Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 29.08.1996; Aktenzeichen 16 T 50/96)

AG Bernau (Aktenzeichen 8 VI 460/95)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluß des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. August 1996 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.

Der Wert der weiteren Beschwerde wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 2. sind die Eltern des Erblassers. Der Erblasser hatte diese in einem privatschriftlichen Testament vom 1.11.1979 zu gleichen Teilen als seine Erben eingesetzt. Hierbei berücksichtigte der Erblasser ein zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments lebendes Kind aus erster Ehe nicht.

Der Beteiligte zu 1. wurde am 1.1.1985 als nichteheliches Kind des Erblassers geboren. Die Mutter des Beteiligten zu 1. lebte bis zum Sommer 1994 mit dem Erblasser in nichtehelicher Lebensgemeinschaft.

Nachdem der Erblasser am 12.8.1995 verstorben war, stellten die Beteiligten zu 2. einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zu ihren Gunsten. Mit Schreiben vom 13.9.1995 focht der Beteiligte zu 1., vertreten durch seine Mutter, das Testament an und beantragte unter dem 9.11.1995 die Erteilung eines Erbscheins zu seinen Gunsten.

Mit Vorbescheid vom 20.12.1995 stellte das Amtsgericht Bernau als Nachlaßgericht die Ausstellung eines Erbscheins zugunsten der Beteiligten zu 2. in Aussicht.

Gegen diesen Vorbescheid hat der Beteiligte zu 1. Beschwerde eingelegt. Er hat vorgetragen, die von ihm erklärte Übergehehsanfechtung sei wirksam. Der Schluß des Gerichts, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments entschlossen gewesen, weitere Kinder nicht zu berücksichtigen, sei falsch. Die Nichtberücksichtigung des Kindes aus erster Ehe sei allein darauf zurückzuführen, daß der Erblasser davon ausgegangen sei, mit der Scheidung seien alle Ansprüche dieses Kindes erledigt. Der Erblasser sei in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner, des Beteiligten zu 1., Mutter aufgegangen.

Die Beteiligten zu 2. sind dem entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, der Erblasser habe sich die Bindungen zu seiner ehelichen Tochter bewahrt und durch die Errichtung des Testaments ausdrücklich seine Eltern, die ihn immer unterstützt hätten, absichern wollen. Die Mutter des Beteiligten zu 1. habe den Erblasser bereits 1 ½ Jahre vor dessen Tod verlassen und die Beziehung nicht wieder aufnehmen wollen. Der Erblasser habe sich gegen den Wunsch der Mutter des Beteiligten zu 1. gewehrt, ein Testament zugunsten des Beteiligten zu 1. zu errichten.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme das Amtsgericht unter Aufhebung des Beschlusses vom 20.12.1995 angewiesen, bei der Erteilung eines Erbscheins die wirksame Anfechtung gemäß § 2079 BGB der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 1.11.1979 durch den Beteiligten zu 1. zu berücksichtigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung von Zeugen stehe zu seiner Überzeugung fest, daß der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht so, wie geschehen, verfügt hätte, wenn er von der späteren Geburt seines Sohnes, des Beteiligten zu 1., gewußt hätte. Ein Anfechtungsgrund sei daher gegeben. Der Erblasser habe sich trotz der Trennung von seiner Lebensgefährtin eine innere Bindung zu seinem Sohn bewahrt. Aus dem Umstand, daß der Erblasser bei Errichtung des angefochtenen Testaments seine Tochter aus erster Ehe bewußt von der Erbfolge ausgeschlossen habe, könne nicht darauf geschlossen werden, der Erblasser hätte bei Kenntnis der späteren Geburt seines nichtehelichen Sohnes auch diesen von der Erbfolge ausgeschlossen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten zu 2. mit der weiteren Beschwerde. Sie tragen vor, das Landgericht habe den hypothetischen Willen des Erblassers nicht genügend aufgeklärt. Der Erblasser habe auch für den Fall, daß ihm im Zeitpunkt der Testamentserrichtung die spätere Geburt seines Sohnes bekannt gewesen wäre, ausschließlich seine Eltern bedenken wollen. Diese hätten ihn nach seiner Ehescheidung am 12.4.1979 finanziell und moralisch in jeder Weise unterstützt. Der Erblasser sei im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung mit seiner geschiedenen Ehefrau aufgrund einer Einigung vom 1.11.1979 verpflichtet gewesen, an diese 22.361,00 Mark der DDR zu zahlen. Diese Verbindlichkeiten einschließlich der Unterhaltszahlungen, der Anwaltskosten und der fixen Kosten für das Hausgrundstück seien von ihnen, den Eltern des Erblassers, übernommen worden, indem sie dem Erblasser ein Darlehen in Höhe von 11.000,00 Mark zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der geschiedenen Ehefrau gewährt hätten. Die fortschreitende Erkrankung des Erblassers, die letztlich zur Erwerbsunfähigkeit geführt habe, habe nicht zugelassen, daß er für die Verbindlichkeiten aufgekommen sei. In der Freistellung von sämtlichen Verbindlichkeiten durch sie, die Eltern, sei das Motiv...

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