Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsanfechtung und Zuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Erbstatut und zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte, wenn der Erblasser mit deutscher Staatsangehörigkeit in Italien gewohnt und dort Vermögen hinterlassen hat.

2. Zum Umfang der Wirkungen der Anfechtung eines Testaments wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Erbstatut und zur Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte, wenn der Erblasser mit deutscher Staatsangehörigkeit in Italien gewohnt und dort Vermögen hinterlassen hat.

2. Zum Umfang der Wirkungen der Anfechtung eines Testaments wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten.

 

Normenkette

BGB § 2079; EGBGB Art. 3 Abs. 3, Art. 25 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 17.11.2003; Aktenzeichen 8 T 674/03)

AG Laufen (Aktenzeichen VI 818/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 17.11.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 3) hat der Beteiligten zu 1) die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Erblasser besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Er ist am im Jahr 2000 im Alter von 41 Jahren am Ort seines Wohnsitzes und ständigen Aufenthalts in Italien verstorben. Der Erblasser war seit 5.1.1996 in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 2) verheiratet. Aus der am 30.5.1995 geschiedenen ersten Ehe des Erblassers ist als einziges Kind der 1986 geborene Beteiligte zu 3) hervorgegangen. Weitere Abkömmlinge hatte der Erblasser nicht. Die Beteiligte zu 1) ist die Mutter des Erblassers.

Am 6.5.1993 errichtete der Erblasser ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament mit folgendem Wortlaut:

"Mein letzter Wille!

Hiermit setze ich meine Mutter (Beteiligte zu 1) zu meiner Alleinerbin ein."

Das nach § 73 Abs. 2 S. 1 FGG zuständige AG Schöneberg hat die Sache mit Verfügung vom 28.11.2000 aus wichtigen Gründen gem. § 73 Abs. 2 S. 2 FGG an das AG Laufen abgegeben.

Die Beteiligte zu 2) erklärte mit Schreiben vom 19.5.2002, bei dem Nachlassgericht eingegangen am 24.5.2002, gestützt auf § 2079 BGB die Anfechtung des Testaments vom 6.9.1993.

Die Beteiligte zu 1) trat der Anfechtung des Testaments entgegen und beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte.

Der Beteiligte zu 3) ist der Auffassung, dass infolge der berechtigten Anfechtung gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, und beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und die Beteiligte zu 2) je zur Hälfte als Miterben ausweisen sollte.

Mit Beschluss vom 23.12.2002 kündigte das AG die Erteilung eines Erbscheins an, wonach der Erblasser von der Beteiligten zu 1) als Alleinerbin beerbt worden ist. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das LG mit Beschluss vom 17.11.2002 den Beschluss des AG aufgehoben und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, zugleich aber auch den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3) für unbegründet erachtet und infolgedessen von einer Weisung an das Nachlassgericht, einen dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3) entsprechenden Erbschein zu erteilen, abgesehen. Gegen die Entscheidung des LG hat der Beteiligte zu 3) weitere Beschwerde eingelegt; er beantragt, das Nachlassgericht anzuweisen, ihm seinem Antrag entsprechend einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass er und die Beteiligte zu 2) je zur Hälfte gesetzliche Erben des Erblassers geworden sind, und den entgegenstehenden Beschluss des LG insoweit aufzuheben und neu zu fassen.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Auf Grund der Bindungswirkung der Abgabeverfügung des AG Schöneberg vom 28.11.2000 (§ 73 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 FGG) war das AG Laufen und somit auch das LG Traunstein als Beschwerdegericht (vgl. § 19 FGG) örtlich zuständig.

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht deutsches materielles Erbrecht angewandt und sind - ohne dies ausdrücklich zu prüfen - zutreffend von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Erteilung des Erbscheins ausgegangen.

a) Die erbrechtliche Rechtsnachfolge in das Vermögen des Erblassers unterliegt im Hinblick auf dessen deutsche Staatsangehörigkeit gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterstellt die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich einer einzigen Rechtsordnung als Gesamtstatut, ohne auf den Lageort der Vermögensgegenstände Rücksicht zu nehmen; das Erbstatut gilt daher grundsätzlich auch für in einem anderen Staat belegene Vermögensgegenstände (vgl.. BayObLG BayObLGZ 2003, 68 [72]; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl., Art. 3 EGBGB Rz. 15). Die Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 3 EGBGB, der den Vorrang eines von dem Gesamtstatut verschiedenen Belegenheitsstatuts anordnet, soweit das Recht des Belegenheitsstatuts für auf seinem Gebiet befindliche Vermögensgegenstände besondere Vorschriften enthält, greift für die in Italien befindlichen N...

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