Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertfestsetzung: Berücksichtigung einer Wohnimmobilie bei der Wertfestsetzung für das Ehescheidungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Besteht das zu berücksichtigende Vermögen in einer Wohnimmobilie, ist bei der Bemessung des Streitwertes in Ehesachen auf den Verkehrswert der Immobilie abzustellen, von dem nach Abzug von Freibeträgen nur ein (niedriger) prozentualer Anteil in Ansatz zu bringen ist, wobei der Senat Freibeträge pro Ehegatte i.H.v. 30.000 EUR und pro Kind i.H.v. 10.000 EUR für angemessen erachtet.

Bei der Bemessung des Wertes des Wohnungszuweisungsverfahrens ist neben dem Umfang und der Bedeutung der Sache die Höhe des Nutzungswertes zu berücksichtigen.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Beschluss vom 18.12.2009; Aktenzeichen 24 F 261/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners wird der Streitwertbeschluss des AG Nauen vom 18.12.2009 - 24 F 261/08 - abgeändert und der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens für die Ehescheidung auf 18.474 EUR, für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 1.000 EUR und die Wohnungszuweisung auf 4.080 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist gem. §§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, weil das Familiengericht den Streitwert für das Ehescheidungsverfahren und die Folgesachen Ehewohnung und Versorgungsausgleich auf insgesamt 25.000 EUR festgesetzt und damit nicht in einer die Gebühreninteressen des Beschwerde führenden Rechtsanwalts verletzenden Weise zu niedrig, sondern im Ergebnis zu hoch festgesetzt hat. Da für Streitwertbeschwerden das Verbot der Schlechterstellung nicht gilt (OLG Dresden, 20 WF 99/05, zitiert nach Juris; Niedersächsisches OVG, NVWZ-RR 2008, 431; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 2000) hatte der Senat die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung insgesamt zu überprüfen und den Streitwert wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich festzusetzen.

Kern der Beanstandung des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ist die seiner Ansicht nach zu niedrige Festsetzung der Ehesache, da das AG nicht die Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Streitwertbemessung berücksichtigt habe.

Die Streitwertfestsetzung in Ehesachen richtet sich nach § 48 Abs. 2 und 3 GKG. Danach ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen.

Für die Einkommensverhältnisse ist dabei das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute anzusetzen (§ 48 Abs. 3 GKG). Das Kindergeld ist insoweit als Einkommen zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 2051), wobei für jedes der Kinder aber ein pauschaler Betrag von 300 EUR von dem insgesamt zu errechnenden Monatseinkommen abzuziehen ist (Brandenburg MDR 2007, 1321). Es ergibt sich damit das von dem Beschwerdeführer geltend gemachte, im Rahmen des Streitwertes zu berücksichtigende Einkommen von 10.974 EUR (3.930 EUR - 300 EUR × 2 + 328 EUR Kindergeld × 3).

Die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Parteien bei der Bemessung des Streitwertes in Ehesachen ist sowohl methodisch als auch in den Einzelheiten des jeweiligen Rechenweges umstritten (vgl. etwa die Darstellung bei Hartmann, KostO, 38. Aufl., Rz. 30 ff. zu § 48 GKG). Wenn, wie hier, das zu berücksichtigende Vermögen in einer Wohnimmobilie besteht, soll nach verbreiteter Auffassung das in einem Zeitraum von drei Monaten ersparte Nutzungsentgelt für ein vergleichbares Mietobjekt (Nettokaltmiete) in die Berechnung einfließen. Demgegenüber wird vertreten, es sei - wie bei anderen Vermögensobjekten auch - auf den Verkehrswert der Immobilie abzustellen, von dem allerdings, nach Abzug von Freibeträgen, nur ein (niedriger) prozentualer Anteil in Ansatz zu bringen sei; die dabei in Erwägung gezogenen Fallbeträge liegen je Ehegatten zwischen 15.000 EUR und - in Anlehnung an die zuletzt geltenden vermögenssteuerlichen Freibeträge - rund 60.000 EUR (OLG Koblenz, JurBüro 2003, 474, 475). Die auf den verbleibenden Restbetrag anzuwendenden Prozentsätze werden zwischen 2 % und maximal 10 % angesetzt, wobei für ein selbstgenutztes Einfamilienhaus der Parteien ein höherer Satz als 5 % nirgends vertreten wird.

Aus Sicht des Senats ist eine am Verkehrswert des Vermögens orientierte Lösung zu befürworten, wobei der Senat Freibeträge pro Ehegatte i.H.v. 30.000 EUR und pro Kind i.H.v. 10.000 EUR für angemessen erachtet.

Entsprechend hat der Senat für das Hausgrundstück, dessen Wert die Parteien übereinstimmend mit 150.000 EUR angegeben haben, diesen Wert um 60.000 EUR für die Ehegatten und 20.000 EUR für die Kinder bereinigt mit der Folge, dass ein Betrag von 70.000 EUR als zugrunde zu legendes Vermögen verbleibt. Berechnet man den Wert hiervon mit 5 %, ergibt dies einen Betrag von 3.500 EUR, während 10 % einen Betrag von 7.000 EUR ergeben.

Aber selbst wenn der Verkehrswert mit 1...

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