Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriterien bei der Kostenquotelung nach teilweisem Unterliegen im Unterhaltsprozess. Berücksichtigung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs bei der Kostenregelung gem. §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist im Unterhaltsprozess wegen teilweisen Unterliegens eine Kostenquotelung vorzunehmen, ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht, wobei ein Anhaltspunkt für den wirtschaftlichen Wert der 3 ½-fache Jahreswert, also 42 Monate, nach § 9 ZPO darstellt.

2. Ist gem. §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu befinden, kann der Inhalt eines abgeschlossenen Vergleichs und der Umfang des wechselseitigen Nachgebens mit berücksichtigt werden.

 

Normenkette

ZPO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 26.05.2005; Aktenzeichen 5.2 F 611/03)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird, soweit es die Auferlegung von Kosten betrifft, abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs und der Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 601 EUR und 900 EUR festgesetzt.

Dem Kläger wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Neumann in Frankfurt/O. beigeordnet.

 

Gründe

I. Durch den angefochtenen Beschluss vom 26.5.2005 hat das AG die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 65 % und der Beklagten zu 35 % auferlegt. Ferner hat es den Streitwert unter Abänderung seines Beschlusses vom 8.12.2004 auf 2.400 EUR festgesetzt. Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Kläger sowohl gegen die im angefochtenen Beschluss getroffene Kostenentscheidung als auch gegen die Streitwertfestsetzung. Durch Beschluss vom 18.8.2005 hat das AG den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert, dass es den Streitwert ab Klageeinreichung auf 1.908 EUR und ab 29.11.2004 auf 2.400 EUR festgesetzt hat. Angesichts dessen liegt, soweit es die Streitwertbeschwerde betrifft, eine Abhilfeentscheidung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 1 GKG in der seit dem 1.7.2005 geltenden Fassung, die wegen der Rechtsmitteleinlegung nach diesem Zeitpunkt Anwendung findet, vor. Einer Entscheidung des Beschwerdegerichts bedarf es daher nur noch hinsichtlich des Rechtsmittels gegen die Kostenentscheidung. Insoweit hat das AG eine Entscheidung darüber, ob es der Beschwerde abhelfen werde, nicht getroffen. Obwohl dies nach § 572 Abs. 1 ZPO bei jeder sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO, also auch derjenigen gegen die Kostengrundentscheidung, grundsätzlich erforderlich ist, abgesehen vom hier nicht gegebenen Sonderfall, dass die Kostenentscheidung durch Urteil getroffen worden ist, §§ 572 Abs. 1 Satz 2, 318 ZPO (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 572 Rz. 3), wird zur Vermeidung von Verzögerungen ausnahmsweise davon abgesehen, nunmehr noch eine Entscheidung des AG über die Abhilfe auch des Rechtsmittels gegen die Kostenentscheidung herbeizuführen.

II. Da die Streitwertbeschwerde, wie ausgeführt, dem Senat infolge der Abhilfeentscheidung des AG vom 18.8.2005 nicht angefallen ist, wird nur vorsorglich folgender Hinweis gegeben. Das AG hat den Streitwert nach Zeitabschnitten differenziert festgesetzt. Eine solche gesonderte Wertfestsetzung kommt in Betracht, soweit bestimmte Gebühren nur auf den einen oder anderen Streitwert angefallen sind (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 620). Ob ein solcher Fall hier gegeben ist, erscheint fraglich. Das AG hat einen höheren Wert mit Einreichung der Klageerweiterung am 29.11.2004 angenommen. Diese Klageerweiterung führt dazu, dass die gerichtliche Verfahrensgebühr nach dem höheren Wert abzurechnen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., KV 1210 Rz. 14). Die Anwaltsgebühren, die sich mit Rücksicht darauf, dass die Klage vor dem 1.7.2004 eingereicht wurde, nach der BRAGO bestimmen, haben sich infolge der Klageerweiterung ebenfalls erhöht. Dies gilt sowohl für die Prozessgebühr, die auf den höheren Wert angefallen ist (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 620 Variante b) als auch für die Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO, die durch die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem AG vom 8.12.2004, also nach Klageeinreichung, entstanden ist. Die Verhandlungsgebühr, die durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 7.7.2004 auf den niedrigeren Wert angefallen ist, ist mit Rücksicht auf die Anrechungsvorschrift in § 31 Abs. 2 BRAGO ohne Belang.

III. Die nach § 91a Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung des AG führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs sind gegeneinander aufzuheben, § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Streit der Parteien über die Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 21.5.1996 hat durch einen vor dem AG am 8.12.2004 geschlossenen Vergleich seinen Abschluss gef...

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