Leitsatz (amtlich)

Eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kommt im isolierten PKH-Verfahren nicht in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 269

 

Verfahrensgang

AG Prenzlau (Beschluss vom 05.08.2008; Aktenzeichen 7 F 97/08)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird, soweit durch ihn eine Kostenentscheidung getroffen worden ist, aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Gründe

Die gem. § 269 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das AG nach Klagerücknahme eine Kostenentscheidung getroffen. Denn der beabsichtigte Prozess ist über das Prozesskostenhilfeverfahren nicht hinausgekommen.

1. Zutreffend ist das AG allerdings davon ausgegangen, dass eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ungeachtet des Umstands in Betracht kommt, dass die Klage noch nicht zugestellt worden ist. Dies hat der Gesetzgeber durch Anfügung des letzten Halbsatzes in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24.8.2004 (BGBl. I., S. 2198) klargestellt. Dieser Grundsatz galt allerdings auch schon auf Grund der Neufassung von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl. I., S. 1887, geändert S. 3138). Unter den Kosten des Rechtsstreits sind in diesem Fall diejenigen Kosten zu verstehen, die im Falle der Rücknahme der Klage nach deren Zustellung erstattungsfähig gewesen wären (BGH, NJW 2006, 775).

2. Anders liegt es aber, wenn, wie vorliegend, die Klage deshalb noch nicht zugestellt worden ist, weil sich der beabsichtigte Prozess noch im Prozesskostenhilfeverfahren befindet. Im Prozesskostenhilfeverfahren entstehen Gerichtskosten nämlich nicht und außergerichtliche Kosten sind dem Gegner gem. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht zu erstatten (BGH, FamRZ 2005, 794). Der Grundsatz, dass dem Gegner die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten nicht zu erstattet sind, gilt in entsprechender Anwendung von § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO auch für eine Kostenerstattung des Antragstellers (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 118 Rz. 27). Das ergibt sich zum einen aus § 127 Abs. 4 ZPO, wonach alle Beteiligten Kosten des Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahrens einander nicht zu erstatten haben. Zum anderen folgt dies aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, nach dem die mit Prozesskostenhilfe prozessierende Partei nicht besser behandelt werden darf als der Gegner, dem nach § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren entstandene Kosten nicht erstattet werden (OLG Hamm FamRZ 2005, 1185; vgl. auch OLG Braunschweig FamRZ 2005, 1263 sowie OLG Zweibrücken, OLGReport Zweibrücken 2002, 136).

3. Zu Unrecht ist das AG davon ausgegangen, dass vorliegend bereits eine unbedingte Klage eingereicht war, also ein isoliertes Prozesskostenhilfeverfahren nicht vorgelegen hat.

Ein als Klage bezeichneter Schriftsatz kann zunächst als ein Antrag nur auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemeint sein. Dafür ist erforderlich, dass klargestellt wird, eine Klageerhebung sei noch nicht beabsichtigt bzw. der Klageantrag werde nur unter der Bedingung gestellt, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird (BGH FamRZ 1996, 1142; FamRZ 2005, 794). Die Klarstellung kann dadurch erfolgen, dass dem Schriftsatz, mit dem Prozesskostenhilfe beantragt wird, eine als Entwurf bezeichnete Klageschrift beigefügt ist, die möglichst nicht unterzeichnet ist, oder, wenn beide Anträge in dem selben Schriftsatz gestellt werden, die Erklärung, dass über das Prozesskostenhilfegesuch vorab entschieden werden soll bzw. dass die Klageschrift dem Gegner erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugestellt werden soll bzw. dass Bedingung oder Voraussetzung für die Klageerhebung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei (OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1999; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVer-/Gutjahr, § 1 Rz. 147 m.w.N.).

Vorliegend hat der Kläger allerdings neben einem als "Antrag auf Prozesskostenhilfe" bezeichneten Schriftsatz auch eine unterzeichnete Klageschrift eingereicht. Dies allein könnte für die vom AG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 28.8.2008 vertretene Auffassung sprechen, eine unbedingte Klageerhebung liege vor. Dabei hat das AG aber nicht beachtet, dass in dem Antrag auf Prozesskostenhilfe davon die Rede ist, die beabsichtigte Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg und sei auch nicht mutwillig, weshalb auf die anliegende Klageschrift verwiesen werde. Damit hat der Kläger deutlich zu erkennen gegeben, dass eine Klage erst beabsichtigt sei, dass also vorab über sein Prozesskostenhilfegesuch befunden werden solle. Demnach ist zunächst nur ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig geworden. Daran hat sich, da die Klage niemals zugestellt worden ist, bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung nichts geändert. Die Anordnung einer Kostentragung kommt somit im Hinblick auf § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht in Betracht.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahr...

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