Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt: Zurechnung fiktiven Einkommens. Zumutbarkeit der Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Kindesunterhalt: Zurechnung eines fiktiven Einkommens bei schwierigem beruflichen Werdegang; Zumutbarkeit der Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2; InsO § 17 Abs. 2 S. 1; ZPO § 654 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen 52 F 247/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.10.2007 verkündete Urteil des AG Neuruppin - Az. 52 F 247/06 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Das Urteil des AG Neuruppin vom 12.7.2006 - Az. 52 F 182/05 - wird hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung (Ziff. 2. dieses Urteils) teilweise dahin abgeändert, dass der (hiesige) Kläger in der Zeit von der Geburt des (hiesigen) Beklagten am ... Juni 2004 bis zum 31.12.2006 zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht verpflichtet ist, von Januar 2007 bis einschließlich Juni 2007 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 97,30 EUR und seit Juli 2007 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersgruppe gem. § 2 der Regelbetragsverordnung abzgl. des anrechenbaren Kindergeldanteils für ein erstes Kind, monatlich im voraus, zahlbar an den (hiesigen) Beklagten zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zum 1. eines jeden Monats, die rückständigen Beträge sofort, zu zahlen hat.

Im Übrigen wird die Korrekturklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 18 % und der Beklagte zu 82 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 37 % und der Beklagte zu 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz wird in Abänderung des Beschlusses des AG Neuruppin vom 6.11.2007 auf 6.821 EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 2.513 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Kindesunterhalt. Der Kläger ist gemäß Feststellungsurteil des AG Neuruppin vom 12.7.2006 - Az. 52 F 182/05 - der Vater des am ... Juni 2004 geborenen Beklagten. Mit demselben - am 25.8.2006 rechtskräftig gewordenen - Urteil wurde der Kläger verurteilt, für den Beklagten beginnend ab der Geburt Kindesunterhalt im Umfang von 100 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersgruppe nach § 2 der Regelbedarfsverordnung abzgl. des anrechenbaren Kindergeldanteils zu zahlen.

Mit der am 22.8.2006 eingegangenen Klage hat der Kläger mit der Behauptung der Leistungsunfähigkeit die Abänderung dieses Unterhaltstitels dahin begehrt, dass er zur Zahlung von Kindesunterhalt für den Beklagten nicht verpflichtet ist.

Der Beklagte hat gemeint, der Kläger könne bei Ausnutzung der ihm abzuverlangenden gesteigerten Erwerbsbemühungen ein die Zahlung des Regelunterhalts ermöglichendes Einkommen erzielen.

Das AG hat mit Urteil vom 24.10.2007 unter Klageabweisung im Übrigen das Urteil vom 12.7.2006 dahin abgeändert, dass der Kläger von der Geburt des Beklagten an bis zum 12.7.2006 nicht zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet ist. Vor Erlass des Urteils vom 12.7.2006 sei keine Obliegenheitsverletzung festzustellen, weil eine Unterhaltsverpflichtung bis zu diesem Zeitpunkt nicht festgestanden habe. Im Übrigen aber sei der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der gesteigerten Erwerbspflichten nicht vollständig nachgekommen. Nach Erlass des Feststellungsurteils wäre der Kläger bei Wahrung der gesteigerten Erwerbsbemühungen in der Lage gewesen, ein Nettoeinkommen zu erzielen, das ihm die Zahlung des titulierten Regelunterhalts ermöglicht hätte. So würden etwa ungelernte Hilfskräfte auf dem Bau über 10 EUR brutto verdienen können, so dass der Kläger über 1.200 EUR netto monatlich hätte erzielen können.

Gegen dieses ihm am 5.11.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 5.12.2007 eingegangenen Schriftsatz Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens mit dem Ziel der Abänderung des ursprünglichen Unterhaltstitels vom 12.7.2006 dahin, dass er auch für die Zeit ab dem 13.7.2006 zu Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet ist. Hierzu wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus erster Instanz zur Leistungsunfähigkeit; er trägt insbesondere zur Ausgestaltung seines seit Januar 2007 bestehenden Arbeitsverhältnisses und zu den von ihm weiterhin zu bedienenden Verbindlichkeiten weiter vor.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil teilweise dahin abzuändern, dass das Urteil des AG Neuruppin vom 12.7.2006 - Az. 52 F 182/05 - teilweise dahin abgeändert wird, dass der Kläger auch für die Zeit ab dem 13.7.2006 und damit insgesamt zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht verpflichtet ist.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung für den Zeitraum ab dem 13.7.2006 mit näherer Darlegung. Im Wege der am 4.11.2008 eingegan...

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