Entscheidungsstichwort (Thema)

Trennungsunterhalt: Berechnung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Abzugsfähigkeit von Kindesunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat eine Beklagte vor der Trennung den beruflichen Werdegang des Klägers und seine Bemühungen um Arbeit hingenommen, kann nach der Trennung nicht angenommen werden, dass er es leichtfertig unterlassen hat, höhere Einkünfte zu erzielen.

2. War ein Kind der Parteien zu Beginn des Unterhaltszeitraums bereits 16 Jahre alt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass infolge der Betreuung dieses Kindes keine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann.

3. Bei Krankengeld und vom Rentenversicherungsträger gezahlten Übergangsgeld handelt es sich um unterhaltsrechtlich bedeutsames Einkommen.

4. § 1609 BGB beschränkt sich auf die Regelung der Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter, betrifft also die Leistungsfähigkeit, hat aber auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs keine Auswirkungen.

5. Die Vorschrift des § 1578b Abs. 1, 2 BGB gilt nach ihrer systematischen Stellung nur für den nachehelichen Unterhalt, nicht jedoch für den Trennungsunterhalt.

 

Normenkette

BGB §§ 1578b, 1360a Abs. 3, § 1361 Abs. 4 S. 3, § 1603 Abs. 2 S. 2, § 1613

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Urteil vom 26.02.2008)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.2.2008 verkündete Urteil des AG Strausberg abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlichen Trennungsunterhalt wie folgt, den zukünftigen jeweils bis zum 5. eines jeden Monats, zu zahlen:

  • 254,82 EUR für die Monate Oktober 2006 bis Februar 2007
  • 274,82 EUR für die Monate März bis Dezember 2007,
  • 234 EUR für die Monate Januar bis Juni 2008,
  • 44 EUR für die Monate Juli bis September 2008,
  • 285 EUR ab Oktober 2008.

zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 474,82 EUR seit dem 1.10.2006, 1.11.2006, 1.12.2006, 1.1.2007, 1.2.2007 und 1.3.2007 bis zum 28.2.2008 und aus 1.548,92 EUR seit dem 1.3.2007.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 24 % und der Beklagten zu 76 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Der Kläger verlangt von seiner Ehefrau, der Beklagten, Trennungsunterhalt ab Oktober 2006.

Die Parteien haben am 9.8.1986 geheiratet. Aus der Ehe sind die Söhne S., geboren am ... 8.1987, und B., geboren am ... 4.1990, hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte im August bzw. September 2006. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig.

Der Sohn S. absolviert auswärts eine Ausbildung. B., der die Schule besucht, lebt noch bei der Beklagten. Durch Jugendamtsurkunde vom 6.9.2006 verpflichtete sich der Kläger, für B. monatlichen Unterhalt i.H.v. 138,6 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe nach § 2 RegelbetragVO unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein Zweitkind zu zahlen. Den Unterhalt für den volljährigen Sohn S. ließen sich die Parteien vom Jugendamt berechnen. Danach entfällt auf die Beklagte eine monatliche Unterhaltspflicht von 513,02 EUR, auf den Kläger eine solche von 50 EUR.

Die Beklagte litt an Nierenkrebs. Im September 2006 ist ihr eine Niere vollständig entfernt worden. Seither ist sie schwerbehindert mit einem GdB von 60.

Durch das angefochtene Urteil hat das AG die Beklagte verurteilt, an den Kläger Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:

  • 1.100 EUR insgesamt für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007,
  • monatlich 200 EUR ab März 2007.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:

Während sein Einkommen unstreitig sei, habe das AG das Einkommen der Beklagten unzutreffend ermittelt. Das Krankengeld, das die Beklagte in der Zeit von Oktober 2006 bis Januar 2007 erhalten habe, habe keinen Eingang in die Berechnung des AG gefunden.

Ein Betreuungsbonus für den 17-jährigen Sohn B. sei rechtlich nicht begründet. Ein Abzug des Unterhalts für den volljährigen Sohn S. vom Einkommen der Beklagten sei mit Rücksicht darauf, dass dieser Unterhaltsanspruch gegenüber seinem, des Klägers, Unterhaltsanspruch nachrangig sei, nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab März 2007 monatlichen Trennungsunterhalt von 474,82 EUR und für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007 Trennungsunterhalt i.H.v. insgesamt 2.374,10 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 474,82 EUR seit dem 1.10.2006, 1.11.2006, 1.12.2006, 1.1.2007, 1.2.2007 und 1.3.2007 zu zahlen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Parteien haben den Rechtsstreit für Oktober 2006 bis Februar 2007 i.H.v. 220 EUR monatlich und für März 2007 bis September 2008 i.H.v. 200 EUR monatlich in der ...

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