Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsregelung: Voraussetzung eines Umgangsrechts der Großeltern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Umgangsrecht der Großeltern nach § 1685 BGB hängt davon ab, dass die Großeltern den grundsätzlichen Erziehungsvorrang des sorgeberechtigten Elternteils respektieren. Dies gilt auch dann, wenn dem Elternteil das Sorgerecht ganz oder - wie im vorliegenden Fall - in weiten Teilen entzogen worden ist.

2. Untersagt ein Elternteil den Umgang mit den Großeltern aus nachvollziehbaren Gründen, ist es Sache der Großeltern schlüssig darzutun und notfalls zu beweisen, dass der gleichwohl beantragte Umgang dem Wohl des Kindes dient.

 

Normenkette

BGB § 1685

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 12.11.2009; Aktenzeichen 32 F 92/09)

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers und Beteiligten zu 1. vom 30.12.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

2. Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 30.12.2009 gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 12.11.2009 wird verworfen.

3. Der Antrag der Beteiligten zu 3. vom 30.12.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen. Weder hat der Antragsteller innerhalb der ihm durch den Senat gesetzten Frist die Erklärung zur Prozesskostenhilfe eingereicht (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO), noch besteht in der Sache für seine befristete Beschwerde Erfolg (§§ 114, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen ihm ein Umgangsrecht versagt und dem insoweit durch ihn gestellten Antrag nicht entsprochen. Umgangskontakte zu seiner Enkeltochter L. W. können derzeit in keiner Weise befürwortet werden.

a. Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Enkelkind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Es muss daher positiv festgestellt werden, dass die Gewährung des Umganges dem Kindeswohl förderlich ist. Anders als im Falle der Kindeseltern, denen im Grundsatz stets ein Umgangsrecht gem. § 1684 Abs. 1 BGB mit ihrem Kind zusteht, bestehen Umgangsrechte der Großeltern nur unter einschränkenden Voraussetzungen.

b. Im Widerspruch zu der Förderung des Kindeswohls bei Umgangsgewährung mit dem Beteiligten zu 1. steht es bereits, dass dieser seit Jahren mit der Kindesmutter der L. zerstritten ist.

Die Mutter von L. widersetzt sich seit Jahren einer Umgangsgewährung zugunsten der Kindesgroßeltern. Sie hat bereits Strafverfahren insbesondere wegen des Verdachts der Entziehung Minderjähriger gegen die Großeltern eingeleitet. Auf Grund eines insoweit bestehenden Verdachts ist zudem ihre Adresse in den laufenden Verfahren den Großeltern nicht mitzuteilen; es ist ihr ein Sperrvermerk bewilligt worden.

Schon das zerstörte persönliche Verhältnis zwischen den Eltern und Großeltern des betroffenen Kindes führt im Allgemeinen dazu, dass jedenfalls erhebliche Bedenken an einer Förderung des Kindeswohls bei Gewährung von Umgangskontakten zwischen Kind und Großelternteil bestehen. Das Umgangsrecht der Großeltern ist als ein treuhänderisches und dienendes Recht zu charakterisieren (BVerfG FamRZ 1991, 913). Es hängt davon ab, dass die Großeltern den Erziehungsvorrang des sorgeberechtigten Elternteils respektieren (OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 2303; OLG Hamm, FamRZ 2000, 1601). Der Umgang von Großeltern mit dem Enkel schadet dem Kind, wenn die Großeltern ein Elternteil der Enkel für erziehungsunfähig halten, diese Überzeugung auch nach außen vertreten und wenn diese Zerstrittenheit der Beteiligten nicht durch eine Therapiemaßnahme zum Abbau der Beziehungsstörung auf der Erwachsenenebene bereinigt wird (OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 915; vgl. auch OLG Dresden FamRZ 2010, 310 - Langtext). Die Anwendung dieser Grundsätze ist aber nicht davon abhängig, dass der Elternteil das (uneingeschränkte) Sorgerecht für das betroffene Kind besitzt. Sie gelten auch dann, wenn dem Elternteil das Sorgerecht ganz oder - wie im vorliegenden Fall - in weiten Teilen entzogen worden ist. Denn es kommt nicht wesentlich auf die Inhaberschaft am Sorgerecht, sondern vielmehr darauf an, ob die Ausübung des Umgangs mit den Großeltern das betroffene Kind in massive Loyalitätskonflikte zu seinen Eltern bzw. einem Elternteil stürzen würde (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Dies ist aber angesichts der Verweigerungshaltung der Kindesmutter, in deren Haushalt sich L. seit längerem mit Einverständnis des die Vormundschaft führenden Jugendamtes wieder befindet, unschwer zu erwarten. Diese Verweigerungshaltung besteht angesichts des Verhaltens der Großeltern, die zumindest versucht haben, die Enkeltochter der Kindesmutter vorzuenthalten, auch nicht ohne Grund.

Untersagt der Elternteil den Umgang aus nachvollziehbaren Gründen, ist es folglich Sache der Großeltern schlüssig darzutun und notfalls zu beweisen, dass der gleichwohl beantragte Umgang dem Wohl des Kindes dient (OLG Naumburg, FamRZ 2008, 915). Daran fehlt es hier erkennba...

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