Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbswidriges Verhalten bei Abwerbung von Arbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine bewusste und planmäßige Anwerbung von Arbeitnehmern eines Unternehmens ist erlaubt, wenn die Arbeitnehmer zu einer ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses veranlasst werden sollen. Das Abwerben von Beschäftigten ist nur dann unlauter, wenn Arbeitnehmer zum Vertragsbruch durch fristlose Kündigungen oder zu einem Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot verleitet werden sollen.

2. Das Abwerben von fünf Leiharbeitern bei einem Unternehmen, das insgesamt 100 bis 200 Beschäftigte hat, begründet nicht die Annahme, dass die Abwerbung in der Absicht der Mitbewerberbehinderung erfolgt ist.

3. Der neue Arbeitgeber haftet nicht für Zuwiderhandlungen, die der Mitarbeiter in seinem früheren Unternehmen begangen hat.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 2; BGB §§ 823, 831

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen 6 O 64/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.2.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Neuruppin - 6 O 64/04 - abgeändert und neu gefasst.

Die Beklagte bleibt gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt, es zu unterlassen, von der Klägerin vorformulierte Angebotsschreiben zum Zwecke des Wettbewerbs gegenüber Kunden zu benutzen.

Das unter Ziffer 3 des angefochtenen Urteils tenorierte Grundurteil wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen, soweit ihr im Tenor des angefochtenen Urteils zu 1., 2. und 4. entsprochen worden ist.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG Neuruppin hat mit dem am 15.2.2006 verkündeten Teil- und Grundurteil der Klage teilweise stattgegeben.

Es hat dem Klageantrag zu 1.b, c, d (Unterlassungsanträge) stattgegeben (Tenor zu 1.)

Den Unterlassungsantrag zu Ziffer 1.a hat es abgewiesen.

Weiter hat das LG dem Klageantrag zu 2. (Auskunftsantrag) stattgegeben, soweit er dem Unterlassungsantrag im Tenor zu 1. des angefochtenen Urteils entspricht (Tenor zu 2.).

Ferner hat es dem Klageantrag zu 3. (Feststellungsantrag) teilweise stattgegeben, soweit dieser sich auf den Ersatz von Schäden bezieht, welche über den geltend gemachten entgangenen Gewinn und den verlangten Vermittlungsaufwand hinausgehen (Tenor zu 4.).

Die Klage im Antrag zu 4. hat das LG abgewiesen.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 5. und des Hilfsantrages hat das LG ein Grundurteil erlassen (Tenor zu 3.).

Dem Klageantrag zu Ziffer 6. (Unterlassungsantrag) hat das LG aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten entsprochen (Tenor zu 5.).

Der Rechtsstreit ist weiterhin in erster Instanz anhängig betreffend den Schadensersatzanspruch der Höhe nach (Klageantrag zu 5. und Hilfsantrag).

Das LG ist nach durchgeführter Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass das Ehepaar H und A.S. fünf Mitarbeiter der Klägerin für die Beklagte durch wettbewerbswidrige Handlungen abgeworben habe Es habe sich um eine planmäßige Abwerbung gehandelt mit dem Zweck der ernsthaften Beeinträchtigung der Klägerin. Das Vorgehen stelle sich als wettbewerbliche Kampfmaßnahme dar. Bei den fünf abgeworbenen Arbeitnehmern handele es sich um fünf Mitarbeiter des so genannten "Q,-Teams", nämlich die Zeugen B., P., B., E. und S. Die genannten Zeugen sollen die Kündigungen ihres Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin mit Wissen und Wollen der Beklagten vorgenommen haben, wobei die Beklagte sich der Eheleute S. bedient haben soll. Der Beklagten sei es dabei darauf angekommen, sämtliche Mitarbeiter dieses "Q.-Teams" für sich zu gewinnen, um künftig statt der Klägerin für eben dieses Unternehmen deren Warenlager in Oranienburg zu verwalten, in welchem die abgeworbenen Arbeitnehmer im Wege der Überlassung weiter eingesetzt werden sollten. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Kündigung bestehender Arbeitsverhältnisse (Tenor zu 1.). Aufgrund des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten stehe der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 9 UWG zu (Tenor zu 3 und 4.). Zur Ermittlung des Schadensersatzanspruches der Höhe nach stehe der Klägerin ein Anspruch auf entsprechende Auskunft gegen die Beklagte zu (Tenor zu 2.).

Hinsichtlich der Benutzung der von der Klägerin vorformulierten Angebotsschreiben durch die Beklagte zum Zwecke des Wettbewerbes gegenüber Kunden der erstgenannten sei die Beklagte aufgrund ihres Anerkenntnisses zu verurteilen (Tenor zu 5.).

Gegen dieses ihr am 13.3.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.3.2006 bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie innerhalb verlängerter Frist ...

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