Verfahrensgang

AG Potsdam (Entscheidung vom 01.09.2020; Aktenzeichen 82 OWi 453 Js-OWi 28895/18 (331/18)

 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 01. September 2020 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass das Fahrverbot auf einen Monat herabgesetzt wird. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein des Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch vier Monate nach Erlass dieses Beschlusses.

2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 01. September 2020 wird gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.

3. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Potsdam hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 63 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 880,00 € verurteilt und ein Fahrverbot von zwei Monaten Dauer unter der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG verhängt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung sachlichen und formellen Rechts rügt.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat einen geringen Teilerfolg und führt zur Änderung des Rechtsfolgenausspruchs.

1. Hinsichtlich des Schuldspruchs hält die angefochtene Entscheidung einer Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht stand. Die Feststellungen zur Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung waren bereits durch Senatsentscheidung vom 25. Februar 2020 ((1 B) 53 Ss-OWi 572/19 (395/19)) in Rechtskraft erwachsen.

Insbesondere begegnet die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handelt vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kannte und bewusst dagegen verstoßen hat. Der Grad der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein, wobei es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit ankommt. Die Annahme vorsätzlicher Begehung ist vorliegend aufgrund der festgestellten Örtlichkeiten im Messbereich (Baustelle, Geschwindigkeitstrichter, Überholvorgang) und der Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 60 % nicht zu beanstanden.

Die Rechtsbeschwerde war deshalb insoweit nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, wobei der Senat umfassend auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 01. Dezember 2020 Bezug nimmt. Das Gegenvorbringen des Betroffenen mit Verteidigerschriftsatz vom 18. Dezember 2020 führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Soweit der Betroffene hier (erstmals) behauptet, entgegen der Urteilsgründe sei ein Hinweis des Gerichts auf eine mögliche vorsätzliche Begehungsweise nicht erteilt worden, hätte dies für die Berücksichtigung dieses Vortrags der Erhebung einer zulässigen, insbesondere fristgerecht erhobenen, Verfahrensrüge bedurft, wovon vorliegend nicht auszugehen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 28. Juni 2017 - 2 Ss (OWi) 146/17 -). Der Betroffene geht fehl, wenn er meint, beim Unterlassen dieses rechtlichen Hinweises sei eine Verletzung sachlichen Rechts gegeben.

2. Der Rechtsfolgenausspruch konnte auf die Sachrüge hin indes teilweise keinen Bestand haben.

a) Die Verdopplung der Regelgeldbuße, die sich zwanglos aus der rechtsfehlerfrei festgestellten vorsätzlichen Begehungsweise ergibt, erweist sich frei von Rechtsfehlern und wird darüber hinaus nicht angefochten.

b) Indes hält der Ausspruch über das zweimonatige Fahrverbot rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Zwar entspricht das zweimonatige Fahrverbot den Bestimmungen der BußgeldkatalogVO, die für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 63 km/h außerorts eine solche Dauer vorsieht. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Verfügung vom 01. Dezember 2020 hierzu wie folgt ausgeführt:

"Allerdings erweist sich die erforderliche Abwägung aller für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände als lückenhaft, weil sich das Amtsgericht mit dem Umstand, dass seit Begehung der Geschwindigkeitsüberschreitung bis zum Zeitpunkt der Verurteilung ein Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten vergangen ist, nicht genügend auseinandergesetzt. Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (BVerfGE 27, 36,42). Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden seiner Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist (vgl. KG StraFo 2007, 518 m. w. N.). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein ...

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