Verbraucher nicht über ihr gesetzliches Widerrufsrecht und dessen Folgen zu belehren,

c) Verbrauchern gegenüber mitzuteilen, für diese Vertragsart bestünde kein gesetzliches Widerrufsrecht,

insbesondere wenn dies so geschieht, wie in den Anlagekonvoluten K 2 und K 3 (Anlage zum Urteil) wiedergegeben;

2. an sie 200 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (14.01.2015) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihr falle kein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche oder verbraucherschützende Normen zur Last, denn den von ihr kontaktierten Verbrauchern stehe kein Widerrufsrecht zu, weil die Luftbildaufnahmen auf Bestellung des Kunden nach dessen besonderen Wünschen angefertigt würden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der gem. § 4 UKlaG, § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugten Klägerin stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach § 2 UKlaG, § 312g Abs. 1 BGB sowie nach §§ 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu. Die Beklagte verstoße durch den in ihren Vertragsformularen aufgenommenen Hinweis, da...

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