Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgang: Recht eines Vaters zum Umgang mit seiner Tochter trotz einer Weigerungshaltung des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umgang mit dem von der Ausübung der persönlichen Obhut ausgeschlossenen abwesenden Elternteil entspricht in aller Regel dem Wohl des Kindes.

2. Wächst ein Kind bei der Mutter auf, benötigt es zum Aufbau einer gesunden Entwicklung gerade auch den Vater als männliche Bezugsperson. Der Wille eines betroffenen Kindes allein vermag die besonders einschneidende Maßnahme des Umgangsausschlusses regelmäßig nicht zu rechtfertigen.

3. Ist der Umgang wegen fehlender Fähigkeit undl/oder Bereitschaft der Kindesmutter, die von ihr unbeeinflusst und unkontrollierte Entwicklung einer tragfähigen Beziehung zwischen Vater und Tochter zuzulassen, gescheitert, muss eine lange Kontaktunterbrechung schnellstmöglich beendet werden, um die fortschreitende Entfremdung zwischen Kindesvater und Kind aufzuhalten und mit der notwendigen Behutsamkeit wieder persönlichen Kontakt zwischen Vater und Tochter anzubahnen.

 

Normenkette

BGB § 1626 Abs. 3 S. 1, §§ 1666, 1684 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 1; GG Art. 6 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 16.07.2008; Aktenzeichen 21 F 70/07)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 16.7.2008 - Az. 21 F 70/07 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Der Antrag der Kindesmutter auf (befristeten) Ausschluss des Umgangsrechts des Kindesvaters mit seiner Tochter L. wird zurückgewiesen.

II.1. Der Kindesvater hat das Recht, beginnend ab dem 20.7.2009 das Kind L. wöchentlich am Montag in der Zeit zwischen 13.00 und 17.00 Uhr für die Dauer von bis zu zwei Stunden - ab Wiederaufnahme der Umgangskontakte für acht Begegnungen zunächst im Beisein einer kinderpsychologisch geschulten Aufsichtsperson - zu sehen.

2. Die Aufsichtsperson ist vom Ergänzungspfleger auszuwählen. Die für die Aufsichtsperson entstehenden notwendigen Kosten sind als Aufwendungen des Ergänzungspflegers nach den gesetzlichen Vergütungsvorschriften zu erstatten.

3. Die genaue Uhrzeit, die Dauer und den Ort des Umgangs hat der Ergänzungspfleger im Einvernehmen mit dem Vater unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der für die Vorbereitung des Kindes auf die Begegnung mit dem Vater benötigten Zeit zu bestimmen.

4. Das Umgangsrecht besteht grundsätzlich auch, wenn L. erkrankt ist, es sei denn sie ist transportunfähig erkrankt. Eine Erkrankung der Tochter mit Transportunfähigkeit hat die Kindesmutter unverzüglich nach deren Eintritt dem Vater schriftlich und nötigenfalls vorab telefonisch unter Angabe der behandelnden Ärzte bekannt zu geben und außerdem mit ärztlichem Attest, aus dem sich Art und Dauer der Erkrankung und der darauf beruhenden Transportunfähigkeit ergeben, nachzuweisen. Der Vater ist berechtigt, sich mit den behandelnden Ärzten in Verbindung zu setzen und umfassende Auskünfte zu verlangen.

5. Fällt ein Umgangstermin wegen einer solcherart nachgewiesenen Erkrankung des Kindes oder sonstiger vom Vater nicht veranlasster Gründe aus, so findet der Umgang ersatzweise am nachfolgenden Sonnabend zwischen 13:00 und 17:00 Uhr statt. Der reguläre Umgangskontakt am Montag einer jeden Woche bleibt davon unberührt.

6. Beiden Eltern wird aufgegeben, vor dem ersten Besuchskontakt jeweils ein Vorgespräch mit dem Ergänzungspfleger zu führen.

III.1. Der Kindesmutter wird für den Zeitraum von jeweils einer Stunde vor bis jeweils einer Stunde nach den unter Ziff. II.1bzw. II. 5 aufgeführten (Ersatz-)Umgangszeiten die elterliche Sorge für L. insoweit entzogen, als Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung des Umganges erforderlich sind und in diesem Umfang die Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger wird das Jugendamt des Landkreises E ... bestimmt.

2. Der Kindesmutter wird aufgegeben, das Kind in ihrem Haushalt pünktlich zu Beginn der genannten Besuchszeiten an eine vom Jugendamt bestimmte Person herauszugeben und L. am Ende der Besuchzeit von dieser dort wieder entgegenzunehmen. Die Mutter muss dafür Sorge tragen, dass - mit Ausnahme der in ihrem Haushalt lebenden weiteren Kinder - andere Personen weder bei der Übergabe noch bei der Rückgabe anwesend sind.

3. Dem Vater wird aufgegeben, L. jeweils zu Beginn der genannten Besuchszeiten zu dem von der vom Jugendamt bestimmten Person festgelegten Zeitpunkt und an dem von dieser bestimmten Ort zu übernehmen und L. am Ende der Besuchszeit zu dem von der vom Jugendamt bestimmten Person festgelegten Zeitpunkt an dem von ihr festgelegten Ort zu übergeben.

IV. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der vorstehenden Regelungen wird den Eltern ein Zwangsgeld von bis zu 1.000 EUR angedroht.

V. Es verbleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren...

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